Gab es bei den Römern auch eine Gewaltenteilung wie heutzutage oder vereinte der römische Feldherr alle Macht in seiner Person? Er war doch auch Pontifex maximus, also auch für die Religion zuständig, oder?
Die ollen Römer hatten in der klassischen Zeit ein ausgeklügeltes System entwickelt:
Ar der Spitze der res publica standen zwei (!!) gleichberechtigte Konsuln.
In Notzeiten wurde für sechs Monate ein „Dictator“ ernannt,
der fast eine völlig unbeschränkte Machtfülle innehatte.
Den Oberbefehl über die Legion hatte ein „Imperator“ inne.
Seine Machtbefügnisse lagen aber ausschließlich außerhalb des „Pomerium“,
der als „heilig“ geltenden Stadtgrenze Roms.
Eine „Gewaltenteilung“ im modernen Sinne kannten die Römer nicht.
Rom war ein sehr ausgeprägter „Ständestaat“,
das römische Bürgerrecht war fein abgestuft.
Der „Pontifex maximus“ entwickelte sich im Laufe der Zeit eher zu einem „Ehrentitel“,
ohne wirkliche Machtbefugnisse.
Allerdings konnte C.Iulius Caesar in seiner Eigenschaft als „Pontifex maximus“
immerhin eine Kalenderreform durchsetzen.
Zur wichtigsten Einrichtung entwickelte sich das Amt des „Volkstribunen“.
Daher haben ja alle Kaiser seit Augustus unbedingt dieses Amt auf Lebenszeit angestrebt.
In der Kaiserzeit wurde das Amt des Konsul nur mehr zu einem Ehrentitel,
ohne Macht,
die Kaiser verliehen es, oder ließen verleihen, an Freunde und „verdiente“ Mitbürger.
um die Frage zu beantworten:
Ja, es gab eine Art Gewaltenteilung.
Die Exekutive hatten die sog. Magistrate inne, vom Volk gewählt, an der Spitze die Konsuln, die in Kriegszeiten auch den Oberbefehl hatten.
Die LEgislative wurde von der Volksversammlung (die nach Ständen gegliedert war, s.o.) wahrgenommen.
Die Judikative wurde (auf Antrag) von gewählten Richtern wahrgenommen, Staatsanwälte gab es nicht.
Zur Praxis wäre noch viel zu sagen, sie funktionierte nicht unbedingt so wie die (ungeschriebene) Verfassung es vorsah.
Dies System bestand nur vor der Kaiserzeit.
@arbiter,
durch die Prinzipien der Annuität und Kollegialität gab es natürlich sowas wie eine „Gewaltenteilung“.
Die Rechtssprechung war aber etwas komplizierter.
Es würde den Rahmen des Forums sprengen,
es ausführlich darzulegen.
Nur soviel:
Die Rechtssprechung lag in den Händen der oberen Klasse,
bzw.
es war ein Prinzip, daß ein Angeklagter nur von seinesgleichen (gleicher Stand oder höher) verurteilt werden konnte.
Das hat ja letztendlich auch Cicero den Hals gekostet:
Catilina mag ja ein Schurke gewesen sein, aber er gehörte einem höheren Stand an,
sowie auch zahlreiche seiner Anhänger.
Cicero ließ zu, daß diese von Leuten niederen Standes verurteilt und hingerichtet wurden.
Dagegen hätte er, als Consul, nach damaliger Rechtslage einschreiten müssen.
Ja eben.
Die Triumvirn haben sich selbst ermächtigt mit Hilfe von
selbst rekrutierten Privatarmeen. Stelle Dir einmal vor, die Deutsche Bank, im Besitz der immensen Geldsummen, die die Triumviren dazu aufbrachten, erkühnte sich,ein Direktorium von drei oder wie vielen Männern auch immer zu errichten „zu dem Zwecke, den Staat zu festigen“ (tres viri constituendae rei publicae"), natürlich nach ihren Vorstellungen, dann hast Du ungefähr eine Vorstellung von den staatsbildenden Kräften der ausgehenden Republik.
So weit sind wir noch lange nicht!
also hatte der pontifex maximus keine wirkliche macht, obwohl doch die Religion für die Römer eine große Bedeutung hatte, (siehe Opferungen, Eingeweideschau etc.), oder?
nun ja,
die pontifices waren ein Kollegium,
es hing eben von der Persönlichkeit des pontifex maximus ab,
in wie fern er „Macht“ ausüben konnte.
Caesar hatte diese Macht.
Einen gewissen Einfluß hatten die pontifices dadurch,
daß sie bei „ungünstiger“ Eingeweideschau u.a. die
Volksversammlung absagen konnten, und damit u.U.
Wahlen verhinderten (wenn z.B. ein der Nobiles
unangenehmer Kandidat aus dem Volk sich zur Wahl stellte.)
Im Laufe der Jahrhunderte hat sich ein feines, nahezu undurchschaubares Geflecht
des Machtgefüges in Rom entwickelt.
Wenn auch die senatsfähigen Familien nach aussen hin wie ein abgeschlossener Block
auftraten und sehr auf diese Abgeschlosenheit Wert legten, so mißtrauten sie sich gegenseitig
sehr und beobachteten einander eifersüchtig und jeder Macht- oder Einflußzuwachs einer
Familie rief die anderen senatorischen Familien auf den Plan und man versuchte selbst,
irgendwie mehr Macht und Einfluß zu gewinnen.
Das Ganze endete dann nach dem 3.Punischen Krieg in den bekannten Gracchischen
Unruhen, dem Bürgerkrieg Marius <-> Sulla und schließlich in dem Versuch Caesars,
die gesamte Macht in seiner Hand zu vereinen.
Er tat es 10 Jahre zu früh.
Es bedurfte eines ebenso skrupellosen wie intelligenten Mannes,
um das Gefüge zu seinen Gunsten auszunutzen:
Nach aussen hin blieb alles beim alten:
Nicht mit einem Schlag riß Octavian die Macht an sich, sondern Schritt für Schritt.
Und er achtete streng auf die Form:
So stellte er sich stets zur Wahl zum Volkstribun, so wie es das Gesetz vorschrieb.
Er ging unter die Leute und bat um ihre Stimmen.
Er machte also Wahlkampf.
Abgesehen davon, ob es die Römer gab: Unterscheide bitte die Zeiten (a) der klassischen römischen Republik, (b) der revolutionären Übergangsphase im ersten vorchristlichen Jahrhundert und (c) die Kaiserzeit, in der durch das Prinzipat des Augustus nur noch der Schein gewahrt bleiben sollte und bald auch dieser Schein verloren gegangen ist.
wie war es denn bei der wohl bekanntesten Zeit, also bei caesar etc.? Er wollte ja sicherlich die ganze Macht, aber der Römer an sich wohl eher die Gewaltenteilung, oder`?
Der Römer an sich?
Die Opposition gegen Caesar wurde von Teilen der Senatsaristokratie getragen, der es wohl eher um ihre Macht als um ein so neuzeitliches Schlagwort wie Gewaltenteilung ging. Diesen Teilen der Senatsaristokratie stand vor allem die Soldaten und Veteranen Caesars gegenüber, deren materielle Versorgung vom Erfolg ihres Feldherren abhing.
Deine beharrliche Frage läuft wohl darauf hinaus, ob es auch politische Prinzipialisten unter Cesars Gegnern gab. Mag sein. Cato Uticensis? Aber doch nicht „der Römer an sich“!
Für die Zeit der Republik gab es ein (z.B. bei Polybios) existierendes Konzept, monarchische, aristokratische und demokratische Elemente in der Verfassung zu unterscheiden (Mischverfassung). Dies war aber wohl eher eine fiktionale Idealisierung, und ich habe in meinem Studium gelernt, daß das republikanische Rom eine lupenreine Aristokratie war. Bei den Volksversammlungen wurde (a) offen abgestimmt von (b) der wirtschaftlich abhängigen Klientel der Kandidaten, die (c) aus Aristokraten bestanden, schon deswegen, weil kein Normalbürger es sich finanziell hätte erlauben können, sich in eines der unbezahlten Ämter wählen zu lassen.
Interessanter, demokratischer (sieht man von Frauen und Sklaven ab) ging es da schon in der attischen Isonomie zu, jedenfalls nachdem Kleisthenes durch seine Phylenreform dafür gesorgt hatte, daß ökonomische Abhängigkeit vom Wahlvorgang entkoppelt wurde.
Außerdem wurde in Athen nach und nach die Bezahlung der Mitglieder von demokratischen Organen (Diäten) eingeführt - eine wichtige Voraussetzung dafür, daß (beinahe) jedermann sich wählen lassen kann.
In Rom gab es das nicht.
Du hast in dem Punkte Recht, dass der Begriff und die verfassungsmäßige Institutionalisierung der Gewaltenteilung eine Erfindung des 18. Jahrhunderts ist.
„lupenreine Aristokratie“?. Hmm. Das oben diskutierte Beispiel Catilinas spricht insofern dagegen, als die Verurteilung des C. ja gerade deswegen durch den (aristokratischen) Senat und nicht durch ein ordentliches Gericht erfolgte, weil man Angst hatte, dass nach einer regelgerechten Verurteilung die provocatio an das Volk aufgrund der lex Sempronia erfolgen könnte, mit unerwünschten Folgen. (dass das Volk manipulierbar war und ist, wissen wir nicht nur aus der Antike)
Man könnte das System als durch checks and balances (wie die US-Verfassung) modifizierte Aristokratie charakterisieren.
Was den „Römer an sich“ angeht: dem waren - wie dem genauso hypothetischen Konstrukt eines heutigen Deutschen auch - Gewaltenteilung, politische Freiheit und saubere Justiz von Herzen gleichgültig, solange er satt wurde
@arbiter,
Du hast richtigerweise einen wichtigen Punkt angesprochen:
die „lex Sempronia de provocatione“
Dieses Gesetz ermöglichte jedem römischen Bürger
bei drohender Todesstrafe die Ansprache (provocatio)
an das Volk und regelte die Verfolgung der zuwiderhandelnden Magistrate.
Das unterblieb aber in den Fällen der Catilinischen Parteigänger.
@Bibulus
zu 1. geschenkt (lies Catilinarier statt Catilina)
zu 2. wo ?
zu 3. wörtlich genommen eine nicht korrekte Allerweltsaussage, in der Tendenz falsch
Ich verlink jetzt mal zu dem entsprechenden Absatz im wikipedia-Artikel
über die Catilinarischen Verschwörung,
weil ich zu faul zum Schreiben bin und der Absatz das wiedergibt,
was ich auch meine: http://tinyurl.com/a5vjy72
aber caesar macht doch gerade in seinem bellum gallicum den eindruck als würde er die machthäufung bei den druiden kritisieren oder was will er sonst mit deren genauen schilderung erreichen?
ein Motiv für Caesars commentarii ist, sich gegen den Vorwurf der Kompetnzüberschreitung (nicht legitime Machtausübung) abzusichern. Da macht es sich gut, wenn er ähnliche Tendenzen bei anderen kritisiert. Das geht schon am Anfang los, wo er dem Orgetorix vorwirft, rex werden zu wollen - ein Begriff, der in der römischen Öffentlichkeit absolut stigmatisiert war.
Im übrigen steht ja meistens, wenn Machtfülle kritisiert wird, nicht etwa ein quasi demokratisches Motiv dahinter, sondern die Furcht vor der Beschränkung der eigenen Machtstellung - sei sie legal/legitim oder nicht. Das dürfte gerade in Rom der Regelfall gewesen sein.
Die Gallier waren damals für den Römer in Rom so weit weg wie für uns heute die Amazonas-Indios.
Eben exotisch,
und diese „Exotik“ schildert Caesar seiner geneigten Leserschaft,
ebenso einige Bücher später die Jagdmethoden der Germanen auf Elche...
B-)
Wow, geballtes Geschichtswissen, sehr beeindruckend!
Wurden demokratische Modelle nicht von Philosophen entworfen, z. B. von Plato? Hatte nicht einer von ihnen postuliert, dass Philosophen die Politik bestimmen sollten?
Wie Germanen Elche jagdten (nach Caesar): 27. Ferner der Elch. Er gleicht an Gestalt und Farbenwechsel des Fells dem Reh,
ist aber etwas größer; seine Hörner sind nur ein Stumpf,
und seine Beine ohne Knöchel und Gelenke.
(2) Wenn er ausruhen will, legt er sich deshalb nicht nieder und kann sich,
wenn er durch einen Zufall niederstürzt, nicht aufrichten oder aufhelfen.
(3) Bäume dienen ihm daher als Lager; an sie lehnt er sich an und so ruht er,
nur etwas rückwärts gebeugt, aus.
(4) Wenn nun die Jäger an den Spuren bemerken, wo er sich hinzubegeben pflegt,
so untergraben sie entweder alle Bäume in der Wurzel oder hauen sie so an,
dass sie nur noch dem äußersten Schein nach stehen.
(5) Lehnt sich dann ein Elch seiner Gewohnheit nach daran,
so drückt er den geschwächten Baum durch seine Last nieder und fällt selbst mit zur Erde.
Heute kann man sich kaum vorstellen, dass solche „Berichte“ ernst gemeint sein konnten. Wenn man sich aber klar macht, dass die technischen Mittel zur genaueren Beobachtung von Ereignissen/Abläufen in größeren Entfernungen fehlten, wer weiß!?