Der lat. Inf. Perfekt im AcI (hier:
rapuisse) trägt nur das Genus verbi (hier: Aktiv) und das Zeitverhältnis (hier: Vorzeitigkeit) in sich, von Seiten des verbum regens (hier:
audivi) und des Subjektsakkusativs (hier:
latrones) wachsen ihm lediglich abs. Tempus gemäß den in der Zielsprache geltenden Zeitenfolgeregeln (das Problem der Fragestellung) bzw. Person und Numerus im Übergang zur finiten Form in der Übersetzung zu. Nun bietet aber das Verb „hören“ im Dt. zwei Optionen - es kann im Komplementsatz mit dem Indikativ oder mit dem Konjunktiv stehen .
Diesbezüglich macht der lat. Satz grundsätzlich keine Vorgabe, d.h. es liefert der AcI keine Entscheidungshilfen, da in ihm der Modus nicht differenziert wird (es gibt keinen lat. Infinitiv Konjunktiv versus Inf. Indikativ)
Unter der Prämisse, dass „hören“ im Dt. mit dem Indikativ stehen soll und der Raub eine abgeschlossene Handlung in der Vergangenheit darstellt, die ihrerseits vor der Handlung des Hörens sich ereignet hat, ist
1. „Nachdem ich gehört hatte, dass die Räuber dich geraubt hatten, habe ich dich gesucht.“
korrekt.
Lothars Umformulierung weicht ins Zustandspassiv Präteritum aus (das geschmähte Superplusquamperfekt lautete „... geraubt gehabt hatten“) und berührt die Frage, wie in solchen Zeitverhältnissen Zustände ausgedrückt werden sollen, die ihren Anfang vor der Handlung des übergeordneten Satzes genommen haben, aber über diesen hinaus andauern („Nachdem er gesehen hatte, was dort für Zustände herrschten und wohin sich die Lage zu entwickeln drohte, reiste er unverzüglich ab.“).
Das lässt sich aber hier
1. nicht mit dem Genus verbi (
rapuisse = eindeutig: Aktiv) und der durch den Inf.
Perfekt klar angezeigten Vorzeitigkeit im Verhältnis zum verbum regens im lat. Satz und
2. schwer mit dem semant. Gehalt der gewählten Übersetzung als „rauben“ vereinbaren.
Die Vorlage zu Lothars Übersetzung müsste also „... te a latronibus raptum esse audivi“ lauten, wobei erschwerend hinzukommt, dass das Lat. keine so klare Differenzierung zwischen Vorgangs- und Zustandspassiv kennt wie das Dt.
Unter der Prämisse, dass „hören“ mit dem Konjunktiv im Komplementsatz a) einen in Bezug auf die Mitteilung vorzeitigen Inhalt wiedergeben und b) der Bezug zur Glaubwürdigkeit dieses Inhalts überhaupt thematisiert werden soll, wird es noch viel komplizierter.
„Nachdem ich gehört hatte, dass die Räuber dich geraubt h
ätten, habe ich dich gesucht.“ drückt nicht nur eine in Bezug auf den Zeitpunkt des Hörens vorzeitige Handlung (den Raub) sondern auch über den Konjunktiv II einen Zweifel am Wahrheitsgehalt aus, denn dass derselbe
Konj.II hier nur wegen der Ununterscheidbarkeit vom Konj. I eintrete, der ja bei einer Wiedergabe eigentlich angezeigt sei, ist zweifelhaft. Wie bereits oben bemerkt, ergibt sich dies allein aus den Möglichkeiten der Zielsprache, der lat. AcI verschweigt solches.