Der Satz lautet: Dort, wo der Mensch wirklich sich selber loslässt und seinen Nächsten in Selbstlosigkeit liebt, ist er wirklich schon an das schweigende, unsagbare Geheimnis Gottes geraten.
Stammt vom Theologen Karl Rahner.
Wie könnte man das insgesamt lateinisch
formulieren?
auf diese sprachlich und inhaltlich äußerst dürftige Sentenz des offenbar zu Unrecht berühmten Theologen passt das Wittgenstein-Zitat:
...was jenseits dieser Grenze (scil. des klar Sagbaren) liegt, wird einfach Unsinn sein
Das kann man so sehen oder auch nicht. Der Satz stammt aus dem Standardwerk GRUNDKURS DES GLAUBENS und gilt als theologisches Meisterwerk,wenn auch schwer
verständlich.Dennoch meine Bitte:
Ohne den Inhalt zu beachten, wie ließe sich das
übersetzen?
Es ist schon irgendwie eine Unart, die hier um Hilfe bittenden ersteinmal fertig zu machen, bevor man ihnen hilft... So unsinnig ist ja der Satz jetzt weißgottnicht. Wenn man nicht verstehen will, was gemeint ist, dann ist das natürlich klar, dass alles was die Leute hier gerne übersetzt hätten Unfug ist.
Da muß ich arbiter Recht geben: Sprachliche Nebulosität und theologische Meisterleistung schließen einander nicht aus - eher bedingen sie oft einander. Wenn man über Gott klar sprechen wollte, müßte man in der Tat schweigen. Oder, wie Nikolaus Cusanus, in Widersprüchen reden.
Eben. Dann soll man das auch nicht fordern, und wenn, dann von Karl Rahner und nicht von dem, der Postet. Immerhin ist INTERPRETATION ein lateinisches Wort und war auch den Lateinern nicht gänzlich fremd...
An Clavileo:
Man sollte Fragende nicht fertigmachen. Aber zum kritischen Nachdenken über den Inhalt dessen, was sie ‚nur‘ übersetzt haben wollen, darf man sie doch anregen. Sonst könnte man nur hoffen, daß die Übersetungsmaschinen bald besser werden; dann würde sich das mit dem Nachdenken erledigen.
Es ist klar, daß sich die Kritik, auch die von arbiter, in erster Linie an Karl Rahner richtet. Aber wenn quaerens das Zitat übersetzt haben will, kann auch er zum Adressat eines „Denk mal drüber nach“-Vorschlags werden.
Durchaus. Der Umgangston ist nur manchmal sehr aggressiv und niemand weiß auch, ob der Satz verstanden wurde - das ist vllt oft so, aber oft auch eine dreiste Unterstellung, und arbiter ist immer gut dabei, wenns ums austeilen geht
Eine interessante Diskussion. Aber ich würde gerne noch erfahren, ob ich mit einer Übersetzung/ Übersetzungsversuch rechnen darf? Ich denke, man kann diesen Satz wenigstens als sprachliche Herausforderung betrachten,oder? Syntaktisch dürfte er doch
zu packen sein.
Ich halte den Satz so, wie er dasteht, für nicht übersetzbar.
Beispiel: der Georges bietet für „Selbstlosigkeit“ nur das „abstinentia“ für „Uneigennützigkeit“ an.
„tacitus“ heißt ja bekanntlich „schweigsam“....
Wenn man also einen Satz mit „tacitus“, „Deus“ und „abstinetia“, dazu noch „ibi“ und „ubi“ („dort, wo..“) konstruiert, käme ein nicht so firmer Lateiner auf die Idee, der liebe Gott hätte den Tacitus zur Abstinenz verdonnert...
Dann: „unsagbar“ hat im Lateinischen eine negative Bedeutung („infandus“)
INS Lateinische zu übersetzen ist eine ganz spezielle Kunst.
Einen Text aus dem 20. Jahrhundert in eine Sprache
zu übertragen, die vor 2.000 Jahren vor allem von
einer ganz kleinen Elite gesprochen wurde
(das auf uns gekommene Latein ist nicht die
alltägliche Umgangssprache der Römer gewesen!),
gehört mit zu den ganz ganz schweren Übungen.
Das berühmte Bibelwort
„diliges proximum tuum sicut te ipsum “
->
„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
aber, „diliges“ ist Futurum.....
Analog:
„homo proximum suum sicut se ipsum dilexit“
->
„der Mensch hat seinen Mitmenschen geliebt wie sich selbst“
bzw.
weil das lateinische Perfekt oft im Deutschen mit dem Präteritum wiedergegeben wird:
„der Mensch liebte seinen Mitmenschen...“
„homo, qui dilexit...“ -> „der Mensch, der geliebt hat...“
Fazit: Ihr kapituliert also? Dabei hatte ich den Eindruck, Euch könne nichts erschüttern. sowie Ihr Euch darstellt in anderen Beiträge.
Ich hatte den Eindruck: Wenn jemand mit Latein umgehen kann, dann Ihr. Irgendeine Lösung haben die sicher.
Für den unaussprechlichen Gott bzw. dessen Geheimnis gibt es durchaus arrivierten Jargon, der schon bei Th. von Aquin zu lesen ist und noch durch die Motetten des 17.Jhdts tönt: mysterium ineffabile. Für die frivole Okkupation in der abgründigen Formulierung „ist schon an das schweigende, unsagbare Geheimnis Gottes geraten“ schlage ich das nicht minder doppeldeutige „in Dei ineffabile tacitumque mysterium incidere“ vor. Rahner verstärkt ja die Vorstellung des unbeabsichtigten Hineinstolperns gerade durch das Zustandspassiv: dafür ist „pervernire“ m.E. schon zu intentional.
Vielleicht sollte man noch nebenbei erwähnen, dass dem Wittgenstein schon des Tractatus ein formaler Offenbarungsmystizismus des Sichzeigenden nicht vollends fremd war, die dichten letzten zwei, drei Seiten des genannten Werkes, das auf die Zahl der Schöpfungstage endet, lassen sich jedenfalls in ihrer durchaus kryptischen Widersprüchlichkeit mit einer Menge Strömungen zwischen Schopenhauer und Heidegger in Verbindung bringen, auf die nicht zuletzt jemand wie Rahner antwortete.
Das hört sich sehr gut an. Danke dafür.Geht also doch. Quod erat mihi expectandum.
Vielleicht noch eine Bemerkung:
Dieses „Dort,wo....“ könnte man das irgendwie wie mit „quocumque“ wiedergeben?
Gemeint ist ja wohl: In Situationen, wo..
Meine Idee wäre. Quocumque loco homo se ipsum
vere neglegens immemor commodi sui....
profecto secretum Dei tacitum ineffabileque
attingit
Nachtrag: Mir fiel soeben ein: Das Zitat ist als anthropolosche Kurzformel des christlichen Glaubens konzipiert,letztlich als der Versuch,
die Untrennbarkeit von Gottes-und Nächstenlieben komprimiert auszudrücken.Rahner spricht in diesem Rahmen
auch davon, dass "wenn der Mensch sich radikal
von sich selber wegwagt" und sich auf seinen Mitmenschen selbstlos einlässt, er bewußt oder unbewußt eine Gotteserfahrung macht,wobei es für ihn letztlich um die Erfahrung von wirklicher Liebe geht. Soviel noch dazu.