Ohne Kenntnis des Textes, dem die Bezeichnung entnommen wurde, lässt sich gar nicht sagen, wie sie dort zu verstehen ist.
Die Differenzierung zwischen „beatus“ und „sanctus“ im Rahmen der Heiligenverehrung der katholischen Kirche (an die sich längst nicht alle Autoren halten und die in verschiedenen Genres unterschiedlich gehandhabt wird) bildete sich erst langsam im Mittelalter heraus und ist geschichtlich mit Kompetenzstreitigkeiten zwischen Papst und Bischöfen verbunden.
Für Texte, die eindeutig vor dieser kirchenrechtlichen Entwicklung und ihrer sprachlichen Abbildung verfasst wurden, stellt sich somit die Frage nach einer geeigneten Übersetzung, die diese Zusammenhänge berücksichtigt.
So heißt es in den
Annales regni Francorum knapp über die Krönung Karls des Großen im Jahre 800:
„Ipsa die
sacratissima natalis Domini, cum rex ad missam ante confessionem
beati Petri apostoli ab oratione surgeret, Leo papa coronam capiti eius imposuit, et a cuncto Romanorum populo adclamatum est: ‚Carolo augusto, a Deo coronato magno et pacifico imperatori Romanorum, vita et victoria!‘“
Tatsächlich greifen auch gegenwärtig Historiker selbst beim Apostel Petrus einfach zu „selig“ - drei Beispiele:
„In der Perspektive des Kaiserhofs formulierten die fränkischen Reichsannalen: «Als sich der König gerade am
heiligen Weihnachtstag vom Gebet vor dem Grab des
seligen Apostels Petrus zur Messe erhob, setzte ihm Papst Leo eine Krone ....“ - Bernd Schneidmüller: Die Kaiser des Mittelalters Karl dem Großen bis Maximilian I.,
C.H.Beck, 2. Auflage 2007, S.24
„... der eigentliche Krönungsbericht in lakonischer Kürze: Am
hochheiligen Geburtstag des Herrn, als der König bei der Messe vor dem Altar über dem Grab des
seligen Apostels Petrus sich vom Gebet erhob ...“ - Alexander Demandt: Sternstunden der Geschichte, C.H. Beck, 2003, S.114
„Die Reichsannalen schildern das Ereignis am Weihnachtstag 800: „Als sich an diesem
geheiligsten Weihnachtstag der König vor der Grablege des
seligen Apostels Petrus vom Gebet erhob, setzte Papst Leo ihm die Krone ...“ - Volker Leppin: Geschichte des mittelalterlichen Christentums, Mohr Siebeck, 2012, S. 125