Latein Wörterbuch - Forum
Übersetzung überprüfen, bitte :-) — 2304 Aufrufe
Aylin am 22.11.13 um 10:28 Uhr (Zitieren) I
„memento semper temet ipsum esse“

Den Satz habe ich hier entdeckt, soll so viel wie „denke immer daran, du selbst zu sein“ heißen ....
Ist er richtig? Mir gefällt das „met“ an dem et sehr gut und auch das „ipsum“ ... Da ich es lieber „allgemein“ und nicht auf die Frau bezogen haben will ...

Re: Übersetzung überprüfen, bitte :-)
filix am 22.11.13 um 11:01 Uhr (Zitieren) I
„semper cura, ut constes tibi“
Re: Übersetzung überprüfen, bitte :-)
Aylin am 22.11.13 um 11:09 Uhr (Zitieren) I
Dh der erstere geht gar nicht ?
Re: Übersetzung überprüfen, bitte :-)
filix am 22.11.13 um 11:14 Uhr (Zitieren) I
„se ipsum esse“ heißt nicht „man selbst sein“, wie wir das heute verstehen; „Denke immer daran“ hat hier die Bedeutung von „Sorge stets dafür, ...“, „Sei immer darauf bedacht, dass ...“, wofür „curare“ die bessere Wahl ist.
Re: Übersetzung überprüfen, bitte :-)
Aylin am 22.11.13 um 12:36 Uhr (Zitieren)
Ah ok, vielen lieben Dank !
Re: Übersetzung überprüfen, bitte :-)
egrot am 22.11.13 um 17:23 Uhr (Zitieren)
wie müsste denn „te ipsum esse“ stattdessen übersetzt werden filix? oder auch wer es sonst sicher weiß, was es bedeutet. ich wäre für eine genaue Antwort dankbar.
Re: Übersetzung überprüfen, bitte :-)
Jonathan am 22.11.13 um 17:30 Uhr (Zitieren)
die wörtliche Übersetzung ist zwar dieselbe, aber wir verstehen heute unter „man selbst sein“ etwas übertragendes sein. Etwa zu sich selbst zu stehen, sich nicht für andere zu verändern etc. Ich denke, dass Filix meint, dass der Römer dies unter „se ipsum esse“ nicht verstanden hätte.
Re: Übersetzung überprüfen, bitte :-)
filix am 23.11.13 um 12:42 Uhr (Zitieren) I
Die dahinter stehende Frage ist, ob in „<ego> ego ipse sum“ das „ego ipse“ prädikativ so verstanden worden wäre, wie wie wir das im Dt. tun, also als „<ego> (Ich) bin (sum) ich (ego) selbst (ipse).“ oder nicht immer nur als „Ich selbst bin <es>!“ - so wie an der Türe bei Plautus: „MERCVRIVS Quis ad fores est? AMPH. Ego sum. MERC. Quid ego sum. “ -„M.: Wer ist an der Tür? A.: Ich bin es! .: Was heißt: Ich bin es?“. Man betrachte hingegen:
„tantum te oro ut, quoniam me ipsum semper amasti, ut eodem amore sis; ego enim idem sum“ (Cicero: Ad Att. III,5) „Ich bitte dich nur darum, dass du, da du ja immer mich selbst (me ipsum semper - d.h. um meiner selbst willen/als den, der ich in Wahrheit als Person bin) geliebt hast, mich <weiter> auf dieselbe Weise liebst, ich (ego) bin (sum) nämlich <immer noch> (enim) derselbe (idem).“
Re: Übersetzung überprüfen, bitte :-)
egrot am 24.11.13 um 21:28 Uhr (Zitieren) I
danke filix für die ausführliche Antwort, nun ist mir klar was du genau meintest, wenn du sagst „se ipsum esse“ bedeutet nicht „man selbst sein“, so wie wir es heute verstehen.
eine Italienischsprechende sagte „bleib immer du selbst“, „bleib dir selbst treu“ würde man in ihrer Sprache ausdrücken als „Sii coerente con te stesso / Sii fedele a te stesso“ [etwa: Sei konsequent mit dir selbst – sei zu dir selbst treu]
ein Muttersprachler des Spanischen sagte „sé sincero contigo mismo“ [etwa: sei ehrlich/aufrichtig/geradlinig mit dir selbst], oder auch „sé siempre tu mismo“ [sei immer du selbst].
und im DRAE heißt es zu mismo auch „Del lat. vulg. *metipsĭmus, combinación del elemento enfático -met, que se añadía a los prons. pers., y un sup. de ipse, el mismo„

es wäre natürlich nun sehr interessant zu wissen, ab wann womöglich auch in einer lateinischen Schriftsprache „se ipsum esse“ das verstanden worden wäre, was wir heute unter „man selbst sein/bleiben / sich treu sein“ verstehen

Über googel-Suche kam ich zu einem Auszug aus einem Werk namens ‚Die Entwicklung der Nominaldeterminanten im Spätlatein’:
„in der klassisch lateinischen Sprachnorm wurde ipse als Determinant verwendet, der die Identität des Referenten mit sich selbst betont signalisiert. ipse wird dann eingesetzt, wenn der Bezug auf den gemeinten Referenten nicht den Präsuppositionen entspricht, die sich aus den kontextuellen Sinnbezügen für den Hörer ergeben, und die Identität des Referenten daher hervorgehoben werden muß. Kühner/Stegmann (1982, §118,4) umschreiben die klassische Bedeutung von ipse als “Pronomen des Gegensatzes (), durch welches ein Gegenstand als von allen übrigen ausgeschlossen ausgedrückt wird (=er selbst und kein anderer)„. Ab der Wende vom zweiten zum dritten nachchristlichen Jahrhundert, d.h. erst in nachklassischer Zeit, beginnt eine Verwendung von ipse, die vorher noch nicht oder nur selten belegt ist: ipse wird gehäuft bei anaphorischen Nennungen verwendet. Zur gleichen Zeit beginnt einer der Ablöseprozesse, die die Entwicklung des lateinischen Determinantenparadigmas kennzeichnen: ipse wird immer häufiger anstelle von idem verwendet, das bekanntlich in den romanischen Sprachen keinen Nachfolger gefunden hat. [...] Auffällig ist nun, daß in den romanischen Sprachen die Inhaltsdomänen von idem und ipse, “Identitätspronomen„ und “kontrastierendes Identitätspronomen", auf einen Determinanten vereint sind, der etymologisch auf ipse zurückgeht (mismo, stesso, même etc.)

- hat das etwas damit zu tun, mit der Entwicklung was wir heute unter ipse fälschlich verstehen können und im klassischen Latein so nicht gedacht war?
Re: Übersetzung überprüfen, bitte :-)
filix am 25.11.13 um 2:06 Uhr (Zitieren)
Zunächst scheitert es daran, dass Personalpronomina nicht in der angesprochenen Weise prädikativ verwendet wurden. Wie man an der Stelle Ad Att. III,5 „Ego enim idem sum“ - „Ich bin nämlich <immer noch> derselbe/ich selbst“* oder auch an Cicero Brut. 337, wo es über den Redner Hortensius, der sich nach seinem Erfolg in der Jugend nicht weiterentwickelt habe, heißt: „sed cum iam honores et illa senior auctoritas gravius quiddam requireret, remanebat idem nec decebat idem“ - „Als aber die Auszeichnungen und jene Würde des Alters nach Ernsthafterem verlangten, blieb er derselbe und es stand ihm nicht gut.“, erkennen kann, wird im klass. Latein, um in einer derartigen Satzstruktur eine Selbstidentität auszudrücken, das Demonstrativpronomen „idem“ gesetzt. *Man könnte natürlich einwenden, dass, wer immer derselbe ist, deswegen noch lange nicht immer er selbst sein muss, gesetzt den Fall, dass einer ein Leben lang in derselben Verleugnung seiner wie auch immer definierten wahren Persönlichkeit verharrt, aber dieser Unterschied lässt sich, wie es aussieht, im Lat. nicht über die Differenz von prädikativ gebrauchtem Personalpron. in Verbindung mit „ipse“ versus „idem“ vermitteln.

Was den zitierten Text angeht, so behandelt er sprachliche Entwicklungen, die damit nur bedingt zu tun haben. Eine anaphorische Funktion von „ipse“ spielt hier keine Rolle. Die Beobachtung „Zur gleichen Zeit beginnt einer der Ablöseprozesse, die die Entwicklung des lateinischen Determinantenparadigmas kennzeichnen: ipse wird immer häufiger anstelle von idem verwendet ...“ hingegen erklärt, warum z.B. in der diskutierten Struktur „ipse“ zunächst neben „idem“ treten und es schließlich auch ersetzen kann. Deutlich wird das z.B. an zwei Übersetzungsvarianten einer Stelle aus Ps 101, die von der Unveränderlichkeit bzw. Selbstidentität Gottes handelt: „ tu autem idem ipse es, et anni tui non deficient“ - „du (tu) aber (autem) bist (es) derselbe (idem) selbst (ipse) und deine Jahre werden nicht zur Neige gehen“ bzw. „tu autem ipse es et anni tui non deficient.“ - „du (tu) aber (autem) bist (es) ipse (hier = idem = derselbe) und deine Jahre ....“
 
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Die dahinter stehende Frage ist, ob in „<ego> ego ipse sum“ das „ego ipse“ prädikativ so verstanden worden wäre, wie wie wir das im Dt. tun, also als „<ego> (Ich) bin (sum) ich (ego) selbst (ipse).“ oder nicht immer nur als „Ich selbst bin <es>!“ - so wie an der Türe bei Plautus: „MERCVRIVS Quis ad fores est? AMPH. Ego sum. MERC. Quid ego sum. “ -„M.: Wer ist an der Tür? A.: Ich bin es! .: Was heißt: Ich bin es?“. Man betrachte hingegen:
„tantum te oro ut, quoniam me ipsum semper amasti, ut eodem amore sis; ego enim idem sum“ (Cicero: Ad Att. III,5) „Ich bitte dich nur darum, dass du, da du ja immer mich selbst (me ipsum semper - d.h. um meiner selbst willen/als den, der ich in Wahrheit als Person bin) geliebt hast, mich <weiter> auf dieselbe Weise liebst, ich (ego) bin (sum) nämlich <immer noch> (enim) derselbe (idem).“
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