Latein Wörterbuch - Forum
ohne zu — 2802 Aufrufe
Teutonius am 20.7.11 um 1:08 Uhr (
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Er lügt ohne rot zu werden:
Mentitur ut non erubescat.
Mentitur non erubescens.
Mentitur neque erubescit.
Re: ohne zu
Teutonius am 20.7.11 um 1:27 Uhr (
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Imulti probant oratores et poëtas neque intellegunt, quā re commoti probent.
= viele loben die Redner und Dichter, ohne zu/daß verstehen, warum sie loben (wodurch sie zum Lob angeregt wurden).
Re: ohne zu
Teutonius am 20.7.11 um 1:30 Uhr (
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numquam accedo, quin abs te doctior abeam.
= niemals gehe ich zu (dir), ohne daß ich von dir klüger weggehe (dich klüger wieder verlasse).
Re: ohne zu
Bibulus am 20.7.11 um 2:51 Uhr (
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„ohne zu“ ist eine typische Wendung der „germanischen“ Sprachen.
Schau mal, was der Georges dazu sagt:
http://www.zeno.org/Georges-1910/A/ohne
Absatz
II) Adv. »ohne zu«
...
(das sind so Fälle, an denen ich auch manchmal verzweifle,
wenn sie nicht eindeutig formuliert in ihrer Bedeutung sind,
nicht im Lateinschen...)
...
unter uns Schülern, vor Jahrzehnten, grassierte eine Wortspiel:
„supra sine“....
;-)
Re: ohne zu
Teutonius am 20.7.11 um 3:00 Uhr (
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Na, die Erklärung ist doch recht eindeutig: ablabs, oder ppa, neque oder ut non / quin.
Allerdings im Beispiel:
mavult existimari bonus vir, ut nonsit, quam esse, ut non putetur.
müßte doch wohl neque stehen (denn er war ja schon vor der Einschätzung so), oder doch ‚ut non‘ als Wirkung und Folge??? 8-/
Re: ohne zu
Bibulus am 20.7.11 um 3:08 Uhr (
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Isiehste....
so ergeht es mir doch auch...
;-)
(Sprache, auch die Lateinische, ist eben nicht vollständig in Regeln zu fassen...)
Re: ohne zu
Bibulus am 20.7.11 um 3:16 Uhr (
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Ida fällt mir ein (zu deinem Beispiel zu Beginn):
Cicero:„Epistula non erubescit“....
Re: ohne zu
Teutonius am 20.7.11 um 3:21 Uhr (
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Ja, Papier ist unverschämt geduldig!
Re: ohne zu
Bibulus am 20.7.11 um 3:26 Uhr (
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ja
;-)
daher:
„Er lügt und errötet nicht“
(so würde ich den Satz umbauen)
Re: ohne zu
Bibulus am 20.7.11 um 3:33 Uhr (
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Ieinfach:
„mentitur nec erubescit“
->
„Er/sie/es lügt, dennoch errötet er/sie/es nicht“
Re: ohne zu
Ich halte „non erubescens mentitur“ für die bessere Lösung, weil das Partizip die enge Verbindung treffender ausdrückt.
cf. „...ille testatur ne se intellegere quidem ullum bonum quod sit seiunctum a delecatis et obscenis voluptatibus, quas quidem non erubescens persequitur omnis nominatim.“ (Cicero: De natura deorum I,XL)
Zu dieser Cicero-Stelle im Georges:
mavult [existimari bonus vir (esse), ut non sit] quam [(bonus vir) esse, ut non putetur].
(„Lieber will er für einen braven Mann gehalten werden, ohne es zu sein, als ein braver Mann zu sein, ohne dafür gehalten zu werden.“)
„ut non sit“ drückt der Sache nach eine fehlende Bedingung aus, also „obwohl er es nicht ist“.
Hier „existimari bonus vir (esse) neque esse“ zu setzen, von der Stilfrage abgesehen, könnte zu dieser Lesart verführen: „Lieber will er für einen angesehen werden, der ein braver und auch kein braver ist (also einer, der beide Seiten zeigt, ist)“
Das „ut non putetur“ drückt die ausbleibende Wirkung (also keinen guten Ruf trotz des guten Verhaltens zu genießen = er will nicht gut sein müssen und in Folge nichts davon haben/ohne etwas davon zu haben, einen entsprechend guten Ruf nämlich) aus, während „neque putari“ es sozusagen
bloß negativ als weiteres demjenigen hinzusetzte, dem hier etwas anderes vorgezogen wird. cf. „malo non existimari vir bonus neque esse“ („Ich will lieber nicht für einen braven Mann gehalten werden und es (auch) nicht sein“)
„Capite demisso mentitur neque semel oculos tollit, ne auditores vigilantes eum erubescere videant, et oratione finita senatu propere discedit neque respectat, ut non senatores eum mentitum esse iam diu non ignorare sentiat.“
(„Gesenkten Hauptes lügt er ohne einmal den Blick zu heben, damit die aufmerksamen Zuhörer nicht sehen (mögen), dass er errötet, und nach Beendigung der Rede verlässt er ohne sich umzublicken unverzüglich den Senat, ohne zu bemerken, dass die Senatoren längst wissen, dass er gelogen hat.“)
Re: ohne zu
latrator am 20.7.11 um 18:30 Uhr (
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Kann man gegen eine solche Wucht an Argumenten nein sagen?
Re: ohne zu
Dr.med. Lu. am 20.7.11 um 18:49 Uhr (
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I@filix,
Deine ‚bessere Lösung‘, die die enge Verbindung zwischen Nicht-Erröten und Lügen ausdrücken soll, ist physiologisch und psychologisch nicht akzeptabel, weil es keine enge Verbindung gibt. Als Philosoph beherrschst du doch die Methode der Falsifikation, also tu´s!
Gruß, Lu.
Re: ohne zu
Teutonius am 20.7.11 um 22:22 Uhr (
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So fänd ichs logisch:
Mavult existimari bonus vir, neque esse, quam esse, ut non putetur.
Re: ohne zu
You missed the point, Lu. Es geht hier um eine grammatikalisch-logische Struktur/Funktion, nicht um die Frage,
ob das durch sie Behauptete wahr oder falsch ist. Auch der Latein sprechende Empiriker, der zur Widerlegung der These, dass es einen meinethalben strikten kausalen Zusammenhang gibt, schreitet, muss sich, um seinem Einspruch Geltung zu verleihen, ihrer bedienen und m.E. sagen: „experimenta docent: sunt qui non erubescentes mentiuntur“ („Die Versuche lehren: es gibt welche, die lügen ohne (dabei) zu erröten)“, während „sunt qui non mentiuntur neque erubescunt“ das Ziel verfehlt und die Bemerkung sich gefallen lassen muss: „ita est - etiam sunt qui mentiuntur neque dentes virides habent neque pedem in tergum lunae posuerunt et
cetera...quid tum?“ Diesen Unterschied macht das Partizip.
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„mavult existimari bonus vir neque esse...“
Siehe oben („Er wollte für einen gehalten werden, der ein guter Mann ist und es (auch nicht ist)“ bzw. „Er wollte lieber für einen wackeren Mann gehalten werden und nicht (=tot) sein ...quam turpiter vivere neque honeste contionari posse (als z.B. in Schande zu leben und nicht (ohne) mit Anstand und Würde in der Volksversammlung sich vernehmen lassen zu können)“.
Re: ohne zu
Teutonius am 21.7.11 um 0:39 Uhr (
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Er wollte für einen gehalten werden, der ein guter Mann ist und es auch nicht ist.
= Wie soll das denn gehen? Er will für gut und gleichzeitig für schlecht gehalten werden? Es geht doch darum, was er will, und nicht as andere vllt. denken!
Re: ohne zu
Das sind mögliche Lesarten des isolierten „mavult existimari bonus vir (esse) neque esse“.Natürlich kann jemand den Wunsch hegen, dass man ihn für beides hält (aus Kalkül seine Feinde zu verunsichern etwa et cetera). Deine Einfügung des Wortes „gleichzeitig“ führt geradewegs ins Problem - das gibt das „neque“ m.E. im strengen Sinn nicht her, das Partizip jedoch schon. Daher auch die Beispiele in Bezug auf den Empiriker oben.
Re: ohne zu
Bibulus am 21.7.11 um 6:54 Uhr (
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IIch bleibe bei meinem einfachen
„mentitur nec erubescit“
Re: ohne zu
Dr.med. Lu. am 21.7.11 um 10:41 Uhr (
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filix,
Dein „non erubescens mentitur“ weckt den ‚Dichterling‘ in mir:
"Es will mir nicht in den Kopf hinein:
nix passiert und soll doch gleichzeitig sein?"
Re: ohne zu
MENTIENS NON ERUBESCIT
müsste es
m.M.n. heißen.
Re: ohne zu
QLAL fessior quam laetior am 21.7.11 um 11:41 Uhr (
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Salvēte!
Quid sī „In mentiendō nōn ērubēscit“ („... errötet beim Lügen nicht“) dīcāmus?
Valēte
QLAL
Re: ohne zu
Tust du, Lu, nie etwas nicht ahnend , wohin es führt?