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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Winckelmann über Laokoon (278 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 01.07.2023 um 16:55 Uhr (Zitieren)
Johann Joachim Winckelmann: Geschichte der Kunst - Laokoon:
Da nun diese Statue unter so vielen Tausenden der berühmtesten Künstler, die aus allen Orten Griechenlands nach Rom gebracht wurden, hier als das Höchste der Kunst geschätzt worden, so verdienet dieselbe bei der niedrigern Nachwelt, die nichts vermögend ist hervorzubringen, was diesem Werke nur entfernterweise könnte verglichen werden, desto größere Aufmerksamkeit und Bewunderung. Der Weise findet darin zu forschen und der Künstler unaufhörlich zu lernen, und beide können überzeuget werden, daß in diesem Bilde mehr verborgen liegt, als das Auge entdecket, und daß der Verstand des Meisters viel höher noch als sein Werk gewesen.

Laokoon ist eine Statue im höchsten Schmerze, nach dem Bilde eines Mannes gemacht, der die bewußte Stärke des Geistes gegen denselben zu sammeln suchet; und indem sein Leiden die Muskeln aufschwellet und die Nerven anziehet, tritt der mit Stärke bewaffnete Geist in der aufgetriebenen Stirne hervor, und die Brust erhebet sich durch den beklemmten Odem und durch Zurückhaltung des Ausbruchs der Empfindung, um den Schmerz in sich zu fassen und zu verschließen.

Das bange Seufzen, welches er in sich und den Odem an sich ziehet, erschöpfet den Unterleib und machet die Seiten hohl, welch es uns gleichsam von der Bewegung seiner Eingeweide urteilen lässet. Sein eigenes Leiden aber scheinet ihn weniger zu beängstigen als die Pein seiner Kinder, die ihr Angesicht zu ihrem Vater wenden und um Hilfe schreien, denn das väterliche Herz offenbaret sich in den wehmütigen Augen, und das Mitleiden scheinet in einem trüben Dufte auf densel-ben zu schwimmen. Sein Gesicht ist klagend, aber nicht schreiend, seine Augen sind nach der höheren Hilfe gewandt.

Der Mund ist voll von Wehmut, und die gesenkete Unterlippe schwer von derselben; in der überwärts gezogenen Oberlippe aber ist dieselbe mit Schmerz vermischet, welcher mit einer Regung von Unmut, wie über ein unverdientes unwürdiges Leiden, in die Nase hinauftritt, dieselbe schwülstig machet und sich in den erweiterten und aufwärts gezogenen Nüstern offenbaret.

Unter der Stirn ist der Streit zwischen Schmerz und Widerstand, wie in einem Punkte vereiniget, mit großer Weisheit gebildet, denn indem der Schmerz die Augenbrauen in die Höhe treibet, so drücket das Sträuben wider denselben das obere Augenfleisch niederwärts und gegen das obere Augenlid zu, so daß dasselbe durch das übergetretene Fleisch beinahe ganz bedecket wird.

Die Natur, welche der Künstler nicht verschönern konnte, hat er ausgewickelter, angestrengter und mächtiger zu zeigen gesuchet: da, wohin der größte Schmerz geleget ist, zeiget sich auch die größte Schönheit. Die linke Seite, in welche die Schlange mit dem wütenden Bisse ihr Gift ausgießet, ist diejenige, welche durch die nächste Empfindung zum Herzen am heftigsten zu leiden scheinet, und dieser Teil des Körpers kann ein Wunder der Kunst genennet werden.

Seine Beine wollen sich erheben, um seinem Übel zu entrinnen; kein Teil ist in Ruhe, ja die Meißelstreiche selbst helfen zur Bedeutung einer erstarreten Haut.

(J. J. Winckelmann: Ewiges Griechentum. Auswahl aus seinen Schriften und Briefen. Hrsg. v. Fritz Forschepiepe. Stuttgart 1943, S. 195-197)
Re: Winckelmann über Laokoon
Andreas schrieb am 02.07.2023 um 12:25 Uhr (Zitieren)
illi agmine certo
Laocoonta petunt; et primum parua duorum
corpora natorum serpens amplexus uterque
implicat et miseros morsu depascitur artus;
post ipsum auxilio subeuntem ac tela ferentem
corripiunt spirisque ligant ingentibus; et iam
bis medium amplexi, bis collo squamea circum
terga dati superant capite et ceruicibus altis.

Vergil (2,212ff)
 
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