Latein Wörterbuch - Forum
Spruch — 2410 Aufrufe
Jürgen am 31.8.12 um 20:11 Uhr (Zitieren) II
Hallo,

ich bin kein Lateiner, würde mich aber freuen, wenn mir jemand bei der Übersetzung des folgenden Spruchs helfen könnte:
Omne meum, nil meum: Nihil dictum, quod non dictum prius.

Ich könnte mir vorstellen, dass es so etwas heißt wie: Alles von mir, nichts von mir: Nichts wird gesagt, dass nicht zuvor schon gesagt wurde.
Käme das in etwa hin oder gibt es andere/bessere Formulierungen/Übersetzungen.

Vielen Dank
Jürgen

P.S.: Habe vorhin versehentlich in einem falschen Bereich gepostet. Sorry :-(
Re: Spruch
Bibulus am 31.8.12 um 20:37 Uhr (Zitieren) III
Inhaltlich stimmt es,
In welchem Zusammenhang kommt das denn vor?
Re: Spruch
Bibulus am 31.8.12 um 21:08 Uhr (Zitieren) II
Re: Spruch
Jürgen am 31.8.12 um 22:13 Uhr (Zitieren) II
Vielen Dank für das Feedback, Bibulus.
Ja, das ist ein Motto bei William Lilly.

Ich wusste nur nicht, wie weit man hier „frei“ übersetzen kann bzw. darf.
Ich habe oben „dictum“ als „wird gesagt“ interpretiert. Ist das in Ordnung so?
Re: Spruch
Bibulus am 31.8.12 um 23:28 Uhr (Zitieren) I
Hallo Jürgen!

Lateinische Motti („Mottos“, „Motti“ ???) kürzen oft ab,
es wird sehr oft auf das Hilfsverbum „esse“,
bzw. auf seine konjugierten Formen verzichtet.
Daher ist eine 1:1 Übersetzung immer eine Sache der Interpretation.

Ich übersetze das Motto so:
„Jedes von mir, nichts von mir: Nichts (jetzt) Gesagtes, was nicht schon früher gesagt wurde.“
(„omne“ im Singular -> „jedes“)

Allerdings stammt das Motto aus dem 17. Jahrhundert.

Mein Einwand daher:
Der Lateiner verwendet im klassischen Latein bei Neutra („omne“)
bevorzugt den Plural:
„omnia mea“ -> „alle (Dinge sind) meins“.
Aber das passt dann wiederum nicht zum zweiten Teil „nil meum“ (Singular)
Re: Spruch
Jürgen am 31.8.12 um 23:49 Uhr (Zitieren) II
Hallo Bibulus,

vielen herzlichen Dank für deine Erklärungen. Das hat mir sehr geholfen.

Tja - damals hatte ich kein Interesse an Latein und heute könnte ich es tatsächlich brauchen. Wer hätte das gedacht :-)

Re: Spruch
filix am 1.9.12 um 0:50 Uhr, überarbeitet am 19.8.20 um 11:10 Uhr (Zitieren) II
Mister Lilly hat das Motto seines 1659 gedruckten Werkes schon im Motto befolgt:
die Teile dies- und jenseits des Doppelpunkts sind nämlich geborgt,und zwar aus zwei unterschiedlichen Quellen, sodass die Montage als Beispiel der u.a. so formulierten paradoxen Autorenschaft gelten mag. „omne meum, ni(hi)l meum“ taucht in der 1621 erstmals gedruckten „Anatomy of Melancholy“ von Robert Burton auf, in welchem sich derselbe in der Maske eines Democritus an den Leser wendet, um diesem zu erläutern, mit wem er und womit er es auf den nächsten hunderten Seiten zu tun habe:

„As already, we shall have a vast chaos and confusion of books, we are [97]oppressed with them, [98]our eyes ache with reading, our fingers with turning. For my part I am one of the number, nos numerus sumus, (we are mere ciphers): I do not deny it, I have only this of Macrobius to say for myself, Omne meum, nihil meum, 'tis all mine, and none mine. As a good housewife out of divers fleeces weaves one piece of cloth, a bee gathers wax and honey out of many flowers, and makes a new bundle of all, Floriferis ut apes in saltibus omnia libant, I have laboriously [99]collected this cento out of divers writers, and that sine injuria, I have wronged no authors, but given every man his own...“ (R.Burton: Anatomy of Melancholy - Democritus to the Reader p.7, zitiert nach der Ausgabe von 1638)

Die Pointe der Passage ist nun, dass es sich bei dem angeblichen Zitat von Macrobius, einem spätantiken Philosophen des 4./5. Jhdt. u.Z, sehr wahrscheinlich um ein Kuckucksei handelt, jedenfalls lässt es sich in den überlieferten Werken desselben nicht auffinden und bleibt auch bei Burton, der sonst, schon um sein Versprechen „to give every author his own“ einzulösen, mit Quellenangaben nicht geizt, unbelegt. Dazu mag auch Bibulus' Einwand gegen den Singular passen.

Der zweite Teil „Nihil dictum est...“ speist sich aus weitaus älterer Quelle - bei Terenz (2.Jhdt. v.u.Z.) heißt es nämlich im Prologus des Eunuchus „denique nullumst iam dictum quod non dictum sit prius.“ - „Schlussendlich gibt es gegenwärtig nichts (Gesagtes), das nicht schon früher gesagt worden wäre.“ Der Satz fällt in einem Gegenangriff auf einen literarischen Konkurrenten, in den sich Elemente einer fast modern anmutenden Urheberrechtsdebatte, die sich um die Praxis, griechische Stücke als Grundlagen der lateinischen zu benutzen, entwickelt, mischen. Terenz wendet sich so gegen ausufernde Ansprüche, die sich bis auf literarische Typen und Klischees als solche erstrecken, bei denen die Frage aufkommt „quod si personis isdem huic uti non licet: qui mage licet currentem servom scribere, bonas matronas facere, meretrices malas, parasitum edacem, gloriosum militem, puerum supponi, falli per servom senem, amare odisse suspicari? Denique nullumst...“ „Was, wenn ihm (dem Autor) nicht gestattet ist, dieselben Figuren zu gebrauchen? Darf dann wohl einer (überhaupt noch) von Sklaven in Eile schreiben, gute Matronen, böse Schlampen, einen gefräßigen Parasiten und einen ehrgeizigen Soldaten ins Stück bringen, zeigen, dass ein Knabe untergeschoben, ein alter Mann durch den Sklaven hereingelegt, dass geliebt und gehasst wird? Schlussendlich ...“


Re: Spruch
Bibulus am 1.9.12 um 2:06 Uhr (Zitieren) I
...läuft es darauf hinaus, daß die Fa „Apple“ von einem amerikanischen Gericht in San Jose, Ca., bestätigt bekommen hat, daß die Fa. Apple das Rad erfunden hat.

Typisch amerikanisch

Re: Spruch
Bibulus am 1.9.12 um 2:09 Uhr (Zitieren) II
Ich werde demnächst beim Supreme Court der USA beantragen, daß mir das Urheberrecht auf den „rechten Winkel“ bestätigt wird.
Re: Spruch
Bibulus am 1.9.12 um 2:13 Uhr (Zitieren) II
@filix,
nach mehrmaligem, wiederholtem Lesens Deines Beitrages
komme ich zum Schluß, daß der „Urheber“ dieses Mottos
sich nicht so ganz im Klaren, bzw. der lateinischen Sprache
nicht wirklich mächtig war?
Re: Spruch
Kuli am 1.9.12 um 9:15 Uhr (Zitieren) II
Der Satz fällt in einem Gegenangriff auf einen literarischen Konkurrenten, in den sich Elemente einer fast modern anmutenden Urheberrechtsdebatte, die sich um die Praxis, griechische Stücke als Grundlagen der lateinischen zu benutzen, entwickelt, mischen.

Seltsam genug -- habe ich doch bislang geglaubt, Originalität hätte unter den römischen Dichtern (wenn überhaupt) nur als sekundäre Tugend gegolten und imitatio und aemuatio wären das Gängige und Erstrebte gewesen (wie etwa Horaz, a. p. 129-31: „rectius Iliacum carmen deducis in actus | quam si proferres ignota indictaque primus. | publica materies privati iuris erit, ...“). Offenbar galten zu Terenz' Zeiten noch andere Maßstäbe.
Re: Spruch
filix am 1.9.12 um 12:07 Uhr (Zitieren) II
...komme ich zum Schluß, daß der „Urheber“ dieses Mottos
sich nicht so ganz im Klaren, bzw. der lateinischen Sprache
nicht wirklich mächtig war?


Überfliegt man das idiosynkratische Unternehmen einer „CHRISTIAN ASTROLOGY“, die in den Konstellationen Hinweise Gottes auf die Bestimmung irdischer Schicksale und Antworten auf Fragen wie „If the Querent is likely to live long yea or not“, „If a Woman do conceive with child of more then one. If male or female“, „How many Husbands a Woman shall have“, „Who shall be master of the two“, „.Of buying and selling Lands, Houses, Farmes“ usf. sucht, wird deutlich, dass Lilly in dem Motto sein Selbstverständnis als Autor in nuce präsentiert, der aus der Tradition schöpft, aber, als Meister seines Metiers, Verbesserungen vornimmt, wo sie ihm aus der Sache unabdingbar erscheinen und auch eine neue Methode zu geben beansprucht.
An Burtons Ausführungen fühlt man sich jedenfalls erinnert, wenn Lilly schreibt: „It remaines, that I give every Author his due, and deale plainly, unto which of them I am engaged for such matter as they have assisted me with in the Introductory part: verily the Method is my own, it’s no translation; yet I have conferred my own notes with Darion, Bonatus, Ptolomey, Haly, Etzler, Dietericus, Naibod, Hasfurtus, Zael, Tanstettor, Agrippa, Ferriers, Duret, Maginius, Origanus, Argol.“ Man darf nicht vergessen, dass wir uns hier noch nicht in einer Epoche befinden, wo die Abweichung, das Neue, das Originäre der Kern des Schöpferischen oder das Wesen der Erkenntnis ist, es handelt sich vielmehr dabei um etwas, das der Rechtfertigung bedarf:
„Perhaps some will accuse me for dissenting from Ptolomey; I confesse I have done so, and that I am not the first, or shall I have done so, be the last; for I an more led by reason and experience, then by the single authority of any one man, &c. I have inserted many judgments of my own, I could have added many more: but who am I?“

Auch dieser Zwiespalt schwingt im Motto mit. Wir dürfen also annehmen, dass Mister Lilly wusste, was er tat, als er das Motto seinem Werk voranstellte.

 
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...komme ich zum Schluß, daß der „Urheber“ dieses Mottos
sich nicht so ganz im Klaren, bzw. der lateinischen Sprache
nicht wirklich mächtig war?


Überfliegt man das idiosynkratische Unternehmen einer „CHRISTIAN ASTROLOGY“, die in den Konstellationen Hinweise Gottes auf die Bestimmung irdischer Schicksale und Antworten auf Fragen wie „If the Querent is likely to live long yea or not“, „If a Woman do conceive with child of more then one. If male or female“, „How many Husbands a Woman shall have“, „Who shall be master of the two“, „.Of buying and selling Lands, Houses, Farmes“ usf. sucht, wird deutlich, dass Lilly in dem Motto sein Selbstverständnis als Autor in nuce präsentiert, der aus der Tradition schöpft, aber, als Meister seines Metiers, Verbesserungen vornimmt, wo sie ihm aus der Sache unabdingbar erscheinen und auch eine neue Methode zu geben beansprucht.
An Burtons Ausführungen fühlt man sich jedenfalls erinnert, wenn Lilly schreibt: „It remaines, that I give every Author his due, and deale plainly, unto which of them I am engaged for such matter as they have assisted me with in the Introductory part: verily the Method is my own, it’s no translation; yet I have conferred my own notes with Darion, Bonatus, Ptolomey, Haly, Etzler, Dietericus, Naibod, Hasfurtus, Zael, Tanstettor, Agrippa, Ferriers, Duret, Maginius, Origanus, Argol.“ Man darf nicht vergessen, dass wir uns hier noch nicht in einer Epoche befinden, wo die Abweichung, das Neue, das Originäre der Kern des Schöpferischen oder das Wesen der Erkenntnis ist, es handelt sich vielmehr dabei um etwas, das der Rechtfertigung bedarf:
„Perhaps some will accuse me for dissenting from Ptolomey; I confesse I have done so, and that I am not the first, or shall I have done so, be the last; for I an more led by reason and experience, then by the single authority of any one man, &c. I have inserted many judgments of my own, I could have added many more: but who am I?“

Auch dieser Zwiespalt schwingt im Motto mit. Wir dürfen also annehmen, dass Mister Lilly wusste, was er tat, als er das Motto seinem Werk voranstellte.

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    3. Bei Deutsch-Latein-Übersetzungen bitte kurz fassen. Für die Übersetzung eines Sinnspruchs wird sich immer ein Helfer finden.