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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Eine Überlistung weiblicher Neugier #1 (319 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 01.07.2022 um 00:07 Uhr (Zitieren)
Aulus Gellius, Noctes Atticae I 23:
Wir verdanken der Feder des M. Cato eine ausführliche Erzählung über den Papirius Praetextatus, welche gar anmuthig, anschaulich und in zierlichen Worten verfasst ist und sich in der Rede vorfindet, welche Cato „vor den Soldaten gegen Galba“ gehalten hat.

Ich würde Cato’s eigne, herrliche Worte gern dieser Abhandlung einverleiben, hätte ich nur gerade gleich, als ich diese Erzählung aufzeichnen liess, die (Original-)Schrift zur Hand gehabt.

Wenn Du also, lieber Leser, nicht (gerade eigensinnig) darauf bestehst, durchaus nur die Vorzüge und das Würdevolle seiner Ausdrucksweise durch Wiedergabe seiner eignen Worte zu vernehmen, sondern (Dich mit meinen Worten begnügst und) nur die (ganz schlichte) Thatsache zu erfahren verlangst, so will ich Dir den einfachen Inhalt dieser Geschichte mittheilen, die sich ohngefähr folgendermassen verhält.

Früher hatten zu Rom die Senatoren die Gewohnheit, ihre (unter 17 Jahre alten) Söhne, die noch das verbrämte Oberkleid trugen, mit in die Rathsversammlung zu nehmen.

Als nun einst daselbst in der Versammlung eine etwas wichtigere Angelegenheit war verhandelt worden, ihre vollständige Austragung und Erledigung aber noch auf den folgenden Tag musste verschoben werden und man nun deshalb übereingekommen war, dass über diese wenn auch schon ziemlich erledigte Angelegenheit Niemand eher etwas verlauten lassen sollte, bis darin ein bestimmter Entschluss gefasst sein würde, suchte die Mutter des jungen Papirius, da sie wusste, dass er mit seinem Vater auf dem Rathhause gewesen war, diesen ihren Sohn darüber auszuhorchen, was wohl die Väter in der Rathssitzung verhandelt hätten.

Der Knabe antwortete, dass dieses noch ein Geheimniss bleiben solle und müsse und man darüber (nach getroffener Verabredung) noch nichts dürfe verlauten lassen.

Die Frau wird immer begieriger etwas von dem Sohne herauszubekommen, denn die Heimlichkeit an der Sache und die Verschwiegenheit an dem Knaben reizen ihre Leidenschaft und Neugier, ihn noch weiter auszuforschen, erst recht.

Re: Eine Überlistung weiblicher Neugier #1
Bukolos schrieb am 02.07.2022 um 13:00 Uhr (Zitieren)
Wäre interssant zu erfahren, worin das Spezifikum weiblicher Neugier besteht.
Re: Eine Überlistung weiblicher Neugier #1
Γραικύλος schrieb am 02.07.2022 um 15:17 Uhr (Zitieren)
1. (trivial): daß sie von einem 'Weibe' geäußert wird;
2. daß sie sich in Überredung und Bedrängen statt durch Drohungen oder gar Gewalt vollzieht.
Re: Eine Überlistung weiblicher Neugier #1
Bukolos schrieb am 03.07.2022 um 21:28 Uhr (Zitieren)
Die naheliegende Antwort, es handle sich bei weiblicher Neugier einfach und harmlos um die Neugier einer Frau, trifft die Sache nicht so ganz. Sie impliziert ja, dass Neugier grundsätzlich geschlechtlich etikettiert werden könne oder müsse. Doch in welchen Fällen wirst du von männlicher Neugier sprechen? Und wirst du andererseits in Fällen der berufsmäßigen Neugier von Wissenschaftlerinnen, Philosophinnen oder Journalistinnen den Ausdruck 'weibliche Neugier' tatsächlich für angemessen halten? Dein etymologisierender Erklärungsansatz, der das pejorative Lexem 'Weib' heranzieht, macht deutlich, was bei weiblicher Neugier insinuiert ist. Das geht einher mit deinem zweiten, sich an geschlechtsspezifischen Stereotypen orientierenden
Ansatz (der auffälligerweise gar nicht mehr die Neugier selbst in den Blick nimmt, sondern Verhaltensmuster, die angeblich zu deren Befriedigung eingesetzt werden).

Es wird deutlich, dass die Rede von der weiblichen Neugier kaum etwas anderes als eine der (männlich perspektivierten) Rollenbestimmung ist: Wenn die Frau etwas wissen möchte, was sie - der ihr zugedachten Rolle gemäß - nichts angehen soll, wird das als weibliche Neugier gewertet.
Re: Eine Überlistung weiblicher Neugier #1
Γραικύλος schrieb am 03.07.2022 um 22:10 Uhr (Zitieren)
Natürlich enthält es auch ein Klischee. Keinesfalls möchte ich Männern die Neugier absprechen, doch wenn es überhaupt so etwas wie eine typisch weibliche und eine typisch männliche Neugier gibt, dann nehme ich an, daß Männer (Väter! - ich halte den Bezug auf Wissenschaftler und Journalisten für nicht ganz passend, weil es hier um die Befragung eines Kindes geht) ihr anders Ausdruck verleihen als Mütter.
Wie bekommt ein Vater vom Kind heraus, was er wissen will, wie eine Mutter?

Der Vater droht eher, die Mutter schmeichelt, wirbt, setzt nötigenfalls etwas emotionale Erpressung ein. (Daß Männer eher als Frauen mit Gewalt ihr Ziel verfolgen, ist nicht nur ein Klischee, oder?)

Ein Teil ist Klischee, ein Teil Erfahrung; wir hatten ja alle Väter und Mütter.
Re: Eine Überlistung weiblicher Neugier #1
Bukolos schrieb am 04.07.2022 um 12:06 Uhr (Zitieren)
Ob Männer anders verfahren als Frauen, wenn sie einem anderen eine Information entlocken wollen, war ja nicht der Punkt, den ich im Blick hatte. (Auch wenn man sich, von deinen persönlichen Erfahrungen absehend, darüber ausbreiten könnte, ob nicht auch Männern jenseits inquisitorischer Verhörmethoden subtilere Mittel zur Verfügung stehen.)

Mir ging es vielmehr darum, festzustellen, ob im Fall der von dir so bezeichneten weiblichen Neugier eine Reziprozität des Labelings denkbar ist, ob es also wahrscheinlich ist, dass du den Thread, wenn beispielsweise ein Onkel des Papirius filius die Stelle der Mutter in der Erzählung eingenommen hätte, Eine Überlistung männlicher Neugier genannt hättest.
Re: Eine Überlistung weiblicher Neugier #1
Γραικύλος schrieb am 04.07.2022 um 12:29 Uhr (Zitieren)
Was ich getan hätte, ist schwer zu sagen - ich hätte es wohl tun sollen.

Dabei frage ich mich, ob man den Vater, der seinen Sohn verprügelt, weil dieser mit einem Geheimnis nicht herausrücken will, neugierig nennt. Der (mir) ins Auge springende Punkt ist die Brutalität, und möglicherweise hätte ich im Titel auf diese Bezug genommen.
 
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