Latein Wörterbuch - Forum
Phaedrus - Fabeln — 5477 Aufrufe
Max am 10.12.13 um 18:18 Uhr (Zitieren) I
Könnt ihr mir erklären, wieso die ersten Verse der Fabel von der Krähe und dem Pfau wie folgt übersetzt werden:

Ne gloriari libeat alienis bonis,
suoque potius habitu vitam degere

Daß man nicht Lust bekommt, mit fremden Gut zu prahlen, vielmehr, dass man sich gern mit seiner Lage begnüge...

Ich hätte die Verse folgendermaßen übersetzt:

Damit es nicht beliebt sich mit fremden Eigenschaften zu rühmen und durch sein Aussehen das Leben besser (potius) zu verbringen...

Ist es grammatikalisch möglich und richtig, das suo habitua als ablativus causae und das potius als Adverb aufzufassen?
Re: Phaedrus - Fabeln
Jonathan am 10.12.13 um 18:32 Uhr (Zitieren) I
... und besser durch seine Lage ...

du beziehst nur das Adverb POTIUS falsch. Es bezieht sich auf den gesamten zweiten Teil, nicht nur auf VERBRINGEN, wir es bei dir erscheint.

Ansonsten ist es doch das gleiche
Re: Phaedrus - Fabeln
ONDIT am 10.12.13 um 18:38 Uhr (Zitieren) I
suo habitu vitam degere, im eigenen Rocke (nicht in geborgtem Schmucke) sein L. hinbringen
Georges
Re: Phaedrus - Fabeln
Klaus am 10.12.13 um 18:47 Uhr (Zitieren) I
„suo habitu“ was ist das nun für ein Ablativ? (ablativus limitationis?)
Re: Phaedrus - Fabeln
Max am 10.12.13 um 18:49 Uhr (Zitieren) I
du würdest übersetzen

Damit es nicht beliebt, sich mit fremden Eigenschaften zu rühmen und besser durch sein Aussehen das Leben zu verbringen?

wie ist das potius und das que dann inhaltlich zu verstehen?

der zweite Vers hängt doch immer noch von ne libeat ab, oder?
Re: Phaedrus - Fabeln
Klaus am 10.12.13 um 18:58 Uhr (Zitieren)
Ne gloriari libeat alienis bonis,
suoque potius habitu vitam degere,
Aesopus nobis hoc exemplum prodidit.
Die erste und zweite Zeile hängen von der dritten ab.
für „potius“ würde ich „lieber“ nehmen.
que= und
Re: Phaedrus - Fabeln
Max am 10.12.13 um 19:30 Uhr (Zitieren)
also: und lieber mit seinem Aussehen sein Leben zu verbringen???
Re: Phaedrus - Fabeln
Klaus am 10.12.13 um 19:48 Uhr (Zitieren)
ja
Re: Phaedrus - Fabeln
Max am 10.12.13 um 20:14 Uhr (Zitieren)
also würdest du sagen mit seinem aussehen im sinne von: damit man sein Leben nicht mit der dauernden Frage nach seinem Aussehen verbringt?

potius ist doch ein komparativ, aber wo ist der vergleichspunkt? lieber als was?
Re: Phaedrus - Fabeln
Jonathan am 10.12.13 um 20:34 Uhr (Zitieren)
lieber als der erste Teilsatz
Re: Phaedrus - Fabeln
Klaus am 10.12.13 um 20:44 Uhr (Zitieren)
Es gibt einen Komparativ potius und ein Adverb potius
http://www.navigium.de/latein-woerterbuch.php?form=potius.
Wenn du die 3. Zeile zuerst übersetzt, wird es verständlicher:
Aesop hat uns dieses Beispiel gegeben,
damit es nicht beliebt/nicht freisteht sich mit fremden Eigenschaften/ fremdem Gut zu rühmen/zu prahlen,
als lieber/eher/vielmehr sein Leben so zu verbringen wie man aussieht. Verstanden?
http://www.latein.at/print.php?tr=186
Re: Phaedrus - Fabeln
Max am 10.12.13 um 22:53 Uhr (Zitieren)
aber im lateinischen steht doch que und das bedeutet doch und.
und que verbindet gleichartiges, also in dem fall gloriari und vitam degere, oder?
Re: Phaedrus - Fabeln
Kuli am 10.12.13 um 23:31 Uhr (Zitieren)
Dann würdest du beide Infinitive von ne libeat abhängig machen. Du musst ungefähr so ergänzen:

ne libeat alienis bonis gloriari
<uti>que potius <libeat> suo habitu vitam degere,
Aesopus ...
Re: Phaedrus - Fabeln
Max am 11.12.13 um 8:44 Uhr (Zitieren)
was ist denn suo habitu für ein ablativ?

wieso weiß man, dass man uti libeat ergänzen muss. Es gibt doch auch Sinn zu sagen: und es nicht beliebt lieber durch sein Aussehen sein Leben zu verbringen, dann würde suo habitu alienis bonis weiterführen.
Re: Phaedrus - Fabeln
Klaus am 11.12.13 um 9:51 Uhr (Zitieren)
....und es nicht beliebt
Re: Phaedrus - Fabeln
Max am 11.12.13 um 9:53 Uhr (Zitieren)
woher weiß man dass man libeat ergänzen muss, wieso kann das que nicht das ne weiterführen?
Re: Phaedrus - Fabeln
ONDIT am 11.12.13 um 9:56 Uhr (Zitieren)
aber im lateinischen steht doch „que“ -->„ und“ das bedeutet doch und


Nach einer Negation (Ne gloriari libeat) übersetze „que“ mit „sondern“.
Re: Phaedrus - Fabeln
Max am 11.12.13 um 9:59 Uhr (Zitieren)
wo steht das???
Re: Phaedrus - Fabeln
Kuli am 11.12.13 um 10:09 Uhr (Zitieren)
Die beiden in den Infinitven ausgedrückten Vorgänge sind einander ja entgegengesetzt, schließen sich aus:

alienis bonis gloriari = sich mit fremden Gütern brüsten
suo habitu vitam degere = im eigenen Gewand [sprich: unter dem einem zugeteilten Los] sein Leben hinbringen

Sie können also nicht in demselben Finalsatz stehen. Die Anbindung eines positiven Finalsatzes an einen negativen erfolgt gewöhnlich durch kopulative Konjunktion + ut (deshalb meine Ergänzung oben). Aber die Auslassung des ut ist auch in Prosa nicht unüblich: Quam ob rem a vobis, iudices, [...] haec postulo, [...] ne repugnetis eamque [scil. opinionem] animis vestris [...] remittatis. (Deshalb fordere ich von euch, ihr Herren Richter, dass ihr euch nicht widersetzt und [dass ihr] sie [eure Meinung] aus euren Gemütern verweist.) [Cic. Cluent. 6]

Der Ablativ wird bei Burkard/Schauer („Neuer Menge“) § 375 als „Ablativ der äußeren Erscheinung“ bezeichnet (wie z. B. in ... statuas quoque videmus ornatu fere militari [Cic. off. 1, 61])
Re: Phaedrus - Fabeln
ONDIT am 11.12.13 um 10:24 Uhr (Zitieren)
@Max
Erat enim eodem, quo Alcibiades, sensu, populi potentiae non amicus , et optimatum fautor.
Nach der Negation (non) ist „et“ adversativ und im Sinne von „sed“.
Re: Phaedrus - Fabeln
Max am 11.12.13 um 10:25 Uhr (Zitieren)
Besten Dank für die kompetente fachliche Antwort!
Re: Phaedrus - Fabeln
Max am 11.12.13 um 10:48 Uhr (Zitieren)
und wenn man beides verneinen möchte, benutzt der lateiner neque?
Re: Phaedrus - Fabeln
Max am 11.12.13 um 11:11 Uhr (Zitieren)
Besten Dank!
 
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