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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Der König, die Götter und die Verehrung #2 (404 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 29.07.2022 um 00:03 Uhr (Zitieren)
Arrian, Anabasis IV 10-14:
11. Nach diesen und ähnlichen Worten des Anaxarchos habe man verabredungsgemäß diese Rede gelobt und mit der Proskynese beginnen wollen. Die Makedonen indes in ihrer Mehrzahl hätten verärgert dazu geschwiegen.
Aber nun habe Kallisthenes die Prozedur unterbrochen und gesagt: „Einen Alexander, Anaxarchos, halte auch ich für würdig jeder Ehrung, wie sie einem Menschen nur immer zusteht. Es werden jedoch von den Menschen klare Unterschiede gemacht zwischen Ehrungen für Menschen und Ehrungen für Götter, und zwar in vielem anderen, wie darin, daß man Tempel baut, Standbilder errichtet, heilige Bezirke für die Götter abgrenzt, ihnen Opfer und Geschenke bringt und Gottheiten zu Ehren heilige Gesänge komponiert, auf Menschen hingegen nur Lobgesänge, nicht zum wenigsten aber in der Anwendung der Proskynese.

Denn Menschen umarmen und küssen einander als innige Begrüßung, die Gottheit hingegen, die in der Ferne weit über ihnen steht, ist es nicht erlaubt auch nur zu berühren, und deshalb wird sie durch die Proskynese geehrt. Auch richtet man ihr zu Ehren Festzüge ein und feiert sie durch Chöre. So ist es denn kein Wunder, daß für jeden der Götter andere Kultgebräuche bestehen und für die Heroen, ja wirklich, wieder andere, von denen für Götter deutlich unterschieden.

Man sollte aber derartiges nicht gänzlich durcheinanderbringen und nicht einerseits die Menschen durch ein Übermaß an Ehrung zu Formen des Größenwahns hinaufsteigern, andererseits aber die Götter – soweit dies überhaupt bei den Menschen liegt – in übler Weise herabsetzen, indem man ihnen die gleichen Ehrungen erweise wie den Menschen.
Einem Alexander müßte es unerträglich sein, wenn ein gewöhnlicher Sterblicher, gewählt durch die Masse oder nach irgendeinem anderen widerrechtlichen Beschluß, sich königliche Ehren anmaßte. Mit wieviel mehr Recht also müssen die Götter all denen zürnen, die sich göttliche Ehren anmaßen beziehungsweise es zulassen, daß ihnen von anderen solche übertragen werden.
Alexander nun ist und gilt auch von allen hervorragenden Persönlichkeiten als die bedeutendste, unter allen Herrschern als der größte und unter allen Feldherrn als der seiner Stellung würdigste – all dies weit über das normale Maß hinaus, aber auch nicht mehr. Du, Anaxarchos, aber nun hättest vor allen eine solche Ansicht ins Gespräch bringen und als Philosoph und Lehrer in diesem Kreise um Alexander eine derartige Entwicklung ins Gegenteil gerade verhindern sollen. Es wäre wirklich besser gewesen, du hättest gar nicht erst begonnen, solche Reden zu führen, sondern dich daran erinnert, daß du nicht in der Umgebung eines Kambyses oder Xerxes als Ratgeber weilst, sondern bei dem Sohn Philipps, dem Nachfahren von Herakles und Aiakos, dessen Väter von Argos nach Makedonien kamen und ihre Herrschaft stets nach Brauch und Sitte der Makedonen, nicht durch Gewalt, ausgeübt haben.

Wohl wurden Herakles selbst göttliche Ehren von den Griechen erwiesen – dies aber nicht schon bei Lebzeiten, sondern nach dem Tode, ja sogar erst, als der Gott von Delphi ausdrücklich geboten hatte, ihn als Gott zu verehren. Wenn du aber meinst, man sei bei unserem Gespräch nun mal im barbarischen Land und müsse sich demgemäß zur einer barbarischen Denkweise bequemen, dann fordere ich dich auf, an Griechenland zu denken, Alexander [ὦ Ἀλέξανδρε] (4), in dessen Namen der ganze Zug nur deshalb von dir unternommen wurde, Asien ihm anzugliedern. Überlege dir auch, ob du dann bei deiner Rückkehr etwa auch die Griechen, das freiheitlichste aller Völker [τοὺς Ἕλληνας τοὺς ἐλευθερωτάτους], zur Proskynese zwingen oder sie etwa aussparen und nur den Makedonen diese Schande antun willst. Oder willst du vielleicht eine grundsätzliche Scheidung im Zeremoniell dahingehend durchführen, daß Alexander von Hellenen und Makedonen auf griechische Art als Mensch und von den Barbaren allein auf barbarische Art als Gott verehrt wird?

Bei der Ansicht aber, Kyros, Sohn des Kambyses (5), sei der erste, dem die Proskynese erwiesen wurde, und deshalb sei diese Demütigung bei Persern und Medern Sitte geblieben, sollte man nicht vergessen, daß jenen Kyros die Skythen wieder zur Vernunft brachten, ein armes, aber freies Volk, einen Dareios (6) ebenfalls die Skythen, wenn auch andere, einen Xerxes (7) die Athener und Lakedaimonier, Artaxerxes (8) Klearchos und Xenophon mit ihren 10000 Mann und diesen letzten Dareios (9) ein Alexander, den man mit keiner Proskynese verehrte.“

(4) Arrian wechselt hier unvermittelt die Anrede.
(5) Kyros II. (559-530 v.u.Z.)
(6) Dareios I. (522-486 v.u.Z.)
(7) Xerxes I. (486-465 v.u.Z.)
(8) Artaxerxes I. (465-424 v.u.Z.)
(9) Dareios III. (336-330 v.u.Z.)
 
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