Latein Wörterbuch - Forum
Jupiter: Genitiv im Deutschen — 6415 Aufrufe
paeda am 23.6.13 um 20:42 Uhr (Zitieren) I
Ich weiß gerade nicht, wo ich suchen muss. Kann mir jemand sagen, ob es „des Jupiter“ oder „des Jupiters“ heißt?
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Thomas am 23.6.13 um 20:45 Uhr (Zitieren) I
Ich würde sagen: Des Jupiters <- Genitiv
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Graeculus am 23.6.13 um 20:51 Uhr (Zitieren) II
ohne Artikel: Jupiters
mit Artikel: des Jupiter

D.h. der Genitiv wird entweder durch die Endung oder den Artikel ausgedrückt; mehr wäre redundant (zuviel der Guten).
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Graeculus am 23.6.13 um 20:51 Uhr (Zitieren) II
... des Guten
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Klaus am 23.6.13 um 20:57 Uhr (Zitieren) I
Womit wir bei meinem Lieblingsthema wären: „der Dativ ist dem Genitiv sein Tod.“
Viele Schüler würden heute den Genitiv übersetzen: „vom Jupiter“
Wird das als Fehler angestrichen oder als Sprachwandel akzeptiert?
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 23.6.13 um 20:59 Uhr (Zitieren) II
Danke, Graeculus! Entspricht ganz meinem Sprachgefühl. Wenn der Artikel wegfällt, muss natürlich ein „s“ hin.

Entspricht es verbindlichen Rechtschreibregeln, bei Namen und dem Artikel das „s“ wegzulassen? Da manche „des Jupiters“ schreiben, kommt man durcheinander, daher auch meine Zweifel!
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
lector am 23.6.13 um 20:59 Uhr (Zitieren) I
Ich würde sagen: Des Jupiters <- Genitiv


Das nennt man doppelt moppeln, oder ?
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Graeculus am 23.6.13 um 20:59 Uhr (Zitieren) I
„der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“
Dativus genitivo mors?

In Klausuren korrigiere ich es; ist aber letztlich gegen den Trend und daher zwecklos.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Graeculus am 23.6.13 um 21:00 Uhr (Zitieren) II
Das nennt man doppelt moppeln, oder ?

oder vornehmer: Hendiadyoin (aus dem Griechischen: eines durch zwei)
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 23.6.13 um 21:03 Uhr (Zitieren) I
Bei Nomen ist das Doppeltmoppeln Standard: des Vaters. Bei Namen geht es mir irgendwie gegen den Strich.

Ich verlasse mich jetzt auf Graeculus, da ich davon ausgehe, dass er weiß, was er sagt.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Graeculus am 23.6.13 um 21:03 Uhr (Zitieren) I
Ob das eine verbindliche Regel ist, bezweifle ich. Beim normalen Deklinieren kommt diese Redundanz ja durchaus vor:
- das Lied
- des Liedes
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Graeculus am 23.6.13 um 21:05 Uhr (Zitieren) I
„Dies ist der Tempel des Jupiter“ - da hängt man doch nicht noch ein „s“ an!
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 23.6.13 um 21:06 Uhr (Zitieren) II
Heißt das, Graeculus, dass du die Schreibweise „des Jupiter“ auch nur bevorzugst, dass es aber genauso „des Jupiters“ heißen könnte?
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Klaus am 23.6.13 um 21:09 Uhr (Zitieren) II
Meine Frage ist jetzt ganz untergegangen (smiley weint)
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Klaus am 23.6.13 um 21:11 Uhr (Zitieren) I
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Graeculus am 23.6.13 um 21:13 Uhr (Zitieren) I
Wenn man es voranstellt: „Des Jupiters tönerne Füße ...“, dann setze ich das „s“ dazu.

Und: „Das sind die Schuhe des Herrn Müller“, da haben wir die Reundanz - aber keine dreifache: „Das sind die Schuhe des Herrn Müllers.“

paeda, ich kann Dir nur sagen, welchen Eindruck mir mein Sprachgefühl vermittelt; wenn es Dir wichtig ist, was der Duden dazu vorschreibt, dann mußt Du dort einmal nachschauen.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Graeculus am 23.6.13 um 21:14 Uhr (Zitieren) I
Klaus schrieb am 23.06.2013 um 21:09 Uhr (Zitieren)
Meine Frage ist jetzt ganz untergegangen (smiley weint)

Graeculus schrieb am 23.06.2013 um 20:59 Uhr (Zitieren)
„der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“
Dativus genitivo mors?

In Klausuren korrigiere ich es; ist aber letztlich gegen den Trend und daher zwecklos.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Graeculus am 23.6.13 um 21:16 Uhr (Zitieren) II
Klaus schrieb am 23.06.2013 um 21:11 Uhr (Zitieren)
www.crodict.de/nomen/deutsch/Jupiter.html[/quote]
Aber nicht, wenn man es an den Satzanfang stellt, wie ich es oben getan habe. Oder?
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 23.6.13 um 21:18 Uhr (Zitieren) I
Danke, Klaus (hätte fast „Jupiter“ geschrieben! ;-) für den Link! Die Frage ist natürlich, ob man sich auf die Schreibweise in einem Wörterbuch verlassen kann.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 23.6.13 um 21:24 Uhr (Zitieren) II
Danke, Graeculus, für deine Beispiele!
Es wäre mir schon wichtig, Klarheit zu bekommen, doch bezweifle ich, ob ich geeignete Beispiele im Duden finde.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Klaus am 23.6.13 um 21:27 Uhr (Zitieren) I
Deutsch ist wirklich schwierig: „Des Herrn Müllers Schuhe sind schmutzig“klingt auch komisch. Besser: Herrn Müllers Schuhe sind schmutzig. Da lob ich mir fast den Dativ: Die Schuhe von Herrn Müller...
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 23.6.13 um 21:32 Uhr (Zitieren) I
Herrn Müllers Schuhe klingt doch okay. Die Monde des Jupiter auch. Für mich und Graeculus! ;-)) Doch was sagen die Gebieter der deutschen Rechtschreibung?
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Bibulus am 23.6.13 um 22:29 Uhr (Zitieren) I
Das „s“ bei „Des Jupiters tönerne Füße“ ist ein Füll-s,
wg. der leichteren Aussprache
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 23.6.13 um 22:59 Uhr (Zitieren) I
Zitat von Bibulus am 23.6.13, 22:29Das „s“ bei „Des Jupiters tönerne Füße“ ist ein Füll-s,
wg. der leichteren Aussprache

Wir sind ja fast so gut wie die Franzosen! ;-))
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Bibulus am 23.6.13 um 23:30 Uhr (Zitieren) I
manchmal...
B-)
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Lothar am 24.6.13 um 0:02 Uhr (Zitieren) I
ich hab viel gelacht.

man muss den duden lesen können. bei dem chefgott lässt er klugerweise den artikel weg, beim planeten nicht.

also: die entscheidung jupiters oder jupiters entscheidung.
der mond des jupiters oder jupiters mond.

ach gott, ich schreibe gleich an josef peter. :-)
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Graeculus am 24.6.13 um 7:51 Uhr (Zitieren) I
So, der Duden will „der Mond des Jupiters“? Das hätte ich nicht geschrieben. Üblicher ist wohl ohnehin „der Jupitermond“. Womit wir beim Fugen-s sind: wann steht es, wann nicht? Welche Regel gibt es da?
Wir haben uns damals gestritten, ob wir Forumsregeln oder Forumregeln einführen, und mir ist als Eindruck geblieben, daß die deutsche Sprache da eindeutige und zweideutige Fälle kennt, jedenfalls keine klare Regel.
- Jupitermond, nicht Jupitersmond
- Herzenssache, nicht Herzsache
- Herzschmerzen, nicht Herzensschmerzen (oder manchmal doch?)
- Muttertag, nicht Mutterstag
- Geburtstag, nicht Geburttag
usw.
Regel?
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Kuli am 24.6.13 um 8:17 Uhr (Zitieren) I
Zitat von Lothar am 24.6.13, 0:02man muss den duden lesen können. bei dem chefgott lässt er klugerweise den artikel weg, beim planeten nicht.


Und es geht nicht gegen dein Sprachgefühl, vom „Tempel Jupiters“, von der „Gattin Jupiters“, einer „Statue Jupiters“ zu sprechen?
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 24.6.13 um 9:20 Uhr (Zitieren) I
Zunächst einmal bin ich froh, dass meine Frage nicht so leicht und nicht auf Anhieb beantwortet werden kann, denn das gibt ihr doch eine gewisse Berechtigung.

Ich danke allen, die erhellende Beiträge gepostet haben, besonders Graeculus!

Was das Sprachgefühl betrifft, wäre es noch einmal ein spannendes Thema, der Frage nachzugehen, wie es wohl entsteht. Interessant finde ich auch die Überlegung, ob auch diejenigen, die über Rechtschreibregeln entscheiden, ihr Sprachgefühl einfließen lassen oder rein nach sprachwissenschaftlichen Gesichtspunkten vorgehen.

Ansonsten freue ich mich natürlich auch, wenn ich immer mal wieder zur Erheiterung beitrage. Vielleicht auch denjenigen, die sonst nichts zu lachen haben, denn: Geteilte Freude ist doppelte Freude!

Und ja: Lesen ist ein Vorteil, den auch ich zu schätzen weiß! Der Duden ist allerdings nicht meine Lieblingslektüre!
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Klaus am 24.6.13 um 10:05 Uhr (Zitieren) I
@paedam: Dieses Buch könnte dich interessieren (du musst es ja nicht bei Amazon kaufen)
„Die Puppenspieler“für 1 Cent sind übrigends noch nicht eingetroffen!
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Klaus am 24.6.13 um 10:05 Uhr (Zitieren) I
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Lothar am 24.6.13 um 10:48 Uhr (Zitieren) I
@graeculus: ich korrigiere: EIN mond des jupiters. es gib ja etliche. 67 sollen es sein.

zum fugen-s: oft ist beides erlaubt. schwieriges thema. ich behelfe mich mit wortklingklang. :-)
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 24.6.13 um 10:49 Uhr (Zitieren) I
Salve Klaus!

Das ist aber kein Service von Amazon! Ob das Buch noch kommt?

Danke für den Buchtipp! Der Buchtitel ist mir bekannt, doch bisher fehlte mir Zeit und Lust, mich so intensiv mit diesem Spezialthema zu befassen. Es ist immer soviel Anderes! Aktuell: Das Fernrohr unter dem Aspekt „Optik“ (Anatomie des Auges, Funktion von Linsen, Aspekte des Lichts u.v.m.)
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Klaus am 24.6.13 um 10:57 Uhr (Zitieren) I
....und ich dachte, heutzutage gäbe es keine Universalgelehrten mehr.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 24.6.13 um 11:15 Uhr (Zitieren) I
Die gibt’s vielleicht auch nicht mehr. Ich gehöre zu den Universalinteressierten. Mit Einschränkungen! ;-)))
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Klaus am 24.6.13 um 11:51 Uhr (Zitieren) I
Darf man dich dann mit „Faust“ vergleichen?
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
filix am 24.6.13 um 14:02 Uhr (Zitieren) I
Das „s“ bei „Des Jupiters tönerne Füße“ ist ein Füll-s,
wg. der leichteren Aussprache


Es ist ein ganz gewöhnliches „Genitiv-s“. Es handelt sich um zwei getrennte Wörter, kein Kompositum mit Wortfuge. Auch in diesem Fall gilt: Ein „Jupitertag“ dauert zwar kürzer als der „Vatertag“ oder „Muttertag“, alle drei benötigen jedoch kein Fugenelement.

Die Irritation entsteht m.E. dadurch, dass im Dt. Artikel bei Personennamen im Gen. selten und fast nicht in der Voranstellung gebraucht werden - man sagt: „Mahlers Symphonien“, „Anderschs Schriften zur Nachkriegsliteratur“, kaum „des Mahler(s) Symphonien“, „Des Andersch(s) Schriften zur Nachkriegsliteratur“ et cetera. Das Auftauchen des Artikels „des“ triggert also eine reguläre Bildung des Genitivs auf -s oder auf -en und rechnet nicht mit einem folgenden Eigennamen, weshalb die allfällige mit einem Eigennamen verbundene, alternative Genitivbildung mit best. Artikel (die in Nachstellung „Der Tempel des Jupiter“ statt „des Jupiters“ u.U. als akzeptabel gilt) hier eine besondere Herausforderung an das Sprachgefühl darstellt.


Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
lector am 24.6.13 um 14:21 Uhr (Zitieren) I
@filicem:
triggert also


Welch ein hässlich´ Wort entfloh dem Gehege deiner altphilologischen Zähne ! :)
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Lothar am 24.6.13 um 15:54 Uhr (Zitieren) I
teknon emon ...? nein. filix hat euch in die „tiefen“ geheimnisse eurer muttersprache entführt. wer „triggern“ verwendet, ist mit allen wassern gewaschen. ;-)
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Aduena am 24.6.13 um 17:56 Uhr (Zitieren) I
Ich gebe Filix insofern recht, als es hier um eine ganz normale Genetivendung geht. Namen sind im Deutschen stark gebeugte Substantive und bekommen als solche ein hübsches »s«. Da muss allerdings nichts extra getriggert werden – Die Endung kommt da auch ohne Artikel hin.

Dass es unüblich ist, Artikel vor blanke Namen (i.e. ohne Attribut) zu setzen, sehe ich auch so. Ich halte es sogar für schlechten Stil und es scheint nur in manchen Gruppen üblich zu sein. Im altsprachlichen Unterricht ist es mir schon öfters aufgefallen. Vielleicht denkt man, sich so besonders toll oder altehrwürdig auszudrücken. (Falls letzteres, sollte man mal Belege für die relative Häufigkeit in Texten suchen, die älter als, sagen wir, 150 Jahre sind.) Vielleicht handelt es sich auch um eine Art Scheingenauigkeit. Oder nach dem Motto: »Ich schreibe ›welcher‹ statt ›der‹ – das klingt viel schlauer!«

Ich würde jedoch nicht sagen, dass das irgendwas mit dem Genetiv zu tun hat. »Ich bin der Peter.« oder »Ich gebe dem Peter ein Buch.« würde wahrscheinlich jeder hier in einem hochsprachlichen Text beanstanden. Es ist in der deutschen Hochsprache einfach kein guter Stil.

Das »s« ist in beiden Verwendungen zunächst einmal normal. Allerdings hat es sich eingebürgert, es in Verbindung mit Artikeln und Attributen wegzulassen. Der Artikel wird nämlich gesetzt, sobald beispielsweise ein Adjektiv hinzukommt (das dann schwach gebeugt wird). »Die Leiden des jungen Werthers«.

Sollte man die Konstruktion mit Artikel auch bei blanken Namen wählen, weil man sie als besonders altehrwürdig empfindet (was ich anders sehe), sollte man das »s« nicht weglassen und an den jeweils letzten Namen anhängen. Es hat sich allerdings mittlerlweile eingebürgert, sie in dieser Verwendung wegzulassen.

Sowohl die Konstruktion mit dem Artikel als auch ihre Verwendung ohne Genetivendung ist aus deskriptiver Sicht akzeptabel. Ich halte sie jedoch nicht für guten Stil.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Aduena am 24.6.13 um 17:59 Uhr (Zitieren) I
Apropos Redundanzen: Die sind – gerade außerhalb der Dichtung und in in gesprochener Sprache – normal und sinnvoll. Übrigens ist gerade der Artikel vor blanken Namen eine Redundanz. (Hyperdeterminierung.)
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 24.6.13 um 22:32 Uhr (Zitieren) I
Zitat von Klaus am 24.6.13, 11:51Darf man dich dann mit „Faust“ vergleichen?

Nicht wirklich! ;-))
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
filix am 25.6.13 um 1:36 Uhr (Zitieren) I
Dass es am Genitiv läge, habe ich so nicht behauptet, ich habe versucht, die verschiedenen Quellen der Irritation in den angebotenen Kombinationen auszumachen.
„des“ ist als Form hinsichtlich der Wortart, des Numerus und des Kasus eindeutig (im Unterschied zu anderen Kasus bestimmter Artikel, die mit Relativ/Demonstrativpronomen identisch sind) - nämlich Genitiv Singular der bestimmten Artikel „der“ und „das“. Es verweist auf eine korrekte Genitivbildung des Wortes (Substantiv oder substantiviertes Adjektiv, Verb usf. oder auch, der heiße Punkt: Eigenname), dem es zugehört, gemäß den Regeln der deutschen Deklination. Von der Seite des Regelwerks betrachtet bedingen in der Tat Subst. & Co. den Artikel in seiner Form, beim Lesen erscheint dieser Prozess hingegen als Erwartung an das Folgende.
Um mögliche oder vermeintliche Ausnahmen bzw. Alternativen in der Genitivbildung, um die Restriktionen bezüglich der mit dem bestimmten Artikel kombinierbaren Wortarten und die Rolle der Voranstellung des Genitivobjekts dreht sich die ganze Frage.
Lässt man die Frage nach der Kombinationsmöglichkeit von Wortarten und best. Artikel einmal beiseite, steht man vor dem empirischen Befund, dass man zu Planet und Gottheit zwei verschiedene Genitivbildungen mit bestimmtem Artikel findet - und zwar in abertausenden Fällen.
Zwei neuere Beispiele: in „Duden: das Herkunftswörterbuch“ aus 2001 liest man „Den Tag des Jupiter, den Iovis dies, machten die Germanen zum Tag ihres Gottes Donar.“ (S.297). Der aktuelle Online-Duden listet „des Jupiters“ als korrekte Bildung für den Planeten, führt unter dem Lemma „Mond“ jedoch als Beispiel „die Monde des Jupiter“ auf. Fazit: nach dieser Seite herrscht keine Einigkeit. Auch bei dem hier oft gebrauchten Wort „das Latein“ herrscht dieselbe Verwirrung. Strohs Festrede für M.v. Albrecht erschien 1998 unter dem Titel „Lob des Lateins“ - 2007 schreibt derselbe dann doch lieber „Einen gewissen Abschluss der ersten Phase der Entwicklung des Latein zur Weltsprache markiert eine Äußerung des für seine »Naturgeschichte« ...“, der Duden lässt beides gelten. Am Artikel stößt sich in diesem Fall hingegen niemand. Das Problem besteht allerdings nicht erst seit dem Niedergang der deutschen Sprache „im Zeitalter der Massenkommunikationsmittel“ (jeder setze hier das Dekadenzphantasma seiner Wahl ein), schon im 17.Jhdt. findet sich - mit einiger Häufigkeit, wie mir scheint - „deß Jupiters Donnerstrahl“, neben „Ein Knauff vom Tempel des Jupiter“ oder „... als nemblich der siben Planeten / das ist/ deß Monds/ deß Mercurij / der Venus / der Sonnen / deß Mars / deß Juppiter / vnd deß Saturni /...“ (eine hübsche Galerie möglicher hist. Genitivbildungen). D.h. es handelt sich wenigstens um einen „Fehler mit Tradition“, der ein Abgehen von der Genitivbildung auf -s bei gewissen Eigennamen produziert.

Die andere Quelle der Irritation ist die Kombination von Artikel und der Wortart Eigenname. Auch die muss differenziert betrachtet werden.
Sind alle Bildungen von ‚blanken‘ Eigennamen mit bestimmten Artikeln, gleich in welchem Kasus gleich in welcher Stellung bestenfalls zu dulden? Sollte somit - aus der Perspektive des Lesenden betrachtet - einem „des“ gar kein solcher Eigenname im Genitiv mehr folgen, selbst wenn man sich über die regelkonforme Bildung desselben verständigte? Zunächst: es fallen auch geographische Bezeichnungen in diese lexikalische Kategorie. Dass einige dieser - Voranstellung hin oder her - gar nicht ohne Artikel auftreten können, ist wohl unstrittig: „Die Geschichte des Elsass“, „Höhepunkt der Tortur: in Versen besang er ‚des Ruhrgebiets öde Halden und finstere Stollen‘.“ Die Behauptung muss demnach eingeschränkt werden. Und zwar nicht nur auf Personennamen ohne linksseitige Ergänzung, es müssen auch Fälle wie „Für den einen ist das »Ringen und Schluchzen eines ganzen Menschenlebens«, das Schauspiel heroisch vergeblichen Aufbäumens und großartig verzweifelten Untergangs, das tragische Weltbild des Beethovens der Apassionata (sic!), eine Selbstbestätigung: So ist die Welt, so schrecklich, so unrettbar und zugleich wundervoll.“ (Sebastian Haffner) „, “der Abguß (der Skulptur) des Jupiter(s) von Otricoli„ berücksichtigt werden. Daran ist nichts falsch oder stilistisch zweifelhaft (auf der diskutierten Ebene) , diese Bildungen sind vielmehr ohne Ausweichmöglichkeiten, gerade der Wegfall des Artikels ist hier inakzeptabel. Lediglich die Voranstellung des Genitivobjekts setzt die Akzeptabilität herab: Etwas wie “Des Goethes der ›Wanderjahre‹ Stil (statt: Der Stil des Goethes der ›Wanderjahre‹) zeichnet sich durch ein stetes Ringen um ..." hat den fragwürdigen Charme des Gesuchten, aber wir werden zögern, es als simplen grammat. Regelverstoß zu verbuchen.
Die Voranstellung des Genitivobjekts (ob satzinitial oder nicht) mag heute insgesamt antiquiert erscheinen, der Sprache der Dichtung vorbehalten (gewesen?) oder in gewöhnlicher Prosa einem (obsoleten oder von jeher zweifelhaftem) Verständnis von hohem Stil geschuldet sein, sie ist und bleibt eine grammat. regelkonforme Option der dt. Sprache.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
filix am 25.6.13 um 1:39 Uhr (Zitieren) I
zweifelhaftem zweifehalften
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Lothar am 25.6.13 um 11:32 Uhr (Zitieren) I
aber auch: die geschichte „des Elsasses“.

erlaubte nebenform.

die geschichte des Europa(s) der antike. nach altem duden! jetzt nur Europa.

deutsche sprache schwärre sprache. heißt sich der regent, dirigent, das regent.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Aduena am 25.6.13 um 16:29 Uhr (Zitieren) I
@Filix

Ok, ich habe Dich stellenweise falsch gelesen. (Beim triggern und dabei, dass es am Genetiv läge.)

Was ich meinte ist Folgendes:

Nehmen wir mal keinen Götternamen, sondern einen Allerweltsnamen: Peter Schmitt.

Folgende Formulierungen empfinde bei Eigennamen als korrektes Deutsch in gutem Stil und unmarkiert:

Ich bin Peter Schmitt.
Ich leihe Peter Schmitts Buch.
Ich gebe Peter Schmitt ein Buch.
Ich sehe Peter Schmitt.

Auch ok, wirkt aber schon leicht markiert:

Ich leihe das Buch Peter Schmitts.

Folgendes als schlechten Stil in geschriebener Hochsprache:

Ich bin der Peter Schmitt.
Ich leihe das Buch des Peter Schmitt(s).
Ich gebe dem Peter Schmitt ein Buch.
Ich sehe den Peter Schmitt.

Man kann es machen, aber die Verwendung des Artikels es ist in der Hochsprache so nicht üblich, eher umgangssprachlich.

Noch unüblicher wäre, da sind wir uns auch einig, die Voranstellung:

Ich leihe des Peter Schmitts Buch.

Ich empfinde das zumindest als stark markiert und betrachte es nicht als guten Stil.

Anders sieht es aus, wenn beispielsweise ein Adjektiv hinzutritt. Dann ist die Verwendung des Artikels ganz normal und unmarkiert:

Ich bin der berühmte Peter Schmitt.
Ich leihe das Buch des berühmten Peter Schmitt(s).
Ich gebe dem Peter Schmitt ein Buch.
Ich sehe den Peter Schmitt.

Völlig normal. Übrigens rede ich im Moment – wie auch in meinem vorigen Beitrag – von Stil und Tendenzen. (Siehe meinen letzten Satz im letzten Beitrag: Als korrekt empfinde ich aus deskriptiver Sicht eigentlich alle diese Optionen.)

Was ich nun komisch finde und im letzten Beitrag ansprechen wollte ist, dass manche dazu tendieren (oft fällt mir das beispielsweise bei Beispielübersetzungen auf), bei Götternamen und historischen Persönlichkeiten der Antike die oben von mir (von Dir anscheinend nicht (?)) als markiert und stilistisch fragwürdig empfundenen Optionen eher zu wählen. Z.B. würde man bei Jupiter eher:

Ich leihe das Buch des Jupiter(s).
Ich gebe dem Jupiter ein Buch.
Ich sehe den Jupiter.

verwenden. Das war, was ich ansprechen wollte und seltsam finde. Meine Vermutung ist, dass man das als altehrwürdiger und angemessener empfindet und ich bezweifle, dass das im Allgemeinen früher so gemacht wurde. (Natürlich müsste ich da jetzt erstmal entsprechende quantitative Studien anstellen, aber ich hoffe, dass Du anhand der Beispiele zumindest nachvollziehen kannst, was ich sagen will.)

Da es hier, wie gesagt, um Stil geht – um etwas schlecht quantifizierbares – hier nur mal meine Bewertung: Was spricht da gegen:

Ich leihe Jupiters Buch.
Ich gebe Jupiter ein Buch.
Ich sehe Jupiter.

Das wirkt – zumindest für mich – weit weniger gestelzt und nach natürlichem, flüssigem Deutsch. Werden wir uns da einig?

Zum »s«: Meiner Meinung nach gehört das »z« zunächst mal in all den hier eingeklammerten Verwendungen systematisch da hin. Wie ich in meinem vorigen Post sagte, hat es sich allerdings mittlerweile eingebürgert (und ist mithin aus deskriptiver Sicht korrekt), das »s« in den nachgestellten Fällen bei Verwendung des Artikels wegzulassen. (Ich schätze so seit ca. 100-150 Jahren, aber auch hier müsste ich eigentlich ordentliche quantitative Belege bringen. Wenn ich einmal Zeit haben sollte, kann ich mir das – bei Interesse – vielleicht auch wirklich mal ansehen. Freie annotierte Korpora lassen sich ja mittlerweile finden und so arg viel Arbeit sollte das nicht sein.) Übrigens sind die Belege aus dem neueren Duden genau das, was ich von einem Wörterbuch erwarten würde, das seit einiger Zeit deskriptiver gehalten wird, bei dem man sozusagen dem Volk auf die Schnauze schauen will.

Ich habe allerdings keine Idee, warum es sich so entwickelt haben könnte.

Nun war meine Empfehlung: Wenn man schon die als altehrwürdiger empfundene Formulierung wählt und den Artikel selbst vor blanke Personennamen setzt, sollte man auch gleich in die vollen gehen und das altehrwürdige Genetiv-S setzen.

Was die Position angeht: Soweit ich es beurteilen kann, wird in modernem Deutsch (unmarkiert) eine einzelne Genetivform vorangestellt und eine Phrase (z.B. Artikel + Adjektiv + Name) nachgestellt.

(Mir geht es zunächst einmal – wie Du merkst – nur um Personennamen. In anderen Fällen, Dingen, Ländernamen etc. sieht die Sache natürlich etwas anders aus. Z.B. empfinde ich Des Ruhrgebiets als völlig ok, aber wegen der Voranstellung als leicht markiert. Du selbst gibst ja auch an, dass es sich hier um Verse handelt. Die sind nicht unbedingt paradigmatisch für gute Prosa. In Nachstellung wäre es für mich vollkommen normal. Die nachgestellte Verwendung von des Jupiter, finde ich auch vollkommen ok, wenn es um den Planeten geht.)

Was die Belege angeht: Schön, dass Du zu belegen versuchst, aber eigentlich wären hier ordentliche quantitative Studien angebracht. Einzelbeispiele bringen da nicht viel – gerade, wenn man sie sich passend zusammensucht. (Was ich Dir nicht vorwerfen will, aber so ergibt es sich oft.) Das gilt allerdings selbstverständlich genauso für mich.

Dann wäre ich – aus stilistischer Sicht – vorsichtig damit, Beispiele zu verwenden, die u.U. aus der gestelzten Bildungsbürgersprache des 19. Jh. stammen. Die sind nicht unbedingt ein Beispiel für guten Stil in modernem Deutsch. (Ich habe ganz bewusst die ca. 150 Jahre abstand gewählt.) Beispielsweise wäre es interessant, Goethes Prosa mal dahingehend quantitativ zu untersuchen. Vielleicht kann ich es ja mal in eine Seminararbeit einbauen und Euch etwas weniger Schwammiges liefern.

Also, um meinen letzten Satz des letzten Posts nochmal zu wiederholen: Aus deskriptiver Sicht finde ich diese ganzen Optionen als mehr oder weniger ok. Meiner Meinung nach ist es jedoch fragwürdiger Stil, solche gestelzten Wendungen in modernem Deutsch zu verwenden. Wenn es jemandem gefällt und er den Eindruck hat, sich so altehrwürdiger oder korrekter auszurdücken, soll er das gerne tun. Ich werde es lassen und würde es auch nicht empfehlen. Ob sie ihrer relativen Häufigkeit nach wirklich historisch sind – und wenn ja, wann – bleibt erstmal ungeklärt, bis einer von uns ordentliche Studien vorlegen kann.

Allerdings sind Stilfragen immer eine recht schwammige Angelegenheit und es bleibt fraglich, ob man jemanden, der seinen Artikel beim Genetiv mag, überhaupt irgendwie umstimmen könnte. Ist ja auch sein gutes Recht, zu schreiben, wie er will. Und mein gutes Recht, es als gestelzt zu empfinden.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Lothar am 25.6.13 um 16:44 Uhr (Zitieren) I
Ich sehe den Peter Schmitt.

das kommt im länglichen beitrag zweimal, mit differenter bewertung.

dann noch die gute ironische variante: im kommenden jahr habt ihr es mit dem meier zu tun. - ich war nie lehrer, weiß aber, dass diese ironie etwas distanz schafft, schaffen kann. ach, ich schließe hier. ;-)
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Klaus am 25.6.13 um 16:46 Uhr (Zitieren) I
Die „hochgelahrte Disputation“ wird in wenigen Jahren niemand mehr verstehen, weil- wie Graeculus oben schreibt- dativus genitivo mors est. Leider!
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Graeculus am 25.6.13 um 16:51 Uhr (Zitieren) I
Weitere Beispiele, eher gegenläufigen Sinns zu Aduenas Meinung:
- „Die Geschichten des Baron(s) von Münchhausen“
- „Die Metaphysik des Aristoteles“ [gängig]
- „Erläuterungen über des Herrn Professor Kant Critik der reinen Vernunft“ von Johann Schulze [altertümlich, klar]
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Aduena am 25.6.13 um 18:01 Uhr (Zitieren) I
@Lothar:

Ja, die ironische Variante ist geläufig – gerade ein Beispiel dafür, dass der Artikel markierend oder umgangssprachlich wirkt.

@Graeculus:

Ich werde jetzt nicht anfangen, alle möglichen Einzelbeispiele zu widerlegen. Wie gesagt müsste man eine ordentliche quantitative Studie machen. Passend ausgesuchte Belege zeigen erstmal nicht viel. Würde ich Dir solche Einzelbeispiele raussuchen (die sich sicher ohne Probleme finden ließen), würde es Dich sicher auch nicht sonderlich beeindrucken.

Man müsste auch schaun, ob nicht bestimmte Umstände vorliegen, die ich genannt oder nicht genannt habe – es können bei der Wahl dieser Konstruktion auch Faktoren ausschlaggebend sein, an die ich noch nicht gedacht habe.

Beispielsweise ist Kant hier nicht mehr ganz blank, sondern mit Apposition (Herrn – im Genetiv). Bei Aristoteles könnte es sein, dass man das vielleicht als ungelenk empfundene Aristoteles' vermeiden wollte. Schwer zu sagen und erst mal nur ins Blaue geschossen – muss also nichts heißen.

Wenn überhaupt, sind es jedoch nur Belege gegen meine These, dass die historische Verwendung des Artikels mit einem Personennamen im Allgemeinen Fall nicht in relevanter relativer Häufigkeit auftritt. (Die ich gerade – da mache ich keinen Hehl draus – aus dem Handgelenk auch nicht ordentlich belegen kann. Ein bisschen Zeit und Motivation brauchte ich dafür schon. In einer Stunde ist das nicht zu machen.) Da kann ich mich irren (wie gesagt bin ich kein historischer Sprachwissenschaftler), aber es ändert zunächst einmal nicht viel an dem Rest meines Artikels, der ja Stil in modernem Deutsch behandelt.

Um aber beim Thema Stil zu bleiben: Wenn Du das als normales, ungestelztes, unmarkiertes Deutsch empfindest, dann verwende es ruhig. Ich empfinde es nicht so und empfehle, es nicht zu nutzen. Für mein Empfinden steht es in der inflationären Verwendung, über die ich manchmal stolpere, auf einer Stufe mit floskelhaftem Beamten oder Bildungsbürgerdeutsch. Soweit mein subjektiver Eindruck.

Was das Aussterben des Genetivs angeht: Halte ich persönlich für äußerst unwahrscheinlich. (Ebenso das proklamierte Aussteben der starken Verben etc.) Um mal die Kristallkugel ein bisschen zu polieren: Wenn überhaupt, wird die ein oder andere Verwendung des Genetivs abnehmen. Die Konstruktionen mit Präposition findet man auch in älteren Texten. (Aber auch hier wieder: Eigentlich müsste man da eine ordentliche quantitative Studie machen. Vorher mache ich die Panikmache nicht mit. Selbst das Englische hat sich den Genetiv bewahrt.)
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Graeculus am 25.6.13 um 18:51 Uhr (Zitieren) I
An Aduena:
Wie filix schon schrieb: Es sind gramnmatisch korrekt gebildete Formulierungen. Ob sie häufiger oder seltener vorkommen, interessiert mich gar nicht so sehr.
Manche, das gebe ich zu, klingen heute maniriert (meinst Du das mit „markiert“?).
Anscheinend empfindest Du es schon als unpassend, eine Formulierung mit dem Genitiv inkl. Artikel zu beginnen.
Aber mich stört nichts an „Des Knaben Wunderhorn“. Mit Beamtendeutsch möchte ich das nicht auf eine Stufe stellen.
Ob man es gebraucht, ist eine Frage des Stilempfindens. Und da empfinden die Menschen - zum Glück - verschieden.

P.S.:
Wenn Du mir die Bemerkung gestattest: Ich habe Deinen Sprachgebrauch früher als ausgesprochen maniriert empfunden. Das hat sich auffallenderweise gelegt. Jetzt sehe ich es so, daß Du einen sehr gepflegten, guten Stil schreibst ... nur (verzeih' mir) zu lang.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Aduena am 25.6.13 um 19:19 Uhr (Zitieren) I
@Graeculus

Ja, es sind im heutigen Sprachgebrauch verwendete Formulierungen und als solche alle aus deskriptiver Sicht akzeptabel. Ich bewerte sie nicht als grammatisch falsch. Das schrieb ich auch in beiden Beiträgen – jeweils gegen Ende.

Mit markiert meine ich, dass sie beispielsweise eine Betonung bewirken – sie weichen im weitesten Sinne vom neutralen Gebrauch ab.

Ich finde es nicht generell unpassend, die Formulierungen mit Artikel nach vorne zu stellen. Beispielsweise ist der Artikel bei Namen mit Adjektiven oder bei Dingen vollkommen normal. (Z.B. ist der Artikel bei des Hauses außerhalb der Dichtersprache obligatorisch.) Allerdings ist die Voranstellung dann, im Gegensatz zum blanken Genetiv, nicht der Normalfall und wirkt markiert. An des Knaben Wunderhorn habe ich also nichts auszusetzen, aber im Normalfall würde ich das Wunderhorn des Knaben erwarten. Das steht alles oben, aber ich kann verstehen, dass es schwer ist, während meiner langen Beiträge auf solche Details zu achten.

Ja, es ist eine Frage des Stilempfindens. Es ist nicht verboten, aber ich würde es nicht empfehlen. Es sei denn, man möchte eine ganz bestimmte Wirkung erzielen. Es ist gut, sich dieser Wirkung bewusst sein.

Die Bemerkung ist gestattet und ich kann verstehen, dass Dir die Beiträge zu lang sind. Ein nettes Gespräch wäre wohl viel geeigneter und es würden auch weniger Missverständnisse entstehen.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
filix am 25.6.13 um 23:22 Uhr (Zitieren) I
Um es deutlich zu sagen, nein, die Artikel bei Eigennamen in Formulierungen wie:

„die Augen der Medusa“, „das Haupt “der Medusa„, “der Tod des Aktaion„, “die Darstellung der Helena„, “die Metamorphosen des Ovid„, “das Gastmahl des Trimalchio„, “der Tempel zwischen den beiden Märkten war dem Jupiter geweiht„, “Wir wüssten gerne, ob dieser christliche Anführer dem überlieferten Brauch siegreicher Feldherren folgte und mit seinen Soldaten auf das Kapitol stieg, um dort dem Jupiter, der seit jeher Reich und Kaiser beschützte, das traditionelle Opfer darzubringen„, “In der Folge hat die Auslegung der Hera als Luft eine lange Tradition„, “... durch das Aufeinandertreffen dieser Stärke und der Hybris des Kreon„, “Die Folgerungen, die Josephus den Petronius in seinem Erlass aus jenem Edikt ziehen lässt, zeigen jedoch, dass das Edikt für alle Juden des Imperiums mitbedacht ist„, “Damit würde die widergöttliche Hybris des Nabuchodonosor im Juditbuch mit der Hybris des Königs von Babel in Jes 10 bebildert„, “„Da das Bild auf dem Gewebe der Arachne offensichtlich als eine weitere mise en abyme der zweiten Metamorphosen-Pentade begriffen werden kann“ ...

sind für mich nicht so markiert wie deine Beispiele mit dem Peter Schmitt in allen Kasus, deren Bewertung ich mich unter Berücksichtigung gewisser Finessen im Wesentlichen anschließe. Die Beispiele stammen alle aus Publikationen der letzten 15 Jahre und nicht nur fachwissenschaftlichen, ich habe alle fortgelassen, für die die noch zu prüfende Überlegung zu „die Metaphysik des Aristoteles“ eine Rolle spielen könnte. Auch der Einwand, es handelte sich um historisch verfestigte Bildungen, stehende Bezeichnungen für Werke (darunter fielen etwa „das Gastmahl des Trimalchio“, „das Notenbüchlein der (im Orginal: Clavier-Büchlein vor) Anna Magdalena Bach“), die Neubildungen nicht beträfe, wird spätestens bei „Hybris des Nabuchodonosor“ gegenstandslos. Auch ist zu fragen, ob Hermann Broch seinen Roman „Der Tod des Vergil“ so nannte, weil er
ein bildungsbürgerlicher Angeber war und/oder weil ihm auf dem Cover nach der Formulierung von syntaktischen Ungetümen mit im Durchschnitt 92,4 Wörtern erschöpft die Luft ausging und er in die Umgangssprache verfiel, und wo nun genau der Unterschied zu Titeln wie „Die Mystifikationen der Sophie Silber“ oder „Eine Frau bei 1000°: Aus den Memoiren der Herbjörg María Björnsson“ liegt, wo doch an „Klingsors letzter Sommer“ gewiss nichts zu verbessern ist? Kurzum: mit Peter Schmitt und stilistischen Überlegungen, die voller Klischees und Ressentiments sind, kommen wir hier nicht weiter.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Lothar am 25.6.13 um 23:37 Uhr (Zitieren) I
im grunde sprach- und stilgefühl, wie bes.

„Die Folgerungen, die Josephus den Petronius in seinem Erlass aus jenem Edikt ziehen lässt ...“

verdeutlicht. gut gebrüllt!
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Graeculus am 26.6.13 um 0:20 Uhr (Zitieren) I
Am Rande:
Wenn in einem Text ein Name in der Genitivform eingeführt wird („Herrn Müllers Tochter“), kann ein Drittel bis die Hälfte meiner Oberstufenschüler dazu nicht den richtigen Nominativ bilden, schreibt also: „Herr Müllers hat eine Tochter.“ Das hängt vermutlich damit zusammen, daß 1. sie selber fast ausschließlich „die Tochter von Herrn Müller“ sagen, 2. ihnen die Regel unbekannt ist, nach der bei einem Namen, der im Nominativ schon einen s-Laut hat (Lars, Marx), im Genitiv ein Apostroph angehängt wird („Lars' Pausenbrot“, „Marx' Kapital“).
In der Umgangssprache sieht es schlecht aus für den Genitiv.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Kuli am 26.6.13 um 0:40 Uhr (Zitieren) I
Möglicherweise kann man die in der deutschen Hochsprache sich abzeichnende Tendenz zu einer Bevorzugung der durch den Artikel gekennzeichneten Form des Genitivs „des Jupiter“ gegenüber der durch die deutsche Endung gekennzeichneten Form „Jupiters“ festmachen an einer bildungssprachlichen Abneigung gegen die Vermengung fremdsprachlicher Begriffe und Namen mit deutscher Deklination, weitgehend beschränkt allerdings auf Genitiv Singular und Nominativ Plural. (Wer behauptet, mehrere Lexikons zu besitzen, macht sich unglaubwürdig.)

Während aber bei einigen durch die christliche Tradition gebräuchlichen Namen (wie Jesus, Christus, Maria, Petrus) die in der lateinischen Überlieferung verwendeten Genitive auch im Deutschen noch üblich sind, beschränkt sich die Übernahme des lateinischen Genitivs zu Jupiter weitgehend auf die poetische Sprache.

Bei den übrigen Kasus (sowie beim Genitiv Singular bei Namen, die auf S-Laut enden, wie Zeus, Augustus, Horaz) wirkt nur der Artikel kennzeichnend und wird der (nicht-vorhandenen) bloßen Kennzeichnung durch die Null-Endung (bzw. dem nur im Schriftbild existenten Apostroph) vorgezogen. Eventuell muss man hiervon ausgehend auch Analogiebildungen in Anschlag bringen: wer von den „Werken des Lukrez, des Horaz und des Properz“ spricht, wird dies auch bei den „Werken des Ovid und Vergil“ beibehalten, wird der „Statue des Zeus“ eine „Statue der Hera“ zur Seite stellen.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Aduena am 26.6.13 um 1:54 Uhr (Zitieren) I
Zitat von Lothar am 25.6.13, 16:44Ich sehe den Peter Schmitt.
das kommt im länglichen beitrag zweimal, mit differenter bewertung.


Oh, ja. Ich habe da vergessen, die Adjektive einzufügen. (Ich war so faul, sie jeweils zu pasten.)
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Aduena am 26.6.13 um 3:05 Uhr (Zitieren) I
@Filix

Ich habe eben an einer etwas längeren Antwort für Graeculus geschrieben – hach, was wird der sich freuen! – und es wäre vielleicht besser, wenn ich über Deine Antwort etwas nachdenke. Hier trotzdem mal eine erste Antwort:

Zunächst aber mal zum letzten Satz: Meine Beiträge zu diesem Thread sind sicher nicht frei von Resentiments, aber gerade die letzten beiden sind nicht voll davon, sondern versuchen durchaus zu klären. Ich mache, denke ich, auch klar, wo ich nur meine subjektive Meinung sage.

Wenn man mit Peter Schmitt nicht weiterkommt, dann ist für mich interessant, warum man mit Peter Schmitt nicht weiterkommt und es kann, meiner Meinung nach, auch als Hinweis verstanden werden, dass diese Formulierungen gerade nicht vollkommen neutrales, unmarkiertes Deutsch sind.

Was Deine Beispiele angeht, so gehe ich jetzt nicht auf alle im Einzelnen ein. Nur soviel:

Wenn Du denkst, dass

die Augen der Medusa

im Vergleich zu

Medusas Augen

nicht markiert sei: Warum wählt der Autor dann diese unüblichere Formulierung? Darin, dass sie unüblicher ist, sind wir uns hoffentlich einig. Warum würden wir sie nicht bei Peter wählen? Meine Erklärung ist, dass man denkt, sich so altehrwürdiger auszudrücken. Das hältst Du für naiv, wie es mir scheint. Nun, ich habe kein Problem damit, naiv zu wirken und naive Fragen zu stellen, wenn ich darauf schlaue Antworten bekomme.

Du schreibst, dass Du Dich meinen Bewertungen zu den Beispielsätzen im Wesentlichen anschließt. Natürlich handelt es sich hier klar um verschiedene Register, aber was ist an meiner Folgerung falsch, dass diese Formulierungen gewält werden, weil sie als ehrwürdiger empfunden werden? Ich finde das eigentlich ziemlich schlüssig.

Nun finde ich es stilistisch bedenklich, wenn man Sätze wie

Marcus Iuliae panem dat.

mit Marcus gibt der Iulia Brot. übersetzt und solche von mir schon fast als zwanghaft empfundene Stilblüten auch noch als besonders tolles Deutsch empfindet. Ja, das nervt mich. Ja, das ist ein Resentiment gegenüber Leuten, die fast jeden Satz so übersetzen und ich werde das nicht nachahmen. Ich werde es auch niemandem empfehlen. Vielleicht bin ich da zu stur, aber so ist meine momentane Meinung dazu.

Ich habe in der Antwort an Graeculus klar gemacht, dass diese Formulierungen eine gewisse Wirkung haben, die von der unmarkierten abweicht. Ich finde in Deiner Antwort keinen Hinweis darauf, dass das nicht so ist – außer Deiner Klarstellung, es nicht so zu empfinden. Hast Du in Erwägung gezogen, es nicht als markiert zu empfinden, weil gerade bei Götternamen und antiken Persönlichkeiten diese Formulierungen überhandnehmen und deshalb derart abgeschliffen sind, dass Du sie in diesem Kontext nicht mehr als markiert wahrnimmst?

Was ich allerdings etwas entschärfen sollte ist die Sache mit dem schlechten Stil. Wenn jemand sich bewusst auf diese Art ausdrücken möchte, und sich für ein solches Register entscheidet, das ich – vielleicht etwas unglücklich – als gestelzt bezeichnet habe (genau so empfinde ich es allerdings meist, wenns sich jemand in der Prosa heutzutage so ausdrückt – nenn mich Banause), dann soll er das tun und es gibt sicher Situationen in denen das angebracht sein mag – nicht zuletzt schiere Ironie. Das könnte und wird wohl für die von Dir angeführten Werke gelten (von denen ich keins gelesen habe – in dubio pro reo).

Dass ich diese Konstruktionen als in ihrer Häufigkeit historisch nicht als relevant bewertet habe, kann ein Fehler von mir sein – wie oben schon bemerkt. Ich bin, wie gesagt, kein historischer Sprachwissenschaftler und lasse mich da durchaus vom Gegenteil überzeugen und ziehe meine Behauptung auch gerne vorerst zurück. Allerdings lasse ich mich auch nicht ohne ordentliche Studien zu dem Thema vom Gegenteil überzeugen – Deine Einzelbelege in allen Ehren.

So, noch den dem Graeculus gewidmeten Beitrag absetzen und dann wars das für heute.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Aduena am 26.6.13 um 3:11 Uhr (Zitieren) I
@Graeculus:

Nochmal (nicht ganz so) kurz – war eben an der Uni und in Eile. Danach halte ich die Klappe. Versprochen. :)

Die Sache mit der Häufigkeit soll Dich nicht von meiner Vorstellung von gutem Stil überzeugen. Das war u.a. an die gerichtet, denen ich unterstelle, diese Konstruktionen für besonders gelungene, altehrwürdige, früher häufigere Formulierungen zu halten. Vielleicht ist ja schon diese Unterstellung ein Fehler.

Zu meinem Stil: Dein erster Eindruck kann viele Gründe haben. Erstmal überarbeite ich fast nicht, was ich hier schreibe. So etwas würde normalerweise direkt rausfliegen, wenn es mir auffällt. Manchmal setze ich es auch bewusst als Ironie oder Polemik ein. Ob sie dann wirklich ankommt, weiß ich nicht. Es kann auch sein, dass ich einen schlechten Tag hatte. Keine Ahnung.

Noch ganz allgemein: Was ich hier zum Stil schreibe, sind nichts weiter als Ratschläge. Die kann jeder annehmen oder es sein lassen – ganz wie er möchte. Ich betrachte mich selbst nicht als den Stilkönig – nicht annähernd.

Mein Rat ist: Frag Dich, für wen Du schreibst. Wenn die Antwort nicht für mich ist, empfehle ich nachdrücklich, solche Kapriolen in der Prosa sein zu lassen. (Ausser vielleicht, um an der ein oder anderen Stelle einen bestimmten Effekt zu erzielen.) Du willst ja, dass Dein Leser Dich versteht und Deinen Text gerne liest – nicht, dass er sich die ganze Zeit wundern muss, hängenbleibt und sich quasi durchringen muss. In den allerwenigsten Fällen wird er Dich für diese Konstruktionen bewundern – eher im Gegenteil.

Stell Dir weiter mal vor, an der Fleischtheke folgenden Spruch zu bringen: »Des Tages Angebot bitte.« Verwirrte Blicke sind Dir sicher. Das liegt aber nicht daran, dass Dein Gegenüber zu blöd ist, den vermeintlich tollen Stil zu bemerken. Im Gegenteil – Bemerkt wird er mit Sicherheit. Nun könntest Du sagen: Ja, ok. In der gesprochenen Sprache ist man halt nachlässig und die Situation ist ja auch viel zu profan usw. usf. Tatsächlich sind solche gekünstelten und eindeutig stark markierten Formulierungen aber oft das Resultat von einem Sieg des Intellekts über das Sprachgefühl – oder einer Art Egotrip. So kenne ich es jedenfalls von mir. (Nachdem ich jetzt Filix Antwort gelesen habe: Es kann natürlich auch sein, dass man in einem Werk der höheren Literatur eine solche Sprache als angemessen und anstrebsam empfindet. Jedem Tierchen sein Pläsierchen.) Das heißt nicht, dass durchkomponierte Texte nicht anspruchsvoller sein dürften oder dass man den Kopf total ausschalten sollte. Sicher gibt es verschiedene Register. Ich denke aber, dass das Ziel ein Text sein sollte, der sich gut liest und das vermittelt, was man vermitteln will. Stilmittel und Extravaganzen sollten sich diesem Ziel unterordnen, ihm dienlich sein. Artikelitis im Endstadium ist das Gegenteil davon. (Es sei denn, man möchte beispielsweise einen griechischen Text so eng wie möglich am Original übersetzen – dann wird das Ergebnis allerdings kein idiomatischer deutscher Text.)

Auch auf Teufel komm raus Genetive zu benutzen, wo eine Präposition viel griffiger wäre, halte ich eher für Spracharmut als Reichtum, aber das nur am Rande. (Nichts gegen Genetive per se.)

Man neigt dazu, sich in solche Sachen reinzusteigern und Kritik am eigenen Stil stößt natürlich – mich selbst eingeschlossen – erstmal vor den Kopf. Aber vielleicht kannst Du ja das ein oder andere nachvollziehen. Ich schreibe es auch nicht, weil mir Dein Stil als besonders schlecht aufgefallen wäre, sondern zur Klarstellung.

Entschuldige bitte – wirklich – die Länge, aber ich konnte es nicht kürzer ausdrücken. (Ich sehe schon kommen, dass das noch zu einer Art Running-Gag wird.)
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 26.6.13 um 9:58 Uhr (Zitieren) I
Nach all den Ausführungen möchte ich mich für alle Beiträge bedanken, auch wenn mir klar ist, dass sie nicht für mich geschrieben wurden.

Vielleicht interessiert es in diesem Zusammenhang, wie ich zu meiner Frage kam? In einer Formulierung benutzte ich „die Monde des Jupiter“ und eine Schülerin fragte mich, ob es nicht „des Jupiters“ heißen müsse. Ich wollte das natürlich abklären. Nach all den Diskussionen sagte ich ihr, dass sich auch die Experten nicht darüber einig seien. Okay so?
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Klaus am 26.6.13 um 10:04 Uhr (Zitieren) I
@Advena: Du schreibst, du kämst nachts um 3 Uhr gerade von der Uni.Ist diese heutzutage 24 Stunden geöffnet?
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 26.6.13 um 10:09 Uhr (Zitieren) I
Manche haben vielleicht einen Schlüssel, Klaus! ;-)) (VIP = very important persons, womit ich dir nicht unterstelle, dass du die Abkürzung nicht kennst! ;-)) Und, um Missverständnisse zu vermeiden, möchte ich mich auch nicht über Aduena lustig machen!
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
filix am 26.6.13 um 12:45 Uhr (Zitieren) I
@Advena: Ich schrieb in meinem letzten Posting „nicht so markiert“ und machte deutlich, dass ich der Behauptung widerspreche, etwas wie „das Haupt der Medusa“ oder die „Hybris des Nabuchodonosor“ besäße (für mich) dieselbe Markierung wie Kombinationen des Typs „Der Peter Schmitt gibt der Julia seine Telefonnummer“, bei deren Bewertung mehr oder minder Einigkeit besteht. Die Beispiele, um auf Lothars Zwischenbemerkung einzugehen, waren keineswegs als solche überlegenen Stils gedacht, sie waren auf die Markierungsthese Marke Peter Schmitt abgestellt. Über die verfehlten Übersetzungen aus dem Lat. habe ich kein Wort verloren, ich sehe nur nach wie vor keinen besonderen Erklärungswert für das diskutierte Problem.
Dass die Kombination von nicht weiter ergänzten Eigennamen mit Artikeln im Deutschen insgesamt seltener ist als das Auftauchen von solchen ohne, ist m.E. unbestritten, ob gewisse Kombinationen mit Artikeln gänzlich unmarkiert sind und, falls nicht, wie sie denn markiert sind, jedoch differenziert zu bestimmen.
Die vorgebrachte Theorie, die in „Die Metamorphosen des Ovid“, „Der Tod des Vergil“, „das Haupt der Medusa“, „Die Hybris des Nabuchodonosor“ dasselbe sieht wie in „die letzte SMS der Julia Schmitt“, überzeugt mich nicht. Sie erfasst weder Regeln noch Restriktionen solcher Bildungen und gerät bei der sozialpsychologischen Charakterisierung derer, die sich so in ganz verschiedenen Kontexten ausdrücken, in allerlei Widersprüche.
@Kuli Interessanter Ansatz für die Genitivbildung - zeigen allerdings nicht Formulierungen wie „Das rätselvolle Leben des Sigmund Freud“ oder „Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie“, dass diese Abneigung keineswegs auf fremdsprachige Namen begrenzt ist? Wie ist es mit der Auswirkung der Voranstellung auf diesen Aspekt, suspendiert man einmal die Register- bzw. Stilfrage: „des Cicero Schriften? “des Ciceros Schriften? „des Jupiter/des Jupiters Gespielin?“
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 26.6.13 um 20:35 Uhr (Zitieren) I
Ich habe gerade in einem Wikipedia-Artikel „Jupitermasse“ gelesen. Warum also nicht auch Jupitergespielin?
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Kuli am 27.6.13 um 0:18 Uhr (Zitieren) I
Zitat von filix am 26.6.13, 12:45... zeigen allerdings nicht Formulierungen wie „Das rätselvolle Leben des Sigmund Freud“ oder „Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie“, dass diese Abneigung keineswegs auf fremdsprachige Namen begrenzt ist?

Ich möchte behaupten, der Artikel in den angeführten Buchtiteln erfüllt eine andere Funktion. An den Namen in diesen Titeln (die Liste lässt sich beliebig erweitern: Leben des Quintus Fixlein, Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui etc. pp.) ist nämlich auffällig, dass sie in voller Länge (wenn nicht Überlänge, wie oben „Jean Paul Friedrich Richter“) ausgeführt sind. Der Artikel könnte hier in ähnlicher Weise wie im Griechischen, wo „ὁ Σωκράτης“ oft svw. „der berühmte Sokrates“ bedeutet, dazu dienen, die Einzigartigkeit des Genannten hervorzuheben.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
Aduena am 27.6.13 um 0:54 Uhr (Zitieren) I
@Klaus

Ich war schon ein paar Stunden früher zu Hause und den Beitrag an Graeculus hatte ich bereits auf meiner Heimfahrt (die etwas länger dauert) im Zug geschrieben.
Das eben bezog sich auf meinen vorvorletzten Beitrag. (Ich mache ja auch noch andere Sachen, als hier zu schreiben. Ich sollte mich eh mal ein bisschen zurückhalten. Eigentlich wollte ich ja nur ein paar kleine lateinische Beiträge schreiben, um mich korrigieren zu lassen.) Die Universität ist aber teilweise wirklich recht lang offen – die Bibliothek beispielsweise bis Mitternacht.

@Filix

Ich will ja gerade darauf hinweisen, dass ich es seltsam finde, dass sie von den meisten nicht als so markiert empfunden werden wie syntaktisch und semantisch gleiche profanere Sätze und frage, wann und warum man sie überhaupt verwendet, wo doch die völlig unmarkierte Variante möglich ist. Meine Vermutung, dass man sie als altehrwürdiger empfindet muss nicht für alle Fälle die Erklärung sein, ist aber zumindest ein Ansatz, der für die Stilblüten in Übersetzungen und ähnliche inflationäre Verwendungen nicht allzu weit hergeholt scheint. Ich stimme Dir zu, dass man sich die einzelnen Verwendungen genauer ansehen und differenzierter bewerten müsste. Wie gesagt kommt man ohne ordentliche Studien nirgendwo wirklich weit – das gilt für jeden Teilnehmer dieser Diskussion gleichermaßen.

Von Kulis Beiträgen abgesehen kam aber ansonsten überhaupt kein alternativer Erklärungsansatz dazu, wer sich wann, wie, wo, warum und nach welchen Regeln so ausdrückt – es sei denn, ich habe ihn überlesen.

@Paeda

Vom Stil abgesehen sind wir uns, glaube ich, alle darüber einig, dass man heutzutage aus deskriptiver Sicht in dieser Formulierung (Dein vorletzter Beitrag) sowohl des Jupiter als auch des Jupiters schreiben kann. Oder bei Personennamen schlicht Jupiters.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 27.6.13 um 11:03 Uhr (Zitieren) I
Zitat von Kuli am 27.6.13, 0:18Zitat von filix am 26.6.13, 12:45... zeigen allerdings nicht Formulierungen wie „Das rätselvolle Leben des Sigmund Freud“ oder „Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie“, dass diese Abneigung keineswegs auf fremdsprachige Namen begrenzt ist?
Ich möchte behaupten, der Artikel in den angeführten Buchtiteln erfüllt eine andere Funktion. An den Namen in diesen Titeln (die Liste lässt sich beliebig erweitern: Leben des Quintus Fixlein, Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui etc. pp.) ist nämlich auffällig, dass sie in voller Länge (wenn nicht Überlänge, wie oben „Jean Paul Friedrich Richter“) ausgeführt sind. Der Artikel könnte hier in ähnlicher Weise wie im Griechischen, wo „ὁ Σωκράτης“ oft svw. „der berühmte Sokrates“ bedeutet, dazu dienen, die Einzigartigkeit des Genannten hervorzuheben.

Was bedeutet „svw.“? Entschuldige bitte die banale Frage, aber ich kenne die Abkürzung nicht und hätte sie gerne für den Fall gewusst, dass sie noch öfter auftaucht.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 27.6.13 um 11:04 Uhr (Zitieren) I
Zitat von Kuli am 27.6.13, 0:18Zitat von filix am 26.6.13, 12:45... zeigen allerdings nicht Formulierungen wie „Das rätselvolle Leben des Sigmund Freud“ oder „Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie“, dass diese Abneigung keineswegs auf fremdsprachige Namen begrenzt ist?
Ich möchte behaupten, der Artikel in den angeführten Buchtiteln erfüllt eine andere Funktion. An den Namen in diesen Titeln (die Liste lässt sich beliebig erweitern: Leben des Quintus Fixlein, Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui etc. pp.) ist nämlich auffällig, dass sie in voller Länge (wenn nicht Überlänge, wie oben „Jean Paul Friedrich Richter“) ausgeführt sind. Der Artikel könnte hier in ähnlicher Weise wie im Griechischen, wo „ὁ Σωκράτης“ oft svw. „der berühmte Sokrates“ bedeutet, dazu dienen, die Einzigartigkeit des Genannten hervorzuheben.

Was bedeutet „svw.“? Entschuldige bitte die banale Frage, aber ich kenne die Abkürzung nicht und hätte sie gerne für den Fall gewusst, dass sie noch öfter auftaucht.
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 27.6.13 um 11:06 Uhr (Zitieren) I
Oh, tut mir Leid, zitieren wollte ich eigentlich nicht, schon gar nicht in diesem Ausmaß, und doppelposten schon gar nicht! Kann’s einer von euch wieder löschen, Bibulus oder Lateinhelfer?
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
ONDIT am 27.6.13 um 11:07 Uhr (Zitieren) I

svw. sinnverwandt

svw. so viel wie
Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 27.6.13 um 11:11 Uhr (Zitieren) I
Danke, ONDIT!

Re: Jupiter: Genitiv im Deutschen
paeda am 27.6.13 um 11:22 Uhr (Zitieren) I
Zitat von Aduena am 27.6.13, 0:54Vom Stil abgesehen sind wir uns, glaube ich, alle darüber einig, dass man heutzutage aus deskriptiver Sicht in dieser Formulierung (Dein vorletzter Beitrag) sowohl des Jupiter als auch des Jupiters schreiben kann. Oder bei Personennamen schlicht Jupiters.


Salve Aduena!
Danke für deine Zusammenfassung, denn es war mir NICHT klar, ob alles in Übereinstimmung mit den geltenden Rechtschreibregeln möglich ist, als ich meine Frage formulierte.

„Jupiters“ hat für mich mich etwas Vertrautes, so wie ich von jemandem, den ich kenne, sagen würde „Kevins ..., Lisas ...“. Das ist aber meine ganz subjektive Annahme und weit entfernt von wissenschaftlicher Beweisführung! ;-))
 
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