Latein Wörterbuch - Forum
Stört euch etwas in der lateinischen Sprache? — 702 Aufrufe
Iuvarus am 16.6.18 um 23:49 Uhr (Zitieren)
Gibt es etwas, was euch an der lateinischen Sprache, ihrer Grammatik und dem Wortschaft, nicht so gefällt?

Ich will es aktuell lernen und mir sind bisher drei kritikfähige Punkte eingefallen:

1. Latein scheint keine Komposita zu kennen (z.B. sowas wie [Sing][vogel] oder [Computer][maus]). Stattdessen verwendet man Adjektive, Kasus-Beziehungen oder selten Präpositionen, um Begriffe für etwas zu bilden, das den Inhalt mehrerer etablierter Substantive verbindet (etwa „singender Vogel“ oder „Maus des Computers“). Das finde ich etwas unelegant und ungenau. Dadurch wird es auch schwer, Eigennamen oder neue Begriffe zu bilden, etwa für erfundene Figuren und Elemente.

2. Das Genus-System wirkt auf mich, zumindest teilweise, ein kleines bischen sexistisch. Die Beschränkung auf die zwei biologischen Standardgeschlechter (maskulin, feminin) sowie die neutrale Kategorie, lässt andere geschlechtliche Eigenschaften und Identitäten außen vor. Außerdem wird in gemischten Gruppen oder wenn das Geschlecht nicht thematisiert wird, immer die maskuline Form verwendet.

3. Oft sind verschiedene Kombinationen aus Genus, Numerus und Kasus identisch. So sind Nominativ Plural und Genitiv Singular in der a- und o-Deklination immer gleich (die Endung lautet -ae bzw. -i). Dadurch kann die Bedeutung oft unklar sein, wenn sie sich nicht aus dem Kontext ergibt.

4. Ferner gibt es natürlich das Problem, das Wörter für moderne Erfindungen, Konzepte etc. oft fehlen.

Selbstverständlich haben, zumindest die ersten drei, Eigenschaften auch Vorteile und es gibt gute nachvollziehbare Gründe, warum sie sich herausgebildet haben bzw. im vierten Falle ist es logisch, dass es so ist, und ich weiß auch, dass sich die Qualität einer Sprache nicht objektiv messen lässt und ich kann schlussendlich alles tolerieren.
Re: Stört euch etwas in der lateinischen Sprache?
EXPERTVSDICO am 17.6.18 um 7:31 Uhr (Zitieren)
Warum willst du Latein überhaupt lernen, wenn dich schon unabänderliche Eigentümlichkeiten dieser Sprache zu stören scheinen?
Der Lernaufwand ist beträchtlich, wenn du langfristig etwas von der Sprache haben willst.
Andererseits ist die Auseinandersetzung mit dieser „toten Sprache“ eine sehr reizvolle intellektuelle
Herausforderung, bei der man viel lernen kann auch und gerade über die eigene Muttersprache. Latein schärft das Sprachbewusstsein.
Für den, der sich die nötige Zeit nimmt, mit Interesse am Ball bleibt und nicht gleich hinschmeißt, wenn’s ans Eingemachte geht, ist Latein eine große geistige Bereicherung, auch wenn der praktische Nutzen eher gering ist.
Re: Stört euch etwas in der lateinischen Sprache?
Jonathan am 17.6.18 um 9:11 Uhr, überarbeitet am 17.6.18 um 9:18 Uhr (Zitieren)
Ich bin Lateinlehrer und werde von meinen Schülern oft gefragt, warum die Römer bei dem einen oder anderen Grammatikalischen Phänomen „so kompliziert“ oder „so komisch“ denken. In den meisten Fällen reicht es, einen deutschen Spiegel vorzuhalten oder gleich aus der Muttersprache heraus die Methodik und Didaktik für den neuen Inhalt zu entwickleln.

1. Zu behaupten, Latein kenne keine Komposita, ist schon falsch. Lucifer und opponere sind zwei Gegenbeweise. Auch reine Substantive haben die Lateiner kombiniert: aquaeductus, auspex, parricida, artifex, iudex, causidicus, agricola, tubicen.
Davon abgesehen ist der Vorteil nur gering. Die Vaterliebe ist z.B. doppeldeutig (vgl. Gen. obj. und subj.). Während die Liebe des Vaters eindeutig ist. Also was ist hier eleganter? Aber zugegeben: amor patris ist auch zweideutig.

2. Das ist ja sowieso schon eine Debatte in Deutschland. Man denke nur an den Straßenbahnfahrer, der auch weiblich sein kann und trotzdem ein Fahrer bleibt. Oder das im Alltagsgebrauch fehlende Wort „Putzmann“.

3. „Die Frau jagt die Katze.“ Wer hier wen jagd, ist nur durch den Inhalt erkennbar. Das Argument der Wortstellung hinkt übrigens. Denn:
„Den Mann jagt der Hund, die Frau jagt die Katze.“

4. Das Lexicon recentis Latinitatis beweist das Gegenteil.
Re: Stört euch etwas in der lateinischen Sprache?
Marcus am 17.6.18 um 12:13 Uhr (Zitieren)
Das Lexicon recentis Latinitatis scheint aber wohl eher ein schlechter Scherz zu sein als eine nützliche Hilfe, moderne Wörter auszudrücken. Entweder sind die vorgeschlagenen Bezeichnungen so lange, wie ein Satz, was in jeder Hinsicht ein Hindernis darstellt, oder sie scheinen Bastarde aus Italienisch und Altgriechisch etc. zu sein, die einfach lächerlich sind, da sie weniger wie Latein klingen und ebenso gut durch das entsprechende englische Wort ausgedrückt werden könnten, an das man einfach ein -us oder -a anhängt.
 
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Ich bin Lateinlehrer und werde von meinen Schülern oft gefragt, warum die Römer bei dem einen oder anderen Grammatikalischen Phänomen „so kompliziert“ oder „so komisch“ denken. In den meisten Fällen reicht es, einen deutschen Spiegel vorzuhalten oder gleich aus der Muttersprache heraus die Methodik und Didaktik für den neuen Inhalt zu entwickleln.

1. Zu behaupten, Latein kenne keine Komposita, ist schon falsch. Lucifer und opponere sind zwei Gegenbeweise. Auch reine Substantive haben die Lateiner kombiniert: aquaeductus, auspex, parricida, artifex, iudex, causidicus, agricola, tubicen.
Davon abgesehen ist der Vorteil nur gering. Die Vaterliebe ist z.B. doppeldeutig (vgl. Gen. obj. und subj.). Während die Liebe des Vaters eindeutig ist. Also was ist hier eleganter? Aber zugegeben: amor patris ist auch zweideutig.

2. Das ist ja sowieso schon eine Debatte in Deutschland. Man denke nur an den Straßenbahnfahrer, der auch weiblich sein kann und trotzdem ein Fahrer bleibt. Oder das im Alltagsgebrauch fehlende Wort „Putzmann“.

3. „Die Frau jagt die Katze.“ Wer hier wen jagd, ist nur durch den Inhalt erkennbar. Das Argument der Wortstellung hinkt übrigens. Denn:
„Den Mann jagt der Hund, die Frau jagt die Katze.“

4. Das Lexicon recentis Latinitatis beweist das Gegenteil.
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