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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Aristeides und sein Scherbengericht (420 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 29.12.2021 um 16:21 Uhr (Zitieren)
Plutarch, Aristeides 7:
Dem Aristeides geschah es, daß er, der zuerst beliebt gewesen war, später wegen seines Beinamens [sc. der Gerechte (1)] Gegenstand der Mißgunst wurde, hauptsächlich durch die Schuld des Themistokles, der unter der Menge das Gerede verbreitete, Aristeides habe dadurch, daß er alles richte und entscheide, die Gerichtshöfe aufgehoben und so unvermerkt eine Alleinherrschaft ohne Leibwachen für sich errichtet (2); doch nahm auch wohl schon das Volk, stolz geworden durch den Sieg (3) und gewillt, alle Ehre für sich in Anspruch zu nehmen, an dem Beinamen Anstoß, der ihn über die Menge erhob. So kamen sie von allen Seiten in der Stadt zusammen und verbannten Aristeides durch das Scherbengericht, indem sie ihrem Neid auf seinen Ruhm den Namen der Furcht vor tyrannischer Herrschaft beilegten. [...]

Der Hergang war in Kürze folgender. Jeder Bürger nahm einen Scherben, schrieb darauf den Namen des Mannes, den er verbannen wollte, und brachte ihn an einen Ort auf dem Markt, der rings mit Schranken umschlossen war. Die Beamten zählten zuerst die gesamten abgelieferten Scherben durch; denn wenn die Abstimmenden weniger als sechstausend waren, dann war das Verfahren ungültig; dann ordneten sie die Scherben nach den Namen und verbannten den von der Mehrzahl Aufgeschriebenen auf zehn Jahre, doch so, daß er im Genusse seines Vermögens blieb.

Während nun damals die Scherben beschrieben wurden, soll ein ganz schlichter Bauer, der nicht schreiben konnte, seinen Scherben dem Aristeides als einem ersten besten hingereicht und ihn gebeten haben, Aristeides draufzuschreiben, und als dieser ihn verwundert fragte, ob Aristeides ihm etwas zuleide getan habe, geantwortet haben: „Nein, ich kenne den Mann gar nicht, aber ich ärgere mich, wenn ich immer von ‚dem Gerechten‘ höre.“ Als er das hörte, habe Aristeides kein Wort erwidert, sondern nur den Namen auf die Scherbe geschrieben und sie ihm zurückgegeben.

Als er dann die Stadt verließ, hob er die Hände zum Himmel und betete um das Gegenteil von dem, was einst Achilleus erfleht hatte (4), nämlich, die Athener möchten nicht in eine Lage kommen, die das Volk nötigte, des Aristeides zu gedenken.

(1) Dieser Beiname ist erst seit dem 4. Jhdt. v.u.Z. belegt.
(2) Für eine Alleinherrschaft mit bzw. durch Leibwachen war der Tyrann Peisistratos berüchtigt.
(3) Marathon
(4) Ilias I 233 ff.
 
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