α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ ς σ τ υ φ χ ψ ω Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ C Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω Ἷ Schließen Bewegen ?
Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Der Aufstand der Boudicca #1 (523 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 01.04.2022 um 10:56 Uhr (Zitieren)
Tacitus, Annalen XIV 31-37:

Die Ereignisse spielten sich im Jahre 60 u.Z. zur Zeit des Kaisers Nero (54-68) in Britannien ab.
31. Der König der Icener, Prasutagus, lange Zeit durch seinen Reichtum berühmt, hatte den Kaiser und seine beiden eigenen Töchter als Erben eingesetzt in der Meinung, durch solche Ergebenheit werde sein Reich und sein Haus vor Übergriffen bewahrt sein. Aber das Gegenteil davon trat ein, und zwar so weitgehend, daß das Reich von Zenturionen, sein Haus von Sklaven (1), als sei beides erobert, verwüstet wurde. Gleich zu Beginn wurden seine Gattin Boudicca mißhandelt und seine Töchter geschändet; alle vornehmen Icener wurden, als hätte man das ganze Gebiet zum Geschenk erhalten, von ihren ererbten Gütern vertrieben, und die Verwandten des Königs behandelte man wie Sklaven.

Infolge dieser Schmach und aus Furcht vor noch drückenderen Maßnahmen, da ihr Land bereits in die Form einer Provinz übergegangen war, griffen sie zu den Waffen; gewonnen hatten sie zuvor für den Aufstand die Trinovanten und dazu die anderen Stämme, die, noch nicht durch die Knechtschaft gebrochen, sich zur Wiedergewinnung der Freiheit [resumere libertatem] in geheimen Verschwörungen verpflichtet hatten. Der erbitterte Haß galt den Veteranen: denn diese, die jüngst in der Kolonie Camulodunum angesiedelt worden waren, vertrieben die Einwohner aus ihren Häusern und verjagten sie von den Feldern, wobei sie sie Kriegsgefangene und Sklaven nannten; auch unterstützten die Soldaten das zügellose Trei-ben der Veteranen, da sie ein ähnliches Leben führten und auf die gleiche Ungebundenheit hofften.

Zudem galt der für den göttlichen Claudius errichtete Tempel gleichsam als Zwingburg ewiger Tyrannei [quasi arx aeternae dominationis], und die ausgewählten Priester vergeudeten unter dem Vorwand religiöser Pflicht das ganze Volksvermögen. Auch schien es nicht schwierig, die Kolonie zu zerstören, da sie durch keinerlei Befestigungswerke gesichert war; dies war von unseren Heerführern zu wenig bedacht worden, da man sich um Annehmlichkeit eher als um das kümmert, was notwendig ist.

32. Währenddessen fiel ohne erkennbaren Grund in Camulodunum das Standbild der Victoria um, und zwar nach rückwärts, als weiche es vor Feinden zurück. Bis zum Wahnsinn verzückte Frauen [feminae in furorem turbatae] weissagten, nahe sei der Untergang; ausländisches wirres Geschrei habe man in ihrem Rathaus gehört, den Widerhall von Wehgeheul im Theater, und im Mündungsgebiet der Themse sei das Bild der zerstörten Kolonie erschienen; ja, der Ozean habe blutig rot ausgesehen, und als die Flut zurückging, seien Gebilde wie Menschenleichen liegen geblieben. All dies wurde von den Britanniern als Anlaß zur Hoffnung und ebenso von den Veteranen als Grund zur Furcht ausgelegt.

Weil aber Suetonius (2) fern war, baten sie den Prokurator Catus Decianus um Hilfe. Dieser schickte nicht mehr als 200 Mann ohne richtige Bewaffnung; in der Kolonie befand sich nur eine unbedeutende Gruppe von Soldaten. Im Vertrauen auf den Schutz des Tempels und an Weiterem von den Leuten gehindert, die als geheime Mitwisser der Empörung alle Maßnahmen zu hintertreiben suchten, zogen sie weder Graben oder Wall vor der Kolonie noch brachte man die alten Leute und die Frauen weg, so daß die junge Mannschaft allein zurückge-blieben wäre: gleichwie mitten im Frieden unbesorgt, ließen sie sich von der Menge der Barbaren umzingeln. Die übrigen Teile der Stadt wurden natürlich beim ersten Angriff geplündert oder angezündet: der Tempel, in dem sich die Soldaten zusammengedrängt hatten, wurde zwei Tage lang belagert und dann erstürmt.

Nun zogen die siegreichen Britannier Petilius Cerialis, dem Legaten der 9. Legion, der zum Entsatz herbeieilte, entgegen, schlugen die Legion in die Flucht und machten das gesamte Fußvolk nieder: Cerialis entkam mit den Reitern ins Lager und fand hinter den Befestigungswerken Schutz. Durch diese Niederlage und die Haßgefühle der Provinz, die er durch seine Habsucht in den Krieg getrieben hatte, in Angst versetzt, fuhr der Prokurator Catus nach Gallien hinüber.

(Tacitus: Annalen. Hrsg. v. Erich Heller. Darmstadt 1982, S. 664-673)

(1) Gemeint sind Staatssklaven, die im Auftrag des kaiserlichen Prokurators handelten.
(2) C. Suetonius Paulinus war der Statthalter.
 
Antwort
Titel:
Name:
E-Mail:
Eintrag:
Spamschutz - klicken Sie auf folgendes Bild: Münze

Aktivieren Sie JavaScript, falls Sie kein Bild auswählen können.