Donec heißt also solange BIS und eben nicht: solange (wenn, als), das ist meine Frage.
Also wörtlich:
Solange BIS du Freunde hast, bist du glücklich.
Aber: erklärn kann man das nicht...
Stimmt:
Solange bis du glücklich bist (sein wirst), zählst du viele Freunde (wirst ... zählen).
gemeint ist doch wohl aber:
Quamdiu eris felix, multos amicos numerabis.
Könnte man, aber gemeint ist ganz klar:
Donec eris felix, multos numerabis amicos
[Tempora si fuerint nubila, solus eris].
„Solange du glücklich bist, wirst du genug Freunde zählen. (Wenn die Zeiten umwölkt sein werden, wirst du allein sein.)“: Ovid: Tristes, I, 9, 5
(-> http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_lateinischer_Phrasen/D)
In den meisten Grammatiken werden „dum, dônec, quoad“ im Prinzip nicht unterschieden, nur dum (während) wird klar abgegrenzt, ähnlich wie bei: iterum und denuo/rursus.
Donec hat jedenfalls die Grundbedeutung BIS (schließlich, vgl. denique):
Donec fiam ebrius, multa numerabis dolia.
„donec“ als „während“ kennt der Georges nicht.
Aber in der Tat macht der Zusammenhang mit der zweiten Zeile des Ovid-Zitates klar, daß meine ursprüngliche Vermutung in die Irre ging.
„Donec eris felix, multos numerabis amicos. Tempora si fuerint nubila, solus eris.“
Ich habe mir viele Übersetzungen angeschaut und jeder übersetzt „fuerint“, 3 Pers. Pl. Futur II mit dem normalen Futur. Das verwirrt mich. Wofür gibt es dann das Futur 2, wenn es jeder mit dem Futur 1 übersetzt?
Die Übersetzungen lauten ungefähr so:
Solange Du glücklich bist, wirst Du viele Freunde haben. Wenn die Zeiten bewölkt sein werden, wirst Du allein sein.
Meine Übersetzung würde so lauten:
Solange du glücklich sein wirst, wirst du viele Freunde zählen. Wenn die Zeiten bewölkt gewesen sein werden, wirst du alleine sein.
Abgesehen davon, dass das keiner mit Futur 2 übersetzt, warum verwendet Ovid diese Zeitform dann überhaupt?
Zur Verwendung vom Futur 2:
„Das Futur II (vollendete Zukunftsform) bezeichnet ein Geschehen, das in der Zukunft als bereits abgeschlossen angesehen wird.“
Überlegung:
Wenn bewölkte Zeiten bereits abgeschlossen sind / hinter einem liegen, wird man dann immer noch alleine sein? Ich denke eher, während man sich in einer unglücklichen Zeit befindet, wird man alleine sein. Also Gleichzeitigkeit.
Müsste fuerint dann nicht auch im Futur I stehen, wegen der Gleichzeitigkeit?
„Donec eris felix, multos numerabis amicos. Tempora si erunt nubila, solus eris.“
Oder benutzt Ovid „fuerint“ einfach weil es cooler klingt und ein Dichter ja alles machen darf mit der Grammatik?