Empfehlung:
1. Formuliere eine Definition von Vergewaltigung (Grundentscheidung: im antiken oder im modernen Sinne?)
2. Sieh Dir einen konkreten überlieferten Fall an und prüfe, ob sie darauf paßt.
In jedem Falle wird man wohl von einer sexuellen Handlung gegen den deutlichen Willen des davon Betroffenen auszugehen haben.
Mir geht es eher darum, dass ich den Eindruck habe, dass Ovid die Vergewaltigung (sexuelles Handlung gegen den deutlichen Willen) etwas beschönigt in seinen Metamorphosen. Ich bin natürlich weder ein Ovid-Experte noch ein Antike-Experte, sondern wollte nur mal wissen, ob ich da mit meiner These völlig falsch liege oder was andere dazu meinen. Ich will Ovid ja nicht falsch verstehen oder zu Unrecht verurteilen.
Ich bezweifle, ob ein a) antiker und b) gläubiger Mensch im Zusammenhang mit einem Gott an Vergewaltigung denken konnte. Er wird sie - vermutlich - als tragisches Schicksal des Menschen angesehen haben.
Kannte die Antike überhaupt schon die Idee eines Selbstbestimmungsrechtes der Frau?
Wenn du so fragst, wohl eher nicht. Also meinst du, das ist eher aus unserer heutiger Sicht Anstoß erregend und in der Antike störte man sich nicht so daran?
Ziemlich sicher hat man sich in der Antike daran nicht gestört, sondern höchstens den potenten Gott und seine Schliche bewundert. Das gesamte kulturelle Umfeld war in einem Maße macho-mäßig, dass wir heute - gedanklich - wohl mindestens nach Afghanistan gehen müssten, um dergleichen nachvollziehen zu können.
Daß ‚man‘ sich in der Antike nicht daran störte, möchte ich nicht sagen - zumal es den antiken Menschen nicht gab. Es gab ja sogar Atheisten; und die christlichen Autoren haben den ‚Heiden‘ deren Ansichten über Götter oft genug um die Ohren gehauen.
Ich nehme freilich an, daß Ovid sich nicht daran gestört hat.
Wenn Du ihn deswegen verurteilen willst, solltest Du Dir zuerst bewußt machen, aus welcher Perspektive und mit welchem Maßstab Du ihn verurteilst.
Elisabeths Beitrag hatte ich bei meinem Schreiben noch nicht gelesen.
Ihrem ‚man‘ möchte ich widersprechen. Immerhin zeigt Aristophanes' „Lysistrata“ doch, daß einige, einzelne Männer sich durchaus in die traurige Lage von Frauen hineinversetzen konnten - selbst wenn Aristophanes dies in Form einer Komödie dargestellt hat. Es fällt dennoch ins Auge, wieviel Wahres er in dieser Manier sagt.
Verurteilen klingt vielleicht auch etwas hart, das ist nicht meine Absicht. Hätte es auch keinen Anstoß erregt, wenn es nicht ein Gott gewesen wäre?
Aber mal im Ernst, haben die Leute und Ovid geglaubt, dass diese Liebesgeschichte wahr sind?
Mit ziemlicher Sicherheit hat Ovid, der seine Leser ja unterhalten wollte, angenommen, daß auch sie sich an solchen Geschichten nicht stören würden.
Aber wer waren seine Leser?
Man weiß leider wenig darüber, wie Frauen in der Antike gedacht und empfunden haben, da die Texte fast immer von Männern geschrieben wurden.
Mir fällt gerade noch ein, dass ja auch Ovid in seinen Heroides durchaus aus Sicht der enttäuschten Frauen gesprochen hat, also kannte er wohl auch deren Sicht.
Es gab ja sogar, hört sich so an, als ob die Mehrheit dann wohl doch dran glaubte.
Natürlich kann man nichts zu 100 % sagen, aber eine ungefähre Einschätzung gibt es ja wohl, oder?
Die Atheisten bildeten sicher eine kleine Minderheit; aber auch ‚die Gläubigen‘ bildeten keine homogene Gruppe. Viele haben die tollsten Sachen von Göttern geglaubt, andere haben sich zum Standpunkt des Aischylos emporgearbeitet:
„iamque opus exegi, quod nec Iovis ira nec ignes/ nec poterit ferrum nec edax abolere vetustas...“
astruere volo: „fortasse nec omnium saeculorum desiderium respectu morum auctorem suum facere, quod nostrae aetati conversio cuiusdam “Ovide moralisé„ more rei publicae modernae ac iuris saecularis esse videtur“
neben dem von Graeculus gezeigten Aspekt des antiken Machismo kam es sicher auf die soziale Stellung bzw. das Klassenverhältnis der Beteiligten an; vgl. die Lucretia-Geschichte, die - wäre sie eine Sklavin oder auch nur ein namenloses Bauernmädchen gewesen - sicher gar nicht oder ganz anders erzählt worden wäre
Was bei Römern in aller Regel keinerlei Anstoß erregte, war der Umgang a) mit Feinden und b) mit Sklaven. Wenn ein römischer Bürger seine menschliche Kriegsbeute oder seine Sklavin (oft genug dasselbe) zum Sex zwang, war das keine Vergewaltigung wie in heutiger Vorstellung. Meinst Du, daß sich jemand darüber aufgeregt hätte?
Einen gewissen und oft sogar wirksamen Schutz bildete die Ehe: Die Ehefrau eines anderen, eines freien Bürgers jedenfalls, war tabu. Wurde dieses Tabu mißachtet, konnte man sich Diskriminierung zuziehen. Die Vergewaltigung einer Ehefrau war ein Verbrechen, das der Staat und der geschädigte Ehemann verfolgten.
War der Täter ein Gott, dann konnte der schlecht bestraft werden. Die Lage war tragisch.
Mit einem Selbstbestimmungsrecht von Frauen hatte all dies wenig zu tun - hier stand die Sicherheit des Mannes in Frage, von wem seine Kinder waren.
Zum Glück kam der Fall, daß ein Gott eine Frau vergewaltigte, in der sozialen Realität extrem selten vor.
die allseits bekannte Geschichte vom Raub der Sabinerinnen - kam bis vor kurzem in jedem LAteinbuch vor, obwohl kaum ein Beleg für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen - ist bis in die neueste Zeit ja gerne immer wieder aufgewärmt worden; und ähnliche Praktiken haben in manchen Regionen der Welt bis heute überlebt
Naja, aber in der Liebeselegie vermittelt Ovid ja doch ein anderes Frauenbild, aber das galt ja eher einfach nur als KOntrastbild zur Gesellschaft, oder?
Um das Verhältnis des Automedon Amoris zum schmalen Grat zwischen „Gewalt“ und „männlicher Initiative“, so von Albrechts Zwischentitel in seiner Übersetzung,
der das Unbehagen, das hier m.E. den modernen (abendländischen?) Leser offensichtlich zu befallen scheint, sehr gut markiert, zu belegen, die entsprechende Passage aus Ovids ars amatoria, I, 668 f.:
"oscula qui sumpsit, si non et cetera sumit/
haec quoque, quae data sunt, perdere dignus erit./
quantum defuerat pleno post oscula voto?/
vim licet apelles: grata est vis ista puellis/
quod iuvat, invitae saepe dedisse volunt./
quaecumque est Veneris subita violata rapina/
gaudet, et inprobitas muneris instar habet.
at quae, cum posset cogi, non tacta recessit,/
ut simulet vultu gaudia, tristis erit./
vim passa est Phoebe, vis allata sorori;
et gratus raptae raptor uterque fuit."
auch Maria ist ja nicht gefragt worden, und weil sie sich in ihr Schicksal ergeben hat, wird sie ja bis heute im Katholizismus als Musterbeispiel einer willenlosen und willfährigen Frau verehrt
Diese dumm-debilen Geschmacklosigkeiten hättest Du Dir verkneifen müssen. Deine hier in Phrasen gegossene orale Diarrhöe hat nichts, aber auch gar nichts, mit der rezenten Forumsdiskussion zu tun. Gutes Benehmen scheint bei Dir Glückssache zu sein.
@Dr. Lu,
Ich stelle mich an arbiters Seite.
Man kann und darf an eine Jungfernzeugung glauben,
aber man darf NICHT von anderen Menschen verlangen,
oder es gar mit GEWALT erzwingen, das ebenso zu glauben.
Bezeichnenderweise verzichtet nur der Islam, dem ich sonst nichts abgewinnen kann, auf eine „göttliche“ Zeugung seines Stifters.
Ein Stamm irgendwo in einem LAnd.
Dieser Stamm gewinnt allmählich die Oberherrscahft über seine Nachbarstämme.
Natürlich muß diese Herrschaft irgendwie legimitiert werden.
Man sucht also nach einer Ursache und die alten Skalden und Geschichtenerzähler kommen darauf, daß der „Stammesvater“,
der Gründer, „göttlicher“ Abstammung sein muß.
In grauer Vorzeit hat mal ein Häuptlingstöchterlein einen Knaben, oder auch Zwillinge, geboren, über dessen/deren
Vater sie keine Angaben machen kann oder WILL.
(nun ja, zuzugeben, daß sie mit dem gutgebauten Gärtner
oder Stallknecht des Herrn Papa rumgemacht hat....)
und, Hoppla!, da haben wir es ja!
Es kann dann ja nur der Stammesgott gewesen sein!
Also ist der Stamm göttlichen Ursprungs und hat somit das RECHT, über andere Stämme zu herrschen.
Daß nur der Islam auf eine Gottessohnschaft des Stifters verzichtet, trifft aber nicht zu: Judentum, Buddhismus, Taoismus - von spezielleren Religionen abgesehen - kennen das ebenfalls nicht.
@Graecule,
ja, aber ich habe den Islam extra angeführt, weil er ja noch relativ jung ist,
und als „Nachfolgereligion“ eben auf diese „Eigenschaft“ verzichtet.
Man könnte doch meinen, daß eine neu zu stiftende Religion eigentlich noch was „draufsetzen“ müsste, um erfolgreich zu sein.
Aber der Islam hat ja offensichtlich was „anzubieten“, sonst wäre er nicht die größte „Konfession“, hinsichtlich eines Bekenntnises (Sunna), geworden.
und noch was:
Judentum:
die Gründung lief sozusagen in einer geschlossenen Konferrenz unter vier Augen ab (Moses auf dem Berg Sinai)
Christentum:
da musste es schon „Sohn Gottes“ sein.
Islam:
da war es „nur“ ein Erzengel, der Mohammed die „Offenbarung“ brachte,
also ein subalterner Bediensteter der Geschäftsleitung...
@Bibulus, was arbeiter in Bezug auf das angesprochene Thema denkt, meint oder sonst irgendwo schriftlich fixiert, ist mir völlig schnuppe.
Daß er hier in ‚ex auctoritate‘-Manier, unmotiviert und kontraproduktiv dem aktuellen Thema gegenüber, sich fast zwanghaft äußern mußte, das hat mich sehr gestört.
Für meine doch recht harschen Worte entschuldige ich mich bei ihm.
Wir machen oft den Fehler, dass wir uns von unserem menschlich gegenständlichen Denken nicht lösen können und Mythen realiter übertragen.
Wenn man demgemäss über die Gottessohnschaft Jesus Christi nachdenkt - einmal ganz davon abgesehen, das es historisch keinen einzigen Beweis für dessen tatsächliche Existenz gibt - dann kommt es doch gar nicht darauf an, ob „Gott“ der physische Erzeuger des „Menschensohn“ ist oder nicht; im übertragenen Sinne ist Jesus ein Mensch wie jeder andere; natürlich ist er aber auch ein göttliches Geschöpf, so wie jeder von uns, wir alle Töchter und Söhne Gottes, unseres Schöpfers sind, wenn wir an Gott als den Schöpfer glauben.
Wenn wir Gott als physischen Schöpfer betrachten, vergegenständlichen wir Gott unerlaubter Weise, weil Gott für uns Menschen nie gegenständich sein kann: „Du sollst Dir keine Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen ......“
Deshalb kommt es eben nicht darauf an, weder ob es Jesus wirklich einmal gegeben hat, noch ob er tatsächlich physisch von Gott gezeugt wurde; es kommt alleine auf den Glauben an, auf die Idee im besten Sinne Platons.
Und was die angesprochene „Vergewaltigung“ von Frauen in der Antike betrifft, so kann man damals wohl nicht von sexuellem Mißbrauch reden, den es so, wie wir das Selbstbestimmungsrecht jedes einzelnen im Sinne unserer allgemeinen Grund- und Menschenrecht heute verstehen und damit auch die Rechte der Frauen in jeder Beziehung definieren, damals ja gar nicht gegeben hat.
Wer das Recht an einer Frau hatte, dem musste sie gehorchen und dem hatte sie willig zu sein; Übergriffe von anderer Seite waren demgemäß Beeinträchtigungen der Besitzrechte an einer Frau, aber nicht die Verletzung irgendwelcher Rechte der Frau selbst.
Keinen Beweis für Jesu Existenz?
Die gibts zum Glück doch: Lies nach bei Flavius Josephus, bei Tacitus, bei Plinius d.J. und Serapion ...
@ Bibulus:
Der Islam ist nicht die größte Konfession ...
Es gibt mehr Muslime als Katholiken, ja, aber unterschieden in Sunniten, Schiiten, Ismaeliten, und was da noch so rumläuft sind diese Muslime nicht ...
Christen sind weiterhin mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ...
Da hat sich ja eine richtige Diskussion draus entwickelt, vielen Dank,ich lerne viel und lese gerne weiter. Werde jetzt vielleicht öfters mal hier vorbeischauen.
alles keine Augen-/Ohrenzeugen, sondern spätere Zeugen vom Hörensagen.
Vielen Dank, Bibulus, für Deine Verteidigung meines Statements; unangreifbarer wäre die, wenn Du einfach den betr. Beitrag, der grob gegen die Forumsregel verstößt, gelöscht hättest unter Hinweis darauf, dass diese Geschichte durchaus zur Beleuchtung des Themas gehört.
Übrigens war Paulus der Erfinder des Christentums, der hat sich aber schlauerweise aus dem Problem der Parthenogenese und dem damit zusammenhängenden Trinitätsproblem herausgehalten.
Letzteres wurde ja erst 381 zum Dogma, als der Spiritus Sanctus befördert wurde, von einem Hilfsorgan in den Götterhimmel gehoben.
Hin & wieder habe ich das Bedürfnis, angesichts der sich hier wiederholenden ‚Diskussionen‘ (Huangchu Daoren: „Meinungen steigen auf wie Schwärme von Mücken.“) den Buddha zu zitieren:
Ein Mönch fragt ihn, ob es einen Gott gebe.
Der Buddha erwidert: „Es ist doch für einen verständigen Menschen vollkommen klar, ob es Gott gibt.“
Der Schüler: „Ich habe nicht verstanden. Gibt es nun einen Gott oder nicht?“
Der Buddha: „Ich habe alles gesagt, was ich zu diesem Thema sagen möchte.“
Das gibt’s auch in einer Variante von Goethe:
„Menschen von Geist haben alle dieselbe Religion.“ - „Und welche ist das?“ - „Darüber reden Menschen von Geist nicht.“
@arbiter,
zunächst wollte ich den Beitrag löschen, habe aber dann aber darauf verzichtet, um die logische Reihenfolge und den Zusammenhang des Threads nicht zu zerstören.
Ich bitte aber darum, in Zukunft auf persönliche Angriffe zu verzichten.
Kritik an einer persönlichen Meinung oder Einstellung ja,
aber diese soll doch sachlich und auf die Äusserung bezogen sein,
nicht auf den Menschen als Ganzes.
Denn wir kennen uns ja nur durch die Aussagen, die wir hier schreiben.
Und Papier (sozusagen „virtuelles“ Papier) ist geduldig.
Meinst du jetzt das jugendliche Alter oder die Homosexualität?
Da muss man vermutlich unterscheiden: Zu Zeiten des alten Cato war die Homosexualität noch geächtet, in der Kaiserzeit war sie unter dem Einfluss der griechischen Kultur annähernd normal geworden.
naja, der Übeltäter wird aber nicht deswegen, sondern zunächst, weil er in Tateinheit das Heiligtum der Athene geschändet hat, und dann wegen seiner Hybris von den Göttern (Poseidon) bestraft
.... weder Flavius Josephus, noch Plinius d. J. noch Tacitus sind Augenzeugen für eine tatsächliche Existenz Jesu; übrigens auch keiner der Evangelisten, von denen es als wissenschaftlich erwiesen gilt, dass sie 80 bis 100 Jahre nach dem Tode Jesu die Evangelien verfasst haben.
Für den christlichen Glauben kommte es auch nicht darauf an, ob Jesus gelebt hat oder nicht und ob er „Gottest Sohn“ in einem physischen Sinne war oder nicht; wie schon gesagt, wenn wir als Christen an einen Gott glauben, dann war Jesus der Sohn Gottes, genauso wie wir alle miteinander Kinder Gottest sind.
Wichtig ist dabei aber doch nur die Botschaft der Nächstenliebe, die von Jesus ausging, ganz egal, ob und wann Jesus tatsächlich gelebt hat oder nur zum Symbol dieser Botschaft wurde.