Latein Wörterbuch - Forum
Wein bei Petrus Venerabils — 1377 Aufrufe
Anna am 23.1.15 um 22:43 Uhr (Zitieren)
Hallo liebes Latein - Forum, ich schreibe gerade ein Referat über Gästebewirtung in Klöstern im Mittelalter. Dabei bin ich auf eine Anweisung, die in den Statuen des Petrus Venerabils überliefert ist, gestoßen:

„Statutum est ut de vasis omnibus vinariis, quae in cellario fuerint ad opus fratrum, hospitum, vel pauperum, hoc est de unoquoque eorum, vigilia Natalis Domini, frater, qui vinum ad missas providere solet, tantum accipiat, quantum ad celebrandas omnes missas illius sacrae noctis atque diei sufficere valeat“

Kann ich das sinngemäß so wiedergeben, dass in den Kellern verschiedene Weine lagern, für die Brüder, Gäste und die Armen…
Oder was steht da genau?
Danke!
Über eine kurze Bestätigung würde ich mich sehr freuen, da meine Lateinkenntnisse bisher noch rudimentär sind…
Re: Wein bei Petrus Venerabils
Anna am 23.1.15 um 22:47 Uhr (Zitieren)
Er heißt natürlich Petrus Venerabilis ;-)
Re: Wein bei Petrus Venerabils
filix am 24.1.15 um 2:04 Uhr (Zitieren)
Es geht um die Bestimmung, dass der für den Messwein zuständige Bruder aus den Weinvorräten (die im Keller für Brüder, Gäste und Arme eingelagert sind) zu gleichen Teilen eine Menge erhält, die für sämtliche Gottesdienste am hl. Abend bzw. Christtag ausreicht.
Re: Wein bei Petrus Venerabils
Anna am 24.1.15 um 2:12 Uhr (Zitieren)
Super, danke! Kann ich daraus den Schluss ziehen, dass im Keller bzw. im Kloster verschiedene Weinqualitäten für bestimmte Personengruppen eingelagert wurden?
Oder würdest Du das nicht daraus herleiten wollen?
Anna


Re: Wein bei Petrus Venerabils
Kuli am 24.1.15 um 12:07 Uhr (Zitieren)
Zumindest die Erläuterung hoc est de unoquoque eorum deutet darauf hin, dass für Brüder, Gäste und Arme gesonderte Weinvorräte vorhanden waren. Verschiedene Qualitäten kann man daraus aber noch nicht ableiten.
Re: Wein bei Petrus Venerabils
filix am 24.1.15 um 12:29 Uhr, überarbeitet am 24.1.15 um 12:31 Uhr (Zitieren)
Das sehe ich wie Kuli. Gesetzt den Fall, es handelte sich um drei Qualitäten, stellte sich auch die Frage, was mit diesen bei der Kelchkommunion, für die der Wein offensichtlich vorgesehen war, geschehen wäre - Verschnitt? Rotwein war es jedenfalls zu Petrus' Zeiten mit ziemlicher Sicherheit.
Re: Wein bei Petrus Venerabils
Anna am 24.1.15 um 19:14 Uhr (Zitieren)
Bei den Aussagen, die ich gelesen habe, bezogen sich die dreierlei Weinqualitäten allgemein auf das Vorhandensein im Kloster. Diese verschiedenen Qualitäten, sollten bei den unterschiedlichen Anlässen zum Einsatz gekommen sein: Für den Konvent, die Bewirtung der Gäste oder für die Armenspeisungen. Ich nehme nicht an, dass bei der Kelchkommunion in einer Messe verschiedene Weinqualitäten verwendet wurden. Oder?
Die Verwendung von verschiednen Weinqualitäten im Kloster erscheint irgendwie logisch?
Messwein musste ja auch besondere Vorraussetzungen erfüllen, er musste eine besondere Qualität haben und „rein“ sein. Ja und zur Zeit des Petrus war es sicherlich noch Rotwein, Weißwein für die Eucharistiefeier wurde erst 1478 wurde durch Papst Sixtus IV. zugelassen.
Und für besondere Gäste im Kloster und die Armenspeisungen wurden sicherlich verschiedene Weine verwendet.
Allgemein war aber in Deutschland im spätern Mittelalter auch der Weißwein beliebter und die Winzer wurden, zumindest am Mittelrhein angewiesen, doch anstatt der roten Weinstöcke, Weiße anzupflanzen. Vermutlich gedieh im Rheintal, Weißwein einfach besser und es konnten daraus wohlschmeckendere Weine erzeugt werden. Rotwein wurde dann eher eingeführt.
Wein war ja im Mittelalter in den meisten Regionen/Ländern Alltagsgetränk.
(und erst recht, in Frankreich, und Spanien, wo sich Petrus größtenteils aufhielt)
Was mir allgemein immer wieder auffällt, viele Autoren/Historiker belegen viele ihrer Aussagen mit Quellen, die, wenn sie denn genau übersetzt werden, diese Aussagen gar nicht bestätigen, oder nur in einem sehr weitgefassten Rahmen, den ich meist so nicht teilen kann.
Da frage ich mich, ist so eine Übersetzung so viel mit Auslegung verbunden oder können die Autoren/Historiker nicht ausreichend Latein, damit ihnen solche Dinge auffallen?
Sind hier vielleicht Historiker anwesend?
Danke schon mal, über weitere Kommentare zu dieser Auslegung/Interpretation oder Anregungen würde ich mich sehr freuen…
Anna
Re: Wein bei Petrus Venerabils
filix am 24.1.15 um 20:31 Uhr, überarbeitet am 24.1.15 um 20:37 Uhr (Zitieren) I
Ich bin nun kein Fachmann für historische Önologie - aber waren Qualitätsdifferenzen zu der Zeit nicht oft Sache nachträglicher Zusätze (ich denke etwa an auch medizinisch bedeutsame Rezepturen wie Hypocras, Claret & Co), nicht so sehr des reinen Ausgangsprodukts, das natürlich in verschiedenen Anbaugebieten unterschiedliche Güte hatte? Teure Gewürze wie Safran oder Piment, die das Getränk aufwerteten (dem zeitgenössischen Weinkenner ein Gräuel), konnten sich nur wenige leisten.
Eine quantitative Differenzierung in der Vorratshaltung erscheint mir zunächst nicht weniger „logisch“ als eine qualitative, dass in einer Klosterkellerei drei zweckgebundene Qualitätsstufen im Fass auf Vorrat produziert wurden, hingegen nicht unmittelbar einleuchtend. Vgl. was z.B. hier über Sorten/Lagen zu lesen ist: https://books.google.de/books?id=TJC16zYmEMoC&pg=PA22#v=onepage&q&f=false
Der oben zitierte Abschnitt spricht jedenfalls eindeutig von Mengen, die für die Zelebration der Weihnachtsmessen bestimmt waren - sie wurden also wohl zu diesem Zweck vermischt und mussten dennoch die für Messwein geltenden Regeln erfüllen.
Re: Wein bei Petrus Venerabils
Anna am 25.1.15 um 3:04 Uhr (Zitieren)
Nicht unbedingt. Auch damals gab es schon Qualitätsunterschiede beim Wein. Besonders guter Wein wurde auch importiert, Frankreich, Zypern etc., allerdings hauptsächlich ab dem Hochmittelalter. Im Frühmittelalter versuchten die Klöster ihren (Mess)wein meist selber anzubauen, was in einigen Gebieten aufgrund der der ungünstigen klimatischen Gegebenheiten zu durchaus saueren Weinen führen konnte. Von den Weinen des Klosters Kamp am Niederrhein ist dieses überliefert, ich glaube durch Cäsarius von Heisterbach…
Trotzdem wurden sicherlich Weine auch durch Gewürze oder Kräuter und Honig “verbessert“ und eben auch für medizinische Zwecke genutzt.
Danke für den Tipp mit dem Buch. Da habe ich auch schon mal reingeguckt…

Zitat von filix am 24.1.15, 20:31Eine quantitative Differenzierung in der Vorratshaltung erscheint mir zunächst nicht weniger „logisch“ als eine qualitative, dass in einer Klosterkellerei drei zweckgebundene Qualitätsstufen im Fass auf Vorrat produziert wurden, hingegen nicht unmittelbar einleuchtend.

Kannst Du mir diese Aussage vielleicht näher erklären?

Mit der Auslegung der Textstelle muss ich noch mal überlegen, vielleicht stelle ich das auch zur Diskussion….
Danke, Anna
Re: Wein bei Petrus Venerabils
filix am 25.1.15 um 12:09 Uhr, überarbeitet am 26.1.15 um 1:45 Uhr (Zitieren)
Kannst Du mir diese Aussage vielleicht näher erklären?


Angesichts der Schwierigkeiten in manchen Gebieten auch nur einen brauchbaren (Mess)wein zu erzeugen, scheint es mir nicht unbedingt plausibler, dass drei qualitativ klar unterschiedene Weine auf Vorrat hergestellt werden konnten.

Wie dem auch sei - den amüsanten Teil, die Begründung nämlich für die Entnahme des Weins für die Weihnachtsmessen aus drei verschiedenen Gebinden hast du uns vorenthalten, Statutum LXXIII schließt mit den Worten:

„Causa instituti hujus fuit res a multis, ut audivi, probata, et saepe mihi relata, quod videlicet, nunquam vasis illius vinum acescere, vel in innaturalem et corruptum saporem converti possit, unde pars quantalibet vini ad celebranda jam dicti Natalis Domini sacramenta assumpta fuerit.

„Die Ursache dieser Bestimmung war die von, wie ich hörte, vielen überprüfte und mir oft berichtete (Tat)sache, dass der Wein offenbar niemals in den Gefäßen sauer werden oder einen unnatürlichen und verdorbenen Geschmack annehmen kann, woraus ein beliebig großer Teil Wein zur Feier der Sakramente des bereits erwähnten Geburtsfestes des Herren herangezogen wird.“

Transsubstantiation zum Hochfest des Herrn hatte für Petrus Venerabilis also einen fernwirkenden Konservierungseffekt.

Zum Gebrauch des mit Piment und Honig versetzten Weins gibt es übrigens auch Ausführungen (Stat. XI).
 
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Kannst Du mir diese Aussage vielleicht näher erklären?


Angesichts der Schwierigkeiten in manchen Gebieten auch nur einen brauchbaren (Mess)wein zu erzeugen, scheint es mir nicht unbedingt plausibler, dass drei qualitativ klar unterschiedene Weine auf Vorrat hergestellt werden konnten.

Wie dem auch sei - den amüsanten Teil, die Begründung nämlich für die Entnahme des Weins für die Weihnachtsmessen aus drei verschiedenen Gebinden hast du uns vorenthalten, Statutum LXXIII schließt mit den Worten:

„Causa instituti hujus fuit res a multis, ut audivi, probata, et saepe mihi relata, quod videlicet, nunquam vasis illius vinum acescere, vel in innaturalem et corruptum saporem converti possit, unde pars quantalibet vini ad celebranda jam dicti Natalis Domini sacramenta assumpta fuerit.

„Die Ursache dieser Bestimmung war die von, wie ich hörte, vielen überprüfte und mir oft berichtete (Tat)sache, dass der Wein offenbar niemals in den Gefäßen sauer werden oder einen unnatürlichen und verdorbenen Geschmack annehmen kann, woraus ein beliebig großer Teil Wein zur Feier der Sakramente des bereits erwähnten Geburtsfestes des Herren herangezogen wird.“

Transsubstantiation zum Hochfest des Herrn hatte für Petrus Venerabilis also einen fernwirkenden Konservierungseffekt.

Zum Gebrauch des mit Piment und Honig versetzten Weins gibt es übrigens auch Ausführungen (Stat. XI).
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