gerade hörte ich im Fernsehen, dass die Vatikanbesucher den neuen Papst FRENETISCH gefeiert hätten. Ich kannte das Wort nicht, konnte es mir aber 1. denken und 2. ableiten. So glaubte ich zumindest, dass frenetisch vom lateinischen „frenetus“ kommt - also gezügelt.
Als ich dies bestätigt wissen wollte, schlug ich Wikipedia auf, suchte nach FRENETISCH und traf auf den Artikel „Wahnsinn“. Zitat:
Das Wort kommt also von φρενῖτις? Das ist doch griechisch und bedeutet ja Entzündung des Zwerchfelles. Das Zwerchfell hingegen galt als Sitz des Verstandes.
Kann man also festhalten, dass frenetisch von frenetus und das wiederum von φρήν kommt?
„late 14c., from Old French frenetike, from Latin phreneticus “delirious,„ alteration of Greek phrenitikos, from phrenitis “frenzy,„ literally “inflammation of the brain,„ from phren “mind, reason„ (from PIE *gwhren- “to think„) + -itis. The classical ph- was restored mid-16c. Related: Frenetically.“
Ja, ich spreche gerne Englisch :D Nein, es gibt ein gutes etymologisches Wörterbuch fürs Englische, das findest Du, wenn Du „english online etymology“ bei Google suchst. Ist ganz brauchbar, viel fragwürdiges hab ich darin nicht gefunden
PIE: Proto-Indo-European, the hypothetical reconstructed ancestral language of the Indo-European family. The time scale is much debated, but the most recent date proposed for it is about 5,500 years ago.
Sprich es aus, wie es dasteht, dann kommst du fast auf φρήν, also FRÄN ausgesprochen. Nur das „g“ ist irgendwie weggefallen :-D
Die Rekonstrukte der Indogermanisten sehen im Allgemeinen nicht aussprechbar aus. Es gibt auch teilweise die Meinung, dass sie überhaupt keinen Anspruch auf authenzität haben sollten, sondern eben lediglich Konstrukte aus „Variablen“ sind, aus denen sich jede einzelsprachliche Form ableiten lässt. Natürlich nimmt die Mehrheit trotzdem an, dass es auch so ähnlich geklungen haben muss, sonst wäre ja alles „für die Katz“, nur spiegelt das rekonstruierte Urindogermanische (bzw. PIE) jedenfalls keinen homogenen Sprachzustand wieder.
Was die Aussprechbarkeit anbelangt ist leider dieses Online Etymology Dictionary nicht sehr genau mit der Schreibung.
Es gab im Uridg. offenbar Labiovelare, das heißt Laute, die gleichzeitig Velare (e.g. [k]) und Labiale ([w]) waren.
Konkret: Versuche ein /k/ mit Lippenrundung zu sprechen und es kommt ein Laut raus, der nahe dem lat. <qu> ist und auch später im Lateinischen zum <qu> wurde. Im griechischen aber zum Beispiel war das labiale Element stärker, deswegen steht an manchen Stellen im Gr. <p>, wo das lat. ein <qu> aufweist. Man transkribiert diese Laute als gw und kw oder präziser als gṷ und kṷ.
Die stimmhaften Plosive konnten auch aspiriert sein (cf. die vielen Wörter mit -bh- im Indischen), dann schreibt man für gewöhnlich e.g. gh.
Nun gilt das auch für den Labiovelar, und es kommt zu einem gṷh, was zugegebenermaßen für uns wohl schwehr aussprechbar ist.
Zudem kommen Laute hinzu, die mit h1, h2 und h3 bezeichnet werden und für Laute stehen, deren Existenz sich logisch aufzwängt, aber deren Aussprache recht unbekannt ist.
Zur Unaussprechlichkeit vergleiche den Anfang dieser neuesten, „aktualisierte“ Version einer Fabel:
Fand ich auch zuerst befremdlich, weil Du fragst, hab ich mal schnell im Rolandslied nachgeschaut, da scheint die Schreibung mit <c> eindeutig vorzuherrschen:
Puis que il sunt as chevals e as armes,...
„Sobald sie zu Pferd und in Waffen sind“
aber:
Guardez amunt devers les porz d’Espaigne:
Veeir poez, dolente est la rereguarde; Ki ceste fait, jamais n’en ferat altre
"Schaut hinauf zu den Pässen von Spanien:
Ihr könnt [es] sehen: Die Nachhut ist zu bedauern.
Wer zu ihr gehört („sie macht“), wird niemals mehr zu einer anderen gehören („eine andere machen“).
(Übersetzung Reclam)
Das Pronomen „ki“ scheint interessanterweise immer mit <k> geschrieben zu sein:
Mal seit del coerki en el piz cuardet
[...]
Par nos í ert e li colps e li caples.
"Verflucht sei das Herz, das in der Brust verzagt,
[... ]
Wir werden es sein, die die Schläge austeilen und die Gefechte führen."
Danke, Clavileo. So interessant dein Gebiet ist, so schwierig und komplex ist es auch. Vielleicht wär’s mir doch zu anstrengend, aber gerne hin und wieder Proben!
ich nehm’s an... Franzosen wissen ja oft nicht, wie man ihre Sprache schreibt, und schreiben, v.a. im Chat etc. homophone grammatische Formen einfach falsch, wie j’ai aimer anstelle von j’ai aimé. Auch schon im Altfranzösischen findet man an manchen Stellen so eine Kraut-und-Rüben-„Ortho“graphie. Aber da müsste man einen Romanisten fragen...
Hätte nicht müssen, ist aber regelmäßig: valoir hat ja il vaut, nicht *valt oder so, altus heißt haut, niht *halt (mit <h> in Anlehnung an das germanische Wort?), calidus ist chaud, nicht *calde etc...
Regelstudienzeit 6 Semester fürn Bachelor, super :D
Wenigstens durf ich noch 9 Jahre aufs Gymnasium...
Danke, Clavileo. Sechs Semester ist ja nicht so lang, aber sicherlich willst du den Master machen. Wie bestehen die späteren Aussichten? In welchem Semester bist du jetzt?
Gibts für das Altfranzösische eine ähnliche Normalisierung wie für das Mittelhochdeutsche? Alles, was man so an Orthographie lernt, gab es da wohl nie.
Naja, in Aussicht steht die Uni. Beide Fächer sind sehr wissenschaftlich ausgerichtet. Ob ich in Indogermanistik den Master mach weiß ich noch nicht, weil ich mich dann eventuell auf die semitischen Sprachen konzentrieren will und vielleicht noch Arabistik hinzunehmen, aber das zeigt sich dann... Man kann halt leider nicht alles machen...