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Gen. possessivus Unsicherheit — 3687 Aufrufe
Gast am 22.4.13 um 16:09 Uhr (Zitieren) IV
Prudentiae est te Athenis verba philosophorum audire.

Es ist Zeichen der Klugheit, dass du in Athen die Worte der Philosophen hörst.

Welche Kasusfunktion des Genitivs hat hier philosophorum?

prudentiae ist possessivus, oder? Philosophorum doch auch, oder?
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
gast2 am 22.4.13 um 16:33 Uhr (Zitieren) IV
philosophorum: gen. subiectivus
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
gast am 22.4.13 um 17:19 Uhr (Zitieren) IV
Wieso?
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
ONDIT am 22.4.13 um 19:48 Uhr (Zitieren) IV
prudentiae ist possessivus, oder? Philosophorum doch auch, oder?


„prudentiae“ --> Gen. poss. in übertragener Bedeutung
Gen. +esse + Inf.
„ verba philosophorum“--> Gen.poss.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
arbiter am 23.4.13 um 0:19 Uhr (Zitieren) IV
verba philosophorum"--> Gen.poss.


Unsinn

gen. auctoris, allenfalls subiectivus
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
paeda am 23.4.13 um 9:42 Uhr (Zitieren) IV
@arbiter

Gibt es einen Unterschied zwischen genitivus/genetivus auctoris und gen. subiectivus? Wenn ja, könntest/würdest du ihn mir bitte erklären?
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
Gast am 23.4.13 um 19:30 Uhr (Zitieren) IV
Danke ONDIT. Ja, ist beides possessivus. Richtig.

Subjectivus (Frage: Wer?)/Objectivus (Frage: Wen?) steht nur bei Empfindungen/Handlungen...

Hier fragt man allerdings mit: Wessen? --> possessivus!
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
arbiter am 23.4.13 um 20:04 Uhr (Zitieren) IV
@paeda
den subiectivus hat Gast richtig erklärt, ansonsten wiederholt er den Unsinn (sollte mal die Bedeutung von possessivus nachschlagen)
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
paeda am 23.4.13 um 23:22 Uhr (Zitieren) IV
Frage „Wer?“ beim „Genitivus subiectivus“ verstehe ich leider nicht.

Nach dem Subjekt fragt man mit „Wer oder Was?“
Nach dem Genitiv fragt man mit „Wessen“?

Wie bringt man das zusammen?
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
paeda am 23.4.13 um 23:24 Uhr (Zitieren) III
Okay, ich hab' eine Blitzidee:

Wenn sich der Genitiv auf das Subjekt bezieht, spricht man vom genitivus subiectivus.

Right? Sorry für meine Begriffsstutzigkeit am späten Abend!
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
Graeculus am 24.4.13 um 10:17 Uhr (Zitieren) IV
Beliebtes Beispiel:
die Liebe Gottes

- wenn der Genitiv das Subjekt dieser Liebe ausdrückt (= es ist Gott, der liebt): genitivus subiectivus
- wenn der Genitiv das Objekt dieser Liebe ausdrückt (= es ist Gott, der geliebt wird = die Liebe zu Gott): genitivus obiectivus

Ein anderes Beispiel: der Traum der Katze
Ist es die Katze, die träumt oder von der man träumt?
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
Graeculus am 24.4.13 um 10:20 Uhr (Zitieren) IV
Ein berühmtes Beispiel:
Karl Marx' Diktum: „Religion ist das Opium des Volkes.“
Sehnt sich das Volk nach diesem Opium, oder wird es ihm von der Obrigkeit (den herrschenden Klassen) verpaßt?
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
rex am 24.4.13 um 11:28 Uhr (Zitieren) IV
„Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Natur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks.“

(Karl Marx: ‚Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie’, Paris 1843)



„Marx meint also nicht, dass etwa eine herrschende Klasse die Religion erfunden habe, um damit das Volk wie mit Opium zu beruhigen und einzuschläfern. Religion ist vielmehr eine Droge, mit der das gequälte Volk sich selbst betrügt.“

Nach: R. Seeger, Halle 1935, und H. Gollwitzer, Tübingen 1962.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
rex am 24.4.13 um 11:45 Uhr (Zitieren) IV
„Ihre [d. i. der ‚Philister’] sogenannte Religion wirkt bloß wie ein Opiat: reizend, betäubend, Schmerzen aus Schwäche stillend.“

Novalis, 1798 in ‚Blütenstaub’.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
paeda am 24.4.13 um 12:18 Uhr (Zitieren) IV
Kann man es dem Volk verdenken, wenn es mitunter nach Linderung/Ausweg/Ablenkung sucht, wenn keine andere Option geboten ist? (Meine Empathie für die Leidenden, obwohl ich selbst von „Rauschmitteln“, ausgenommen Kaffee (und gelegentlich Schokolade?) Abstand nehme.

Aber nun sind wir wieder bei der Politik!

Das mit dem Genitivus subiectivus und obiectivus habe ich verstanden. Es sind - wie der Subjektakkusativ - neue Begriffe für mich.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
Graeculus am 24.4.13 um 12:42 Uhr (Zitieren) IV
Das mit dem Genitivus subiectivus und obiectivus habe ich verstanden.

Nur darauf kam es mir an.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
paeda am 24.4.13 um 12:49 Uhr (Zitieren) IV
Danke, Graeculus, aber eigentlich schade, denn das andere Thema ist auch interessant!
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
Graeculus am 24.4.13 um 12:52 Uhr (Zitieren) IV
Ja, gewiß. Und da bin ich mir sicher, daß - was immer Marx gesagt hat - Opium ebenso wie Religion nicht nur Seufzer der bedrängten Natur sind, sondern auch ein gutes Geschäft. Irgendjemand muß ihnen diese Drogen ja verkaufen, und der hat seine eigenen Motive.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
paeda am 24.4.13 um 12:54 Uhr (Zitieren) IV
Das ist der eigentliche Skandal, dass Not/Bedrängnis auch noch ausgenützt/ausgebeutet wird!
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
rex am 24.4.13 um 14:43 Uhr (Zitieren) III
Zitat von Graeculus am 24.4.13, 12:52Und da bin ich mir sicher,dass ... Opium ebenso wie Religion nicht nur Seufzer der bedrängten Natur sind ...


Eine qualitätsvolle, sammelwürdige Stilblüte:

Opium und Religion sind Seufzer der bedrängten Natur.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
Graeculus am 24.4.13 um 14:51 Uhr (Zitieren) IV
Opium ebenso wie Religion, genau.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
Graeculus am 24.4.13 um 14:53 Uhr (Zitieren) III
Insbesondere natürlich Weihrauch.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
Graeculus am 24.4.13 um 15:20 Uhr (Zitieren) IV
Für Liebhaber von ‚Stilblüten‘ über Religion habe ich eine Sammlung, z.B. die folgende zum Thema Gott:

Alle Götter waren unsterblich.
(Stanislaw Jerzy Lec)

Das allerprostituierteste Wesen.
(Charles Baudelaire)

Was verlöre die Welt, wenn kein Gott wäre? Sie bliebe doch wohl dieselbe.
(Leopold Schefer)

Dem großen Weltenschieber kann man nur deshalb nicht hinter die Schliche kommen, weil er nur das Resultat präsentiert und sich selber fürsorglich im Verborgenen hält. Sollte er fürchten, entlarvt und gelyncht zu werden?
(Walter Serner)

Ich war gottseidank immer Atheist.
(Luis Bunuel)

Gott liebt den Armen, und dem Reichen gibt er.
(Jiddisches Sprichwort)

Er, der da sitzt im Himmel, lacht – no, er hat ja auch leicht lachen!
(Jiddisches Sprichwort)

Ein ungünstiges Stilprinzip.
(Gottfried Benn)

Wenn ein Gott diese Welt gemacht hat, so möchte ich nicht der Gott sein.
(Arthur Schopenhauer)

Man hat Gott nach und nach angekleidet mit allerhand Qualitäten: die Aufklärung hat aber genöthigt, ihn wieder auszukleiden, ein Stück nach dem andern, und man zöge ihn gern ganz aus, wenn nicht der Skrupel wäre, es möchte sich dann ergeben, daß blos Kleider wären und nichts drin.
(Arthur Schopenhauer)

Früher war er die Ursache von Wind, Blitz, Revolutionen. Heutzutage schrumpft seine Macht zusammen. Außerdem sehe ich nicht ein, worin sein Nutzen bestehen soll.
(François Bouvard)

Der liebe Gott ist eine immer schlechter wirkende Medizin für Kränkliche.
(Walter Serner)

Der ‚Herr‘, ohne dessen Willen kein Sperling vom Dache fällt oder 10 Millionen im KZ vergast werden: das müßte schon ´ne merkwürdige Type sein – wenn’s ihn jetzt gäbe!
(Arno Schmidt)

Gutwillig einen Gott über sich erkennen? kann doch im Grunde nur ein schwacher Hundsfott!
(Maler Müller)


[Quelle: Jörg Drews & Co., Das zynische Wörterbuch. Ein Alphabet harter Wahrheiten. Zürich 1978, S. 61-63]
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
rex am 24.4.13 um 17:30 Uhr (Zitieren) III
Graeculus,
leider habe ich in dem sicher wohlgemeinten Posten deiner Zitatensammlung keine einzige Stilblüte entdecken können.

Stilblüte: Durch einen Denkfehler oder durch Unachtsamkeit entstandene doppelsinnige sprachliche Äußerung, die durch das Weglassen eines Wortes, eines Relativsatzes. falsche oder ungewöhnliche Wortstellung und Wortwahl usw. eine unbeabsichtigte komische oder lächerliche Wirkung auslöst.

Meyers Enzyklopädie u. v. a.


Eine bekannte Fundgrube für Stilblüten war die Schriftstellerin Friederike Kempner (1836-1901), die sogenannte ‚schlesische Nachtigall‘.

Hier eine kleine Probe, die auch von Sigmund Freud in seinem ‚Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten‘ (EA 1905, Leipzig und Wien) unter ‚Komik des Unzulänglichen‘ zitiert wurde:

Gegen die Vivisektion

Ein unbekanntes Band der Seelen kettet
Den Menschen an das arme Tier,
Das Tier hat seinen Willen - ergo Seele -
Wenn auch 'ne kleinere als wir.

Ein Mensch, mißbrauchend die Gewalt und Stärke,
Ein lebend Herz zerreißend - wie?
Wer gleicht denn hier dem wilden Tiere,
Ist es der Mensch, ist es das Vieh?


Zitat von rex am 24.4.13, 14:43Opium und Religion sind Seufzer der bedrängten Natur.


Also auch eine astreine Stilblüte?
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
Bibulus am 24.4.13 um 17:41 Uhr (Zitieren) IV
@rex,
also, ich habe jede Menge „Stilblüten“ entdeckt...
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
rex am 24.4.13 um 17:42 Uhr (Zitieren) IV
Fast hätte ich den klugen ‚Kluge‘ vergessen:

Stilblüte f. (<19. Jh.). Ironischer Ausdruck für einen stilistischen Mißgriff ...
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
rex am 24.4.13 um 18:31 Uhr (Zitieren) IV
Zitat von Bibulus am 24.4.13, 17:41@rex,
also, ich habe jede Menge „Stilblüten“ entdeckt...


Aber nur unter der Ägide einer Bibulus’schen Neudefinition von ‚Stilblüte‘.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
Graeculus am 24.4.13 um 19:06 Uhr (Zitieren) IV
Ist das gut, daß rex' Meinung (u.a. über Stilblüten) auf der Welt nicht maßgeblich ist!
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
Graeculus am 24.4.13 um 19:17 Uhr (Zitieren) II
Ich schreibe darüber, ob Religion einem Rauschgift vergleichbar ist, und Dr.med.Lu. alias rex wechselt rasch das Thema hin zu der Frage, ob meine Formulierung eine Stilblüte ist oder nicht.
Pfaffentricks? Darf man sie so nennen, diese Themenwechsel? Ich denke schon.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
rex am 24.4.13 um 20:47 Uhr (Zitieren) IV
Graeculus,
mein wohlgemeinter Rat: Hör' auf zu ruminieren und mach' Schluss, sonst ‚postest‘ du dich noch um Kopf und Kragen, und dein ‚Dünnbrettbohrer-Renommee‘ im Forum wird weiter lädiert.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
paeda am 24.4.13 um 21:20 Uhr (Zitieren) IV
Um Kopf und Kragen geht’s hier hoffentlich nicht!

PAX SIT!
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
Graeculus am 24.4.13 um 21:41 Uhr (Zitieren) IV
PAX SIT!

Das ist nett von Dir, paeda, aber für mein seelisches Gleichgewicht brauche ich keinen Frieden mit Dr.med.Lu.
Wenn er mich nicht angreift, lasse ich ihn in Ruhe. Das reicht.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
Bibulus am 24.4.13 um 21:59 Uhr (Zitieren) IV
Wenn DAS keine Stilblüte ist, dann weiß ich nicht:
„Gott sei Dank bin ich Atheist.“
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
Bibulus am 24.4.13 um 22:02 Uhr (Zitieren) IV
oder das:
„Alle Götter waren unsterblich.“
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
paeda am 25.4.13 um 8:35 Uhr (Zitieren) IV
Diese Stilblüten sind mir auch ins Auge gesprungen, Bibulus.

@Graeculum

PAX SIT sollte keine einseitige Aufforderung sein, nicht einmal eine Aufforderung, sondern ein Wunsch, denn natürlich entscheidet jeder für sich selbst.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
paeda am 25.4.13 um 8:36 Uhr (Zitieren) IV
PS: Bevor Friede sein kann, müssen ja manchmal Gefechte stattfinden! ;-))
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
rex am 30.4.13 um 19:07 Uhr (Zitieren) IV
Um die Stilblüten-Diskussion zu beenden:

http://de.wikipedia.org/wiki/Stilbl%C3%BCte

Bibulus, Graeculus, Paeda,

ihr liegt falsch mit eurer hausgemachten ‚Stilblüten-Definition‘.
Re: Gen. possessivus Unsicherheit
paeda am 1.5.13 um 2:37 Uhr (Zitieren) IV
Also: Der Unterschied zwischen Genitivus subjectivus und Genitivus objectivus wurde durch mehrere Beispiele verdeutlicht, sodass es nun offenbar noch etwas über Stilblüten zu lernen gibt.

Ich habe mir die Beispiele von WIKI angeschaut, und frage mich nun, wie die Beispiele dieses Threads einzuordnen wären.

Nehmen wir noch einmal das Beispiel „Alle Götter waren unsterblich.“
Der Satz müsste ja strenggenommen in etwa heißen: Damals wurden alle Götter als unsterblich angesehen.

Die Komik entsteht also dadurch, dass der Satz dahingehend vereinfacht wurde, dass eine Aussage über subjektiven Götterglauben als Tatsache im Präteritum so formuliert ist, dass das Prädikat im Widerspruch zum Prädikativum „unsterblich“ steht.

In welche Kategorie soll man so einen Satz einordnen, wenn nicht unter Stilblüte?
 
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