Also grundsätzlich gibt es zwei „Verwendungsmöglichkeiten“ für das Partizip Perfekt Passiv (PPP).
1. In Verbindung mit einer Form von esse, z.B. „servatus sum/eram“, was einfach eine normale Passivform im Perfekt/Plusquamperfekt darstellt: „Ich bin/war gerettet worden.“ Im Deutschen ist es übrigens ähnlich: Partizip Perfekt + Form von „sein“ (+ Personalpronomen).
Siehe hierzu auch:
http://albertmartin.de/latein/grammatik/doku.php/passiv
2. Als Teil einer grammatikalischen Konstruktion, also PC (Participium coniunctum) bzw. Ablativus absolutus. Das PPP hat dann ein Bezugswort, mit dem es in Fall(Kasus), Anzahl(Numerus) und Geschlecht(Genus) übereinstimmt (=KNG-Kongruenz).
Das Ganze sieht dann z.B. so aus: „urbs expugnata“ oder „amicus conventus“. Dafür gibt es dann verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten: Entweder wörtlich „die eroberte Stadt“, mit Relativsatz „die Stadt, die erobert worden war“ oder mit Adverbialsatz (normalerweise Temporalsatz, Kausalsatz, Konzessivsatz oder Modalsatz) „Nachdem/Weil/Obwohl/Indem die Stadt erobert worden ist“. Je nachdem, welche Art von Adverbialsatz man verwendet, spricht man dann von kausaler, temporaler, konzessiver oder modaler Sinnrichtung.
Außerdem kann man zwischen Unterordnung, Substantivierung und Beiordnung (=U-S-B; Eselsbrücke: „Für den PC braucht man USB.“) unterscheiden:
Unterordnung bedeutet, man ordnet einen Teilsatz unter einen anderen unter, der untergeordnete Satz wird als Nebensatz bezeichnet, kann also ein Adverbialsatz oder Relativsatz sein.
Substantivierung heißt, man macht aus dem Partizip ein Substantiv: „Nach/Wegen/Trotz der/Durch die Eroberung der Stadt“. Da hier eine Präposition (nach/wegen/trotz/durch) enthalten ist, spricht man dann hier auch von einem „Präpositionalausdruck“.
Beiordnung heißt, man ordnet den Teilsatz des PCs einem anderen Satz bei, bildet also einen Hauptsatz: „Die Stadt wurde erobert und (=ohne Sinnrichtung)/und dann/und deswegen/und trotzdem/und dadurch“
Übersetzt man ein PC mit einem Neben- oder Hauptsatz, macht das natürlich nur einen Sinn, wenn man auch einen anderen Satz dabei hat. Bsp.: „Urbs expugnata deleta erat“ --> „Nachdem die Stadt erobert worden war, wurde sie zerstört.“ Zu beachten ist hierbei, dass das Subjekt des PC immer auch das Subjekt des restlichen Satzes ist!
Das Ganze kann dann noch etwas „komplizierter“ werden, wenn noch ein wenig mehr dabei steht. Stehen zwischen Bezugswort und Partizip andere Wörter, so sind diese Teil des PC. Bsp.: „Urbs ab hostibus tres anni praeteriti expugnata deleta erat.“ --> „Nachdem die Stadt von den Feinden nach drei Jahren eingenommen worden war, wurde sie zerstört.“ Wer gut aufgepasst hat, hat sicherlich bemerkt, dass euch bei diesem Beispiel ein weiteres PC untergejubelt wurde: „tres anni praeteriti“, das ich mit einem Präpositionalausdruck mit temporaler Sinnrichtung als „nach (dem Vergehen von) drei Jahren“ übersetzt habe.
Ein wichtiges Stichwort noch: Zeitverhältnis. Das, was „im“ PC mit PPP geschieht, ist immer vorzeitig zu der restlichen Handlung, d.h. das, was „im“ PC geschieht, passiert VOR dem, was sonst noch passiert. Am obigen Beispiel: Die Stadt wurde erst erobert, dann zerstört. Das Zeitverhältnis sagt dann aber noch nichts über die Zeit an sich aus. Bsp.: „Urbs expugnata a novo rege imperabitur.“ --> „Nach der Eroberung der Stadt wird sie von einem neuen König regiert werden.“ Hier wird die Stadt erst noch irgendwann (zukünftig) erobert, aber trotzdem BEVOR ein neuer König herrscht.
Nur der Vollständigkeit halber: Das PC kann statt mit einem PPP auch mit einem PPA (Präsens Aktiv) oder einem PFA (Futur Aktiv) gebildet werden. Entsprechend ist dann das Zeitverhältnis beim PC mit PPA gleichzeitig, beim PC mit PFA nachzeitig.
Zum PC siehe auch:
http://albertmartin.de/latein/grammatik/doku.php/das_participium_coniunctum
Neben dem PC gibt es nun noch den Ablativus absolutus. Hierbei stehen Partizip und Bezugswort beide im Ablativ, werden dann aber als Nominativ übersetzt, und (lat. absolut = „losgelöst“) der Abl. Abs. ist insofern vom restlichen Satz losgelöst, dass sein Subjekt (das Bezugswort zum Partizip) NICHT Subjekt des restlichen Satzes ist. Bsp.: „Urbe expugnata tempestas erat.“ --> „Nachdem die Stadt erobert worden war, tobte ein Sturm (wörtlich „war ein Sturm“/„gab es einen Sturm“).“ Der Sturm ist das Subjekt des restlichen Satzes und hat mit der Stadt aus dem Abl. Abs., die NICHT Bestandteil des restlichen Satzes ist, nichts zu tun.
Daraus ergibt sich, dass die „wörtliche“ Übersetzungsmöglichkeit aus dem PC für den Abl. Abs. NICHT möglich ist: „Die eroberte Stadt war ein Sturm.“ --> Das ergibt keinen Sinn! „Die eroberte Stadt, es gab einen Sturm.“ --> „die eroberte Stadt“ ist kein vollständiger Satz!
Zum Abl. Abs. siehe auch:
http://albertmartin.de/latein/grammatik/doku.php/der_ablativus_absolutus
Nur der Vollständigkeit halber: Vom Abl. Abs. gibt es noch eine Sonderform, den nominalen Abl. Abs., der anstelle eines Partizips ein zweites Nomen/Substantiv enthält. Bsp.: „Cicerone auctore“ --> „Auf Veranlassung Ciceros“. Da er aber eben kein Partizip enthält, stellt er an sich auch keine Verwendungsmöglichkeit des PPP dar.
Vielleicht lässt sich auch hier noch etwas Nützliches (z.B. Infos zur Formenbildung) finden:
http://de.wikipedia.org/wiki/Grammatik_des_Lateinischen
mfg
weini