Imperfekt drückt allgemein aus: Dauer, Wiederholung, Versuch. Wenn du meinst, dass es passt, nimm es. Ich tendiere zu Perfekt bei beiden Verben. Man denkt dann automatisch an einen alten Mann im Sterbebett, der froh ist, dass sein Leben so lief, wie es lief. Wenn du 14 bist und es über dich selbst sagen willst, überdenke den Satz noch einmal :-D
Das Komma kannst du dir sparen, da es sie damals eh nicht gab.
Re: Bitte um Übersetzungshilfe für Sinnspruch!
Matthias Hartmann am 25.3.13 um 13:11 Uhr (Zitieren) II
Vielen Dank!
Der Spruch ist durchaus rückblickend gemeint, zwar nicht auf dem Sterbebett, aber schon im Sinne von überhaupt/grundsätzlich gelebt zu haben. Allerdings verstehe ich den Unterschied zwischen Perfekt und Imperfekt nicht ganz. Wenn das Leben von Dauer war, müßte man dann nicht Imperfekt nehmen?
Und wenn es darum geht, eine einzige Person über eine Zeitspanne hinweg, aber einmalig, geliebt zu haben, wäre das dann besser Imperfekt oder Perfekt??
Wenn du das Leben und die Liebe unbedingt als dauernden Prozess ausdrücken möchtest (dann muss es aber auch schon darum gehen), dann nimm Imperfekt.
ich habe (immer wieder geliebt, dauernd (oder sogar inklusive vieler „Liebesversuche“)) also habe ich (lange, fortwährend) gelebt.
Meiner Meinung hat der Impf. hier nix zu suchen. Dir geht es doch darum, dass das Leben schon jetzt einen Erfüllung gefunden HAT. Nach dem Motto: du könntest jetzt sterben, denn du hast ja schon geliebt!
Ich sehe es wie Jonathan. Deine Sätze haben etwas Abgeschlossenes: Ich habe geliebt, also gelebt. Das ist ein Fall für Perfekt! ;-))
Re: Bitte um Übersetzungshilfe für Sinnspruch!
Matthias Hartmann am 25.3.13 um 14:03 Uhr (Zitieren) II
Dein Motto trifft es auf den Punkt! Die Liebe erfreut sich zum Glück bester Gesundheit. :-) Es soll eine Liebeserklärung sein.
Da ich sie so sehr liebe, werde ich auf jeden Fall einmal wahrhaftig geliebt gehabt haben, wenn ich irgendwann eimal sterben werde, also werde ich ein erfülltes Leben gehabt haben.
Deiner Meinug nach müßte es also Amavi ergo vixi heißen? Könnte man nicht, um das vixi zu vermeiden, vivebam nehmen, nachdem das einmalige Lieben (Perfekt) mir ein erfülltes, andauerndes (Imperfekt) Leben ermöglicht haben wird?
Re: Bitte um Übersetzungshilfe für Sinnspruch!
Matthias Hartmann am 25.3.13 um 14:08 Uhr (Zitieren) II
Danke Paeda!
Ich fürchte, es muß wirklich beides im Perfekt stehen. Für vivere gibt es wohl kein treffendes Synonym in diesem Zusammenhang, oder?
Ich finde, dass das ganze nicht ausgereift ist. Perfekt ist „abgeschlossen“. Dein Leben läuft aber noch. Also passt das nicht so recht, wenn du noch so jung bist. Lass dir den Satz auch ruhig im Deutschen auf der Zunge zergehen. Das stimmt einfach nicht.
„Ich habe gelebt.“ kann man so nicht alleine stehen lassen.
„Ich habe in Italien gelebt (jetzt aber in Deutschland)“. Das ist möglich - denn es ist abgeschlossen.
Du kannst den Satz nicht ohne irgendwelche Erläuterungen (Zeiten oder Orte) alleine stehenlassen, wenn du noch lebst. Es käme nur ein Tempus in Frage: Präsens, denn du lebst!
Du solltest eher erst einmal an der Deutschen Formulierung schrauben.
Re: Bitte um Übersetzungshilfe für Sinnspruch!
Matthias Hartmann am 25.3.13 um 14:15 Uhr (Zitieren) II
Da du ja nicht auf dem Sterbebett liegst und dich vermutlich bester Gesundheit erfreust, könntest du auch gut Futur II nehmen. Der Klang wird dann allerdings auch nicht viel besser: VIXERIM, oder doch? (schon besser als VIXI!)
René hat ja auch nicht gesagt: Cogitavi ergo fui. :-p
Re: Bitte um Übersetzungshilfe für Sinnspruch!
Matthias Hartmann am 25.3.13 um 14:29 Uhr (Zitieren) I
Müßte es vollkommen korrekt nicht heißen:
Ich werde geliebt gehabt haben, also werde ich gelebt gehabt haben.
Das ist mir natürlich viel zu lang und unschön. Ich lebe und liebe zwar noch, aber spätestens mit dem Tod wird das ja auch einmal vorbei sein. Eigentlich möchte ich damit sagen, daß, selbst wenn es jetzt vorbei wäre (Liebe und/oder Leben), mein Leben trotzdem erfüllt gewesen wäre.
Kann man „Ich habe gelebt.“ nicht doch alleine stehen lassen, im Sinne von „Ich habe bis zum jetzigen Zeitpunkt bereits gelebt.“, sozusagen abgeschlossen, obwohl das Leben noch weitergeht? Die Kontinuität unseres Lebens ist ja jeden Moment ungewiß und deswegen immer bis jetzt irgendwie abgeschlossen, oder?
Okay, Jonathan, ich geb’s zu: Ich habe Futur II mit dem Konjunktiv Perfekt verwechselt, dessen Formen sich ja oft überschneiden, aber gerade bei der ersten Person nicht!
Neuer Vorschlag: Amavi et semper amo et vixi dicam!
Ich verstehe voll & ganz, daß Du nicht mit einem Spruch herumlaufen möchtest, den jeder Halblateiner und jeder Spötter übersetzt mit „Ich habe geliebt, also habe ich gewichst“. Verstehe ich.
Vom Lateinischen her ist das natürlich ein irrelevanter Gesichtspunkt, und das Problem entsteht dadurch, daß Du eine Vergangenheitsform möchtest, aber dann doch nicht die eigentlich angebrachte wegen ... (s.o.)
Was ich nicht verstehe, ist, warum Du Dich nicht entschließt, ganz entspannt im Hier & Jetzt zu leben und also zu sagen: Amo ergo vivo.
Was auf Deinem Totenbett sein und gewesen sein wird, kannst Du ja späteren Tagen überlassen.
Mir geht das überhaupt gewaltig gegen den Strich, daß so viele Leute hier Liebe mit lebenslanger Dauer, gar Ewigkeit und über den Tod hinaus &c. verbinden.
Die einzige Realität, die wir haben, ist doch die Gegenwart (inkl. jetzt vorhandener Erinnerungen und Erwartungen).
"Why do people think of eternity as a long, long thing?
It is a flash of light on a beetle’s wing."
Mist, blödes VIXI... :-/
Ich komme kaum nach mit lesen, so schnell seid ihr alle!
„Damit rumlaufen“ und „Grabspruch“ trifft es schon ein bißchen. Nachdem ihr euch so intensiv den Kopf zerbrecht, (ganz großes Dankeschön!!!) muß ich euch noch mehr Hintergrundinfos liefern:
Der Spruch soll tätowiert werden, d.h. Gültigkeit behalten, solange ich lebe, auch wenn die Liebesbeziehung durch Tod oder andere Umstände beendet werden sollte. „Amo ergo sum/vivo.“ funktioniert also in diesem Zusammenhang nicht..
Das Leben im Hier und Jetzt ist nicht unsere bevorzugte Einstellung. Vergänglichkeit und Tod sind uns, nicht zuletzt durch den Verlust zweier Kinder und anderer geliebter Familienmitglieder, zu einem wichtigen Thema geworden.
Das passt sogar wunderbar! Auf dem toten Körper steht immernoch „Ich liebe“. Und weil er liebt, lebt er sogar. Jetzt muss man halt überlegen, wo man lebt: Himmel etc. ;-)
Kann ich die Liebe und das Leben nicht als etwas betrachten, was jeden Tag abgeschlossen wird und sich doch täglich erneuert?
Geht nicht doch „Amavi“ im Sinne von „ich habe die Liebe erfahren / weiß, wie es ist, zu lieben“ (schließt eine bestehende Beziehung ja nicht aus) und „ergo vivebam“ i.S.v. „während ich liebte, lebte ich“?
Nicht jeder liebäugelt mit asiatischer Philosophie (Leben im Hier und Jetzt), wobei du natürlich zweifellos Recht hast: Wir haben nur das Zeitfenster JETZT, alles Andere ist Erinnerung oder Fiction.
So kann man’s auch sagen; das ist aber nicht die Denkrichtung von Descartes, auf den Matthias ja anspielt: Aus dem Tun (Denken, Lieben) erwächst die Gewißheit der Existenz (Leben, Sein). Die Existenz ist ihm ja zunächst das Zweifelhafte.
Das Gedicht von Willam Butler Yeats ist übrigens mystisch, aber nicht asiatisch. Wir haben da unsere eigene Tradition des „nunc stans“.
An Matthias:
Warum muß es eigentlich Latein sein? In keiner anderen Sprache käme dieses ärgerliche „vixi“ (mit all seinen Varianten) vor. Mit einer altgriechischen Tätowierung www.albertmartin.de/altgriechisch
wärest Du aller Sorgen ledig. Außerdem wüßten ganz sicher nur die Deinen, was damit gemeint ist - ein Motiv, das anscheinend viele zum Lateinischen treibt. Sonst könnte man es ja auch Deutsch oder Englisch sagen.
Richtig, es geht um eine Abwandlung von Descartes.
Ganz egal, was die „zweifelhafte Zukunft“ uns auch bringen mag - weil ich bereits geliebt habe, bin ich mir sicher, gelebt/existiert zu haben. Und nun das ganze halt auf lateinisch..
Im Zeitfenster JETZT sind (existieren) wir, erinnern uns und träumen wir, aber die Zeit der Erinnerungen hat doch auch tatsächlich stattgefunden. Wir sehen es beispielsweise an unseren alternden Körpern. Mit der Zukunft ist es schon schwieriger, sie kann auch nicht stattfinden.
amavi, ergo vivebam geht, bedeutet aber nicht „Während...“
dafür wäre die einfachste Version
amans vivebam
mit Nebensatz kommen wir aber wieder zu
dum amo, vixi
Das wissen wir aber nicht, oder? Was wir wissen, ist nur: ich erinnere mich (einen jüngeren Körper gehabt zu haben).
Das Thema fiktiver Erinnerungen kommt in der Moderne häufig vor.
So, jetzt mache ich ernsthaft Schluß.
Und der Matthias sollte mit „amans vivebam“ zufrieden sein. Obwohl dann wieder der Bezug zu Descartes fehlt.
„amans vivebam“ wäre im Deutschen „Liebend habe ich gelebt?? Oder “Während ich liebte, habe ich gelebt."?
Mir fehlt da glaube ich der begründende Bezug, das „WEIL ich geliebt habe, habe ich gelebt.“.
An Matthias:
Partizipialkonstruktionen (amans) können sowohl durch „weil“ als auch durch „dadurch daß“ übersetzt werde, nicht nur durch „während“. (RH § 180)
Es berührt mich seltsam, daß Du nun das heißbegehrte Imperfekt mit einem Perfekt übersetzt, aber ... wenn Du auf Descartes' „ergo“ verzichten kannst, soll & darf es so sein.
Nee, aber Matthias macht das dauernd, was sein kompliziertes Anliegen nicht leichter verständlich macht.
Man muß schauen, ob im Deutschen Imperfekt oder Perfekt besser paßt.
Ich dachte, die beiden Zeitformen würden in latein und deutsch z.T. verschieden angewendet..
„...weil ich liebte“ hört sich für mich nicht richtig an, vllt, weil ich aus Süddeutschland stamme?!
Wenn aber „Amans vivebam.“ gut ist, geht dann das Imperfekt nicht doch auch in „Amavi ergo vivebam.“?
Das „ergo“ verleiht der Aussage doch mehr Gewicht, oder?
Gemeint ist: „Wer abseits der Öffentlichkeit lebt, sich ins Privatleben zurückzieht ...“, eine Maxime Epikurs (λάθε βιώσας = Verborgen mögest du leben!), die Ovid ja gerade nicht befolgt hat, mit der Situation als Folge, aus der er ebendieses Gedicht einem (ungenannten) Freund zur Mahnung schrieb.
Ich bin mir nicht sicher, ob paeda weiß, daß Ovid im Exil am Schwarzen Meer lebte & litt, als er seine Tristien schrieb.
Insofern ist die Parallele zu B. Brecht nicht verfehlt, der aber in seinem Exil anders, nämlich für die vita activa gestimmt war, u.a. deshalb, (1) weil er sich im Recht wußte gegenüber Hitler und (2) weil er von sich aus das Leben im Exil dem Leben im nationalsozialistischen Deutschland vorgezogen hatte.
Aber die Hintergründe von Ovids Exilierung sind m.W. noch ungeklärt.
Hannah Arendt hat diesen Begriff benutzt, aber er und sein Gegenstück, die vita contemplativa, sind älter und wurden bereits im frühen Mittelalter zur Unterscheidung verschiedener Ordensarten verwendet. Im Grunde geht die Unterscheidung schon auf die hellenistische Antike (Aristoteles, Epikur) zurück. Da geriet das alte Polis-Ideal in eine Krise, und der Rückzug ins Privatleben erschien manchen als Ideal.
Noch älter als das Ideal des Rückzugs ins Privatleben ist das Aufkommen des sog. griechischen Pessimismus. Da müßtest Du mal im Griechischforum nachschauen, wo wir einmal läger darüber debattiert haben. „Nicht geboren zu werden, das ist das Beste“ usw. usf.
Ich habe jetzt mal alles am Stück (so heißt das auf süddeutsch) durchgelesen und meine, dass seit 2009 schon mal eine Fortsetzung mit eventuell neuen Erkenntnissen oder auch weiterführenden Gedanken angesagt wäre.
Das Thema wäre es wert.
Ich weiß auch nicht, was Leute zurückhält, eine alte Diskussion wieder aufzugreifen, wenn sie neue Gedanken dazu haben.
Aber Du kannst Dir die Frage beantworten - wenn Du sie schon aufwirfst -, was Dich davon zurückhält.
Ich bin jederzeit (naja) zu einer Diskussion bereit.
Hallo, da bin ich wieder..
Habe nur kurz Zeit und würde gerne den Vorschlag von Klaus und paeda aufgreifen:
Wenn ich richtig vermute, sollte zu „vitam agere“ noch ein Adjektiv stehen? Z.B.
„Amavi ergo prosperus vitam egi.“ ??
@ Matthias, also ich finde das alles viel alberner als VIXI. Wenn du dir die Sprache Latein ausgewählt hast, dann solltest du zu ihr stehen. Oder nimm halt Altgriechisch, wie hier vorgeschlagen wurde. Welche Beziehung hast du überhaupt zu Latein?
Jedenfalls stehen meiner Meinung nach nur zwei Möglichkeiten zur Auswahl:
VIXI und FUI ... aber nein, das könnte „Pfui!“ gelesen werden. Da jetzt noch irgendwelche Objekte und Adjektive reinzuquetschen, nimmt dem Spruch jegliche Anmut.
Ich finde, Sprache ist ein sensibles Thema. Vieles läßt sich nicht direkt wörtlich übersetzen, da an eine Sprache immer auch an die Mentalität der Menschen, die sie sprechen, geknüpft ist. Ich wohne in Südamerika und erlebe das jeden Tag. Z.B.: „mañana“ ist nicht gleich „morgen“. Wenn Songwriter Texte verfassen, oder Autobauer Modellnamen vergeben, müssen sie aufpassen, nicht in ein Fettnäpfchen zu treten, durch Gleichklang mit anrüchigen Wörtern anderer Sprachen.
Zu altgriechisch habe ich leider keinerlei Bezug. Latein habe ich in der Schule versäumt zu wählen. Stattdessen englisch und französisch gepaukt. Latein habe ich deshalb gewählt, weil ich es als prädestinierte Sprache der Denker betrachte und so viele unsterbliche Zitate in dieser Sprache verfaßt sind.
Für eine sehr ernst gemeinte Aussage eignet sich Latein IMHO besser als deutsch, genauso, wie englisch, französisch und spanisch einfach singbarer sind als deutsch.
Nunja, in ein paar Monaten ziehe ich wieder nach Deutschland und auch hier habe ich mit sehr vielen deutschsprachigen Leuten Umgang, die sich drüber lustig machen würden..
Übrigens habe ich mich wieder an den Song erinnert, der mich auf den Satz gebracht hat:
Reinhard Mey - Herbstgewitter über Dächern
Herbstgewitter über Dächern, Schneegestöber voller Zorn,
Frühjahrssturm im Laub vom Vorjahr, Sommerwind in reifem Korn.
Hätt‘ ich all das nie gesehen, säh‘, für alles andre blind,
Nur den Wind in deinen Haaren, sagt‘ ich doch, ich kenn‘ den Wind.
Straßenlärm und Musikboxen weh‘n ein Lied irgendwo her.
Düsengrollen, Lachen, Rufen, plötzlich Stille ringsumher.
Hätt‘ ich all‘ das nie vernommen, wär‘ für alles taub und hört‘
Nur ein Wort von dir gesprochen, sagt‘ ich doch, ich hab‘ gehört.
Bunte Bänder und Girlanden, Sonne nach durchzechter Nacht,
Neonlicht im Morgennebel, kurz bevor die Stadt erwacht.
Wär‘ mir das versagt geblieben, hätte ich nur dich geseh‘n,
Schließ‘ ich über dir die Augen, sagt‘ ich doch, ich hab‘ geseh‘n.
Warten, Hoffen und Aufgeben, Irren und Ratlosigkeit.
Zweifeln, Glauben und Verzeihen, Freudentränen, Trunkenheit.
Hätt‘ ich all das nie erfahren, hätt‘ ich all das nie erlebt, Schlief‘ ich ein in deinen Armen, sagt‘ ich doch,
Ich hab‘ gelebt.
Sorry für die Verwechslung von Südafrika und Südamerika, vielleicht brauche ich eine stärkere Brille! ;-)
Südamerika ist natürlich nicht mehr so eindeutig, da kommt viel in Frage. Du siehst, ich bin immer noch neugierig und finde es auch spannend, wie weit die Ausstrahlung des Lateinforums reicht! ;-)