Eine Überlistung weiblicher Neugier #1 (319 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 01.07.2022 um 00:07 Uhr (Zitieren)
Aulus Gellius, Noctes Atticae I 23:
Re: Eine Überlistung weiblicher Neugier #1
Bukolos schrieb am 02.07.2022 um 13:00 Uhr (Zitieren)
Wäre interssant zu erfahren, worin das Spezifikum weiblicher Neugier besteht.
Re: Eine Überlistung weiblicher Neugier #1
Γραικύλος schrieb am 02.07.2022 um 15:17 Uhr (Zitieren)
1. (trivial): daß sie von einem 'Weibe' geäußert wird;
2. daß sie sich in Überredung und Bedrängen statt durch Drohungen oder gar Gewalt vollzieht.
Re: Eine Überlistung weiblicher Neugier #1
Bukolos schrieb am 03.07.2022 um 21:28 Uhr (Zitieren)
Die naheliegende Antwort, es handle sich bei weiblicher Neugier einfach und harmlos um die Neugier einer Frau, trifft die Sache nicht so ganz. Sie impliziert ja, dass Neugier grundsätzlich geschlechtlich etikettiert werden könne oder müsse. Doch in welchen Fällen wirst du von männlicher Neugier sprechen? Und wirst du andererseits in Fällen der berufsmäßigen Neugier von Wissenschaftlerinnen, Philosophinnen oder Journalistinnen den Ausdruck 'weibliche Neugier' tatsächlich für angemessen halten? Dein etymologisierender Erklärungsansatz, der das pejorative Lexem 'Weib' heranzieht, macht deutlich, was bei weiblicher Neugier insinuiert ist. Das geht einher mit deinem zweiten, sich an geschlechtsspezifischen Stereotypen orientierenden
Ansatz (der auffälligerweise gar nicht mehr die Neugier selbst in den Blick nimmt, sondern Verhaltensmuster, die angeblich zu deren Befriedigung eingesetzt werden).
Es wird deutlich, dass die Rede von der weiblichen Neugier kaum etwas anderes als eine der (männlich perspektivierten) Rollenbestimmung ist: Wenn die Frau etwas wissen möchte, was sie - der ihr zugedachten Rolle gemäß - nichts angehen soll, wird das als weibliche Neugier gewertet.
Re: Eine Überlistung weiblicher Neugier #1
Γραικύλος schrieb am 03.07.2022 um 22:10 Uhr (Zitieren)
Natürlich enthält es auch ein Klischee. Keinesfalls möchte ich Männern die Neugier absprechen, doch wenn es überhaupt so etwas wie eine typisch weibliche und eine typisch männliche Neugier gibt, dann nehme ich an, daß Männer (Väter! - ich halte den Bezug auf Wissenschaftler und Journalisten für nicht ganz passend, weil es hier um die Befragung eines Kindes geht) ihr anders Ausdruck verleihen als Mütter.
Wie bekommt ein Vater vom Kind heraus, was er wissen will, wie eine Mutter?
Der Vater droht eher, die Mutter schmeichelt, wirbt, setzt nötigenfalls etwas emotionale Erpressung ein. (Daß Männer eher als Frauen mit Gewalt ihr Ziel verfolgen, ist nicht nur ein Klischee, oder?)
Ein Teil ist Klischee, ein Teil Erfahrung; wir hatten ja alle Väter und Mütter.
Re: Eine Überlistung weiblicher Neugier #1
Bukolos schrieb am 04.07.2022 um 12:06 Uhr (Zitieren)
Ob Männer anders verfahren als Frauen, wenn sie einem anderen eine Information entlocken wollen, war ja nicht der Punkt, den ich im Blick hatte. (Auch wenn man sich, von deinen persönlichen Erfahrungen absehend, darüber ausbreiten könnte, ob nicht auch Männern jenseits inquisitorischer Verhörmethoden subtilere Mittel zur Verfügung stehen.)
Mir ging es vielmehr darum, festzustellen, ob im Fall der von dir so bezeichneten weiblichen Neugier eine Reziprozität des Labelings denkbar ist, ob es also wahrscheinlich ist, dass du den Thread, wenn beispielsweise ein Onkel des Papirius filius die Stelle der Mutter in der Erzählung eingenommen hätte, Eine Überlistung männlicher Neugier genannt hättest.
Re: Eine Überlistung weiblicher Neugier #1
Γραικύλος schrieb am 04.07.2022 um 12:29 Uhr (Zitieren)
Was ich getan hätte, ist schwer zu sagen - ich hätte es wohl tun sollen.
Dabei frage ich mich, ob man den Vater, der seinen Sohn verprügelt, weil dieser mit einem Geheimnis nicht herausrücken will, neugierig nennt. Der (mir) ins Auge springende Punkt ist die Brutalität, und möglicherweise hätte ich im Titel auf diese Bezug genommen.