„omnes“ formal als Subjet zu betrachten ist oder eher (das ist meine Auffassung) als Prädikativum zum m. E. nur in der Verbendung steckenden Subjekt anzusehen ist.
Das ist, meiner Meinung nach, hier so nicht eindeutig, omnes könnte hier doch auch das Subjekt des Hauptsatzes sein und somit heißen: „Wir alle wissen,...“, oder?
Divio hat „omnes“ nicht in den AcI hineingezogen, denn
„<a.c.i.> omnes scimus.“
soll ja wohl bedeuten: „omnes scimus plus a.c.i.“
„omnes scimus [+ a.a.i.]“ muß daher bedeuten: „Wir alle wissen, daß ...“
Damit ist Divios Frage nach der Funktion von „omnes“ freilich noch nicht beantwortet.
M.E. ist es nicht Subjekt; dieses steckt vielmehr in „scimus“ - ohne „scimus“ wüßten wir nämlich nicht, wer alles weiß: wir alle, ihr alle oder sie alle.
Man könnte es vllt. Subjektsergänzung oder S-konkretisierung nennen.
Sicher gibt es einen Term. techn. dafür.
Ich kenne ihn leider nicht. Da müssen die Profis ran.
Graeculus und Viator haben es erfaßt! ;-)
Gratias!
Ich halte es mit Graeculus, denn auch in einem Satz wie „Marcus primus in forum venit.“ nennen wir ja „primus“ prädikativ bzw. Prädikativum, obwohl es in Kongruenz zum Subjekt steht.
„als alle“ (also in der Grundübersetzung des Prädikativums mit „als ...“) macht natürlich in meinem Beispielsatz keinen Sinn... Subjektskonkretisierung beschreibt damit ganz gut den faktischen Charakter in meinem Beispiel.
Ich würde auch behaupten, omnes darf nur als Subjekt interpretiert werden, wenn das kongruierende Verb in der 3. Pl. steht, also im eindeutigen omnes sciunt. Sobald man nos mit verstehen muss ist das omnes zum ausdeutenden Beiwerk degradiert, nichts anderes ist ja ein Prädikativum.
Re: Syntaxfrage
Kuli am 2.4.17 um 16:40 Uhr, überarbeitet am 2.4.17 um 16:41 Uhr (Zitieren) II
Wie man omnes im vorliegenden Satz als Prädikativum auffassen kann, ist mir ein Rätsel. Auch Phantasietermini, wie „Subjektskonkretisierung“, bringen mir hierbei keine Erhellung.
Nehmen wir beispielsweise den Satz „Omnes homines errant“, auf Deutsch entspräche dem: „Alle Menschen irren.“ Hier erkennt jeder, dass omnes ein attributives Adjektiv ist zu homines ist und als solches zum Subjekt gehört. Durch Substantivierung von omnes, lässt sich der Satz verkürzen zu „Omnes errant“ - „Alle irren.“ Man käme hier wohl kaum auf die Idee, anzunehmen, dass omnes stattdessen ein adjektivisches Attribut (oder gar ein Prädikativum) zu einem impliziten Subjekt von errant wäre. Das Subjekt ist ja durch omnes explizit: omnes ist das Subjekt, genau wie im deutschen Äquivalent „alle“ das Subjekt ist.
Nun sollte uns der Umstand, dass im Deutschen bei der ersten und zweiten Person - von Imperativsätzen abgesehen - die Setzung des Personalpronomens obligatorisch ist, nicht dazu verführen, daraus einen Einfluss auf die lateinische Grammatik abzuleiten. Der Satz „Omnes erramus“ verhält sich nicht anders als der Satz „Omnes errant.“ Ein implizites Subjekt ist nicht vorhanden, da es ein explizites Subjekt gibt.
Da gibt es nur ein Problem...: „omnēs“ und „-mus“ sind nicht deckungsgleich! Allenfalls (deshalb gefällt mir das mit der „Subjektkonkretisierung“ gar nicht so schlecht) spezifziert bzw. betont oder verstärkt „omnēs“ das Subjekt. Ich glaube aber immer noch, daß „omnēs“ selbst nicht Subjekt ist bzw. sein kann. Zur Not muß mal der Kühner/Stegmann oder der Leumann/Hofmann/Szanty ran... ;-)
Omnes erramus - omnes erratis - omnes errant: Wer sich hier irrt, also das Subjekt des Irrtums, steckt doch nur in der Verbform, oder?
Ich kann Kuli nicht folgen.
Re: Syntaxfrage
Kuli am 2.4.17 um 20:39 Uhr, überarbeitet am 6.4.17 um 21:36 Uhr (Zitieren) I
Du meinst, es gebe keine Kongruenz zwischen omnes und dem Verb in der 1. Person Plural? Dem ist zu entgegnen, dass die einzige grammatische Kategorie, die finites Verb und Nomen gemein haben, die des Numerus ist. Und darin sind sie ja kongruent.
Hofmann-Szantyr § 217, Zusätze α: „Subjektswort zu einer Verbalform der 1. und 2. Personen kann außer dem Personalpron. auch ein indefinites Pron. oder ein Subst. sein; diese sind ursprünglich Appositionen zu der im Verbum enthaltenen Person [...]. Vgl. z. B. Cic. Verr. II 5, 68 lautumias Syracusanas omnes audistis, plerique nostis ...“
Das Subjekt des Irrtums ist in allen drei Fällen omnes. Die Person ist zunächst Kategorie des finiten Verbs.
Nur allzuoft. Ob auch hier? Ich habe eine Vermutung darüber, was du mit deinem Beitrag exemplifizieren möchtest, aber gegenüber einer von mir bloß vermuteten Auffassung kann ich nicht Stellung beziehen. Ein wenig mehr Deutlichkeit deinerseits wäre also wünschenswert.
Gut, vielleicht fehlt mir tatsächlich ein wenig das... – tja, sagen wir mal: Abstraktionsvermögen, das im Deutschen unabdingbare „wir“ im lateinischen Satz auszublenden.
Ein interessantes Gedankenspiel wäre es dann aber, sich das „nos“ noch dazu vorzustellen (was ja beileibe nicht ausgeschlossen wäre):
„Nos omnes scimus/erramus...“
Schlagartig verlöre das „omnes“ seine von Kuli postulierte Subjektsfunktion. Es wäre dann wohl am ehesten ein Attribut zu „omnes“.
Deshalb gefällt mir in dem Satz OHNE „nos“ die Sache mit der Subjektkonkretisierung immer noch sehr gut.
Wenn man nämlich – mit der klassischen Frage nach dem Subjekt – fragt: „Wer weiß es?“, ist die Antwort ja nun gerade NICHT „alle“ (das wäre eine unzulässige Verbreiterung des Inhalts „wir alle“!), sondern eben wir (und zur Verstärkung bzw. „Konkretisierung“ wird noch darauf abgehoben, daß es die Gesamtheit einer bestimmten Gruppe betrifft).
Und die Hofmann-Szantyrsche Formulierung „Apposition[en] zu der im Verbum enthaltenen Person“ ist ja nun nicht so weit weg von „Subjektskonkretisierung“! ;-)
Mist...:
Hier der letzte Absatz noch mal korrekt:
Wenn man nämlich – mit der klassischen Frage nach dem Subjekt – fragt: „Wer weiß es?“, ist die Antwort ja nun gerade NICHT „alle“ (das wäre eine unzulässige Verbreiterung des Inhalts „wir alle“!), sondern eben „wir“ (i. e. -mus) (und zur Verstärkung bzw. „Konkretisierung“ wird noch darauf abgehoben, daß es die Gesamtheit einer bestimmten Gruppe betrifft).
Und die Hofmann-Szantyrsche Formulierung „Apposition[en] zu der im Verbum enthaltenen Person“ ist ja nun nicht soooo weit weg von „Subjektskonkretisierung“! ;-)
Ja, hier ist omnes ein Attribut im weiteren Sinne, genauer gesagt, eine Apposition, aber als Apposition zum Subjekt nos omnes gehörend. Apposition bzw. Attribut werden gewöhnlich nicht als Satzglieder, sondern nur als Satzgliedteile angesehen.
Die inhaltliche Interpretation eines Wortes ist nicht gleichzusetzen mit dessen Funktion im Satz.
Ich denke, das ist der Grund, weshalb du die von mir vertretene Auffassung nicht nachvollziehen kannst. Du nimmst die Bestimmung der Satzglieder nicht an der lateinischen Vorlage vor, sondern an der deutschen Übersetzung des Satzes und versuchst dann, die für die deutsche Übersetzung ermittelten Satzglieder auf das Original zu übertragen. Notwendigerweise ergeben sich bei dieser Vorgehensweise Unstimmigkeiten, wenn die eine Sprache eine Pro-Drop-Sprache ist und die andere nicht. Vielleicht kannst du dich leichter mit meiner Sichtweise anfreunden, wenn du die Satzgliedanalyse an einem Imperativsatz, wie „Hört mal alle her!“ oder lat. Fugite omnes, abite et de via decedite (Pl. Cur. 281), durchführst, bei dem ja auch im Deutschen das Personalpronomen fehlt.
Re: Syntaxfrage
filix am 5.4.17 um 13:18 Uhr, überarbeitet am 6.4.17 um 11:23 Uhr (Zitieren)
Die Abbildungsverhältnisse zwischen semantischer Rolle und syntaktischer Funktion sind aber doch nicht beliebig.
Ein Subjektbegriff, der zulässt, dass ein sprachliches Element die Subjektposition ausfüllen kann, um einen grammatisch vollständigen Satz zu bilden, dabei aber nicht die den intendierten Sinn vermittelnde Information über den Experiencer von „scire“/„wissen“ bereitstellt, befriedigt mich nicht, liegt hier doch aktive Diathese vor.
Im Dt. wie im Lat. wird der Experiencer in diesem Fall (d.h. bei diesem kognitiven Verb im Aktiv) jedoch über die Subjektposition spezifiziert. Dass „omnes“/„alle“ dies nicht alleine leisten kann, reflektiert Divios Test mit der klassischen Frage nach dem Subjekt. „Alle/omnes [X]” gibt als Antwort eben nicht den gemeinten Experiencer des im Verb ausgedrückten kognitiven Zustandes aus. Der ist nämlich “wir (alle)„ und nicht “Alle [die zusätzlich noch „wir“ sind]„. Wie man es dreht oder wendet, die den Experiencer betreffende Information “wir„ bzw. “[nos]„ kann nicht aus einer von “alle„ bzw. “omnes„ allein besetzten Subjektposition kommen. “Wir„ verhält sich ja nicht als - sagen wir - adjektivische Bestimmmung zum vermeintlichen Subjekt “alle„ (“Alle, die die Eigenschaft „wir“ haben").
Die Schwierigkeit, im Lat. einen Eliminationstest in derselben Weise wie im Dt. einzusetzen, um die Rolle von „omnes“ in diesem Zusammenspiel von syntaktischer und semantischer Funktion zur Vermittlung des gewünschten Sinns zu erweisen, liegt allerdings daran, dass das Lat. eine Pro-Drop-Sprache ist.
Bei der kann nämlich, folgt man dieser Betrachtungsweise, ein [pro] die Subjektposition besetzen - die Streichung von „omnes“ unterminiert die syntaktische Integrität und besagtes Zusammenspiel in der Sinnproduktion aber ebenso wenig wie die von „alle“ im dt. Pendant. Zurück bleibt ein grammatischer Satz, der über die Flexionsendung ausreichende Information über den gemeinten Experiencer liefert.
Hier nun zu behaupten, das liege dran, dass das [pro] erst nach der Streichung die frei gewordene Position einnehme, beseitigt das dargestellte Problem m.E. nicht.
Es ist auch bezeichnend, dass die mir untergekommenen Beispiele aus der Literatur (Cicero/Livius - https://tinyurl.com/k2frav6), die zu dem diskutierten Aussagesinn passen, „omnes“ hinter das Verb stellen, als würde die eindeutige Vermittlung des Experiencers einen über die unübliche Wortstellung erwirkten Vorrang vor der Zusatzinformation genießen, wohingegen es z.B. bei „omnes sciunt“, welche Reihenfolge denn auch in Texten auftaucht, zu derlei Schwierigkeiten ja nicht kommt.
Der Begriff „Subjektkonkretisierung“ scheint indes davon unabhängig kaum geeignet, das Verhältnis von „omnes“/„alle“ und Experiencer treffend zu beschreiben. Ich halte eine Analyse der Wortart (im Dt. Indefinitum mit adjektivischer Flexion, aber vom Zahladjektiv zu unterscheiden) und seiner verschiedenen quantifizierenden Bedeutungen mit Blick auf den kollektiven Experiencer für lohnender, um zu verstehen, wie hier für die Dauer bzw. Geltung des kognitiven Zustands strenge Ausnahmslosigkeit für die Mitglieder dieses Kollektivs prädiziert wird. Ich vermute darin auch die Quelle(n) des Unbehagens mit der Kennzeichnung als Prädikativum.
Es hätte mich gewundert, wenn sich irgendwelche grammatischen regeln dermaßen weit von der Logik entfernt hätten, daß nämlich die Information darüber, wer etwas tut o.ä., in diesem Falle im Verb steckt.
Re: Syntaxfrage
filix am 5.4.17 um 14:43 Uhr, überarbeitet am 5.4.17 um 14:47 Uhr (Zitieren)
Nun ja, es gibt jede Menge vollständiger Sätze, in der es grammatische Subjekte gibt, die aber keine Information über Agens & Co. bereitstellen.
„Ein Kind wird geschlagen.“
„Es schneit.“
Die Argumentation beschränkt sich also auf die aktive Diathese bei diesem speziellen Verb.
...und solche ohne Subjekt oder Agens
„nur im Winter wird geheizt“.
Mein obiger Einwand (22.55) bezog sich auf die Beobachtung, dass - anders als in Kulis Argumentation - in den Sätzen amo;amas; amat ja eine jeweils differente semantische bzw. Kommunikationsstruktur vorliegt.
Der Satz omnes sciunt gibt anders als der Ausgangssatz in der 1.Pl. ohne Kontext keine klare Auskunft darüber, wer Subjekt ist: Es könnten die omnes sein = alle wissen (wobei ich nicht sicher bin, dass dies eine übliche Ausdrucksweise wäre), es könnte aber auch eine vorher genannte Personengruppe sein: sie alle wissen.
Im übrigen ist filixens wie immer luciden Ausführungen nichts hinzuzufügen.
Ich habe nichts gesagt oder gemeint über Sätze ohne Angaben zum Subjekt. sondern nur darüber, daß bei der Wahl zwischen „omnes“ und „scimus“ als Subjekt die Wahl logischerweise auf „scimus“ fallen muß, weil „omnes“ eben in dieser Hinsicht nicht eindeutig ist, sondern auf mehrere mögliche Subjekte bezogen werden kann.
Wenn ich die Person in den in Rede stehenden lateinischen Beispielsätzen lediglich als verbale Kategorie verstanden wissen wollte, sollte das nicht heißen, dass das Prädikat hier eine Information über das Subjekt selbst beinhaltete, sondern vielmehr, dass darin eine Relation des Sprechers bzw. des Angesprochenen zum Subjekt ausgedrückt werde.
Inwiefern nun die Annahme, durch omnes sei in den Beispielen das Subjekt vollständig bezeichnet und die Markierung, durch die der Sprecher sich bzw. den (die) Angesprochenen als darin miteinbegriffen auszeichnet, müsse nicht zusätzlich zur Personalendung am Prädikat auch am Subjekt realisiert oder gedanklich ergänzt werden, den Regeln der Logik zuwiderläuft, wie Graeculus meint, vermag ich deshalb nicht zu erkennen.
Freilich ist die Menge der Personen, auf die sich omnes erstreckt, nur aus dem Kontext zu ermitteln; arbiter hat darauf hingewiesen. Er unterliegt allerdings der irrigen Annahme, es ergäbe sich hierbei in Abhängigkeit von der Kategorie der Person entweder eine eindeutige Abbildung der durch das Subjekt bezeichneten Menge von Personen oder nicht. Indessen ist auch bei einem Satz, der ein Subjekt der 1. Person Plural enthält, die Menge derer, die es bezeichnet, kontextabhängig. Wenn etwa ein Pfarrer seiner Gemeinde predigt: „Wir müssen alle sterben“, ist das Wir augenscheinlich weiter gefasst, als wenn ein Matrose auf einem sinkenden Schiff denselben Satz ausruft. Zudem kann die 1. Person Plural den (die) Angesprochenen einschließen oder ausschließen.
Die Satzgliedanalyse wird also das Subjekt zunächst nur hinsichtlich seiner Funktion im Satz bestimmen, nicht hinsichtlich der Menge von Personen, die der Sprecher damit bezeichnet, interpretieren.
In Betracht zu ziehen wäre hier der oben aus dem Hofmann-Szantyr übernommene Beispielsatz (Cic. Verr. II 5, 68) lautumias Syracusanas omnes audistis, plerique nostis, bei dem omnes und plerique vor dem Prädikat stehen. Ich erkenne allerdings die Stichhaltigkeit deines Einwandes (zumal sich bei Cicero drei weitere Stellen mit der Wortfolge scitis omnes finden).
Re: Syntaxfrage
filix am 6.4.17 um 23:30 Uhr, überarbeitet am 7.4.17 um 11:25 Uhr (Zitieren)
In Sätzen, die mit dem Verb „wissen“ bzw. „scire“ im Aktiv gebildet werden, fällt es, so mein zentraler Einwand, der die schon vorher gebrachten Zweifel begrifflich zwischen Semantik und Syntax zu fassen sucht, dem sprachlichen Element auf der Subjektposition zu, uns darüber zu informieren, wer der Experiencer des ausgedrückten kognitiven Vorgangs ist - mit anderen Worten: von wem gesagt wird, dass er der Wissende sei.
Nichts anderes erfragt die klassische Frage nach dem Subjekt in unserem Fall: Wer weiß?/Quis scit? Antwort: Wir (alle) - [nos](omnes). Nicht: Alle - omnes. Dass sie das nicht stets tut, also nicht immer über das Subjekt auch Agens, Experiencer & Co mitgeteilt werden, dürfte aus den Beispielen oben deutlich geworden sein.
Wer das sagt, ist ein anderes Kapitel - das Inklusionsverhältnis bei der Rede in der ersten Person Plural, das es mit sich bringt, dass der Sprecher sich in die Adressierung einschließt, ist in dieser Rücksicht kein Teil des vorliegenden Problems. Ebenso wenig ist es der Mangel näherer Bestimmung des „wir“ in quantitativer und qualitativer Hinsicht - ob es sich bei den so Adressierten beispielsweise um die zahllosen Angehörigen der Sekte des Phönix oder die zwei einzigen Mitglieder des Geierzüchtervereins Bayreuth handelt usf., lässt sich dem dürftigen Satz natürlich nicht entnehmen. Keines seiner Elemente gibt uns darüber Auskunft.
Kurzum: Ich kann nach wie vor nicht erkennen, wie „omnes“ als alleiniger Besetzer der Subjektposition diese Information über den Experiencer liefern soll.
Ich denke, dass deine Sichtweise bei anderen Quantoren als dem All-Operator an ihre Grenzen stößt. Wollte man etwa in dem Satz lautumias Syracusanas omnes audistis, plerique nostis die von dir für unabdingbar erachtete Information über die Person beim Subjekt von nostis ergänzen, hätte ein Gen. part. zu stehen. Ein pro kann also nicht angesetzt werden. Die Übertragung ins Deutsche muss sich hier ohnehin von der Syntax der Vorlage entfernen.
Vereinfacht gesagt, ohne Schnickschnack, sehe ich omnes als eine Art Platzhalter für laboramus. Wir arbeiten [wer wir?, alle, dh. alle, die im wir eingeschlossen sind]
Prinzipiell ja. Man könnte dafür auch zu zweit einsetzen: Wir arbeiten [zu zweit] im Garten.
Im Prinzip wird durch diesen Platzhalter bestimmt, wer bei diesem „wir“ beteiligt ist.
Ich muß natürlich gestehen, dass ich jetzt post-Dienst, wie es bei uns im KH heißt, wenn man nachts Bereitschaftsdienst hatte, nicht alles durchgelesen habe.. ;-)
Kleine Beispiele, außer Diagnosen (in Ö):
OA Dr..... vidit [schreibt man z.B. im Befund, wenn ein OA, ein Rö-Bild zusätzlich gesehen hat.]
fecit Dr. ....Beispiel: ich mache eine Ultraschalluntersuchung, dann im Kurzbefund: fecit Dr...
;-)
Auch als Tattoo unter einer Operationsnarbe geeignet. Am besten sofort vom Operateur postoperativ selbst gestochen. :)
Re: Syntaxfrage
filix am 7.4.17 um 11:30 Uhr, überarbeitet am 7.4.17 um 11:32 Uhr (Zitieren)
Die Antwort ist dieselbe, die du schon oben für den ursprünglichen Satz gegeben hast.
Das ist sehr viel Schnickschnack ohne besonderen Erkenntniswert. Was für ein Platz wird denn gehalten? Heißt das nun, dass Verben eigentlich Subjekte sind? Nach welchen Regeln wird gewechselt? Wer bleibt von „wir“ übrig, wenn „alle“ ausgeschlossen werden, die in ihm eingeschlossen sind (Höhere Koangrammatik)? Wie passt das alles zu den von Divio aufgeworfenen Fragen?
Wenn, dann schon bitte vollständiger Vor-und Zuname, Adresse und Geburtsdatum, damit man garantiert den richtigen Arzt verklagen kann, wenn was schiefgelaufen ist. :)
PS:
Adresse besser nicht. Die kann sich jederzeit ändern und das Tattoo müsste überarbeitet werden, was bekanntlich nicht unproblematisch ist.
Tempora mutantur et domicilia in illis.
Re: Syntaxfrage
filix am 7.4.17 um 12:20 Uhr, überarbeitet am 7.4.17 um 23:29 Uhr (Zitieren)
Auch bei „audire“ und „novisse“ vermittelt im Aktiv das grammatische Subjekt die Information über den Experiencer. Von diesem Erfordernis an ein sprachliches Element, das die Subjektposition in einem mit diesen Verben gebildeten Satz im Aktiv einnimmt, abzurücken, sehe ich keinen Grund. Nicht anders als in dem ursprünglich diskutierten Fall liefert die klassische Subjektfrage die befriedigende Antwort. Aus der Pro-Drop-Perspektive betrachtet könnte man [pro], plerique [?pro?], nostis (für „vos, plerique vestrum, nostis“) ansetzen - es ist doch mehr die Verquickung des zweifachen Pro-Drop-Aspekts mit der appositiven Struktur in dem Fall, die irritiert und im Dt. nicht einmal ein schwaches Pendant besitzt. Wir akzeptieren bestenfalls „Ihr, die meisten wenigstens, wisst ganz genau, dass ...“.
Dass darin jede Menge weiterer Probleme (e.g. Wie ist die Beziehung der beiden [pro] und der Flexionsendung im Unterschied zu „plerique vestrum noverunt“ zu denken?) stecken, ist offensichtlich.
Re: Syntaxfrage
Kuli am 7.4.17 um 21:02 Uhr, überarbeitet am 8.4.17 um 8:06 Uhr (Zitieren)
Da pro auf den Nominativ festgelegt ist, käme das wohl eher nicht infrage.
Die ehrliche Antwort müsste wohl „Ich weiß es nicht“ lauten. Wenn das autoritative Lehrer-Schüler-Verhältnis solche Offenheit nicht zulässt und es in erster Linie darum geht, eine lästige Frage vom Tisch zu wischen, ist es wahrscheinlich das Bequemste, sich der Antwort anzuschließen, die ein Standardwerk wie die Lateinische Syntax und Stilistik von Hofmann/Szantyr gibt (darin wird, wie gesagt, omnes als Subjekt betrachtet). Das birgt den Vorteil, dass man die Antwort nicht selbst verantworten muss und sich zudem viel Grübelei erspart.
Da ich kein Lehrer bin, brauche ich diese Frage auch nicht zu beantworten. Ich habe gelernt, wie schwierig Grammatik sein kann, danke.
Re: Syntaxfrage
filix am 7.4.17 um 23:25 Uhr, überarbeitet am 7.4.17 um 23:37 Uhr (Zitieren)
Ja, terminologisch unpräzise, aber Pro-Drop-Phänomene betreffen ja nicht nur das Subjekt (und sind nicht auf einen Kasus beschränkt). In der Lit. heißt es denn auch z.B. Object Pro Drop und object pro (auch für das Lat. diskutiert).
Offenbar kann das Lat. den partitiven Genitiv eines Pronomens in dieser speziellen Konstellation auslassen und über die Flexionsendung die notwendige Information bereitstellen.