Latein Wörterbuch - Forum
Folie — 2215 Aufrufe
discipüla am 21.3.16 um 16:30 Uhr (Zitieren)
Heute kam im Unterricht folgendes Problem vor:
Im Lateinischen gibt es das Wort foliolum (Blättchen).
Meine Frage: Kann man im Deutschen ein Diminitiv zu dem Fremdwort „Folie“ bilden?
„Foliechen/Folielein“ kann man schlecht sagen, nicht wahr?
Gibt es irgendeine Regel für solche Fälle?

Danke für die Auskunft im Voraus.
Re: Folie
Graeculus am 21.3.16 um 17:14 Uhr (Zitieren)
Das Lateinische tut sich mit den Diminutiven leichter als das Deutsche:
Animula vagula blandula,
hospes comesque corporis,
quae nunc abibis in loca
pallidula rigida nudula
nec ut soles dabis iocos.

Falls es dafür im Deutschen eine Regel gibt, wüßte ich sie gerne. Als in Schwaben lebender Nichtschwabe habe ich immer noch nicht kapiert, warum man (in der Sparkasse) „Kärtle“ sagt, aber auch bei geringem Geldbestand nicht „Kontole“, „Büchle“, aber selbst bei nur einem Billy-Regal nicht „Bibliothekle“, „Spätzle“, jedoch nicht „Rotkehlchenle“.
Re: Folie
Ailourofilos am 21.3.16 um 17:35 Uhr (Zitieren)
http://www.amazon.de/Asterix-schw%C3%A4tzt-Schw%C3%A4bisch-B%C3%BCchle-Geschw%C3%A4tz/dp/B00FINXAGK

„Büchle“ gibt es sehr wohl.

Meine aus dem Nichts gegriffene Hypothese lautet, dass man Diminutive vor allem bei ein- und zweisilbigen Wörtern bildet, wobei dies bei offensichtlichen Lehnwörtern eher vermieden wird. „Kontole“ klingt total unschwäbisch.

Re: Folie
classiculae praefectulus am 21.3.16 um 17:42 Uhr (Zitieren)
Wie wär’s mit:
Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitänle :)
Re: Folie
Klaus am 21.3.16 um 18:11 Uhr (Zitieren)
Nachdem ich im www keine Regel fand, hab ich versucht, mir selbst eine zu „stricken.“
Diminuitive gibt es bei Konkreta, die auch tatsächlich in kleiner oder niedlicher Version vorkommen. Wobei ich gleich auch Ausnahmen fand: die Welle, die Folie!
Also taugt meine Regel nix.
Da hilft wieder mal nur „warten auf filix“
Re: Folie
Graeculus am 21.3.16 um 18:16 Uhr (Zitieren)
„Büchle“ gibt es sehr wohl.

Sag ich doch! Aber nicht „Bibliothekle“.
Genauer lesen!
Re: Folie
assinapians am 21.3.16 um 18:18 Uhr (Zitieren)
hab ich versucht, mir selbst eine zu „stricken.“


Fabula docet:
Noli „laquei acus“ tangere, mi Klause optime!
Re: Folie
Graeculus am 21.3.16 um 18:25 Uhr (Zitieren)
An Klaus:
Die niedlich-Annahme scheitert m.E. daran, daß die Niedlichkeit ja erst durch das „le“ erzeugt wird und schon deshalb nicht erklären kann, welche Wörter dafür geeignet sind.
Wer Lothar Späth „'s Cleverle“ nannte, meinte damit übrigens nicht, der Herr Ministerpräsident sei niedlich.

Daß es nur bei ein- oder zweisilbigen Worten möglich ist, mag sein; aber gewiß nicht bei allen ein- oder zweisilbigen Wörtern: „Konto“ - nein; „Auto“ - nein; „Frost“ - nein.
Beim Wein muß ich es mal mit einem mehrsilbigen Wort versuchen: „a Viertele Haberschlachterle“. Bin gespannt.
Re: Folie
Graeculus am 21.3.16 um 18:31 Uhr (Zitieren)
Mir fällt gerade ein fünfsilbiges Wort ein: Maultaschen (oder Maultäschle) werden des verschleierten Fleischgehalts wegen, der sie sozusagen tauglich für die Fastenzeit machte, „Herrgottsverscheißerle“ genannt.
Re: Folie
Klaus am 21.3.16 um 18:31 Uhr, überarbeitet am 21.3.16 um 18:36 Uhr (Zitieren)
Das ist doch ein „Autole. Autochen“
https://www.google.de/search?q=smart+fortwo&hl=de&gbv=2&prmd=ivns&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ved=0ahUKEwju1er4ptLLAhXEdg8KHZn4BMIQsAQIKA

Bei „Konto“ funktioniert es nicht, da meine selbstgestricke Regel sagt, dass Diminuitive nur bei Konkreta vorkommen.
P.S.Aber gerade sehe ich, dass filix mit „Histörchen“ schon ein Gegenbeispiel parat hat.

@Graeculus: Als Nichtschwabe hast du aber schon viel gelernt.
Re: Folie
filix am 21.3.16 um 18:32 Uhr, überarbeitet am 21.3.16 um 18:34 Uhr (Zitieren)
Der Bildung von Diminutiven sind vermutlich kaum Grenzen gesetzt - schon weil ihr Gebrauch u.a. dazu dient, Abwertung zu kommunizieren. Standardsprachlich haben sich nur -chen und -lein als Diminutivsuffixe durchgesetzt. Ich nehme an, dass ihr alle Histörchen als korrektes Diminutiv von Historie akzeptiert, das sich auch einer gewissen Verbreitung erfreut. Folglich heißt es wohl „Was haben wir denn da für ein buntes Fölchen für die Präsentation vorbereitet, Herr Kollege?“.
Re: Folie
Lateinhelfer am 21.3.16 um 18:32 Uhr (Zitieren)
Die beste „Erklärung“ oder auch nicht;-) bieten die Muttersprachler des Dialekts. Ich stelle das auch immer in unserem Berchtesgadener Dialekt fest. Man hört es einfach raus. Eine Regel kann man da nicht aufstellen.
Re: Folie
Suebius am 21.3.16 um 18:34 Uhr (Zitieren)
Heit nacht hat’s a leicht’s Fröstle ghabt, des saga mir Schwabe aba fei scho. :))

in memoriam Lotharii Serii , qui nuper decessit.
Re: Folie
Ailourofilos am 21.3.16 um 18:38 Uhr (Zitieren)
Zitat von Graeculus am 21.3.16, 18:25Daß es nur bei ein- oder zweisilbigen Worten möglich ist, mag sein; aber gewiß nicht bei allen ein- oder zweisilbigen Wörtern: „Konto“ - nein; „Auto“ - nein;


„wobei dies bei offensichtlichen Lehnwörtern eher vermieden wird.“ Im Übrigen schreibt man „wusste“ respektive „wüsste“ heutzutage mit ss.
Re: Folie
Graeculus am 21.3.16 um 18:39 Uhr (Zitieren)
„a leicht’s Fröstle“ klingt korrekt. „Autole“ nicht, auch nicht für einen Smart.
„Was haben wir denn da für ein buntes Fölchen für die Präsentation vorbereitet, Herr Kollege?“

Das ist es doch!
Re: Folie
Klaus am 21.3.16 um 18:41 Uhr (Zitieren)
@Suebius: Non Suebius es ,oh Palatinus superior!
Re: Folie
Graeculus am 21.3.16 um 18:41 Uhr (Zitieren)
Daß alles dem Diminutiv zugänglich ist, kann ich nicht bestätigen. Bei manchen meiner halb-ironisch vorgenommenen Versuche fühlen Schwaben sich verarscht.
Re: Folie
Lateinhelfer am 21.3.16 um 18:42 Uhr (Zitieren)
lchen...die Frage ist nur: Wer sagt so etwas wirklich? Kaum jemand.
Re: Folie
Klaus am 21.3.16 um 18:43 Uhr (Zitieren)
Zitat von Graeculus am 21.3.16, 18:39 „Autole“ nicht, auch nicht für einen Smart.


Meine Nichte wohnt in Eßlingen, die sprach schon von ihrem „Autole“
Re: Folie
Klaus am 21.3.16 um 18:46 Uhr (Zitieren)
Zitat von Lateinhelfer am 21.3.16, 18:42 Wer sagt so etwas wirklich? Kaum jemand.


Das sagt man nur, wenn man dem Herrn Kollegen „eins reinwürgen“ will!
Re: Folie
Ailourofilos am 21.3.16 um 18:46 Uhr (Zitieren)
Die ein- bzw. zweisilbige Nomenthese könnte sogar hinhauen. Es gibt kaum (gar keine?) „deutsche“ Wörter, die mehr als zweisilbig und dabei kein Kompositum sind.

Nimmt man Maultasche, offenbar ein Kompositum, so ergibt sich daraus auch wieder Tasche - zweisilbig. Wer Gegenbeispiele für Nichtlehnwörter bzw. Nichtneologismen kennt, die mehr als zwei Silben aufweisen, nur her damit.

Zitat von Klaus am 21.3.16, 18:43Meine Nichte wohnt in Eßlingen, die sprach schon von ihrem „Autole“


Es gibt dafür nur schwerlich eine Norm, was denn als anerkannte Diminutivform gilt und was nicht. Man kann theoretisch zu jedem Nomen eine entsprechende Form bilden, da zu entscheiden, was es „gibt“ oder nicht, ist schwer.
Re: Folie
Klaus am 21.3.16 um 18:47 Uhr (Zitieren)
Zitat von Graeculus am 21.3.16, 18:41fühlen Schwaben sich verarscht.


....weil es von einem Nichtschwaben kommt!
Re: Folie
equuleus am 21.3.16 um 18:47 Uhr (Zitieren)
Fölchen.


Klingt eher nach einem Fohlen kurz nach der Geburt. :)
Re: Folie
Klaus am 21.3.16 um 18:56 Uhr, überarbeitet am 21.3.16 um 18:57 Uhr (Zitieren)
Re: Folie
alexander am 21.3.16 um 19:22 Uhr (Zitieren)
... ich glaube, dass es »Audoole« heisst – sach ich ma so, vom Norden wech kommend.
Re: Folie
Ailourofilos am 21.3.16 um 19:38 Uhr (Zitieren)
Zitat von Klaus am 21.3.16, 18:56Zitat von Ailourofilos am 21.3.16, 18:46nur her damit.

Ungewitter


Oder *dreisilbig. Die meisten deutschen Grundwörter sind ein- oder zweisilbig, dazu eben Prä- respektive Suffix. Aber das erklärt wohl nichts hinsichtlich der Diminutivbildung.
Re: Folie
Graeculus am 21.3.16 um 19:39 Uhr (Zitieren)
„Herrgottsverscheißerle“ kann man auflösen in
Herr (1 Silbe),
Gott (1),
Verscheißer (3).

Ein Lehnwort ist das ja nun nicht.
Re: Folie
Lateinhelfer am 21.3.16 um 19:43 Uhr (Zitieren)
Zitat von Klaus am 21.3.16, 18:46Zitat von Lateinhelfer am 21.3.16, 18:42 Wer sagt so etwas wirklich? Kaum jemand.
Das sagt man nur, wenn man dem Herrn Kollegen „eins reinwürgen“ will!

? Nein, wollte ich sicher nicht. Meine Meinung war und ist nur, dass solche Formen aus der Sprache gebildet werden oder nicht. Eine theoretische Form, die keiner anwendet, bringt halt wenig. Es muß eine Art Gewohnheit werden, dass so etwas akzeptiert wird.
Re: Folie
filix am 21.3.16 um 19:55 Uhr, überarbeitet am 21.3.16 um 19:56 Uhr (Zitieren)
Klingt eher nach einem Fohlen kurz nach der Geburt. :


Das Diminutiv von Fohlen lautet Fohlchen, wobei Fohlen ja (m.E. selbst von einem ahd. Diminutiv abgeleitet) schon das (kleine) Jungtier bezeichnet. Derlei scheint aber z.B. auch bei Babylein kaum jemanden zu stören.


Die formale Regel für Historie, Folie & Co könnte also jenseits der Frage der Akzeptanz folgendermaßen lauten: Endet das weibl. Nomen auf -ie und wird dieses Suffix „-je“ (die korrekte Darstellung in Lautschrift funktioniert hier nicht) ausgesprochen, bildet man das Diminutiv unter Abspaltung desselben auf -chen, wobei es zur Umlautung eines Stammsilbenvokals kommen kann. Historie - Histörchen, Folie - Fölchen, Pinie - Pinchen, Kastanie - Kastanchen, Prämie - Prämchen usf.


Re: Folie
Klaus am 21.3.16 um 20:11 Uhr, überarbeitet am 21.3.16 um 20:20 Uhr (Zitieren)
@Lateinhelfer:
Durch die Zitiererei ist ein Mißverständnis aufgetreten. Ich wollte nicht sagen, du habest jemandem „eins reinwürgen“ wollen, sonern derjenige der den Satz spricht:„„Was haben wir denn da für ein buntes Fölchen für die Präsentation vorbereitet, Herr Kollege?“ , Er will dem Kollegen nämlich dann, wenn die Präsentation mit dem bunten Fölchen in die Hose gegangen war, “eins auswischen/reinwürgen,"indem er den Satz spricht.
Re: Folie
equuleus am 22.3.16 um 7:37 Uhr (Zitieren)
Das Diminutiv von Fohlen lautet Fohlchen


Keine Frage. Aber ich fände Föhlchen besonders „süß“. :)

Für megasüße Fohlen schlage ich vor: Föhleinchen („Ist das aber ein hübsches Föhleinchen“ oder doch lieber „Folchenlein“? )

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Klingt eher nach einem Fohlen kurz nach der Geburt. :


Das Diminutiv von Fohlen lautet Fohlchen, wobei Fohlen ja (m.E. selbst von einem ahd. Diminutiv abgeleitet) schon das (kleine) Jungtier bezeichnet. Derlei scheint aber z.B. auch bei Babylein kaum jemanden zu stören.


Die formale Regel für Historie, Folie & Co könnte also jenseits der Frage der Akzeptanz folgendermaßen lauten: Endet das weibl. Nomen auf -ie und wird dieses Suffix „-je“ (die korrekte Darstellung in Lautschrift funktioniert hier nicht) ausgesprochen, bildet man das Diminutiv unter Abspaltung desselben auf -chen, wobei es zur Umlautung eines Stammsilbenvokals kommen kann. Historie - Histörchen, Folie - Fölchen, Pinie - Pinchen, Kastanie - Kastanchen, Prämie - Prämchen usf.


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