Hm. Die Vorlage sagt: „deine Tränen waren Kajal.“ Das ist ja für Jonathan das Problem. Mein Versuch läuft darauf hinaus, den Schmuck der Augen als tertium comparationis zwischen Kajal und Tränen aufzufassen.
Sicher bin ich mir natürlich nicht.
Also das ist ja bloß nen Songtext, ich weiß nicht...sind die grammatisch immer ganz ausgefeilt?!.....
Meine Interpretation
Da fehlt vielleicht einfach eine Präp.
z.B. deine Tränen waren AUS Kajal (eben weil er durch Kurt Cobains Tod durch die Tränen verlaufen ist und die Tränen, wie den Kajal, schwarz gefärbt waren)
Grammatisch natürlich naja...:D Man muss erstmal denken...vielleicht ist das die Absicht dahinter...
Also jenseits einer Theorie der Prädikation in lyrischen Texten wird die Stelle nicht aufzuklären sein. :)
Bei „Schmuck der Augen“ als t.c. geht alles Bildhafte, in diesem Fall alle (durch Tränen möglicherweise zudem verlaufene) Schwärze des Kajal flöten. Das Einfügen der Präposition ruiniert den Satz jedoch endgültig.
Ja, also erst einmal danke für die rege Teilnahme :-D Das Bild, was gezeichnet werden soll, habe ich natürlich auch verstanden, sh. Bilderlink von Filix.
Mir geht es rein um die Grammatik. Meiner Meinung kann das ja nur prädikativ funktionieren:
Cicero war Senator.
Deine Tränen waren Kajal.
Aber das haut dann wieder inhaltlich nicht hin. Ich dachte ja noch, dass KAJAL ein Adjektiv sein könnte:
Wie sind die Tränen? Sie sind kajal(isch) / (ver)kajal(t)!
Lyrik ist oft nicht leicht zu erschließen, und an Versen wie „Nah ist und schwer zu fassen der Gott“ oder „The harmonicas play the skeleton keys in the rain“ haben sich ja schon ganz andere die Zähne ausgebissen.
Letztlich kommt es wohl darauf an, ob Lyrik irgendetwas in einem anspricht - etwas, das auf einer tieferen Ebene liegen kann als das dem reflexiven Bewußtsein Zugängliche.
Den Bosse-Text finde ich nicht so anspruchsvoll und tiefgründig wie deine philosophischen Beispiele, Gracule.
Es handelt sich hier immerhin um ein aus der Realität gegriffenes und erfahrbares Phänomen im Gegensatz zu mit Koans vergleichbaren Aussagen, oder - Beispiel 2 - Metaphern, die nicht auf Anhieb oder jedem gleich zugänglich sind.
Ich habe ja auch im vorliegenden Falle vermutet, daß es sich um eine Metapher handeln könnte. Das Gedicht sagt mir auch nicht so viel wie die angedeuteten Gedichte von Friedrich Hölderlin und Bob Dylan.
Das zweite ist ein interessanter Fall auch für eine Übersetzung: skeleton key = Skelett-Schlüssel? oder = Dietrich? oder = Skelett-Tonart?
Da es um ein Musikinstrument geht, tendiere ich zu „todkranke Tonart“ o.ä.
Ich habe mal in einer Gemeinschaft von Fans dieses Liedes von Bosse nachgefragt. Zugegebenermaßen habe ich etwas provokant nachgehakt, was denn so ein text bedeuten solle. Es gab bereits Antworten:
Naja, ich glaube, da bekomme ich keine Antwort auf meine Frage :-(
Mir scheint die ganze Aufregung etwas übertrieben und die Frage nach grammatischer Korrektheit bei lyrischen Texten unangebracht. Hierbei handelt es sich - wie der Gattungsbegriff schon zeigt - nun einmal um Lyrik und nicht um Sachtexte, die der standardsprachlichen Grammatik genügen müssen.
Typisches Merkmal von Lyrik ist doch GERADE die verdichtete Sprache, so wie sie auch hier meiner Meinung nach vorliegt: Am naheliegendsten wäre es, die Textstelle wie schon rico als Ellipse zu deuten und hier die Präposition „aus“ mitzudenken. Bei dieser Deutung liegt zusätzlich noch eine Hyperbel vor, da die Tränen natürlich nicht ausschließlich aus Kajal bestehen, sondern durch den Kajal schwarz (die Farbe der Trauer) gefärbt sind.
Viel spannender als die Frage nach der ausgelassenen Präposition scheint mir hier die Beobachtung, dass in diesem Vers in Verbindung mit den beiden folgenden wohl mehr oder weniger bewusst eine Apokoinu-Konstruktion eingesetzt wird:
"Und deine Tränen waren Kajal
am Tag, als Kurt Cobain starb,
lagst du in meinen Armen."
Bei diesem Stilmittel wird ein Teil - das Koinon - gleichzeitig auf zwei andere Teile bezogen. Das Koinon ist hier der zweite Vers („am Tag als Kurt Cobain starb“), der sowohl für den ersten als auch für den dritten Vers als adverbiale Bestimmung der Zeit dient:
„Und deine Tränen waren Kajal am Tag, als Kurt Cobain starb.“
„Am Tag, als Kurt Cobain starb, lagst du in meinen Armen.“