Warum schreibt Plinius in Buch 7 plötzlich über übernatürliches, wie den Geist im Haus in Athen? Normalerweise schreibt er doch sachlich und will informieren ?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
warum sollte er nicht? Auch heute glauben doch Milliarden von Menschen Unglaubliches, etwa an eine Jungfrauengeburt oder das Wirken von Heiligen, die seit Jahrhunderten vermodert sind.
Plnius will unterhalten, und er bringt das, was das (selbstverständlich gebildete) Lesepublikum interessieren könnte.
Noch einmal ein aktueller Vergleich: Gestern sah ich auf einer i-net-Nachtihctenseite eine Meldung über Nekrophilie bei Kröten. Da kann man sich auch fragen (unabhängig vom realen Kern): Wer will so was wissen, und warum ? Jedenfalls denken die Autoren der Meldung, das eine relevante Menge von Interessenten dadurch zu Klicks veranlasst werden könnte.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Dass ‚funktionelle Nekrophilie‘ nicht auf Isis & Osiris beschränkt ist, ist doch nicht uninteressant. Zudem ist die Rechtslage, was die postmortale Insemination angeht, in Europa keineswegs einheitlich - vielleicht spielt Rhinella proboscidea ja in dieser Diskussion dereinst eine gewisse Rolle.
Bei Plinius sind es eigentlich drei Episoden, die verschiedene Vorstellungen von der Funktion der Geister repräsentieren - die erste und die letzte sprechen von Erscheinungen, die sich direkt (in der Personifikation ‚Afrika‘) oder indirekt (als Ereignis, das den Sklaven widerfährt, von Plinius aber auf sich bezogen wird) an jemanden wenden und diesem etwas prophezeien, das ihn selbst betrifft. Im ersten Fall unmissverständlich die künftige Karriere, im zweiten Fall - als Bild einer Deutung bedürftig - das Ausbleiben einer drohenden Anklage. Die mittlere, in Athen spielende Geschichte hat einen anderen Gegenstand. Hier geht es um jenen Unruhefaktor, den nicht korrekt bestattete Tote darstellen, um die Vorstellung, dass sie so lange ihr Unwesen treiben, bis man dieser fundamentalen Kulturleistung ordnungsgemäß nachkommt: „Domus postea rite conditis manibus caruit.“ Dem entziehen wir uns bis heute nicht, ganz gleich, ob man eine Existenz der Geister als eigene Wesen annimmt oder sie als psychisch wirksame Einbildungen begreift, spätestens wenn der Spaten bei der Gartenarbeit auf einen Schädel trifft, möchte man diesen lieber anderswo nach rituellen Vorschriften begraben wissen. In der Sprache bewahrt die Rede von „der Leiche im Keller“ die Vorstellung. Plinius wird auch nicht unsachlich, er fragt den Freund nach einer Bewertung solcher Phänomene: „ Igitur perquam velim scire, esse phantasmata et habere propriam figuram numenque aliquod putes an inania et vana ex metu nostro imaginem accipereesse phantasmata et habere propriam figuram numenque aliquod putes an inania et vana ex metu nostro imaginem accipere“. Auffallend ist, dass Plinius all dies nur aus verschiedenen Erzählsituationen kennt bzw. mit an sich nicht geisterhaften Ergebnissen (den abgeschnittenen Haaren nebst Erzählung der Sklaven) konfrontiert wird, den Wahrheitsgehalt aber an seiner Beziehung zu den Erzählern festmacht - ein uns geläufiges Muster, räumen wir doch bei einer Einleitung wie „Ein Freund hat mir erzählt, dass ...“ im Unterschied zu beispielsweise „Angeblich soll jemand...“ dem Erzählten oft wider besseres Wissen einen anderen Kredit ein.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
@ arbiter
Warum versuchst du, alle Gläubigen zu beleidigen?
Hier ein paar Zitate von „Ignoranten“:
Die Sonne ist nicht verschwunden, weil der Blinde sie nicht sehen kann.
Brigitta von Schweden (1303-1373), schwedische Adelige, Grüderin des Birgittenordens, Mystikerin
Wer das Vorhandensein eines höheren Wesens nicht zugibt, das dieses Weltall erhält, muss seinen gesunden Menschenverstand verloren haben.
Friedrich II., der Große (1712-1786), preußischer König
Am Dasein Gottes können nur blasierte Toren zweifeln.
Werner von Siemens (1816-1892), deutscher Ingenieur und Unternehmer
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ein Laster wird erst dann zur Todspnde, wenn es willentlich praktiziert wird. Da heute jeder des Alphabets Kundige sich leicht über Entstehung des christlichen Aberglaubens, seine geistesgeschichtlichen Grundlagen, die historischen Bedingungen seiner Ausbreitung, Entstehung und Verbrechen der Kirche, ihre atavistische Struktur, ihre üblen Finanzierungsmethoden usf. informieren kann, muss man von willentlicher Ignoranz sprechen.
Damit haben wir ein schönes Beispiel für die Paradoxiesammlung, denn nicht nur der heute willentlich Ignorante kommt in die Hölle, sondern auch der, der „Gott und sein Gesetz sowie den Bund der Liebe, den dieser ihm anbietet, zurückweist“ (Wojtyla 1984).
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
..., indem er es vorzieht, sich sich selbst zuzuwenden oder irgendeiner geschaffenen und endlichen Wirklichkeit, irgendeiner Sache, die im Widerspruch zum göttlichen Willen steht“. (Wojtyla 19849
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
strafrechtlich gesehen, ist also die Kirchensteuer Ergebnis einer Erpressung (gezahlt wird unter Androhung eines empfindlichen Übels). Davon wusste der angebliche Stifter, der ja sein arbeitsfreies Leben als Schnorrer verbrachte, noch nichts.
Viele Kirchenmitglieder sehen ja ihre Beiträge als Versicherungsprämien gegen die ewige Verdammnis; dass hier aber fortgesetzter Betrug vorliegt, da ja niemand die Absicht hat, im Versicherungsfall die Leistung zu erbringen, ist nur wenigen aufgefallen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Eigentlich dachte ich hier etwas über Plinius zu lesen, aber dann liest man eine Diskussion über einen anscheinend Gläubigen und einen Atheisten. Solche Diskussionen führen doch sowieso zu keinem grünen Zweig, da jeder von beiden auf seinen Standpunkt behaart. Deshalb kann man sich solche Diskussionen sowieso sparen. Meist endet so etwas in Beleidigungen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Es wäre interessant zu diesem Thema einmal etwas Neues zu lesen; das Alte ist tatsächlich hinreichend oft gesagt worden ... wenn man es unter dem Gesichtspunkt des Informationsgehaltes sieht.
Meine Meinung:
Ob jemand religiös ist oder nicht, sagt etwas über seine Bedürfnisse, nicht über den Wahrheitsgehalt des Geglaubten. Wer religiös ist, ist dies nicht, weil der Glaube wahr ist, sondern weil er sich für eine Lebensform entschieden hat; so auch der Ungläubige. Eben weil es keine aus Argumenten resultierende Entscheidung ist, richten Argumente auch reinweg gar nichts aus.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
bezogen auf die Gläubigen hast Du doppelt recht: sie weichen Argumenten aus, haben aber selbst keine (s.o.); schon deshalb stimmt die Aussage bezogen auf die Glaubensfreien nicht
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich zumindest habe mich gegen Gott entschieden, weil die Vorstellung seiner Existenz und ein daraus folgendes Leben mit ihm mir unerträglich sind. Das ist aber sicher nicht das, was man ein Argument nennt. Das sagt nur etwas über mich.
Vielleicht ist es Dir, arbiter, anders ergangen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Daß Du das an einer Häuserwand gelesen hast, bezweifle ich - ganz skeptisch; dazu ist die Anekdote zu alt.
Falls man philosophisch darüber diskutieren möchte: Die Frage, ob es Gott gibt, ist im 20. Jahrhundert durch die Frage abgelöst worden, ob „Gott“ ein sinnvoller Begriff ist und Sätze über Gott den Regeln für die Bildung sinnvoller Sätze (Angabe von Verifikationskriterien u.a.) entsprechen. (Rudolf Carnap: Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache.)
Ich habe schon den Eindruck, daß viele Diskutanten dieses Problem noch gar nicht zur Kenntnis genommen haben.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
ich habe seit dem Kindergottesdienst mehr Stunden in der Kirche verbracht als die meisten (im Kirchenchor, als Hilfskantor) und da - ohne viel darüber nachzudenken - erlebt, dass an diesem Ort von allen Beschäftigten ein Dienstleistungsjob erledigt wird, der sich nach den Ritual-Bedürfnissen der Kunden richtet.
Erst viel später - bei der Frage nach einer evtll. Taufe meiner Kinder - habe ich mich gründlich intellektuell und moralisch mit dem Thema auseinandergesetzt und dabei festgestellt, dass mir lange Zeit abscheuliche Märchen als Fakten vorgesetzt wurden.
Ich fühle mich als Opfer eines geistig-seelischen Kindesmißbrauchs.
Meine heidnischen Kinder habe ich dann trotzdem zum Konfirmandenunterricht geschickt, weil ohne Kenntnis der Religion(en) sehr viele großartige Werke der europäischen Hochkultur nicht erschlossen werden können. Gottseidank haben sie den dortigen Indoktrinationsversuchen widerstanden.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Das kann ich gut nachvollziehen - auch wenn meine persönliche Abwendung von meiner kirchlich geprägten Kindheit mehr von der Einengung des Denkens durch Dogmen und den damals noch existierenden Index librorum prohibitorum (Pfarrer: „Du willst Nietzsche lesen? Dann bist du exkommuniziert!“) bestimmt war. Geistliche, die ihre Sache ernst genommen haben, habe ich durchaus erlebt - die andere Sorte natürlich ebenso.
Als meine (unsere) Kinder geboren worden sind, war für meine Frau und mich das Thema bereits durch. Sie sind nicht getauft worden. Den dadurch entstandenen Verlust von Kenntnissen über religiöse Tradition bedauere ich als Kollateralschaden, sie jedoch nicht.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Kindern mit der Hölle zu drohen (wie ich es ebenfalls erlebt habe), empfinde auch ich als seelischen Kindesmißbrauch, ähnlich wie die Drohung mit Liebesentzug.
Dennoch habe ich etwas davon gelernt: wie man Drohungen widersteht.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
ja, aber ich bezog mich darauf, dass - soweit man bisher weiß - die Fähigkeit des Gehirns zu religiösem Erleben in der Kindheit angelegt wird, und dass genau deswegen die Kirchen großen Wert darauf legen, Kindergärten zu führen (die übrigens nicht von ihnen, sondern auch mit dem Geld der Gottlosen finanziert werden).
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Den neurologischen Aspekt werden die Kirchen nicht länger kennen als die Hirnforschung. Daß es in der Religion darauf ankommt, die Kinder abzurichten - so früh wie möglich -, war natürlich schon vorher bekannt ... und ist auch schon von Religionskritikern des 19. Jahrhunderts bemerkt worden.
Spätere Bekehrungen zur Religion kommen wohl vor, sind aber nach meinem Eindruck selten.
Auffallend ist demgegenüber, daß spätere Bekehrungen zum Unglauben häufiger vorkommen - wie auch bei uns. Das dürfte ein Rätsel für die Hirnforschung sein, oder?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
nun ja, eine Bekannte von mir ist vom katholischen Glauben zum Glauben an den weltgeschichtlichen Auftrag der Arbeiterklasse konvertiert; im übrigen gelingt ja die Implementierung nicht immer - die wirklich Gläubigen sind und waren wohl immer eine Minderheit, auch im Islam.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Eigentlich schätz' ich dieses Forum als eifriger Mitleser sehr. Was mich aber dann doch immer wieder wundert, ist die Verbissenheit und Aggressivität, mit der - nicht nur in diesem Online-Forum - gegen das Christentum gepoltert wird: Da geht’s eigentlich um eine literarische Frage, und plötzlich kommt da, quasi „off topic“, eine Tirade gegen den christlichen Glauben.
Nun kenn' ich die Menschen in der Kirche persönlich anders als offenkundig so mancher hier (katholische Ordensfrauen, die in Brasilien unter katastrophalen Bedingungen unter den Armen großartiges Leisten; Gläubige, die sich in einer Weise um andere kümmern, dass sich weite Teile der Gesellschaft davon 'ne Scheibe abschneiden könnte; und die Art, wie in den christlichen Kindergärten hier im Ort mit den Kleinen umgegangen wird, hebt sich in der Tat positiv von der örtlichen AWO-Einrichtung ab - usw. usw. usw. Und, nein, meiner Beobachtung nach bedrängt hier niemand kleine Messdiener(innen), um dem nächsten „Argument“ vorzugreifen.)
Aber selbst, wenn man solch gute Erfahrungen nicht gemacht hat, frage ich mich: Warum gilt der breite gesellschaftliche Konsens, andere Ansichten zu respektieren, ausgerechnet der Kirche gegenüber nicht? Warum muss man ausgerechnet das, was anderen im Leben wichtig - „heilig“! - ist, ohne ein Minimum an gegeseitiger Achtung mit Füßen treten, selbst dann, wenn’s gerade vollkommen am Thema vorbei geht?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Die Toleranz, deren man sich jederzeit und überall rühmt, lässt man gegenüber dem Christentum und den Christen und der Kirche, besonders der katholischen Kirche, schmerzlich vermissen.
[quote]Ich zumindest habe mich gegen Gott entschieden, weil die Vorstellung seiner Existenz und ein daraus folgendes Leben mit ihm mir unerträglich sind. Das ist aber sicher nicht das, was man ein Argument nennt.[quote] (Graeculus)
Aus dem Gesagten ziehe ich den Schluss, dass du ein Gottesbild hast, eine Vorstellung von einem Gott, der so schrecklich, so „unmenschlich“ ist, dass allein die Vorstellung, dass es diesen Gott gibt, für dich unerträglich ist.
Woher hast du dieses Bild? Wer vermittelt dieses Gottesbild?
Ich habe mich für Gott entschieden, weil mein Gottesbild durch Jesus Christus, durch seine Worte und Taten geprägt ist. An diesem Bild können auch die zahlreichen Verfehlungen und Verbrechen, die im Namen „der Kirche“ und durch Mitglieder der Kirche geschehen sind, nichts zerstören. Außerdem kann ich mir die Welt und das Leben in ihr ohne Gott als Schöpfer und Erhalter nicht vorstellen. (arbiter führt das auf meine „ Ignoranz“ zurück.)
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Das, glaube ich, richtet sich nur hier und nur zufällig gegen die christliche Kirche. Tatsächlich ist doch gesellschaftlicher Konsens gerade in rechteren Kreisen, vermeintliche Tabuthemen anzugehen und alle möglichen Lebensformen zu kritisieren. Weithin gerade in christlichen Kreisen ist die Kritik am Islam, an Karteichristen, an Christen anderer Konfessionen, an Atheisten zu lesen - und das nicht zimperlich.
Der gesellschaftliche Konsens ist keiner (mehr). Das Wort „ausgerechnet“ war überraschend.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich denke auch, dass der gesellschaftliche Konsens, Toleranz walten zu lassen, heute eine Erinnerung aus „besseren“ Zeiten ist, wenn es diese gegeben hat.
Wenn man nicht dem Mainstream angehört, wo immer dieser gerade fließt, hält man sich besser zurück, wenn man den Anfeindungen nicht gewachsen ist bzw. wenn man nicht vorhat, an ihnen zu wachsen.
Grundsätzlich denke ich zwischenzeitlich, dass Toleranz zwangsläufig auch Grenzen haben muss. Die Grenzen der Toleranz sollten aber nicht automatisch von der Mehrheit gegenüber der Minderheit gesteckt werden.
Was heute erfahrbar ist, ist nicht, dass jeder eine Stimme hat, die gleichberechtigt ist oder je nach vertretenem Inhalt gewichtet wird, sondern dass es fast ausschließlich danach geht, wer die bessere (Macht-)Position hat.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich denke, daß Intoleranz erst dann beginnt, wenn andere Meinungen (Glaubensüberzeugungen) nicht mehr geäußert werden sollen bzw. dürfen. Der Ausdruck von Ablehnung gegenüber der Meinung eines anderen drückt meinerseits noch keine Intoleranz aus.
In unserer Geschichte hatten wir sowohl religiös als auch atheistisch geprägte Gesellschaften, die in diesem Sinne intolerant waren; als Beispiel habe ich den Index der verbotenen Bücher genannt.
Ab einem bestimmten Zeitpunkt haben gestern nur noch arbiter und ich uns unterhalten. Da wir uns nicht privat kennen, haben wir das auf diese Weise, also öffentlich, getan. Ob das außerhalb des ursprünglichen Themas war oder nicht, ist mir schnurz. Das spielt hier fast nie eine Rolle. Aber ich habe jemanden, der hier häufiger schreibt und auffallende Ansichten äußert, besser verstanden, sogar Gemeinsamkeiten entdeckt. Das hat sich für mich schon gelohnt. Andere mußten das ja nicht lesen, sondern haben es gelesen, weil sie es lesen wollten.
Wozu die Aufregung über Intoleranz?
An ONDIT:
Das mir unerträgliche Gottesbild habe ich wohl aus derselben Quelle bezogen wie Du Deines: aus dem Neuen Testament. Man könnte AT und Koran hinzunehmen, das würde die Sache nicht besser machen.
Offensichtlich reagiere ich darauf einfach anders als Du. Man kennt das von der Begegnung mit einem Menschen. Der eine empfindet ihn als großartig, der andere als unangenehm. So auch bei mir: Weder Jesus noch das von ihm vermittelte Bild Gottes lösen bei mir etwas anderes als unangenehme Gefühle aus.
Es ist jedenfalls nicht so, daß ich mich von Gott abgewendet habe, weil die Kirche zuweilen so üble Dinge in seinem Namen tut (auch wenn das schlimm genug ist).
Im Laufe meines schon recht langen Lebens sind mir gelegentlich Spuren anderer Menschen begegnet, die offenbar das Gleiche erlebt haben: eine unangenhme Empfindung in der Begegnung mit christlicher Religion und Christen. Ein Schauder.
Ich hatte hier schonb mehrfach die Gelegenheit, Burkhard Müllers (des wohl besten lebenden deutschen Essayisten) Büchlein „Schlußstrich. Kritik des Christentums“ zu empfehlen. Auf beinahe jeder Seite haben ich das Gefühl: Das ist es!
Dabei liest Müller - Altphilologe, der er von Hause aus ist - einfach nur die Bibel; nur daß er sie mit den Augen eines Heiden liest.
Und nochmals: Es ist meine Überzeugung, daß unsere Einstellung zur Religion in allererster Linie etwas über uns selber sagt. (Daß man über Gott selbst überhaupt etwas sagen könne, bezweifeln ja sogar viele Theologen.)
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Hin und wieder begegnet mir ein Christ, den ich als angenehm empfinde. Meistens sind das Leute, die auch mal über sich selber lachen können.
Was mir bei Jesus u.a. auffällt:
- Er scheint völlig frei von Humor zu sein. Er lacht nicht, und schon gar nicht über sich selbst.
- Wenigstens hin und wieder könnte er doch mit einem Argument für seine Sache werben, statt immer nur nach dem Prinzip Belohnung-Bestrafung.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Es ist wohl unstreitig, dass Jesus dem Leben zugewandt war und Freude am Leben hatte. Wenn er ein Griesgram und humorloser Geselle gewesen wäre, hätte man ihn nicht so oft zu Festen eingeladen.(Die Pharisäer nannten ihn sogar einen Fresser und Säufer.Lukas 7,34) Ich kann mir z.B. gut vorstellen, dass er z.B. auf der Hochzeit zu Kana neben der Verwandlung von Wasser in Wein auch auf andere Weise dazu beigetragen hat, dass das Fest für das Brautpaar und seine Gäste zu einem fröhlichen Ereignis wurde. Nicht vorstellen kann ich mir, dass die Apostel und Jünger es bei ihm ausgehalten hätten, wenn er so humorlos gewesen wäre, wie du annimmst. Ich möchte auch noch daran erinnern, dass er dafür gesorgt hat, dass viele Arme und Kranke und Außerstehende wieder etwas zu lachen hatten. Noch etwas: Wenn Jesus weinend Anteil nehmen konnte, dann konnte er sich andererseits auch freuen und lachen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Kannst Du mir eine Bibelstelle angeben, an der etwas von seinem Humor berichtet wird?
Daß er treue Anhänger hatte, ist natürlich unstrittig - und es muß auch einen Grund dafür gegeben haben. Da kann ich mir allerdings mehrere vorstellen. Z.B. folgen viele Menschen gerne Autoritäten, weil sie hoffen, an deren Stärke zu partizipieren. Das könnte zu dem Typus des Erlösers passen. Herr, hilf mir! Mache mich gesund!
Dieses Motiv wird an vielen Stellen des NT deutlich.
Dazu verspüre ich wenig Neigung.
Es kommt mir überhaupt so vor, daß Jesus Antworten anbietet, zu denen ich nicht einmal die Fragen habe. Wie kann ich von meiner Sünde erlöst werden? Wie stehe ich vor Gott da? Was wird mit mir nach meinem Tode geschehen?
That’s not my cup of tea.
Ich glaube, es war Nietzsche, der den Eindruck formuliert hat, daß Jesus erst Probleme aufbaue, um dann die Lösung dafür anzubieten. Sowas lasse ich mir ungern einreden. Ich mache oft Fehler, aber sündhaft fühle ich mich nicht. Und in den Himmel möchte ich auch nicht.
Daß wir Menschen Probleme haben, ist wiederum unstrittig. Sie sind verschiedener Art. Und für diejenigen, die ich habe, finde ich anderswo bessere Antworten.
Das soll wiederum nicht bedeuten, daß ich in Frage stellen oder Dich herabsetzen möchte, wenn Du für Deine Probleme die Antworten bei Jesus findest.
Muß ein Helfer für alle Menschen geeignet sein?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Schade ONDIT, dass du aufgibst. Leider kommt man nie zu langen Diskussionen zwischen Gläubigen und Atheisten. Die Fürsprecher halten nie lange durch. Ich traue mich schon gar nicht mehr kritisierende Worte an meine christlichen Freunde zu richten (zumindest in dieser Hinsicht).
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
ita est, und zwar deswegen, weil - jedenfalls spätestens seit der Aufklärung - in einer Diskussion, die unter dem Toleranzvorbehalt stehen will, die PRinzipien Voraussetzungslosigkeit und striktes Vernunftgebot (d.h. Beachtung der rationalen Diskurslogik) herrschen müssen. Wer das nicht akzeptiert, schließt sich selber aus und kann dann nicht mit dem Verlangen nach Toleranz daherkommen. Er wird nur aus dem Kreis der ernst-zu-nehmenden Diskussionspartner exkommuniziert, darf aber natürlich seine Meinungen selbstverständlich behalten.
Wer, wie ondit, die Berichte des NT über Jesus für bare Münze nimmt und mit wörtlichen Zitaten aus der Bibel zu argumentieren versucht, fällt ja noch hinter Ratzingers Niveau zurück, hat von seit den Humanisten üblicher Textkritik noch nichts gehört und disqualifiziert sich sogar in Theologen-Kreisen als Diskussionspartner.
Wer´s lustig haben will, muss nur das AT an fast beliebiger Stelle aufschlagen - entweder sagt (wer hat´s eigentlich aufgenommen ?) oder tut der Alte erstaunliche Dinge, oder die (oft rein politische) Absicht der Autoren ist so durchsichtig und schlecht camoufliert, dass man schmunzeln muss.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Wie ich gestern schon geschrieben habe, wird man bei Gläubigen nicht mit Textkritik usw. weiterkommen, arbiter. Das wird aber auch genauso schwierig sein bei allen Religionen mit schriftlichen Überlieferungen, wenn diese in Frage gestellt werden. Oft darf man an diesen Texten nicht rütteln. Ob Jesus ein glücklicher, humorvoller Mensch war oder nicht....kann das die Bibel beweisen oder irgendein Schriftstück? Ich denke nur an ein paar unsägliche Diskussionen mit Zeugen Jehovas. Daher lasse ich es lieber und denke: Jeder soll glauben, was er will, ob an Gott oder auch nicht...von mir aus auch an die römischen Götter. Mich stört es nicht, solange sie mich nicht überzeugen oder einschränken wollen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Jesus, der niemals lacht (will oder kann oder mag er nicht oder ist es die traurige Anhängerschaft?) ist die Figur des NT.
Der essentielle Mangel der Figur ist wohl schon von den Autoren des apokryphen, vor ca. 40 Jahren entdeckten und erst vor etlichen Jahren edierten Judasevangeliums (koptisch, aus dem ca.3. Jhdt.) schmerzlich erlebt worden.Hier tritt ein Jesus auf, der koboldhaft immer wieder lacht und seine Jünger auslacht.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Das ist doch letztlich eine bessere Haltung als das deuka-geschwängerte Geknurre. Und das ist es wahrscheinlich, was Matthias und ONDIT stört. Zu Recht.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Genauso endet das immer. Leute, wie arbiter, die meinen ihre eigenen Aussagen sind der Stein des Weisen, gehen dann auf Beleidigungskurs. Solche Leute kenne ich aus der eigenen Verwandtschaft. Da kann man nur einen großen Bogen darum machen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
@ arbiter
Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Auf die Steilvorlage, die ich dir dadurch geliefert habe, dass ich den Eindruck erweckte, ich nehme die Schriften der Bibel als Tatsachenberichte, ich sehe darin sozusagen eine Biographie Jesu, musstest du so reagieren. Das kann ich dir nicht verübeln. Klarstellen möchte ich jedoch, dass selbst ich mich des Öfteren mit der modernen Bibelwissenschaft und auch mit der Textkritik befasst habe. Übrigens: Es fällt mit schwer, in einigen deiner Beiträge ein Bemühen um Toleranz zu entdecken.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Geniale Diskussion. Ein neuer Aspekt wäre: „Die Bibel“ kann man nur lesen, wenn man Latein und Hebräisch kann und in der Lage ist, die alten Texte auf den Stand ihrer Entstehungszeit zu bringen.
Und Götter und Geister müssen ja nicht zwingend als religiöse, sondern können auch als literarische Gestalten auftreten.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Auf diesem Gebiet ist schon eine Menge geschehen durch Leute, die nicht nur Latein und Hebräisch können, sondern auch des Griechischen, Aramäischen und anderer antiker Sprachen mächtig sind.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ja, darum lesen wir ihre Interpretationen und vertrauen halbwegs auf Überlieferungen, von denen man nicht genau weiß, an welchen Stellen und mit welchen Intentionen sie nachträglich geändert wurden.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Als treuer Sohn unserer Heiligen Römisch-Katholischen Kirche (mit dem heimlichen Hang zur Tridentinischen Messe) muss ich euch Antichristen, Gottesleugner, Atheisten, Agnostiker etc. pp. mit Goethe warnen:
Die wandelnde Glocke
Es war ein Kind, das wollte nie
Zur Kirche sich bequemen,
Und sonntags fand es stets ein Wie,
Den Weg ins Feld zu nehmen.
Die Mutter sprach: »Die Glocke tönt,
Und so ist dir’s befohlen,
Und hast du dich nicht hingewöhnt,
Sie kommt und wird dich holen.«
Das Kind, es denkt: Die Glocke hängt
Da droben auf dem Stuhle.
Schon hat’s den Weg ins Feld gelenkt,
Als lief' es aus der Schule.
Die Glocke, Glocke tönt nicht mehr,
Die Mutter hat gefackelt.
Doch welch ein Schrecken hinterher!
Die Glocke kommt gewackelt.
Sie wackelt schnell, man glaubt es kaum;
Das arme Kind im Schrecken,
Es läuft, es kommt als wie im Traum:
Die Glocke wird es decken.
Doch nimmt es richtig seinen Husch,
Und mit gewandter Schnelle
Eilt es durch Anger, Feld und Busch
Zur Kirche, zur Kapelle.
Und jeden Sonn- und Feiertag
Gedenkt es an den Schaden,
Lässt durch den ersten Glockenschlag,
Nicht in Person sich laden.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
"Wahrlich, wahrlich, ich, der Herr, euer Gott, sage euch: wenn ihr nicht tut, was ich sage, wenn ihr mir nicht gehorcht, dann wird es ein übles Ende mit euch nehmen.
Und wahrlich, ich sage euch weiterhin, kommt mir nicht mit Einwänden: ein eifersüchtig auf Gehorsam bedachter Gott [Ex. 20, 5] sei doch eher die Karikatur eines Gottes, und da sei ja die Liebe vieler Eltern zu ihren Kindern größer als die Liebe eines solchen Gottes. Wahrlich. ich warne euch vor solchen Gedanken, denn ich hasse Widerworte."
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich habe vor kurzem Max&Moritz gelesen - auf Lateinisch kommt noch - und weiß, dass man irgendwann in der Mühle landet, wenn man nicht brav ist! Aber eigentlich bin ich recht „brav“, ich lebe ein fast asketisches Leben.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich überlege, was eine solche Art der Reaktion im Zusammenhang mit einer Diskussion (d.h. dem Austausch unterschiedlicher Ansichten unter Verwendung von Argumenten) bedeutet. Ist das nicht eine Kritikimmunisierungsstrategie?
~ Ich nehme einen Standpunkt ein, den Du mit allem, was Du denkst und sagst, nicht erreichen kannst. Damit bin ich gegen jeden möglichen Einwand von Deiner Seite gefeit.
Das kann man tun, sich gegen jede mögliche Kritík immun machen. Aber diese Methode ist wohlfeil - sie steht jedem zur Verfügung. Im Ergebnis ist es dann einfach das Ende des Dialogs.
Auch das ist nicht unbedingt eine Katastrophe. Man geht seiner Wege und läßt den anderen sein Leben leben.
Leider gibt es zu dieser Toleranz (zu der ich jederzeit bereit bin), eine verbreitete Alternative: Wenn ein anderer zu dumm oder zu böse ist, um meinen einzig wahren Standpunkt einzusehen, dann muß er beseitigt werden. Nicht nur der Standpunkt, sondern auch der Mensch.
Orthodoxie, Heterodoxie, Atheismus - das ist ja auch eine (ewige?) Geschichte der Intoleranz.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Obwohl ich weiß, dass meine Beiträge bei solchen Disputen keine oder wenig Beachtung finden, kribbelt es mir dennoch in den Fingern und ich möchte wenigstens los werden, was bzw. wie ich darüber denke.
Unsachliche oder beleidigende Beiträge entspringen m. E. einer defensiven Ausgangssituation. Hat man das Gefühl, sich gleichberechtigt und auf Augenhöhe einbringen zu können, ist der Ton anders. Solange dieses Gefühl nicht hergestellt werden kann, gibt es auch keine konstruktiven Diskussionen. Soviel in Kurzfassung zu meiner Betrachtungsweise.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Da hast du den Punkt getroffen. Es muß eine Diskussionsbereitschaft da sein. Diese kann man bei ONDIT nicht erkennen. Ebensowenig bei arbiter, der nicht von seinem Standpunkt weichen will und dann gerne beleidigt, wenn sein eigenes Faß überläuft. Bei Graeculus bin ich mir nicht gaz sicher: Er zeigt zwar Diskussionsbereitschaft und Toleranz, aber andererseits wirkt unterschwellig seine Meinung auch schon sehr gefestigt.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich hoffe, daß ich gegen diese Regel nicht verstoßen habe.
Natürlich kann ich zudem dieses Gespräch jederzeit beenden. Aber ich empfinde dies als eine neuerliche Katastrophe für das Projekt der Aufklärung: Meinungsverschiedenheiten nicht durch (verbale oder physische) Gewalt zu klären, sondern durch Argumente.
Manche Meinungsverschiedenheiten müssen freilich gar nicht geklärt werden - man läßt den anderen mit seinem Standpunkt in Ruhe leben.
Schaue ich mir Geschichte und Gegenwart von Religionen an, so bin ich mir nicht sicher, ob das funktioniert.
Sei’s drum. Vermutlich ist das Projekt der Aufklärung ohnehin zum Scheitern verurteilt.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Danke, Seneca, dass du meine Meinung teilst.
Ich habe mal ein Buch von Marshall B. Rosenberg gelesen über Non-Violent Communication und mir ist klargeworden, dass unfaire Kommunikation nicht konstruktiv sein kann. Es gibt natürlich noch andere Autoren, die sich mit verbalen und nonverbalen Botschaften befasst haben und befassen, aber man kann es ja selbst auch beobachten, wenn man ein Bewusstsein dafür entwickelt und seine Aufmerksamkeit schult.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Danke. Im Laufe meines Lebens habe ich meine Ansichten - auch zur Religion - schon öfters geändert. Aber ich habe nie das Bedürfnis verspürt, zum christlichen Glauben meiner Jugend zurückzukehren.
Der Mystik war ich einmal zugetan: einer Religion des Herzens statt des Dogmas und des Gesetzes. Es ist mir allerdings nicht gelungen, so zu leben.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich möchte dein Wort „Kritikimmunisierungsstrategie“ aufgreifen, weil ich es aus psychologischer Sicht wichtig finde. Mich interessiert, was hinter der Strategie steckt, weshalb Menschen sich gegen Kritik immunisieren (wollen/müssen).
Wenn man sich gegen Kritik (ver-)wehren muss, so deutet es vermutlich auf Angst. Angst, nicht bestehen zu können, Angst niederge Das ist jetzt nicht dem Buch von Rosenberg entnommen und wenn, dann nur aus dem Gedächtnis und weil es sich bewahrheitet hat, denn die Lektüre liegt schon einige Jahre zurück.
Aufklärung finde auch ich sehr wichtig, aber wahrscheinlich kann man sie nicht immer nur durch Argumente erreichen. Dein Schlusswort finde ich zu resignativ.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich denke die besten Diskussionspartner sind solche, die zu beiden Seiten offen sind: D.h. noch ziemlich neutral in der Mitte stehen. Ich bin noch relativ neutral, aber meine Waage schlägt auch schon langsam in die andere Richtung (weg vom christlichen Glaubensverständnis) aus. Die Argumente der Gegenseite zu verstehen ist sehr wichtig und dann neutral zu bewerten. Kritikimmunisierung würgt natürlich alles ab. Das gilt es zu vermeiden.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Kritikimmunisierung resultiert vermutlich aus Angst, ja - wie auch „eine feste Burg ist unser Gott“. Da ist jemand im Krieg und fühlt sich bedroht. Im Krieg mit dem Gottlosen und Andersgläubigen? Das nachwirkende Märtyrer-Trauma der jungen Christengemeinde?
Was Resignation und verfestigten Standpunkt angeht, so liegt es schon von meinem Lebensalter her nahe, die Summe meiner Erfahrungen zu ziehen.
Dies
klingt freilich nicht minder nach einem verfestigten und resignativen Standpunkt, und das bei einem - mutmaßlich - jüngeren Menschen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich möchte doch noch ein paar Gedanken hinzufügen.
Meinungen driften auch deshalb oft und manchmal weit auseinander, weil die Lebensrealitäten, die Erfahrungen und Schlussfolgerungen zu verschieden sind. Interessiert man sich dennoch für die Meinung eines Anderen und will an dessen Lebenswirklichkeit partizipieren, finde ich wiederum faire Kommunikationsformen für unabdinglich.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich finde es wichtig und legitim, einen Standpunkt zu haben. Ebenso wichtig finde ich es aber auch, diesen nur so lange zu vertreten, wie man wirklich von ihm überzeugt ist und dahintersteht. Sobald es nur noch ums Rechthaben, Besserwissen oder gar um Macht geht, ist keine fruchtbare Diskussion mehr möglich.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Wirklich schöner Satz! Zeigt gut auf, wie eine fruchtbare Diskussion gelingen kann. Bei religiösen Fragen schwingen aber oft sehr starke Emotionen und persönliche Einstellungen mit.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ja, Seneca, ich möchte dir Recht geben. Die Emotionen, die auch ihre Berechtigung haben, verhindern oft Diskussionen auf rationaler Basis. Könnte sein, dass man ohne deren Aufarbeitung nicht weiterkommt.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Dein Beispiel, das vielen bekannt sein dürfte, ist ein Beispiel für fehlende Fairness, denn der König experimentiert mit und instrumentalisiert die armen Blinden. Es liegt sogar nahe, dass er sich nur amüsieren will: Zum Ergötzen des Königs! Ein Beispiel für einen niederträchtigen Menschen in Königsgestalt!
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
An paeda:
Davon gehe ich aus, daß in der Regel jemand von den Konflikten unter Menschen - auch den religiösen - profitiert. (Schon Kant erwähnt diese Nutznießer unserer Unmündigkeit in seiner programmatischen Schrift „Was ist Aufklärung?“) Dies aufzudecken, müßte Teil eines Projekts der Aufklärung sein. Wer heizt diesen Streit an? Zu wessen Gunsten streiten wir uns? Auch: Von welchen anderen, wichtigeren Fragen soll uns das ablenken?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Noch eine Frage: Wie kommt es, daß Religionen die Welt nicht friedlicher gemacht, sondern um neue Streitpunkte ‚bereichert‘ haben? (Dies als empirische Feststellung einmal vorausgesetzt.)
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
@Graeculus, paeda, Seneca u.a.
Ich möchte dem fairen, angenehmen und fruchtbaren Ausklang eures Gespräches nicht durch einen weiteren, von meiner „Kritikimmunität“ gesteuerten Beitrag beschädigen, sondern alle, die durch meine Darstellungen gelitten oder darin gar eine Beleidigung gesehen haben, um Verzeihung bitten.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
An ONDIT:
Ich vermute, daß sich niemand durch Dich beleidigt oder verletzt gefühlt hat; dafür sehe ich jedenfalls keinen Anhaltspunkt. An manchen Stellen habe ich mich gefragt: Warum antwortet er jetzt nicht darauf? Aber niemand ist verpflichtet, an einem Gespräch überhaupt oder an einem Gespräch in jeder seiner Phasen teilzunehmen. Ein solcher Rückzug löst bei mir keinen Zorn aus.
Letztlich stehen wir ja alle vor der gleichen, nicht ganz leichten Aufgabe: irgendwie nach unserer Façon selig zu werden.
Unangenehm ist es nur, wenn jemand will, daß ich nach seiner Façon selig werde (bzw. umgekehrt); das wäre ein schwerer Fehler.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Wenn dann jemand etwas sagt, dann darf man sich dazu natürlich schon kritisch äußern. Und da kam es mir bei dem Paulus-Zitat halt so vor, als ob jemand durch Berufung auf einen ‚höheren‘ Standpunkt sich eine kritikresistente Position verschaffen wolle.
Aber wie gesagt: sowas verletzt mich nicht.
Jetzt mache ich etwas ganz anderes ... und wünsche allen einen (ebenso) angenehmen Abend.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Dass „unglaublich“ eben „für einen persönlich“ unglaublich bedeutet, beweist dieses Beispiel des Nutzers „arbiter“
Auch wenn der Nutzer es als etwas per se Unglaubliches darstellen zu versuchen scheint, dass etwa eine - ganz besondere - Jungfrau gebiert -, so handelt es sich lediglich um seine persönliche Auffassung, nichts weiter.
Das ist so, als wenn jemand es als etwas Unglaubliches bezeichnet (und zwar nicht im übertragenen Sinne für ~„Großartiges“), dass jemand die Kopfrechnung von Brüchen bis zur zwanzigsten (oder zweihundertsten) Nachkommastelle beherrscht. Er vermag es lediglich nicht zu fassen, sei es, weil er seine eigene Unfähigkeit auf andere überträgt, sei es, weil ihm kein derartiges Beispiel im Leben begegnete.
Je besonderer etwas ist, desto unfassbarer für den - begrenzten - menschlichen Verstand.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Schon erstaunlich, was meine Gespenstergeschichte für eine
Diskussion losgetreten hat. Das hätte ich mir nicht träumen lassen. Oder war ich damals von allen guten Geistern verlassen ?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ob du von guten oder schlechten Geistern besessen oder verlassen wurdest, darüber ließe sich nun von Neuem streiten! ;-)) War aber doch auf jeden Fall interessant, oder siehst du’s anders?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich musste ziemlich weit nach oben scrollen, um zu deinen Beiträgen zu kommen. Dein letzter Beitrag war ziemlich lang, vor Allem war er auf Lateinisch und ohne Übersetzung. Ehrlich gesagt bedauerte ich, dass ich den Text nicht ohne Übersetzungsarbeit, für die ich keine Zeit gehabt hätte, verstehen konnte.
MICH hast du nicht beleidigt, wodurch auch? Gekränkt fühle ich mich höchstens, wenn ich ignoriert werde, und das kommt hier durchaus auch vor.
Grundsätzlich kann ich aber viele Positionen tolerieren, solange sie nicht empfindliche Grenzen bei mir berühren, und ich auch auf der Gegenseite Toleranz spüre. In diesem Sinne würde ich mir weiterhin pluralistischen Meinungsaustausch wünschen. Hin und wieder, versteht sich, denn es soll ja ein Lateinforum bleiben! ;-)))
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Mit allen Mitteln wird Fundament „unserer“ (jedenfalls meiner) Kultur zerschlagen. Es ist kein Zufall, dass so gut wie niemand seine eigene Geschichte, d.h. die Geschichte seines Volkes kennt. Das einzige „Wissen“ des Menschen besteht im Nachplappern von antichristlicher Propaganda.
Es ist vor allem aber auch kein Zufall, dass niemand weiß, was das Christentum ist, dass niemand weiß, was der katholische Glaube ist. Es ist kein Zufall, dass man im Lateinunterricht nahezu ausschließlich heidnische Autoren ließt, oftmals zudem noch perverse und sittlich und moralisch völlig unförderliche.
@ONDIT, ich hoffe, dass du bereits den unverfälschten katholischen Glauben angenommen und somit dem Circus Roncalli den Rücken gekehrt hast. Falls nicht, mögest Du es bald tun! Siehe dazu bitte www.vaticancatholic.com und youtube.com/mhfm1
Es steht einwandfrei fest, dass weder Roncalli noch Montini noch Luciani noch Wojtyla noch Ratzinger römische Bischöfe sind. Sie sind Ketzer und können daher unmöglich Hirten der Herde Christi sein. Sie sind vielmehr Ausgeburten des Liberalismus und Modernismus und als solche lediglich Gegen- bzw. Scheinpäpste.
Einen schönen Sonntag sowie eine kontemplative Fastenzeit.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich halte nichts davon, das Rad der Kirche wieder zurückzudrehen in die Zeit vor dem Vaticanum II und die Reformen wieder rückgängig zu machen. Außerdem kann ich mich mit den Thesen des Sedisvakantismus überhaupt nicht anfreunden.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich wünsche dir auch einen schönen Sonntag, obwohl ich deine Worte nicht teile. Ich sehe darin einen gewissen Fanatismus. „Gott sei Dank“ leben wir hier nicht in einem Gottesstaat.....[i]ist mir gerade durch den Kopf gegangen....dann wäre ich vielleicht schon hingerichtet worden.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich glaube die christliche Kirche kann nur ihren Mitgliederschwund verhindern, wenn sie sich modernisiert und auch für die Jugend wieder attraktiver wird. Die Strukturen sind verkrustet, irgendwo im MA stehengeblieben. Auch die Hierarchie steht zur Disposition, auch die Frage der Frauen in der Kirche und das unmenschliche Zölibat.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
@Seneca
Ich stimme dir in fast allen Punkten zu, ob jedoch die Abschaffung bzw. Freistellung des Zölibats den Glaubens- und Mitgliederschwund aufhalten wird, das bezweifle ich sehr. In der evangelischen Kirche gibt es das Zölibatsproblem nicht, der Mitgliederschwund ist hier aber noch stärker.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Das „Fundament“ unserer Kultur ist das Christentum? Wenn du mit „unserer“ Kultur Europa meinst, so hat das Christentum sowenig wie die anderen monotheistischen Religionen seinen Ursprung in Europa. Das ist ja wohl zuuu offensichtlich!
Ich gehöre nicht zu denen, die antichristliche Propaganda betreiben und schon gar nicht nachplappern, denn ich zähle mich zu den denkenden Menschen!
Was du im Lateinforum suchst, ist mir völlig unklar, so negativ wie deine Meinung über die römische Kultur ist, die sicherlich nicht nur lobenswerte Seiten hat. Der Katholizismus darf aber ganz gewisss nicht den moralischen Zeigefinger heben, und ganz bestimmt nicht in der heutigen Zeit!
Leute, die den Ex-Papst Ratzinger als Ketzer bezeichnen, hören sich für mich gefährlich an, denn er gilt ja ganz offiziell als konservativ.
Deine Sprache/Formulierungen und deine Ansichten überschreiten eindeutig die Grenzen meiner Toleranz!
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
PS: Falls die gefährlichen Elemente im Christentum zunehmen/zunähmen, würde ich mich genötigt fühlen, antichristliche Propaganda zu betreiben, was mir nicht leicht fiele, aber unumgänglich erschiene.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich habe gerade in den Trailer geschaut, für Strenggläubige ist das, glaube ich, nichts. ;-)) Leider muss ich erst meinen Rechner aufrüsten, bevor ich mir Filme anschauen kann. Zwar habe ich das zur Bedingung gemacht beim Kauf meines Laptops, aber heute wird man ja öfter über den Tisch gezogen. Leider!
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich habe das Hörbuch gehört - beim Umzug, sonst lese ich ja.
Zuerst habe ich es für ein Charismatiker-Buch gehalten, dann für platt, zuletzt für „ganz nett“.
Aber nein, für Strenggläubige jeder Denomination ist das nichts. Es sei denn, sie haben Humor und eine Prise Selbstironie.
Euer Gespräch fand ich toll.
Vor einiger Zeit hat mich mal ein Amerikaner gefragt, was an unserer Kultur eigentlich jüdisch-christlich ist, mit der Betonung auf „jüdisch“. Ich denke immer noch darüber nach.
Jetzt überlege ich gerade, was an „unserer“ Kultur christlich ist. Außer der Selbstverständlichkeit, mit der man Kinder tauft und (Kon)firm(ier)t, mit der man Weihnachten und Ostern feiert. Trotzdem beklagt jeder beliebige Radiopfarrer, dass die Inhalte und die Lebenseinstellung in der Bevölkerung verloren gegangen sind. Trotzdem gehört es zum Allgemeinplatz einer mittelmäßigen Predigt und einer schlechten Diskussion zwischen Verschiedengläubigen, dass es sich nicht um das Fundament, sondern um die oberflächlichste Oberfläche unserer Kultur handelt, so zu handeln.
Je mehr ich darüber nachgedacht habe, desto mehr komme ich zur Überzeugung, dass das Fundament unserer Kultur nicht christlich ist. Vielleicht war es das mal, aber weder Pferdefleischskandal noch Börsencrash, weder Hartz IV noch Leiharbeiter, weder G8 noch G9 oder Exzellenzinitiativen gehören zu einem christlichen Fundament. Autobahnen, Smartphones und Medienecho zum Papstrücktritt ... da sehe ich kein christliches Fundament.
Wo könnte das auch liegen? Barmherzigkeitskultur, Vergebungsbereitschaft, Primat der Nächstenliebe?
Ceterum censeo scripta antiquitatis legenda esse ob exempla virtutis et ob humanitatem.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Historisch gesehen kann man erst einmal feststellen, dass das Christentum seine Wurzeln im Nahen Osten hat und nicht hier.
Dann wäre, wie immer, zu unterscheiden zwischen Ideologie und Praxis. Und bevor man mit großen Idealen wie „Liebet eure Feinde, tuet wohl denen, die euch hassen“ um sich wirft, sollte man erst einmal Mindeststandards einüben, also ein bisschen Fairness, ein bisschen Rücksicht, ein bisschen Verständnis, usw.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Christlich geprägt erscheint mir weniger unsere Gegenwart (die ist eher heidnisch) als vielmehr unsere Tradition - wobei diese Tradition allerdings eine immer geringere Rolle spielt. Geschichtskenntnisse reichen, wenn’s hoch kommt, bis zum Nationalsozialismus.
19. Jahrhundert? Da muß man schon aus einem Geschichts-LK kommen. Mittelalter und Antike sind im Stoff des Zentralabiturs, jedenfalls in NRW, nicht einmal mehr vorgesehen.
Gibt es nicht irgendetwas in der Gegenwart, was - wenn auch in verwässerter Form - auf den christlichen Glauben zurückgeht? Vielleicht die Idee, daß wir alle nett zueinander sein sollten? Aber so christlich ist diese Idee gar nicht, wenn ich beispielsweise an Luthers Konzept der scharfen Barmherzigkeit denke. Insbesondere die Hölle als Bestandteil unserer Tradition ist in der Gegenwart weitestgehend verschwunden.
Falls jetzt jemand erwidern sollte: Ich glaube an die Hölle! Ich bin durch und durch Christ! - ich rede über den Mainstream.
Daß alles irgendwie vorkommt, aber nichts mehr alleinbestimmend oder wenigstens dominant ist, erinnert mich eher an die spätantiken polytheistischen (i.e. heidnischen) Gesellschaften.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Genau, das ist doch der Kernpunkt, der auch ohne irgendeinen Glauben möglich ist. Für mich gibt es zwei Hauptpunkte „Respekt“ und „Hilfsbereitschaft“. Vielleicht kann man da auch einen Bogen zu den Christen mit J. Sebastian Bach spannen: Jesus bleibt meine Freude: http://www.youtube.com/watch?v=LvejBT1K84s
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Die Verbindung verstehe ich jetzt nicht: Du schreibst, Respekt und Hilfsbereitschaft geht auch ohne irgendeinen Glauben, was mir unbestritten erscheint, verweist dann aber auf „Jesus bleibt meine Freude“. ???
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Das ist sicherlich auch ohne christlichen Glauben möglich - ich meine sogar, daß diese Idee nicht einmal sehr christlich ist. Zur christlichen Tradition gehört immer auch ein gewisse Schärfe, eine Militanz: Kreuzzüge, Inquisition, Luthers „scharfe Barmherzigkeit“, Hexenverfolgung. Ecclesia militans eben.
Ich vermute sogar, daß man bei einer genaueren Analyse der Person Jesu, wie sie in den Evangelien überliefert ist, feststellen wird, daß das Prädikat „nett“ nicht gut zu ihm paßt. Die Geldwechsler im Tempel haben ihn sicherlich eher als rabiat erlebt, und die Szene mit dem von ihm verfluchten Feigenbaum habe ich m.W. schon einmal erwähnt.
Ich meine, daß er sich ca. 70mal in den Evangelien auf die Hölle bezieht.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
@paeda: Ich meine, wenn ein Gläubiger, die Grundprinzipien Jesu wirklich verinnerlicht, dann kommt man auch auf Respekt und Hilfsbereitschaft. Das kann man ihm nicht absprechen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich würde auch sagen, dass das Christentum viele Facetten hat. Schon mal Altes und Neues Testament sind zwei ganz verschiedene Bücher, weshalb das Alte Testament ja auch gemeinsame Grundlage aller drei monotheistischen Religionen ist.
Religionen werden nunmal immer auch instrumentalisiert wie alle Ideologien. Die eigentliche oder vorgegebene Botschaft und die dahinter stehende Absicht müssen nicht identisch sein. Schade eigentlich!
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
warum sollten wir alle nett zueinander sein ?
und wieso soll ich Respekt vor allen möglichen Holzköpfen, bigott oder nicht, haben?
Über die Grenzen der Toleranz haben auch schon Berufenere als ich geschrieben.
Und: Jesu meine Freude ist von Joh. Franck, „bleiben“ kommt im Text nur ganz am Schluss vor (könnte von ondit sein):
Duld ich schon hier Spott und Hohn,
Dennoch bleibst du auch im Leide,
Jesu, meine Freude
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Du kannst ja auch nicht nett sein, arbiter, wenn du dich dabei wohl fühlst. Toleranz ist auch eine eigene Definitionsfrage: Wie weit geht sie bei einem persönlich? Wo ist die Schwelle? Genauso ist Holzkopf eine eigene Definition, wann geht dieser bei dir an?
Du scheinst Menschen sehr schnell in Schubladen einzuteilen. Man sollte sich auch immer selbst überprüfen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Darin kann man zwar Respekt & Hilfsbereitschaft finden, aber doch nicht nur. „Voll Zorn übergab ihn sein Herr den Folterknechten, bis er die ganze Schuld bezahlt hätte.“ Da ist auch viel Härte gegenüber dem unbußfertigen Sünder drin, oder?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Schon, aber ich denke, wie bei vielen Gleichnissen in der Bibel, ist die Grundaussage entscheidend. Märchen für Kinder mit durchaus guter Kernaussage können manchmal auch grausam sein.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Die Geschichte über Schuld und Vergebung lässt einige Fragen aufkommen, z. B.
- Wie kommt es zu Schuld und Verschuldung?
- Hat der Protagonist typisch gehandelt, oder ist es nicht vielmehr so, dass Menschen dazu neigen, ihre jeweiligen Erfahrungen weitergeben? Warum hatten Verbrecher so oft eine schreckliche Kindheit?
- Warum soll es Könige und Knechte geben?
- ???
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Als Christ glaube ich, im NT - und insbesondere in der Bergpredigt - erkennen zu können, wie Gott die Welt gemeint hat. Danach sollte ich möglichst handeln. Tue ich das nicht, ist das einerseits nachteilig für meine Mitmenschen (wenn ich meine Frau betrüge, rachsüchtig oder geldgeil bin etc.), es ist aber eben - christlich gesehen - auch ein Verstoß gegen die göttliche Schöpfungsordnung. Ein solches Verhalten wäre mithin das, was man so Sünde nennt.
In dem Zusammenhang meint das Gleichnis, dass meine Schuld Gott gegenüber aus genau diesem persönlichen Versagen heraus in aller Regel immer größer ist, als die Schuld meiner Mitmenschen mir gegenüber. Das bezieht sich erst 'mal auf das ganz normale Miteinander und nicht auf extreme Gewalterfahrungen o.ä. und dürfte auf das Leben der meisten von uns zutreffen.
Und: Gleichnisse sind doch immer aus der Lebensrealität der damaligen Zeit genommen, damit sie auch für ungebildete Hörer verständlich waren. Könige und Knechte waren nun 'mal gesellschaftliche Realität und damit ein buntes Beispiel aus dem Leben.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
@Matthias
als Christ wirst Du mir sicher vergeben, daher erlaube ich mir zu bemerken, dass Du (schon wieder) Unsinn redest.
„Die meisten von uns“ glauben mitnichten an eine Schuld an Gott, weil sie nicht an Deinen Gott glauben.
Und das Gleichnis sei aus dem Leben gegriffen ? Welcher König leiht/lieh einem Knecht (!) umgerechnet 500 Millionen, und wofür, um sie dann ganz einfach mal so in den Wind zu schreiben ? Und dazu die Gleichsetzung von Schulden und (moralischer) Schuld: Bibeltypischer Unsinn, den Du aber Gottseidank ja nicht Deinem Jesus, sondern Deinem tumben Namensvetter anlassten musst.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Kann es sein, daß niemandem auffällt, was der Herr mit dem bösen Knecht letztendlich macht? Und das unter dem Gleichnismotto der Barmherzigkeit und des 70x7maligen Verzeihens!
Und dann die Drohung an uns: „So wird auch mein himmlischer Vater mit euch verfahren, wenn nicht ein jeder von euch ... verzeiht.“
Wenn du nicht barmherzig bist, dann wird Gott dich ganz unbarmherzig den Folterknechten (der Hölle) übergeben.
Was ist denn das für ein Vorbild? Was ist das für eine Erziehungsmethode unseres himmlischen Vaters?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Mit der Logik hat es die Bibel bzw. deren Interpreten nicht. Manches ist vielleicht wie ein Koan: Höre das Klatschen einer Hand.
Immer wieder versuchte ich zu verstehen, wie wohl solche Widersprüche aufzulösen wären: Gott schuf die Menschen nach seinem Ebenbild, aber dann sind sie mehr böse als gut. Gott ist unsterblich, die Menschen sind sterblich. Gott, obwohl der Gott, ist ungeschlechtlich - oder ist er doch männlich? - während seine Geschöpfe in zwei verschiedene Geschlechter aufgeteilt sind. Man könnte viele Fragen stellen, auf die man keine vernünftige Antworten findet, wenn überhaupt. Für viele Christen/Gläubige, wenn nicht die meisten, sind sogar die Fragen unverständlich oder frevelhaft, obwohl sie sich mir geradezu aufdrängen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Eigentlich wollte ich mich aus eurem Disput raushalten, denn der hat euch alle erkenntnistheoretisch nicht um den Bruchteil eines Mückenschisses weitergebracht. Wenn aber ein sich als oberschlau gerierender Mensch nicht einmal in der Lage ist, Matthias und den Evangelisten Matthäus auseinanderzuhalten, dann gibt das mir doch zu denken.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
@ paeda
Wie funktioniert einen hierarchiefreie Gesellschaft? Gar nicht, oder? Das Problem ist ja in der Regel auch nicht, dass es ein „oben und unten“ gibt, sondern die Art, wie es gelebt wird - vor allem von „oben...“
@ arbiter
Der Witz an dem Gleichnis ist das völlige Missverhältnis zwischen den geschuldeten Beträgen. Daher die verwendete Hyperbel, derer es in Jesu Gleichnissen viele gibt.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
„Eine hierarchiefreie Gesellschaft funktioniert nicht“ ist die Antwort der Herrschenden, weil sie ansonsten ja keinen Nutzen aus den Beherrschten ziehen könnten.
Aus christlicher Sicht, die ja auf Nächstenliebe abhebt, ist es aber für mich ein eklatanten Widerspruch, wenn wenige Menschen über viele herrschen mit der tendenziellen Absicht, sie zu versklaven, wenn es ihnen nur Vorteile bringt. Kann ein wahrer Christ so etwas befürworten?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Nein, nein. Der Herr will nicht, daß wir vergeben, sondern daß wir 77x7mal vergeben! Davon ist er selber ja nun aber weit entfernt. Außerdem ist seine Reaktion auf Unbarmherzigkeit von einer extremen Unbarmherzigkeit.
Dieses Gleichnis enthält eine seltsame Mischung von Barmherzigkeit und knallharter Vergeltung.
Vielleicht lautet die Meta-Botschaft: du wirst behandelt werden, wie du gehandelt hast.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Das sind gute Fragen. Erstaunlich, was einem alles nicht auffällt an Texten, wenn man etwas Bestimmtes lesen will ... und etwas anderes nicht.
(Das geht mir selber auch oft so.)
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ein „wahrer Christ“ zu sein, würde ich mir nicht anmaßen zu behaupten. Zur Frage: Dass da jemand sein sollte, der den Staat lenkt und fürs Gemeinwesen verantwortlich ist, halte ich schon für unentbehrlich und zu (vergangenen) Zeiten einer sozialen Marktwirtschaft hat das ja in unserer Demokratie auch weitgehend geklappt.
(Außerdem: Gab’s in der Geschichte der Menschheit jemals den funktionierenden Gegenbeweis einer Gesellschaft ausschließlich „Gleicher“? Da schweifen wir allerdings gerade noch etwas weiter vom Thema ab...)
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Sehr interessant, was ich gerade lese... ich glaube, dass ich mich auch viel zu wenig direkt mit der Bibel beschäftigt habe. Insbesondere danke ich Graeculus für die interssanten Fragen. Bist du ein Philosoph? So wirkt es fast.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Du hast auch gute Beispiele genannt und vieles beleuchtet, was ganz offensichtlich widersprüchlich ist.
Es geht mir nicht darum, Christen fertigzumachen. Nur hätte ich für mich gerne eine Überzeugung, die stimmig ist und auch mit der Vernunft in Einklang zu bringen ist. Das Bibelmaterial eignet sich dafür irgendwie nicht, zumindest nicht als Ganzes.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
@ Graeculus:
Insgesamt zielt Jesu Botschaft doch auf eine Liebe dem Nächsten gegenüber ab, die nicht zählt und rechnet, auf eine Großherzigkeit, die sich nicht an Gesetzesparagräphchen klammert (wie weit ist unsere Kirche heute davon manchmal entfernt...)
Wenn ich meinem Bruder 7x vergebe und bloß darauf warte, dass er sich das 8x Mal mir gegenüber versündigt, dann ist an meiner Haltung 'was falsch - weil ich selbst der Vergebung bedarf, die ich nicht aus eigener Kraft erlangen kann und die mir nur geschenkt werden kann. (Das ist im Zwischenmenschlichen nicht anders.) Die Wendung „77x7“ zielt nicht darauf ab, höher und weiter zu rechnen, sondern darauf, mit der Zählerei aufzuhören, meine Einstellung zu ändern und dem Bruder wirklich zu vergeben.
Die Reaktion des Herrn (Gottes) mag da hart erscheinen. Andererseits fordert Jesu seine Hörer ja auch an vielen Stellen zu einer Entscheidung auf, das ist bei diesem Gleichnis nicht anders. Ich kann vergeben oder nicht und muss so oder so die Folgen tragen. Das passt vielleicht nicht zu einem modernen Flauschi-Schmuse-Gottesbild, wie wir’s inzwischen zu hören gewohnt sind, aber so ist nun 'mal der Gott der Bibel: Er schenkt mir den Himmel, aber er zwingt ihn mir nicht auf.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Man müsste erst einmal definieren, was man unter „gleich“ versteht. Sicherlich nicht, dass jeder dieselbe Aufgabe und dieselbe Position hat. Ungleichheit wird aber vor Allem dadurch geschaffen, dass unterschiedlich bewertet wird, und in manchen Gesellschaften und Zeiten SEHR unterschiedlich. So unterschiedlich, dass es Könige und Knechte gibt.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
vgl.
„Matthias ist eine Kurzform des biblischen Namens (griechisch) Mattatias, der wiederum vom hebräischen Namen Mattitjah(u) abgeleitet ist. ...Die Namensform Matthäus leitet sich von demselben hebräischen Namen ab.“
Relativ entspannt sehen wir dem Ergebnis Deines versprochenen (angedrohten?) Denkprozesses entgegen
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich würde meinen, dass kultiviertes, zivilisiertes Verhalten oder wie immer man es nennen möchte, den Menschen als solchen auszeichnen sollte. Warum in alles in der Welt sollte er sich sonst auf seinen „höheren“ Entwicklungsstand etwas einbilden wollen?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Es ist somit offenkundig, dass du nicht im Geringsten dem katholischen Glauben anhängst. Dir ist es egal, dass Ratzinger & Co. Häretiker sind und somit laut unfehlbarer Kirchenlehre keine Päpste sein können. Dir kommt es schlicht und ergreifend nicht auf die Wahrheit an, dich interessieren somit auch keine Dogmen. Du bist also selbst ein Modernist und stehst gemäß Kirchenlehre außerhalb der Kirche, welche die einzige Arche des Heils ist.
@paeda:
Sieh, das sind zwei unterschiedliche Dinge, die Du hier vermischt. Aus der Tatsache, dass die katholische Religion das Fundament der abendländischen Kultur und insbesondere auch etwa des deutschen Volkes ist (beides ist inzwischen praktisch ausgerottet), folgt nicht, dass diese Religion ihren Ursprung in Europa hat.
Nun, das tun alle. Darauf kommt es nicht an.
Das könnte ich von dir ebenso behaupten. Latein ist untrennbar mit der katholischen Kirche verbunden und deshalb überhaupt kulturell relevant. Im Übrigen habe ich gewiss nicht behauptet, eine „so genative Meinung über die römische Kultur“ zu besitzen; dies ist eben lediglich dein eigener Trugschluss. Offen gesagt glaube ich auch nicht, dass du sonderlich bewandert in der römischen oder einer sonstigen Kultur bist. (Nichts für ungut, lediglich eine Einschätzung aufgrund diverser Faktoren.)
Doch.
Hach ja, dem kann ich nur entgegnen: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Es führt schlichtweg zu keinem brauchbaren Ergebnis, von Dingen zu reden, von denen man nichts versteht.
Schönen Abend!
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Schlimm finde ich solche Antworten, da sie die Intoleranz gegenüber anderen Meinungen widerspiegeln, Ignatius. Bist du selbst tolerant, außerhalb deines fixierten Glaubens...eher nicht.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Immer wieder übersehe ich einen Beitrag bzw. hätte ihn fast übersehen.
Also, in diesem Fall bin ich optimistischer: Ich denke, wenn wir uns streiten, haben wir durchaus ein Eigeninteresse, nämlich unseren eigenen Standpunkt auf Standhaftigkeit hin zu prüfen. Wenn es nicht mehr interessant ist, klinkt man sich ja aus, denke ich. Solange es noch „Zündstoff“ gibt, wird gefeuert (meine ich nicht martialisch, eher im Sinne von Feuerwerk, naja).
Diskussionen sind gut und nötig. Geschwiegen wurde viel zu lange, wenn man von den 68ern absieht, von denen die Jungteilnehmer hier ja nichts mehr mitbekommen haben.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich bin keine Schusterin! Das Sprichwort könnte aber für jeden ein guter Rat sein, der sich zu weit aus dem Fenster lehnt und dem die Hybris zu Kopfe steigt.
Wenn denken nicht zählt, worüber streiten wir dann?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Was meinst du mit tolerant sein? Ich würde eine Person nicht aufgrund seines anderen Glaubens verachten, sondern schätze Menschen verschiedenen Glaubens für ihre jeweiligen Qualitäten. Meine „Intoleranz“ ist nichts anderes als Logik, die festhält, dass von zwei Dingen, die einander vollständig widersprechen, nicht beide richtig sein können. Ich erkenne eine Meinung, die meinem Glauben widerspricht, lediglich nicht als richtig an, das ist alles! Und Dies kann nicht anders sein, da letzterer es mir schlichtweg verbietet. Im Übrigen findet sich dasselbe Prinzip findet sich permanent überall wieder, sei es im Christentum, im Atheismus oder beliebigen anderen Systemen. Gleichzeitig ist es freilich Mode, so zu tun, als könnte alles unter einen Hut gebracht werden, als sei alles gleichwertig und nicht mehr oder weniger falsch oder richtig. Dies widerspricht m.E. aber der natürlichen Vernunft.
Doch, durchaus. Meine „Intoleranz“ betrifft ausschließlich Glaubens- und damit unmittelbar zusammenhängende Dinge. Und wenn, wie im Falle ODITs, mir jemand begegnet, der katholisch zu sein behauptet, so begegne ich ihm (und nur ihm) im Rahmen des Katholischen, nämlich mit dem Verweis auf die Lehre der Kirche.
@paede
Auch diese deine Schlussfolgerung ist verkehrt. Denn nachdem du schriebst, du zählest dich zu den denkenden Menschen, entgegnete ich, dass dies alle tun und dass es darauf - nämlich auf die Selbsteinschätzung des Menschen - nicht ankommt.
Worüber wir streiten? Ich glaube, es ging dir um das Fundament „unserer“ Kultur und um Intoleranz, damit verbunden auch um meine Wenigkeit...
Wie dem auch sei!
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Wärst du so freundlich, ein Indiz für deine Behauptung zu liefern? Lediglich ONDIT sollte sich von meinem Bekehrungsversuch angesprochen gefühlt haben. Bitte sachlich bleiben.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Auch wenn du mir jegliches Kulturverständnis absprichst und vermutlich nicht geneigt bist, dich mit so jemandem abzugeben, hätte ich (vorläufig) noch zwei Fragen:
Wie kommt es, dass der zurückgetretene Papst gewählt wurde und acht Jahre im Amt blieb, wenn er laut dir kein rechtmäßiger Papst war?
Wie sieht die Logik eines Hardliners der Katholischen Kirche aus?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Deine Frage impliziert, dass Ratzinger Papst war. Die antwort ist: Er war es zu keinem Zeitpunkt. Er war auch niemals Kardinal oder auch nur Bischof (dazu fehlt ihm eine gültige Bischofsweihe). Vielleicht ist seine Priesterweihe gültig gewesen. Aber jeder Priester muss bei dabei einen Antimodernisteneid leisten. Sofern Ratzingers Priesterweihe gültig war, hat er ebendiesen Eid tausendfältig gebrochen. Um Papst (römischer Bischof) zu sein, ist es erforderlich, den katholischen Glauben zu halten. Diesen hat Ratzinger - wenn er ihm überhaupt jemals anhing - vor über einem halben Jahrhundert abgelegt. Er war schon unter Papst Pius XII. als Modernist bekannt und ist zudem maßgeblich am ungültigen „Zweiten Vatikanischen Konzil“ beteiligt gewesen, welches offiziel Häresien gegen den katholischen Glauben lehrte und die katholische Religion auf der ganzen Welt so gut wie ausgerottet hat. Man kann nicht Modernist sein und zugleich Katholik, kein Häretiker und zugleich Papst.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Danke für die Antwort. Meine entscheidende Frage war aber: Wie kommt es, dass Benedikt XVI unter solchen unrechtmäßigen Bedingungen gewählt wurde und sich acht Jahre lang auf dem Stuhl im Vatikan halten konnte? Ist die ganze Kirche marode? Dann hätte sich das Thema ja auch erledigt.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Scheinpapst Benedikt XVI. wurde von Ketzern zum Haupt einer antichristlichen Sekte gewählt. Das ist im Prinzip das Gleiche wie im Falle der Ernennung irgendeiner Dame zur „Bischöfin“ der „Evangelischen Kirche Deutschlands“. Kasperletheater, mehr nicht. Alle sogenannten Kardinäle der neurömischen Sekte sind Häretiker und können überhaupt keinen Papst wählen. Laut katholischer Lehre kann jemand, der vom Glauben abgefallen ist (ein Akt des Abfalls wäre beispielsweise das Küssen des Koranbuches oder das gemeinsame Beten mit Nichtkatholiken), nicht gültig wählen.
Die Kirche ist nicht marode und kann dies nicht sein. Sie ist lediglich radikal geschrumpft, mehr noch als in der arianischen Krise (aus der sie umso gestärkter als Sieger hervorging). Während des Arianismus waren beinahe 100% des gesamten Klerus vom katholischen Glauben abgefallen. So, und sogar viel schlimmer, steht es heute. Wie die Kirchen(gebäude) damals von Häretikern besetzt waren, so sind sie es auch jetzt. Rom (der Vatikan) ist vollständig von Häretikern besetzt.
Fast alles, was du aktuell über die katholische Kirche hörst, siehst und ließt (egal, ob es wahr oder von den Medien bewusst falsch dargestellt wird), hat nichts mit der katholischen Kirche zu tun. Das klingt für einen Außenstehenden unglaublich, ist aber anhand der Lehre der Kirche ganz unzweifelhaft festzustellen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Im Übrigen:
das, was wir heute als „christliche Kirche“ kennen, egal, welche confessio oder West- Ost-,
ist das Ergebnis des etwas mehr oder weniger sanft ausgeübten Drucks des Kaisers Konstantin,
der auf eine Dogmatisierung der christlichen Lehre bestand und durchsetzte...
Spätere Strömungen (Orthodoxie, Katholizismus) entstanden später durch verschiedene „Interpretationen“,
und um den Streit um den Vorrang...
:-p
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Danke für die Bekundung deines Halbwissens, werter Bibulus. Es bestätigt, was ich immer wieder sage: Menschen reden gern von Dingen, von denen sie nichts verstehen.
Gute Nacht!
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Drei Fragen an Ignatius - zur besseren Einordnung Deiner Position:
1. Gegen welche kirchenrechtlichen Grundsätze sollen die Päpste seit Johannes XXIII. sowie das Zweite Vatikanische Konzil verstoßen haben? (Bitte möglichst mit genauer Angabe gemäß CIC)
2. Wer ist befugt, darüber zu urteilen, ob hier (angebliche) Päpste und ein (angebliches) Konzil geirrt haben? (Bitte ebenfalls mit genauem kirchenrechtlichen Beleg)
3. Bist Du selber, Ignatius, in dieser Frage (a) Ankläger, (b) Richter oder (c) kirchenpolitisierender Laie?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Was vielleicht, langfristig gesehen, das größte Unglück war, das dem christlichen Glauben widerfahren konnte: Die Verwuickung Glaube und Macht, die damals ihren Anfang nahm mit allen unseligen Folgen bis zum heutigen Tage...
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Da selbst Bibulus des Unwissens bezichtigt wird, scheide ich an diesem Punkt aus der aktiven Diskussion aus, verfolge sie aber gerne weiter, denn auf die Antworten der Fragen Graeculus' bin ich sehr gespannt, falls sie erfolgen.
Die von Matthias angedeutete Wende des christlichen Glaubens wäre auch ein interessanter Diskussionspunkt. Andererseits weiß man nicht, ob das Christentum ohne Macht- und Hierarchieinstanzen überlebt hätte.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich habe auch eine Frage an Ignatius. Und zwar eine Informationsfrage, mehr nicht.
Du hast den Antimodernisteneid angesprochen, der von Pius X eingeführt und von Paul VI abgeschafft wurde, wie ich in der Wikipedia lese. Da habe ich mich dann gefragt, ob und wenn ja warum Du der Meinung bist, dass die Entscheidung des einen Papstes über der des anderen steht.
Es ist nicht so, dass diese Frage entwaffnen soll oder angreifen, sondern, dass ich mich sehr für religiöse Richtungen interessiere und ihr Denken nachvollziehen will. Deshalb ist es eine reine Bitte um Information. Du hast es ja sicher nicht gerne, wenn man Dir ungefragt E-Mails schickt, oder?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Da keine von beiden Entscheidungen ex cathedra erfolgte, das jener Pius IX, soweit ich Wikipedia verstehe, zur Bedingung von unfehlbaren Glaubenssätzen machte, der den Antimodernisteneid vorbereitet hat, kann eine Unfehlbarkeit in Glaubensdingen eines der zwei beteiligten Päpste kein Kriterium sein.
Sollten sie dann nicht gleichwertig nebeneinanderstehen?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Der König/Gott erlässt die Schuld(en), die unbezahlbar hoch sind(6000 Denare, 1 Denar= 1Tageslohn), der Knecht ist nicht bereit, die relativ geringen Schulden zu erlassen. Aussagen: Gott vergibt jedem jede Schuld, wenn er ihn darum bittet. Du nennst es Härte, dass er den unbußfertigen Sünder bestraft; man kann es auch Gerechtigkeit nennen. Gott vergibt jedem jede Schuld und immer wieder. Das erwartet er auch von den Menschen. Darum beten wir: “Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern….“
@arbiter
Das ist ein Gleichnis! Die hohe Summe symbolisiert die unendlich Güte Gottes, der dem bußfertigen Sünder jedes Vergehen verzeiht.
@paeda
a) Ebenbild
Der Mensch ist einzigartig unter Gottes Schöpfung, da er einen körperlichen und einen unkörperlichen (Seele/ Geist) Teil besitzt. Er ist Gott ähnlich. Er ist vernunftbegabt und hat einen freien Willen.
b) Gott ist unsterblich, die Menschen sind sterblich.
Ein sterblicher Gott ist für mich ein Widerspruch in sich. Der Mensch ist ein Geschöpf, sein irdisches Leben hat einen Anfang und folgerichtig auch ein Ende.
c) Gott, obwohl Gott, ist ungeschlechtlich - oder ist er doch männlich? - während seine Geschöpfe in zwei verschiedene Geschlechter aufgeteilt sind.
Verschiedene Geschlechter gibt es nur unter den Geschöpfen. Gott ist ein geistiges Wesen. War es keine blendende Idee von Gott, zwei verschiedene Geschlechter zu schaffen? Hättest du einen besseren Vorschlag gehabt?
@arbiter
Für die Christen ergibt sich die Antwort aus ihrem Glauben. Alle Menschen sind Geschöpfe Gottes; daraus folgt, dass sie (die Christen) ihre Mitmenschen als Schwestern und Brüder betrachten (sollen) und Gott als den Vater aller Menschen(Vater unser…) Dieser Glaube sollte/muss auch das Verhalten gegenüber dem Mitmenschen prägen. Wie sich das im Leben des Christen äußern soll, ist in der Bibel in Gleichnissen(Der barmherzige Samariter), Reden und Begegnungen Jesu sehr anschaulich dargestellt. Und das geht über „ein bisschen nett sein“ weit hinaus. Wenn bei vielen Christen davon nichts oder nur wenig zu beobachten ist, so kann man das nicht dem christlichen Glauben anlasten. Übrigens: es gibt viele Nicht-Gläubige, die in ihrem Verhalten gegenüber dem Andern weitaus „christlicher“ sind als viele Christen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Entgegen meines Vorsatzes, mich aus den aktiven Diskussionen rauszuhalten, kommen immer wieder Fragen auf, die ich lieber in die Diskussionsrunde werfen will als mich mit ihnen allein abzuplagen.
Könnte der „Papst“ unfreiwillig zurückgetreten sein? In diesem Zusammenhang interessieren mich mehr machtpolitische Interessenstrategien als dass ich mich mit bestimmten Gruppierungen innerhalb der katholischen Kirche solidarisieren möchte. Allerdings favorisiere ich auch keine Konspirationstheorien, wenn sie nur spekulativ und medienwirksam auf Sensation bedacht sind.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Man sagt, er, der Theologe, der Theoretiker, sei so enttäuscht von den Enthüllungen, die jüngst die Medien erschüttert hätten, von den Dingen, die nicht so liefen, wie ein Theoretiker sie gebrauchen könnte, so enttäuscht also von den Intrigen im Vatikan, dass er zurückgetreten wäre.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Aber auch „freiwillig“. Wie hat er gesagt? „plena libertate“.Ich habe ein bisschen die Angst, dass Ignatius hier einen Nebenschauplatz aufmachen wird und unsere Fragen nicht beantwortet. Das wäre schade.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Was die Medien zutage fördern, was sie in ihrem eigenen Interesse ausschlachten und die Intrigen im eigenen Lager sind ja streng genommen drei ganz verschiedene Punkte.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
„Conscientia mea iterum atque iterum coram Deo explorata ad cognitionem certam perveni vires meas ingravescente aetate non iam aptas esse ad munus Petrinum aeque administrandum.“
Ich denke, das kann man von einem 85-Jährigen akzeptieren.
Verschieden Interna können natürlich auch eine Rolle gespielt haben.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
An großen Herausforderungen, die noch dazu von Intrigen begleitet sind, scheitern oft sogar (wesentlich) Jüngere. Ich könnte mir aber auch nicht vorstellen, dass ein Papst nach achtjährigem Pontifikat öffentlich verkündet, dass er wegen interner Intrigen zurücktritt.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Zum meinem Glück „non indiget nominatione, approbatione, confirmatione, assensu vel auctoritate Ignatii“ um hier mein „Halbwissen“ hier zu verkünden....
:-))
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Religion wird von den gewöhnlichen Leuten als wahr, von den Weisen als falsch und von den Herrschenden als nützlich angesehen.
So sagt Seneca (behauptet Edward
Gibbon).
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Vielleicht hat er einfach ein bisschen zu tun. Es ist ja nicht jeder täglich hier. Auch Ignatius von Loyola war ein Jahr in Manresa, ehe er sich der Inquisition stellen musste. Damit will ich nicht sagen, dieser Thread wäre ein Inquisitionsgericht.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
ich sehe keinen Sinn darin, einem am Glauben desinteressierten Menschen diesbezüglich zeitintensive Ausführungen zu liefern (es ist wie Perlen vor die Säule zu werfen). Allein die Möglichkeit, dass es irgendeinem anderen Leser zum wirklichen Nutzen gereicht, veranlasst mich, überhaupt zu antworten. Ich werde mich jedoch kurz halten.
Nicht der CIC (natürlich 1917), sondern das Magisterium ist der tatsächliche Arbiter, obgleich Neurom in vielfältiger Hinsicht gegen den CIC verstößt. Er kann aber nicht der Maßstab sein, und eine auf ihm aufbauende Argumentation wäre schwach, weil er selbst Veränderungen unterworfen ist - im Gegensatz zum Magisterium. Das ist jedem, der auch nur zu einem Fünkchen das Wesen der Kirche versteht, klar. Deine Grundannahme ist also bereits völlig falsch.
Deine sonstigen Fragen erübrigen sich damit auch. Entscheidend ist nämlich nicht das Urteil des Einzelnen, sondern das des Magisteriums. Beispielsweise erklärt dieses hinsichtlich des Wesens Gottes, dass die "Sacrosancta Romana Ecclesia (...) firmiter credit, profi-
tetur et praedicat, unum verum Deum omnipotentem, (...) Patrem et Filium et Spiritum Sanctum, unum in essentia, trinum in personis„ und dass sie diesbezüglich “quoscumque ergo adversa et contraria sentientes damnat, reprobat et anathematizat„ (Konzil von Florenz, Cantate Domino). Die neurömische Sekte lehrt dagegen offiziel auf ihrem Konzil gegenteilig, dass etwa “Iudaei tamen neque ut a Deo reprobati neque ut maledicti exhibeantur„ (Nostra aetate) und dass “(Musulmani) nobiscum Deum adorant unicum„ (Lumen gentium). Es ließen sich zahlreiche weitere Beispiele anhand der Dokumente des neurömischen Konzils anführen, zusätzlich dazu die “Enzykliken" der Scheinpäpste, ihre öffentlichen Akte des Glaubensabfall (z.B. Synagogenbesuch, gemeinsames Beten mit falschen Religionen, Küssen des antichristlichen Korans, bekundeter Glaube an die Evolutionslehre, Veranstaltungen von Götzendiensten in Assisi usw.)
Damit steht es ziemlich unzweifelhaft fest, dass Neurom nicht die katholische Kirche ist.
@Arborius,
ein Papst könnte bestimmte Dinge anders handhaben als einer seiner Vorgänger und somit entsprechende Entscheidungen fällen. Dies könnte auch das Ableisten jenes Eides betreffen (jedenfalls dann, wenn der Modernismus bereits beseitigt wurde und somit keine Bedrohung mehr darstellt, also etwas, was bisher nicht eingetreten ist), nicht jedoch seinen Inhalt. Das Problem an deinem Gedankengang ist, dass er der Tatsache nicht Rechnung trägt, dass ein Häretiker nicht Papst sein (ergo keinerlei Entscheidungen in der Kirche treffen) kann. Gegenpapst Paul VI. konnte den Antimodernisteneid so wenig „abschaffen“ wie die römisch-katholische Liturgie. Als Modernist war er bereits vor seiner scheinbaren Papstwahl automatisch exkommuniziert.
Ade!
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Sehr präzise erscheint mir die Auskunft nicht. Insbesondere weiß ich immer noch nicht, mit welcher Legitimation Ignatius sich innerhalb einer strikt hierarchischen Institution wie der katholischen Kirche das Recht zuspricht, über die Rechtmäßigkeit von Päpsten und Konzilien zu urteilen.
Aber als Sau darf ich natürlich nicht erwarten, daß mir Perlen geschenkt resp. vorgeworfen werden.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Umso mehr, da das Magisterium durch Konzil und Papst ausgeübt wird.
Nebenbei: Der neue Papst kann sich jetzt schon auf seinen Job freuen. Eine Kirche zusammen zu halten, wo die einen gerne lesbische Frauen zu Priesterinnen weihen und die anderen das Mittelalter zurück haben wollen, ist wirklich eine tolle Aufgabe. Manchmal wundert’s mich nicht, dass wir Katholiken vom Rest der Gesellschaft nicht so ganz ernst genommen werden.
Dazu das Bibelzitat des Tages: „Jedes Reich, das in sich gespalten ist, geht zugrunde, und keine Stadt und keine Familie, die in sich gespalten ist, wird Bestand haben.“ (Mt. 12,25)
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Auf die lutherische Freiheit eines Christenmenschen oder gar die Idee eines autonom-vernünftigen Individuums im Sinne der Aufklärung kann sich ja ein katholischer Traditionalist wie Ignatius gerade nicht berufen. Das hieße ja, den leibhaftigen Gottseibeiuns in die Kirche zu lassen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
@Matthias
Mt 16,18
Et ego dico tibi, quia tu es Petrus, et super hanc petram ædificabo Ecclesiam meam, et portæ inferi non prævalebunt adversus eam.
Mt 8,26
Quid timidi estis, modicæ fidei?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich habe einmal gehört, diese Stelle sei interpoliert und fehle in manchen Handschriften.
Das Problem ist nicht die christl. Botschaft, sondern das, was damit gemacht wurde und z.T. immer noch gemacht wird.
Ein weiteres Problem ist wohl die Evolutionstheorie: Die Evolution war/ist knallhart und kannte/kennt kein Erbarmen.
Gegen diesen Mechanismus kommt im Einzelfall auch
die christl. Nächstenliebe kaum an.
Es ist schwer zu glauben, dass (ein) Gott alle Menschen gleich liebt. Zu unterschiedlich sind die Startvoraussetzungen und Möglichkeiten im Leben des Einzelnen. Viele sind einfach zu einem beschissenen verurteilt, dem sie nicht entrinnen können-genetisch oder umweltbedingt.
C´est la vie.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
@ ONDIT
Auch wahr, entmutigen lassen müssen wir uns nicht - wenngleich ich mir eine lebendige Zukunft der Kirche hierzulande kaum ausmalen kann und ich mir überdies wünschte, wir Gläubige würden uns ein wenig mehr aufs Wesentliche konzentrieren: Neben allen Meinungsverschiedenheiten haben wir ja, so ganz am Rande, noch eine frohe Botschaft zu verkünden...
Übrigens: Welche lat. Bibelausgabe verwendet Du?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Weil wir zu einem befristeten und manchmal unglücklichen Leben „verurteilt“ sind, gibt es Religionen und Philosophien, die mehr oder weniger zufriedenstellende Antworten auf all die existenziellen Fragen offerieren: Leben im Jenseits, Nirwana nach dem Abtragen von Karma oder was auch immer. Diejenigen, die irgendetwas für wahrhalten können, sind vermutlich in der besseren Position.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Auch wenn Schopenhauer auf den Irrtum verweist, dem Menchen unterliegen, die an Offenbarungen glauben, so kennt er doch keinen Ausweg aus dem existenziellen Dilemma. Ich würde daher vorläufig meine Hypothese aufrechterhalten, dass Menschen die an irgendetwas glauben können, den Vorteil haben, dass sie sich nicht mit Fragen quälen müssen, auf die sie keine Antworten finden. Eine echte Wahl hat man aber, glaube ich, nicht: Entweder man kann glauben oder man kann es nicht (mehr).
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
D.h. der Vorteil des Glaubens ist, dass er einem Antworten gibt, die man 1:1 übernehmen kann? Aber das ist doch eine sehr „unaufgeklärte“, fast kindische Art des Glaubens, oder? Gibt es denn keinen Glauben, der einem einen Weg zeigt, wie man mit Fragen ohne Antworten umgehen kann?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Manche Menschen leben mit den Antworten ihres Glaubens und müssen nicht alles in Frage stellen. Ich gehöre nicht dazu und weiß nicht, ob ich mich dafür bedauern oder glücklich schätzen soll.
Fragen als solche haben die Tendenz, auf Antworten zu drängen. Man kann natürlich versuchen, mit offenen Fragen zu leben, d. h. es bleibt einem gar nichts Anderes übrig, wenn es entweder keine Antworten gibt oder sie nicht gefunden werden.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Oder wenn man erkennt, dass die Frage wichtiger ist als jede Antwort.
Das sind allerdings nur Sätze, die sich die Zeitgeschichte über immer weitergeben ... vielleicht, ohne jemals verstanden zu werden.
Eine Buchreligion ist ein Koan: Sie hat den Anspruch der unbedingten Gültigkeit, verschließt sich aber dem Verständnis durch Widersprüche und nicht Nachvollziehbares. Oder? ;-)
Schönen Abend noch. Iyi aksamlar.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Wunderbar. Da stellen Menschen, die nicht an Gott glauben - und ihn offenkundig auch nicht (mehr?) als Möglichkeit in Erwägung ziehen -, Mutmaßungen darüber an, aufgrund welcher persönlicher Defizite wohl die einen glauben (unbewältigte existenzielle Ängste) und aufgrund welcher verwerflicher Motive die anderen wollen, dass die einen glauben (Machtausübung). Was wär' das Leben ohne Klischees.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Keine Frage für sich kann für mich so bedeutend sein, dass sie ohne Antwort auskäme. Je existenzieller Fragen sind, desto bedrohlicher finde ich sie, wenn sie unbeantwortet bleiben.
Auch Koans sollen meines Wissens dazu dienen, Antworten zu finden, wenn nicht zur „Erleuchtung“ führen.
Selam et iyi aksamlar/geceler!
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Die Fragen nach dem Woher? Wozu? Wohin? sind doch äußerst existenziell. Die müssen doch für dich außerordntlich bedrohlich sein, da du als Agnostikerin keine Antwort siehst.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ita est, aber, wie gesagt, eine Wahl hat man diesbezüglich nicht. Man kann nicht einfach sagen, man glaubt oder man glaubt nicht. Entweder die Glaubensangebote sind hilfreich, d. h. geben Antworten auch auf die Fragen, die man als Individuum hat, oder sie sind/tun es nicht. Fragen einfach ausblenden nach dem Motto „Augen zu und durch“ kann ich nicht. Deshalb sagte ich ja auch, dass diejenigen, die an etwas glauben (können), möglicherweise im Vorteil sind.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Manche schreiben den Agnostikern Feigheit und Unentschlossenheit zu, auch in diesem Forum. Dies ist aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt, und zwar deshalb nicht, weil man nicht einfach sagen kann: „Ich glaube“ oder „Ich glaube nicht“. Die Geisteshaltung sollte ja authentisch sein und eine Überzeugung widerspiegeln.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Richtig, das geht nicht. Kein Willensakt aus eigener Kraft oder Vernunftentscheidung ist der Zugang zum Glauben oder wirkt den Glauben. Eng mit dem Glauben verbunden ist das Vertrauen; ohne das Vertrauen, das ich dem, der das Ziel meines Glaubens ist, ist der Glaube nicht möglich. Zu diesem Vertrauen gehört natürlich auch Mut. Vertrauen/„Glaube ist ein Wagnis“(Peter Wust).
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Mente victa, das scheint der entscheidende Punkt zu sein. Um zu glauben, muss der Verstand ausgeschaltet werden, und ich will das, GLAUBE ich, nicht. Glaube müsste mit meinem Verstand vereinbar sein. Um vertrauen zu können, müsste ich wissen, worauf ich mich einlasse. Mit blindem, naivem Vertrauen habe ich schon zu viele schlechte Erfahrungen gemacht!
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Was du verlangst käme dem Wagnis gleich, einem beliebigen Menschen sein Vertrauen zu schenken in der Hoffnung, dass dieser Mensch sich des Vertrauens würdig erweist bzw. es rechtfertigt. Wenn ich mich richtig erinnere, war das die Idee in Erich Fromms Buch „Die Kunst des Liebens“. Mir ist das Risiko (nach meinen Erfahrungen) zu hoch, entschieden zu hoch!
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Wem ist das nicht lieber? Aber in diesem Punkt wirst du keine „deiner Vernunft entsprechende“ Gewissheit bekommen. Im „wirklichen“ Leben geht es auch bei dir nicht immer ohne Risiko.
Ich möchte mal ganz banal antworten: Wer nichts wagt, der nichts gewinnt."
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Also geht’s doch um’s Pokern! Ich spiel mal Lotto, auch wenn ich weiß, dass die Chancen minimal sind, aber wenn ich nicht spiele, gewinne ich auf jeden Fall nicht.
Ein makabreres Beispiel: Als Muhaheddin sprenge ich mich in die Luft und reiße möglichst viele andere mit in den Tod, und wenn das, woran ich glaube, zutrifft, erwarten mich schöne Jungfrauen und andere Glückseligkeiten.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Mir fällt noch etwas dazu ein: Meine Großmutter sagte mir mal im hochbetagten Alter, nachdem sie mich gefragt hatte, ob ich an Gott glaube, dass sie es tue, und wenn es nicht stimme, habe sie nicht schwer daran getragen. Recht mutig, ganz ohne Zweifel!
Vielleicht ist es einfach eine Mentalitätsangelegenheit. Manche sind risikofreudiger als andere.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Nein, das, was ich weiter oben über Vertrauen und Glauben gesagt habe, beinhaltet kein Pokern. Glauben ist für mich kein blindes und naives Vertrauen, sondern sehr „vernünftig“.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Okay, ONDIT, mir ist nur nicht klar geworden, worin die Vernunft besteht. Ist es vernünftig zu glauben, weil es keine echte Alternative gibt? Weil die Alternative Abgründe verheißt? (Der Horror der Realität, um ein ernst zu nehmendes Forumsmitglied zu zitieren!)
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Wie oft bist auch du darauf angewiesen, anderen zu vertrauen und Risiken einzugehen.
„Wir vertrauen z.B. in die Wissensschaft, aber auch sie kann nicht alle Probleme lösen, alle Krankheiten heilen, jede Katastrophe verhindern. Wenn wir jemanden etwas leihen vertrauen wir darauf es wieder zu bekommen, aber auch hier werden wir so manches Mal enttäuscht. Wir vertrauen Ärzten und glauben, dass sie uns helfen und heilen können, was aber leider nicht immer der Fall ist. Wenn wir Auto fahren, vertrauen wir darauf, dass sich alle Verkehrsteilnehmer an die Vorschriften halten. Dem ist aber nicht immer so. Wenn ich in ein Flugzeug steige vertraue ich zum einen darauf, dass die Technik sicher ist und zum andern, dass der Pilot sein Handwerk versteht, aber sowohl die Technik kann versagen als auch der Mensch Fehler machen. Wir vertrauen darauf, dass sich die Naturgesetze nicht plötzlich ändern, aber wissen wir es mit Sicherheit, dass dies nicht passiert? Dies sind nur einige wenige Beispiele, die aufzeigen, dass wir täglich auf Dinge oder Menschen vertrauen, die unserem Vertrauen aber nicht immer gerecht werden. Und trotz aller dieser Unsicherheiten müssen wir immer wieder auf etwas oder jemanden vertrauen oder glauben. Wieso sollte es da unvernünftig sein an eine Existenz Gottes zu glauben und auf Ihn zu vertrauen?“
Al Rahmann
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich glaube, die Probleme, die darin liegen, daß man lebt ohne Wissen um das Woher und Wozu, werden leicht überschätzt. Nach meiner Erfahrung kann man sich an dieses eher schwebende Leben ganz gut gewöhnen.
"Ich komme und weiß nicht woher,
Ich lebe und weiß nicht wie lang,
Ich fahre und weiß nicht wohin,
Mich wundert’s, daß ich so fröhlich bin."
Ferner ist nach meinem Eindruck zu viel bzw. zu einseitig vom Mißtrauen oder Vertrauen gegenüber Gott die Rede und zu wenig von Mißtrauen oder, besser gesagt: Vorsicht gegenüber sich selbst. Wie viele Menschen sind schon damit auf die Nase gefallen, daß sie das, wonach sie sich gesehnt haben, mit der Wirklichkeit verwechselt haben - sog. Wunschdenken.
Ich habe ja schon gesagt, daß der Glauben viel mehr über den Glaubenden sagt als über die Wahrheit des Geglaubten. Wer glaubt, tut dies zunächst (denn wir reden ja hier nicht von einer rational induzierten Überzeugung), weil er Gott braucht. Weil er sich nach einem Leben in Gott sehnt.
Und das ist ein Grund, mißtrauisch zu sein - nicht gegenüber Gott, sondern gegenüber sich selbst.
Wunschdenken ist ebenso menschlich-allzumenschlich wie gefährlich.
Hoffnung und Liebe ... sind sie nicht des öfteren blind?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
P.S.: Wer Glauben an Gott mit einem irgendwie glücklicheren, befreiteren Leben gleichsetzt, sollte sich einmal mit der Biographie Sören Kierkegaards befassen. Oder mit dem Schicksal des Johannes Junius.
Ich vermute (ohne das beweisen zu können), daß es etwa ebenso viele sehr unglückliche oder glückliche Gläubige wie unglückliche oder glückliche Ungläubige gibt.
Das wäre jedenfalls einmal ein interessantes Thema für eine empirische Untersuchung.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Frage:
Läßt „Gott“ sich bestechen?
Bestechung durch „Glaube des Menschen an Gott“, duch „Befolgung von Riten“?
Dann wäre Gott doch nicht frei in seinen Entscheidungen und somit nicht allmächtig.
Macht Gott seine Entscheidungen davon abhängig, wie ein Mensch sich ihm gegenüber verhält?
Vermenschlichen und vernatürlichen die Menschen dadurch Gott nicht und nehmen ihm somit seine „Übernatürlichkeit“?
Entweder ist Gott allmächtig und völlig frei in seinem Handeln,
dann kann der Mensch machen was er will, er kann nächtelang um Gnade winseln oder völlig gleichgültig sein.
Oder Gott ist bestechlich und somit nicht allmächtig.
Nichts kann die „Entscheidungen“ eines allmächtigen Gottes beeinflussen,
daher nützen weder Kirchen- noch Tempel- noch Moscheenbauten,
noch Wallfahrten, noch so ausgeklügelte Katechismen und Liturgien.
Alles nur verzeifelte Versuche der Mneschen.
Der Mensch sollte sein Handeln auf sich selbst beziehen:
"Was du nicht willst, was man dir tut,
das füg auch keinem andern zu."
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Was man im 19. Jahrhundert sehr wohl schon einmal empirisch untersucht hat, ist die Frage, ob Gläubige (Menschen, die um Gottes Beistand beten), ein geringeres Risiko haben, bei Schiffsunglücken zu verunglücken - im Vergleich zu Ungläubigen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
@Graecule,
leider hat das 20. Jahrhundert dann in aller grausamste Weise gezeigt,
daß weder Gläubige noch Ungläubige von den „Ereignissen“ verschont blieben...
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Das überrascht mich jetzt nicht wirklich.
Bibulus' Fragen und Thesen und Schlussfolgerungen kann man eigentlich nicht so stehen lassen, aber ich möchte den thread nicht noch weiter spinnen.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich halte das schon für interessant, ob die hier suggerierte Behauptung, mit Gott sei man als Mensch besser dran, empirisch zu bestätigen ist. Es könnte sich dabei ja auch nur um ein Wunschdenken handeln.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Was bedeutet der von dir verwendete Ausdruck „Mach mir das Gretchen!“ Ich habe ihn noch nie gehört - bin Süddeutsche - und würde gerne meinen Wortschatz erweitern. Erklärst du mir’s bitte?
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Wenn deine Ketzerpäpste gültige oberste Bischöfe der katholischen Kirche sind, dann wurde sie bereits von den Pforten der Unterwelt überwältigt, und zwar aus einem einfachen Grund. Denn dann wäre die Kirche Gottes unter der sichtbaren Leitung von Häretikern, die offiziel Häresie lehren, also durch Irrlehren Seelen in die Hölle führen. Dann wäre das Magisterium aber nicht unfehlbar, sondern willkürlich den irdischen Moden ausgesetzt. Die Häresie hätte sich somit der makellosen Braut Christi bemächtigt.
Willst du wissen, was die katholische Kirche unter den Pforten der Hölle versteht?
„His ita cum omni subtilitate dispositis, in memoria tenentes promissiones de sancta ecclesia factas, et qui dixit, quod portae inferi non praevalebunt adversus eam, id est, HAERETICORUM MORTIFERAE LINGUAE“ (Constantinopolitanum II)
Also ebendas, wovon es in deiner neuen Sekte nur so wimmelt.
Es genügt nicht, zu bekennen, dass es einen Gott gibt. Dass es Gott gibt, weiß jeder Mensch, der seine Vernunft nicht zu Grabe getragen hat. Entscheidend ist, das offenbarte Wesen Gottes so zu zu glauben, wie es offenbart worden ist. Dein „Gott“ ist ein Götze, wenn er alle Menschen gleich liebt. Der katholische Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat, liebt nicht alle Menschen gleich. Nach seiner Fleischwerdung liebte er nicht einmal alle seine Apostel gleichermaßen. Der Herrgott liebt alle Menschen und will ihr Heil, aber er liebt Menschen, die in seiner Gnade stehen, mehr als Todsünder und Irrgläubige - die er schlussendlich kraft ihres eigenen Entschlusses in die Hölle schickt.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Zur Frage, was das Gespräch hier soll (filix):
Ich kann nicht für andere sprechen, aber für mich ist es ein Experiment, was passiert, wenn Gläubige und Ungläubige miteinander sprechen, ohne gleich nach zwei Minuten das Gespräch als sinnlos aufzugeben.
Mein erster, vorläufiger und sicherlich subjektiver Eindruck ist der, daß eher die Gläubigen die Tendenz haben, dieses Gespräch abzubrechen. Oft klingt dabei die Attitüde durch: Ich hätte ja noch die besten aller Argumente, aber ich sage sie euch nicht, weil das ohnehin nur hieße, Perlen vor die Säue zu werfen.
Ihren Anhängern sagen sie diese Argumente vermutlich auch nicht, weil die ja eh glauben ... sodaß wir diese Argumente wohl nie zu hören bekommen werden.
An paeda:
„Das Gretchen machen“ bezieht sich sicherlich auf Goethes „Faust“.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Mit Denken und Logik kommt man hier, glaube ich, nicht weiter.
Wenn ich vom Schöpfungsmythos ausgehe, hat Gott doch die Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen. An anderer Stelle wird davon gesprochen, dass die Menschen Gottes Kinder seien. Schickt man seine Kinder in die Hölle? Wären Gottes Ebenbilder nicht ebenfalls göttlich und damit Gott wohlgefällig? Kann sein, dass ich der katholischen Logik nicht folgen kann, aber in diesem Fall verzichte ich auch bereitwillig darauf.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich will mich in diesem Thread nicht weiter ausllasen.
Zum Schluß:
Wener Finck:
„Ich stehe hinter jeder Regierung, bei der ich nicht sitzen muß, wenn ich nicht hinter ihr stehe.“
Abgewandelt:
"Ich bin Feuer und Flamme für jede Religion,
bei der ich nicht brennen muß,
wenn ich nicht Feuer und Flamme für sie bin."
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Das Spiel heißt also „Wie habt ihr’s mit der Religion?“ Nicht falsch, so könnte man’s nennen!
Bist du mit ONDITs Antwort zufrieden, Bibulus? Er hat doch geschrieben, dass man deine Äußerungen nicht stehen lassen könne, sich jedoch mit weiteren Stellungnahmen zurückgehalten. ??
Dein Schlussvers soll der unendlichen Geschichte wohl doch einen versöhnlichen Schluss setzen. Ich nenne dich Nathan den Weisen! ;-)))
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Ich habe mir mal alle Argumente und Statements angeschaut...zum Teil war ich erschrocken, was ich da lesen mußte (Ignatius, aber auch Ondit). Ich muß ehrlich sagen, dass mir die vernünftigste Herangehensweise diejenige erscheint, die Graeculus vertritt. Er schaut mehr mit Abstand über die Dinge, denke ich.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Da in dem kürzlich gesendeten Film „Töte zuerst!“ am Ende der jüdische Philosoph Yeshajahu Leibowitz (1903-1994) zitiert und mit einem kurzen Filmausschnitt vorgestellt wurde, habe ich mir nochmals sein 1992 entstandenes, langes (170 Min.!) Filminterview aus dem Jahre 1992 angeschaut.
Ein ungemein kluger Mann!
Er unterscheidet zwischen Tatsachen (was ist) und Werten (was sein soll). Über Tatsachen könne man diskutieren und argumentieren, man könne empirisch belegen usw.; über Werte könne man nicht sinnvoll diskutieren und argumentieren; darüber könne man nur Krieg führen.
Und selbstverständlich gehören die Religionen in den Bereich der Werte.
Leibowitz war ein strikter Gegner der israelischen Besatzungspolitik und hat alle Soldaten, die zum Wehrdienst ins Westjordanland geschickt werden sollten, zur Wehrdienstverweigerung aufgefordert. „Sonst werdet ihr zu Mördern.“ Und das soll man nicht.
Das war seine Wertvorstellung.
Es schien mir so, als ob er den Krieg, den er für unvermeidlich hielt, aus seiner persönlichen Haltung heraus gleichwohl verweigere.
Sowohl dieses Interview als auch der Film „Töte zuerst!“ paßten sehr gut zu dem ebenfalls kürzlich gesendeten Film „Shahida - Allahs Bräute“ über palästinensische Selbstmordattentäterinnen. Bei denen war wirklich kein argumentatives Bein in die Tür zu bekommen! „Bei Ihrem Attentat ist eine schwangere Frau getötet worden. Sagt Ihnen das irgendetwas?“ - „Wenn Gott will!“
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Um einem Mißverständnis vorzubeugen: die oben zitierte Palästinenserin (eine Mutter von vier Kindern) hatte nur einen „Märtyrer“ zum Ort des Attentats in Israel gefahren - deshalb lebt sie noch ... in einem israelischen Gefängnis: dreimal lebenslänglich plus 30 Jahre.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Bei Gelegenheit dieses Films habe ich endlich auch einmal erfahren, womit eigentlich Märtyrerinnen im Paradies belohnt werden. Die Männer, wie bekannt: 72 Jungfrauen.
„Und die Märtyrerinnen“, sagte die Palästinenserin, „werden die Aufsicht über diese Jungfrauen führen!“
Es verschlägt mir die Sprache.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Erschreckend ist immer wieder, was im Namen der Religion (die christliche eingeschlossen) an Grausamkeiten passiert. Fanatismus ist immer ein Problem. Da kann Religion oder Weltanschauungen (siehe NS-Zeit/DDR/UdSSR) zu unmenschlichen Dingen führen. Erst eine aufgeklärte von Religion<--> Staat getrennte Bevölkerung mit entsprechenden freiheitlichen Hintergund kann so etwas vermeiden.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?
Lohnt sich. Unbedingt.
Das Leibowitz-Interview ist m.W. leider nicht im Netz ... bzw. nur mit einem 6-Minuten-Ausschnitt: hebräisch mit französischen Untertiteln.
Re: Warum schreibt Plinius der Jüngere eine Geistergeschichte?