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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Gedankenexperimente (1249 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 11.05.2010 um 16:13 Uhr (Zitieren)
Ich kann ja auch gleich mal eines vorstellen. Nehmen wir das von Aristophanes:
[...]
PENIA : Wie gelehrig ihr seid, und wie gläubig ihr horcht auf den lauteren Unsinn, ihr Toren,
O ihr kindischen Greise, mitschwärmend im Chor der Narren und Narrenkumpane!
Geschähe das je, was so sehnlich ihr wünscht, was wird es euch nützen? – Nicht so viel!
Wenn Plutos fortan, von der Blindheit kuriert, gleichmäßig die Güter verteilte,
Da würde von Stund’ an kein Mensch sich der Kunst noch nützlichen Wissens befleißen:
Sie würden beseitigt, die beiden, alsdann, und es würde sich jeder bedanken,
Zu hämmern, zu schmieden, zu zimmern, zu baun Galeeren und Wagen und Räder,
Zu schneidern, zu schustern und Ziegel aus Lehm zu bereiten, zu walken und gerben!
Wer pflügte den Acker, wer hackte den Grund, wer streute die Saat der Demeter,
Wer rührte die Hand, wenn behaglich er könnt’ und in müßiger Ruhe genießen?

CHREMYLOS: Ah, papperlapapp! Die Geschäfte zumal, die du aufzählst, machen die Sklaven,
Die Bedienten für uns!

PENIA: Die Bedienten? Woher bekommst du dann aber die Sklaven?

CHREMYLOS: Die Sklaven? – Natürlich: die kauft man für Geld!

PENIA: Doch vor allem – wo werden Verkäufer sich finden, wenn keinem an Geld es gebricht?
[...]

[Quelle: Aristophanes, Sämtliche Komödien. Übertragen von Ludwig Seeger. Zürich/Stuttgart 1968, S. 662 f.: Plutos, V. 507-521]

Die Gleichheit des Besitzes ließe die menschliche Produktivität erlahmen - ja, wirklich?
Re: Gedankenexperimente
ανδρέας schrieb am 11.05.2010 um 17:27 Uhr (Zitieren)

Das glaube ich nicht. Wenn man die Maslow`sche Bedürfnispyramide zu Grunde legt rangiert Geld eher weiter unten. Soziale Bedürfnisse, Selbstverwirklichung sind eben auch Teil des Bedürfnisspektrums. Hätte van Gogh seine Bilder sonst gemalt? Er war bettelarm. Viele Künstler, die erst später anerkannt wurden und heute unermesslich reich wären, hatten einfach das Bedürfnis, ihre Kreativität auszuleben. Das hätten sie auch getan, wenn sie materiell besser gestellt gewesen wären (zumindest die meisten, denke ich). Einem inneren Bedürfnis sind auch viele Wissenschaftler gefolgt ohne dass sie es nur für Geld getan hätten.
Re: Gedankenexperimente
Γραικίσκος schrieb am 11.05.2010 um 17:33 Uhr (Zitieren)
Das glaube auch ich nicht, und zwar aus demselben Grund, obwohl ich in diesem Zusammenhang nicht an Maslows Bedürfnispyramide gedacht habe. Gerade kreative Tätigkeit ergibt, umgerechnet, in der Regel einen minimalen Stundenlohn.
Re: Gedankenexperimente
Γραικίσκος schrieb am 11.05.2010 um 17:43 Uhr (Zitieren)
Schon fast paradox erscheint mir das folgende Gedankenexperiment:
Was wäre, wenn es in unserer Sprache keinen Konjunktiv gäbe?

[Quelle: Hans-Ludwig Freese, Abenteuer im Kopf. Philosophische Gedankenexperimente. Weinheim / Berlin 1995, S. 30]

Re: Gedankenexperimente
Γραικίσκος schrieb am 11.05.2010 um 17:48 Uhr (Zitieren)
ανδρέας schrieb am 11.05.2010 um 17:39 Uhr:
Das Gehirn im Tank

Da geht es darum, unsere Vorstellungen von Wissen, Realität, Wahrheit, Bewusstsein und Bedeutung zu durchdenken. Wenn man einem Menschen das Gehirn herausoperiert und in einem Tank in Nährlösung aufbewahrt und seine Neuronen durch Drähte mit einem Computer verbindet, der es mit genau den gleichen elektrischen Impulsen versorgt, wie ein Gehirn sie normalerweise empfängt. So simuliert der Computer eine Virtuelle Realität (vgl. den Film „Matrix“), einschließlich passender Antworten auf den Output des Gehirns, und die Person mit dem körperlosen Gehirn hat weiterhin völlig normale Erlebnisse in ihrem Bewusstsein, ohne dass diese mit Gegenständen oder Ereignissen in der realen Welt zu tun hätten.

Das Gehirn-im-Tank-Szenario kann als Argument für Skeptizismus und Solipsismus verwendet werden. Eine einfache Version der Argumentation ist diese: Da das Gehirn im Tank exakt die gleichen Impulse sendet und empfängt, als wenn es sich in einem Kopf befände, und da diese seine einzige Verbindung zur Außenwelt sind, ist es aus der Perspektive des Gehirns unmöglich zu sagen, ob es sich in einem Kopf oder in einem Tank befindet. Im ersten Fall können die meisten der Vorstellungen der Person wahr sein, zum Beispiel, wenn die Person denkt, dass sie die Straße entlanggeht oder Eis isst. Im zweiten Fall aber sind die Vorstellungen falsch. Da man nun aber nicht feststellen kann, ob man ein Gehirn im Tank ist, kann man auch nicht wissen, ob nicht die meisten Dinge, die man glaubt, völlig falsch sind. Da man prinzipiell nicht ausschließen kann, dass man ein Gehirn im Tank ist, kann es auch keinen guten Grund geben, irgendetwas von dem zu glauben, was man glaubt, und wissen kann man auf jeden Fall nichts davon.
Re: Gedankenexperimente
Γραικίσκος schrieb am 11.05.2010 um 17:56 Uhr (Zitieren)
Das Gegenargument von Putnam gegen diese Möglichkeit lautet, daß nicht die gesamte uns umgebende Welt irreal sein kann, wir also nicht bloß Gehirne im Tank sein können, weil der Begriff "irreal" ohne den Gegenbegriff "real" semantisch bedeutungslos wäre. Wir müssen, so Putnam, Irrealität von Realität unterscheiden können, damit der Begriff der Irrealität einen Sinn hat.
Das ist wohl so ähnlich, wie es logisch ausgeschlossen ist, daß alle existierenden Gemälde Fälschungen sind - ausgeschlossen deshalb, weil es eine echte Vorlage für die Fälschung geben muß; sonst verlöre der Begriff der Fälschung seine Bedeutung.
Dem entspricht im vorliegenden Fall der Begriff der Irrealität bzw. Illusion.

Für die Plausibilität dieses Argumentes von Putnam übernehme ich freilich keine Garantie.
Jedenfalls müßten ja in der hier geschilderten Situation die Gehirne selbst real sein, oder?
Re: Gedankenexperimente
ανδρέας schrieb am 11.05.2010 um 19:09 Uhr (Zitieren)
Es stellt sich immer die Frage, was denn der Realität, der Phantasie und was dem Unterbewußten zugeordnet werden kann. Dazu ein kleines Gedicht ...

Wünschelrute

„Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.“

Josef Freiherr von Eichendorff
Re: Gedankenexperimente
Γραικίσκος schrieb am 11.05.2010 um 20:50 Uhr (Zitieren)
Hier ist ein Gedankenexperiment, das ich gerade gelesen habe:
Hätten die letzten weltgeschichtlichen Jahrtausende im Zeichen des Matriarchats gestanden und erlebten wir in jüngster Zeit die Emanzipation der Männer anstatt umgekehrt, dann wären es vielleicht Frauen, die in Angst um ihre Machtposition Männer durch brutale Übergriffe an der Selbstbefreiung zu hindern versuchten; in Afghanistan hätten dann vielleicht weibliche Taliban der männlichen Bevölkerung unter Todesandrohung Bildung, Beruf und Bewegungsfreiheit verweigert.

[Quelle: Dorothee Frank, Menschen töten. Düsseldorf 2006, S. 104]

Zwar schwächt Frau Frank ihre Vermutung durch das 'vielleicht' ab, aber in solchen Mutmaßungen liegt ja gerade das Wesen des Gedankenexperiments.
Re: Gedankenexperimente
ανδρέας schrieb am 11.05.2010 um 21:58 Uhr (Zitieren)

Die konjunktivistische Sichtweise ist natürlich immer spekulativ und eignet sich deswegen nie als Argument - man ist ja quasi unbewaffnet, da ohne reale Belege. Was wäre, wenn Lord Halifax Premier geworden wäre, statt Churchill? Hätte er so tapfer und unbeirrt Widerstand geleistet? Was, wenn Napoleon früh gefallen wäre, Hitler 1939 einem Attentat zum Opfer? gefallen wäre ... usw.

Geschichte ist sehr stark von Personen abhängig. Personen sind Programme, löscht man sie, ändert sich die Geschichte.
Re: Gedankenexperimente
Γραικίσκος schrieb am 11.05.2010 um 22:07 Uhr (Zitieren)
Die konjunktivistische Sichtweise ist natürlich immer spekulativ und eignet sich deswegen nie als Argument.

Man kann Gedankenexperimente durchaus als Argumente einsetzen, allerdings in anderer Weise als naturwissenschaftliche Experimente.
Wenn nämlich etwas widerspruchsfrei denkbar ist, dann kann das Gegenteil zwar wahr, aber nicht notwendigerweise wahr sein.

Wenn es z.B. denkbar ist, daß Frauen Männer unterdrücken (s.o.), dann ist die Ansicht, daß Frauen (aufgrund ihrer Konstitution o.ä.) notwendigerweise für Unterdrückung ungeeignet seien, falsch. Es mag sein, daß sie es wirklich sind, aber notwendig wahr ist das dann nicht.

Die argumentative Funktion eines Gedankenexperiments läuft also nicht auf den Nachweis einer Tatsache hinaus, sondern auf die Widerlegung einer Notwendigkeit.
Re: Gedankenexperimente
ανδρέας schrieb am 11.05.2010 um 22:20 Uhr (Zitieren)

Ein kleines eigenes Gedankenexperiment zum Matriarchat

Mütter erziehen seit langer Zeit die Kinder – auch die Söhne. Wollten sie, dass ihre Töchter auf andere Männer treffen, könnten sie ihre Söhne entsprechend erziehen.
Die Hand an der Wiege könnte diem Welt beherrschen! Warum also das Patriarchat?
Weil die Mütter es erlauben. Man denke an die Macht der Frauen im Beispiel Lysitrata. Woran könnte das liegen? Haben Frauen das Patriarchat zugelassen oder gewählt? Hatten sie keine Wahl, mangelte es ihnen an der gemeinschaftlichen Solidarität, fehlte ihnen dazu der Wille, oder sahen sie darin keinen Vorteil? Unter den Bedingungen gewalttätiger Überlebensstrategien, wo es auf Kampfkraft zur Verteidigung der Lebensbedingungen ankam, war ein friedfertiger Mann vielleicht bei größeren Gruppen/Staaten nicht opportun. Die Selbstbehauptung (Kampf um Ressourcen) also von Kraft und Stärke abhängig – zumal Frauen viel zu wertvoll für die Reproduktion der Bevölkerung sind, als dass man sie in Schlachten opfern sollte.
Da kann es vorteilhaft sein, sich auf die häusliche Macht zu beschränken nach dem Motto „es kann mir egal sein, wer unter mir Chef ist“. Zumindest leben Frauen 6-7 Jahre länger – tausche Macht gegen Risiko und erhalte die Art (sprich: die eigenen Kinder). Logisch ist es und Logik spreche ich den Frauen grundsätzlich nicht ab, auch wenn ich sie nicht (immer) verstehe.
Ich weiß, das ist Biologismus.
Re: Gedankenexperimente
ανδρέας schrieb am 11.05.2010 um 22:26 Uhr (Zitieren)

Ergänzung zum Matriarcht: heute ist Kraft und Stärke wegen des technischen Fortschritts relativ unbedeutend geworden. Dies ist sicher die Voraussetzung dafür, dass Emanzipation sich durchsetzen konnte (zum Glück).

Zum "konjunktivistischen" Argument: Betreffend einer Widerlegung einer Notwendigkeit stimme ich zu. Da habe ich es mir zu einfach gemacht.
Re: Gedankenexperimente
Γραικίσκος schrieb am 13.05.2010 um 19:28 Uhr (Zitieren)
Frauen sind in zweierlei Hinsichten am Charakter der Männer beteiligt: 1. bei der Partnerwahl (sofern man sie wählen läßt), 2. bei der Erziehung der Knaben.
Die Motive ihrer Entscheidungen könnten die sein, die Andreas nennt. Der große Jäger ist eben ein besserer Versorger der Familie, der große Krieger ein besserer Schutz. Das mag auch so zutreffen; aber wie so oft im Leben muß man einen Preis zahlen.
Aber heute, heute sollte das doch keine entscheidende Rolle mehr spielen, oder?
Re: Gedankenexperimente
ανδρέας schrieb am 13.05.2010 um 20:03 Uhr (Zitieren)

Natürlich wählt die Frau von heute nur den sensiblen, friedfertigen, toleranten und auf Gleichberechtigung orientierten Mann, der nur ganz zufällig genügend Geld und Status besitzt, um die Familie auch gut versorgen zu können - notfalls auch nach der Scheidung.

kurzum: die Sache lässt sich nur schwer eindeutig klären, allerdings hat es oft nichts mit Vernunft zu tun. Das ist in Liebesdingen auch kaum zu erwarten.
 
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