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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Theodizee (922 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 07.04.2010 um 12:17 Uhr (Zitieren)
Da die Griechen keinen Schöpfergott kannten, hatten sie auch kein Theodizee-Problem. Für sie war die welt einfach so, wie sie war.
Ist das so zutreffend, oder ist es zu sehr vereinfacht?
Re: Theodizee
Ὑληβάτης schrieb am 07.04.2010 um 16:13 Uhr (Zitieren)
Es gibt tatsächlich Stellen bei ... Euripides, ich glaube im Ion. Ich müsste sie aber nachschlagen.

Das Theodizeeproblem ist ein klassisches philosophisches und theologisches Problem für diejenigen religiösen Traditionen, die von der Existenz eines allmächtigen, allgütigen und allwissenden Gottes ausgehen. Es besteht in der Frage, wie die Existenz eines solchen Gottes mit der Existenz des Übels oder des Bösen in der Welt vereinbar sei
Wikipedia s.v. "Theodizee"

"Allmächtig, allgütig und allwissend" sind die Götter der Griechen nicht unbedingt, aber man kann davon ausgehen, dass sie "gut" sind - und das tut, soweit ich mich erinnere, Ion.
Zur Erinnerung: Ion war Apollons Sohn, und zwar durch eine Vergewaltigung gezeugt. Ions Mutter hat ihren Sohn ausgesetzt, Apollon ihn abholen und in Delphi aufziehen lassen. Ion ist, als er die Geschichte von der Vergewaltigung hört (ohne zu wissen, dass es seine eigene Geschichte ist) so empört über Apollons Verhalten (wenn es denn wahr sein sollte), dass er sagt:
Aber jetzt habe ich das Zitat nicht griffbereit. Ich liefer's nach.
Re: Theodizee
Λυκόμαχος schrieb am 09.04.2010 um 04:03 Uhr (Zitieren)
Verzeiht mir, ich habe mich nie mehr gemeldet - trotz des damaligen herzlichen Empfangs, folge aber Euren ausführungen mit Vergnügen. ZUr Theodizee fällt mir eine Albernheit ein, die ich Euch trotzdem nicht vorenthalten will:
In einem theologischen Examen in Amerika wird ein Kandidat gefragt, was Theodizee sei. Antwort: Isn't that the other piece of the one who wrote Ilias? .... Sorry und auch noch Englisch.. wie unangebracht hier....
Re: Theodizee
ανδρέας, schrieb am 09.04.2010 um 13:44 Uhr (Zitieren)
Nehmen wir an, dass Gott allmächtig, allgütig und allwissend ist, stellt sich die Frage, ob er selbst das auch so sieht. Das ist natürlich eine rein personifizierte Sichtweise. Die Welt, wie wir sie wahrnehmen, könnte ja auch einfach seine Versuchsanordnung sein, die ausschließlich zur Überprüfung seiner Position dient. Könnte der Mensch werden wie Gott ? ( vgl. Genesis: der Mensch wurde vertrieben, weil nach Übertretung des Verbotes, vom Baume der Erkenntnis zu essen, die Gefahr bestand, auch noch vom Baume des Lebens zu essen – dann wäre er wie Gott) Vielleicht ist er ja nur wissender, gütiger und mächtiger als der Mensch – ein Wissenschaftler in seinem Labor, wir die Labormäuse – aber eben nicht absolut wissend usw. . Aus Sicht einer verständigen Labormaus wäre der sie fütternde Wissenschaftler, der auch die übrigen Laborbedingungen steuert sicher allmächtig, allgütig und allwissend Er könnte kaum in Frage gestellt werden – er wäre ein Gott. Das hieße aber nur, dass es der geringen Kenntnisse der Labormaus geschuldet ist, die Situation so zu interpretieren. Aus der Froschperspektive ist der Storch ein mächtiges Wesen. Der Frosch weiß aber nicht, dass über dem Storch der Adler schwebt. Kurzum: wir könnten einfach nur einfältig sein, Gott ein selbstverliebter Machthaber, der sich unser bedient, um sein Alleinstellungsmerkmal stets aufs Neue zu beweisen. Der Mensch als Spiegel: wer ist der mächtigste, gütigste und allwissende im ganzen Land ? Wir können kaum wissen, ob bei den sieben Zwergen, hinter den sieben Bergen nicht noch jemand ist, der noch viel mächtiger usw. ist! Alles eine Frage der relativen Perspektive.

Außerdem haben sich die Definitionen über die Jahrhunderte gewandelt: was früher als Übel und als Böse betrachtet wurde, wird heute u.U. als völlig anständig angesehen (man muss nur die Sexualmoral heranziehen).

Vielleicht ist es ein wenig zynisch, aber „böse“ sind doch immer nur die „Anderen“.
(vgl. auch Lorenz: Das sogenannte Böse)
Re: Theodizee
Ὑληβάτης schrieb am 22.04.2010 um 11:57 Uhr (Zitieren)
Ich habe Ion nicht vergessen, jetzt aber gemerkt, dass das berühmte Wort aus einem Euripides-Fragment stammt (Frg. 292,7 Nauck):
εἰ θεοί τι δρῶσιν αἰσχρόν, οὐκ εἰσὶν θεοί.
Allmächtige Götter haben wir hier nicht, aber Götter, an die die Forderung nach ethischem Handeln gestellt wird, denen mit dem Gut-Sein auch das Gott-Sein abgesprochen wird.

Ich musste mal ein Referat über eine Stelle aus dem Ion halten, deswegen bin ich überhaupt auf ihn gekommen. Die habe ich heute wiedergefunden:
http://www.bilder-hochladen.net/files/ea2s-2-jpg.html

Rot angestrichen habe einige Stellen, die für Ions Haltung interessant sind.
Die Lesemarkierungen, die Ihr seht, habe ich für das Referat angefertigt; dafür musste ich natürlich den Text im richtigen Metrum vorlesen.
Re: Theodizee
Γραικίσκος schrieb am 22.04.2010 um 19:22 Uhr (Zitieren)
Der Kontext macht das Zitat, wie ich meine, hochgradig erläuterungsbedürftig:
Je nach Art der Krankheit muß der Arzt die Heilung vornehmen und er darf nicht einfach Medikamente geben, die der Krankheit nicht entsprechen. Die Krankheiten haben sich die Menschen teils selbst zugezogen, teil kommen sie von den Göttern, aber üblicherweise versuchen wir, sie zu heilen, Doch ich sage dir: Wenn die Götter etwas Häßliches tun, sind es keine Götter.

Soll das heißen, daß alle Krankheiten einen natürlichen Ursprung haben?
Re: Theodizee
Ὑληβάτης schrieb am 22.04.2010 um 20:35 Uhr (Zitieren)
Ist das das vollständige Fragment? Das habe ich noch nie gesehen. Vielleicht sollte ich ein bisschen Quellenstudien betreiben, bevor ich Aussagen über die Götter mache! ;-)
Nein, hier wird doch gesagt, dass Krankheiten auch von den Göttern kommen können. Aber wo bleibt der tragische Ton, wenn es um Krankheiten geht? Ich bin verwirrt ... hat ein Gott meinen Sinn vernebelt?
Re: Theodizee
Γραικίσκος schrieb am 22.04.2010 um 20:48 Uhr (Zitieren)
Ja, das ist das vollständige Fragment. Und natürlich wird behauptet, daß ein Teil der Krankheiten von den Göttern stamme. ABER: "Doch ich sage dir ... klingt für mich nach einer Antithese, oder wie seht Ihr das?
Re: Theodizee
Ὑληβάτης schrieb am 22.04.2010 um 21:44 Uhr (Zitieren)
Ich dachte, das wäre eine Antithese zum Gedanken, dass Krankheiten, die von den Göttern kommen, die Götter heilen (oder eben nicht).
"Manche Krankheiten stammen von den Göttern, aber WIR versuchen, auch diese zu heilen."
Re: Theodizee
Γραικίσκος schrieb am 23.04.2010 um 20:18 Uhr (Zitieren)
"... aber üblicherweise versuchen wir, sie zu heilen. Doch ich sage dir ...
Dazwischen liegt, glaube ich, die Antithese.
 
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