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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Berlinische Monatsschrift (754 Aufrufe)
ανδρέας schrieb am 10.02.2010 um 18:43 Uhr (Zitieren)
In 2 Tagen jährt sich der Todestag I. Kants. Welch ein Glück, dass dieses Datum nicht ausgerechnet auf den Valentinstag fällt.

„Am 12. Februar 1804 zerbrach die irdische, zuletzt eine geraume Zeit fast nur lastende, und überhaupt schwach gebaute, Hülle des erhabenen Geistes, welchen Preußen mit Stolz in der glänzenden Reihe derer nennt, die ihr Vaterland noch nach Jahrhunderten bei allen denkenden Nachkommen verherrlichen werden. Kant erlebte bis auf zwei Monate, sein volles achtzigstes Jahr (geb. den 11. April 1724). Aus unbegütertem Stande, eines Riemers Sohn, schwang er sich durch eigene Kraft zu unsterblichem Ruhme empor, und hielt, auch durch fleckenlose Tugend und Treflichkeit des Charakters, sich in der nie geschwächten Verehrung und Liebe der Ersten seiner Zeitgenossen. Wer Kants hohe Verdienste um das gesamte Reich der Wissenschaften nicht würdigen konnte, ergötzte und erbaute sich an dem verstandvollen, feingesinnten, witzreichen, gefälligen, edlen Menschen. Seine Vaterstadt Königsberg hat er in seinem Leben so gut als gar nicht; etwa auf ein paar Meilen in der Nachbarschaft, verlassen; er, der einer der genauesten Kenner der physischen und sittlichen Beschaffenheit unseres Erdballs und der Bewohner desselben war. …“ aus:

http://www.ub.uni-bielefeld.de/diglib/Berlinische_Monatsschrift/

Welch ein Nachruf!

( Anmerkung: Treflichkeit schrieb man damals wohl nur mit einem „f“.Riemer waren seit dem Mittelalter Handwerker des lederverarbeitenden Gewerbes, so wie „Täschner“, „Sattler“, „Schuster“ etc.)

In der selben Berlinischen Monatszeitschrift wurde übrigens auch sein bekannter Beitrag „Was ist Aufklärung?“ veröffentlicht : Berlinische Monatschrift 1784 , 2 , S. 481 – 494 (Dezemberausgabe)

Als Quelle für den historisch und philosophisch interessierten Leser ist diese Monatsschrift in dem o.a. Link sehr zu empfehlen!

Sapere aude! (wie hieße das auf griechisch?)
Re: Berlinische Monatsschrift
Γραικίσκος schrieb am 10.02.2010 um 19:23 Uhr (Zitieren)
Karl Kraus
(1874-1936)

AN KANT

"Bei dem traurigen Anblick nicht sowohl der Übel, die das menschliche Geschlecht aus Naturursachen drücken, als vielmehr derjenigen, welche die Menschen sich untereinander selbst antun, erheitert sich doch das Gemüt durch die Aussicht, es könne künftig besser werden; und zwar mit uneigennützigem Wohlwollen, wenn wir längst im Grabe sein und die Früchte, die wir zum Teil gesät haben, nicht einernten werden.“
[Immanuel Kant: Zum ewigen Frieden]

Nie las ein Blick, von Tränen übermannt,
ein Wort wie dieses von Immanuel Kant.

Bei Gott, kein Trost des Himmels übertrifft
die heilige Hoffnung dieser Grabesschrift.

Dies Grab ist ein erhabener Verzicht:
„Mir war es finster, und es werde Licht!“

Für alles Werden, das am Menschsein krankt,
stirbt der Unsterbliche. Er glaubt und dankt.

Ihm hellt den Abschied von dem dunklen Tag,
daß dir noch einst die Sonne scheinen mag.

Durchs Höllentor des Heute und Hiennieden
vertrauend träumt er hin zum ewigen Frieden.

Er sagt es, und die Welt wird wieder wahr,
und Gottes Herz erschließt sich mit „und zwar“.

Urkundlich wird es; nimmt der Glaube teil,
so widerfährt euch das verheißne Heil.

O rettet aus dem Unheil euch zum Geist,
der euch aus euch die guten Wege weist!

Welch eine Menschheit! Welch ein hehrer Hirt!
Weh dem, den der Entsager nicht beirrt!

Weh, wenn im deutschen Wahn die Welt verschlief
das letzte deutsche Wunder, das sie rief!

Bis an die Sterne reichte einst ein Zwerg.
Sein irdisch Reich war nur ein Königsberg.

Doch über jedes Königs Burg und Wahn
schritt eines Weltalls treuer Untertan.

Sein Wort gebietet über Schwert und Macht
und seine Bürgschaft löst aus Schuld und Nacht.

Und seines Herzens heiliger Morgenröte
Blutschande weicht: daß Mensch den Menschen töte.

Im Weltbrand bleibt das Wort ihr eingebrannt:
Zum ewigen Frieden von Immanuel Kant!


[Quelle: Joachim Kopper und Rudolf Malter (Hrsg.), Immanuel Kant zu ehren. Frankfurt/Main 1974, S. 381 f.]
Re: Berlinische Monatsschrift
ανδρέας schrieb am 10.02.2010 um 19:55 Uhr (Zitieren)

Karl Kraus hat viele provozierende Sachen gesagt. Eine Quelle vieler Zitate, gnadenloser Pazifist, konvertierter Konvertit, dem der Puls der Zeit als Nährboden seiner Satire diente:

"Der Teufel ist ein Optimist, wenn er glaubt, daß er die Menschen schlechter machen kann." - Fackel 277/278 60; Pro domo et mundo

Wo findet man das heute noch?
Re: Berlinische Monatsschrift
Γραικίσκος schrieb am 10.02.2010 um 20:08 Uhr (Zitieren)
Mir fällt auf, wie ernst, geradezu bewegt dieser gnadenlose Satiriker wird, wenn es um Immanuel Kant geht. Hier ist ihm in keiner Weise nach Spott zumute; er spricht in heiligem Ernst.
Re: Berlinische Monatsschrift
ανδρέας schrieb am 10.02.2010 um 20:28 Uhr (Zitieren)
Heiliger Ernst kommt bei ihm wohl selten vor. Möglich, dass er Kant auch ernst nahm und nicht zur Angabe verwendete.

"Bildung ist das, was die meisten empfangen, viele weitergeben und wenige haben." ( Fackel 277/278 58; Pro domo et mundo)

Da spricht der enttäuschte Zyniker.

 
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