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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Ciceros Gedichte (310 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 19.11.2023 um 16:37 Uhr (Zitieren)
Ich lese:
Ciceros einziges literarisches Missgeschick waren seine Gedichte, die so schlecht waren, dass sie ganzen Generationen von Literaturwissenschaftlern Freude bereiteten. Tacitus meinte, die Verse, die Caesar und Brutus geschrieben hatten, seien nicht besser als die Ciceros, hätten aber das Glück, dass weniger Menschen von ihrer Existenz wüssten. Der römische Satiriker Juvenal schrieb, dass, wäre Ciceros Prosa von derselben Güte wie seine Dichtung gewesen, er niemals der Rache des Antonius zum Opfer gefallen wäre.

(Carl J. Richard: Zwölf Griechen und Römer, die Geschichte schrieben. Darmstadt 2005, S. 209)

DNP schreibt von einem verlorenen Gedicht über Caesars britannischen Feldzug sowie von in Ciceros Werk eingestreuten, zum Teil umfangreicheren metrischen Übersetzungen aus griechischen Dichtern.
Re: Ciceros Gedichte
Andreas schrieb am 19.11.2023 um 19:00 Uhr (Zitieren)
Gibt es Kostproben von beiden?
Ich habe gerade keine Lust zum Googlen.
Was war so schlecht an den Elaboraten?

Carl J. Richard is a professor of history at the University of Louisiana at Lafayette. He specializes in early American history and U.S. intellectual history. He has published several books over the years. He received a Ph.D. from Vanderbilt University in 1988.
Re: Ciceros Gedichte
Γραικύλος schrieb am 19.11.2023 um 23:56 Uhr (Zitieren)
In "De natura deorum" III 66 ff. stehen reichlich Verse, aber ich habe den Eindruck, daß Cicero dort nur Ennius zitiert, also nicht aus dem Griechischen nachdichtet.
Re: Ciceros Gedichte
Γραικύλος schrieb am 20.11.2023 um 00:05 Uhr (Zitieren)
Jetzt habe ich was: In den "Tusculanae disputationes" III 29 übersetzt Cicero Euripides:
Nam qui haec audita a docto meminissem viro,
Futuras mecum commentabar miserias,
Aut mortem acerbam aut exili maestam fugam
Aut semper aliquam molem meditabar mali,
Ut, si qua invecta diritas casu foret,
Ne me inparatum cura laceraret repens.
Re: Ciceros Gedichte
Bukolos schrieb am 21.11.2023 um 17:48 Uhr (Zitieren)
An einem Ort versammelt findest du (von der Arat-Übersetzung abgesehen) sämtliche bekannte Verse des Arpinaten in: Jürgen Blänsdorf (Hg.), Fragmenta poetarum Latinorum, Berlin/New York 2011, S. 153 ff.
Re: Ciceros Gedichte
filix schrieb am 21.11.2023 um 17:59 Uhr (Zitieren)
Eigentlich ist es ein einziger Vers, der ihm das Genick gebrochen hat: O fortunatam natam me consule Romam!
Re: Ciceros Gedichte
Bukolos schrieb am 21.11.2023 um 18:17 Uhr (Zitieren)
Fast sympathisch, wie der frischgebackene Vater vor Stolz in klonisches Stottern verfällt.
Re: Ciceros Gedichte
filix schrieb am 21.11.2023 um 18:23 Uhr (Zitieren)
Sehr schön - und eigentlich auch eine Leistung, der Club der toten Dichter, die mit einem kapitalen Vers ihre Karriere vollständig ruiniert haben, ist nicht so groß.
Re: Ciceros Gedichte
Marcella schrieb am 21.11.2023 um 21:34 Uhr (Zitieren)
Ein gewisser Romancier namens Thomas Mann verteidigte seinen einzigen - eher missglückten - Versuch in der metrisch gebundenen Poesie, den "Gesang vom Kindchen" von 1921, folgendermaßen »Die in Kritiken viel erwähnte Holprigkeit der Verse ist meinem besseren Wissen zufolge nur scheinbar.«
Könnte Cicero Entsprechendes vorbringen?
Re: Ciceros Gedichte
Aurora schrieb am 22.11.2023 um 09:57 Uhr (Zitieren)
Mit diesem Programm kannst du es überprüfen:

https://www.pedecerto.eu/public/scansioni/scansioni

Nā́m qui‿hǣc ā́udīta‿ā́ dōctṓ mĕmĭnī́ssēm vī́ro,
Re: Ciceros Gedichte
Γραικύλος schrieb am 22.11.2023 um 14:16 Uhr (Zitieren)
Inzwischen habe ich verstanden, worauf sich der Spott der Literaturwissenschaftler bezieht. Weder "De consulatu meo" noch die "Aratea" kannte ich.
Re: Ciceros Gedichte
filix schrieb am 22.11.2023 um 20:35 Uhr (Zitieren)
Der Qualität eines Verses wie O fortunatam natam me consule Romam! kommt man nicht mit metrischer Analyse allein auf die Spur, es ist die giftige Mischung aus schleppenden Spondeen, Assonanzen und stinkendem Eigenlob, die ihm zum Verhängnis wurde. Übrigens ersparen so mein Eindruck, fast alle Übersetzungen desselben dem Leser eine Nachbildung, die all diese Aspekte einzufangen versucht, der Fokus liegt auf der Wiedergabe der Selbstbeweihräucherung, nicht dem Sound. Eine Ausnahme bildet das frühe 19. Jhdt., wie man folgender Rezension einer Juvenal-Übertragung (der ihn in der zehnten Satire zitiert), entnehmen kann:


Wohingegen Hr. Donner berechtigt, ja verpflichtet war, einen schlechten Vers zu machen, X, 122,

O fortunatam natam me consule Romam

übersetzt er:

O glückseliges Rom, das neu, weil ich waltete, aufblüht.

wodurch der ganze Sinn der Stelle verloren geht, weil man nun nicht sieht, was Juvenal an dem Ciceronianisdhen Verse aussetzt. Denn dass das verkürzte weil bei Herrn Donner nicht absichtlich den Vers schlecht machen soll, sieht man aus vielen andern Stellen seiner Übersetzung. Haugwitz übersetzt nicht übel:

O welch Glück die Romstadt hatt', als ich war der Consul!

um, aber auch die dritte fehlerhafte Assonanz zu bezeichnen, könnte man vielleicht die letzte Hälfte so wiedergeben:

O welch Glück die Romstadt hatt', als sie leitet mein Rath.



Zur Verteidigung zwar nicht dieses, aber anderer seiner Verse ist Cicero selbst ausgerückt, er war dabei nicht so zurückhaltend wie der Romancier, der einmal schrieb, dass man nicht vergessen solle, dass Bescheidenheit von Bescheid wissen käme.

In Phil 2,20 spricht der Dichter Cicero beispielsweise dem spottenden Antonius jede literarische Kompetenz ab, Pis. 73 bezeichnet er seinen Kontrahenten als Phalaris grammaticus, das antike Pendant des grammar Nazi, und Esel, der den Stock statt Worte verdiene.
 
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