equos vomere iam videbatur, um es selbst zu versuchen. Ist bestimmt falsch, wäre jemand bitte so nett, mir den Spruch richtig und angemessen in der Wortwahl zu übersetzen?
Sinnlos ist’s, o Pferd, ein Sprachgebild' germanischer Natur
wortwörtlich ins Lateinische zu übersetzen.
Nur möglich ist’s, was bildlich es zu sagen sucht,
geradheraus in fremder Zunge auszudrücken.
So vielleicht: (est) nil, quod fieri non potest
„(Es gibt) Nichts, das nicht geschehen kann“
Re: Man hat schon Pferde kotzen sehen
filix am 6.6.15 um 15:44 Uhr, überarbeitet am 6.6.15 um 15:57 Uhr (Zitieren) I
In der Antike sind es (aus dem Tierreich) z.B. unmögliche Paarungen (Pferde und Greifen), friedliche Koexistenzen bzw. die Umkehr der Rollen von Raubtier und Beute (e.g.: „nunc et ovis ultro fugiat lupus“ - Verg. ecl. 8), die bildhaft unmögliches bzw. ausgesprochen unwahrscheinliches Geschehen ausdrücken.
Dessen ungeachtet liegt die technische Schwierigkeit einer möglichst wörtlichen Übersetzung in „man hat schon ... sehen“, worin unter Berufung auf unbestimmte Zeugen ja versichert wird, dass solches tatsächlich schon (irgendwann und irgendwo) geschehen und gesehen worden ist, nicht aber vorrangig ausgedrückt werden soll, dass es den Anschein hatte (videri). „equos ferunt etiam vomuisse“ und dgl. schwächen dies weiter zur Behauptung ab. Vorschläge?
Lieber obscurus, lieber filix, danke für eure Vorschläge. Ich glaube, man kann die Aussageabsicht des Spruches durchaus erraten, ohne ihn zu kennen, wenn man weiß, das Pferde nicht erbrechen können. Darum halte ich eine wörtliche Übersetzung nicht unbedingt für sinnlos. „Man hat... sehen“ ist in der Tat der Teil, bei dem ich aufgegeben habe und für den ich Hilfe brauche...
Die Erweiterung „vor der Apotheke“ verrätselt die Bedeutung allerdings wieder.
Re: Man hat schon Pferde kotzen sehen
Klaus am 6.6.15 um 17:11 Uhr, überarbeitet am 6.6.15 um 17:15 Uhr (Zitieren)
Ohne Apotheke:
Equi vomentes iam visi sunt.
Equi vomuisse iam videbantur.
Re: Man hat schon Pferde kotzen sehen
filix am 6.6.15 um 19:13 Uhr, überarbeitet am 6.6.15 um 19:19 Uhr (Zitieren)
= „Es schien gar, dass die Pferde gekotzt hatten.“
Die andere Konstruktion wirkt auf den ersten Blick interessanter - im Lat. gibt es eigentlich keinen NcP, es stellt sich also die Frage, ob das Partizip hier ein Passiv von „sehen“, das nicht sofort den gewöhnlichen Sinn von „videri“ = „(er)scheinen, für etwas gehalten werden“ annimmt, ermöglicht. Sonst funktioniert das ja m. W. nur bei Abwesenheit von anderen Verbformen: „tum fumi incendiorum procul videbantur ... “ (Caesar) = „Alsdann wurde in der Ferne der Rauch von Bränden gesehen ...“
Wenn ein Lateinkundiger von Latein spricht, meint er wohl nur das Latein desjenigen Mannes, der sich Cicero schimpfen durfte. Alles darnach und davor sei ja eigentlich kein Latein, das klinge nur so ähnlich ;)
Unter diesem Gesichtspunkt kann man doch „kotzende Pferde“ als Tattoo durchgehen lassen.
Re: Man hat schon Pferde kotzen sehen
filix am 7.6.15 um 20:04 Uhr, überarbeitet am 7.6.15 um 20:05 Uhr (Zitieren)
Das ist eine Verbalperiphrase vom Typ „PPA + Form von esse“ und hat mit der Konstruktion eines NcP, die in Abhängigkeit von Verben der Wahrnehmung im Passiv das Pendant zum AcP darstellte, meiner Ansicht nach nichts zu tun.
Wenn in „equi vomentes visi sunt“ „equi vomentes“ nur als PC gelesen werden kann, stellt sich die Frage, ob das im Passiv den Sinn von „videri“ = „gesehen werden“ im Unterschied zu „videri“ = „(er)scheinen, den Anschein haben, dünken“ freigibt, oder nicht. Das ist m.W., wie die Stelle aus Caesar demonstrieren sollte, nur(?) bei der Abwesenheit einer weiteren Verbform möglich.
Kurzum: Was bedeutet „equi vomentes visi sunt“?
a) „Kotzende Pferde sind gesehen worden“ (PC + „videri“ = „gesehen/erblickt werden“)
b) „Die Pferde schienen kotzend“ („NcP“ = NcI bei „videri“ = „(er)scheinen, den Anschein haben“)
Re: Man hat schon Pferde kotzen sehen
Kuli am 7.6.15 um 23:32 Uhr, überarbeitet am 7.6.15 um 23:38 Uhr (Zitieren)
Man findet wohl auch Belege für prädikatives Partizip beim Passiv von videre, so Cic. Pis. 54: Mecum enim L. Flaccus [...] fuit tum cum te quidam non longe a porta cum lictoribus errantem visum esse narraret.
Ich denke, dadurch, dass die Nachricht hier als durch einen unbenannten Mittler ausgerichtet dargestellt wird, ist eindeutig genug, dass sie auf einen unbestimmten Augenzeugen zurückgeht, so dass ein Passiv von videre i. S. v. „gesehen werden“ verwendet werden konnte.
Wenn die in der Redensart enthaltene Aussage der oben ausgesprochenen Annahme entspricht („... worin unter Berufung auf unbestimmte Zeugen ja versichert wird, dass solches tatsächlich schon (irgendwann und irgendwo) geschehen und gesehen worden ist ...“), bringt uns das allerdings nicht wesentlich weiter, denn ein „ferunt etiam equos vomentes visos esse“ unterscheidet sich nur dadurch von „equos ferunt etiam vomuisse“, dass bei jenem das Augenmerk auf dem Vorgang selbst liegt, bei diesem auf dem Ergebnis.
Stattdessen kann man aber wohl auf andere Verben der Wahrnehmung ausweichen, etwa auf conspicere (vgl. Val. Max. 7, 8, 1: togamque velut tragicam vestem in foro trahens maximo cum hominum risu conspectus fuerit).
oder man weicht auf aktive Formulierung aus:
sunt qui...
oder
aliquis vidit...
Re: Man hat schon Pferde kotzen sehen
filix am 8.6.15 um 10:33 Uhr, überarbeitet am 8.6.15 um 10:42 Uhr (Zitieren)
Trotz der Cicero-Stelle (danke fürs Ausgraben) empfiehlt sich also wohl ein Ausweichmanöver - mit Blick auf Plinius maior über Flippers Ahnen (nat. hist. 9,33):
"quin et parvos semper aliquis grandior comitatur ut custos, conspectique
iam sunt defunctum portantes, ne laceraretur a beluis"
„Ja, die kleinen begleitet stets irgendein größerer <Delphin> als Wächter, und es sind schon welche gesehen worden, die einen toten <Artgenossen> fortschafften, damit er nicht von Untieren in Stücke gerissen wird.“
hieße das also:
„conspecti iam sunt equi vomentes“
Re: Man hat schon Pferde kotzen sehen
Klaus am 8.6.15 um 13:22 Uhr, überarbeitet am 8.6.15 um 13:22 Uhr (Zitieren)
Welch hoch wissenschaftliche Diskussion doch kotzende Pferde auslösen können.