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Übersetzung Ausschnitt Gasser-Chronik — 1902 Aufrufe
Bardokk-Bardokk am 16.9.13 um 12:21 Uhr (Zitieren) II
Hallo Lateiner,

mal wieder würde ich, wenn jemand Zeit hätte, eine kleine Übersetzungshilfe gebrauchen. Es handelt sich wieder um die Augsburger Chronik des Achilles Pirminius Gasser aus dem 16. Jhd. Davon gibt es zwar eine Übersetzung aus dem selben Jahrhundert, doch ist folgender Abschnitt nur zum Teil übersetzt worden.


Es handelt sich um ein Schützenfest in Augsburg vom 1. bis 5. Juni 1432 (der Bereich, den ich übersetzt bräuchte, ist fett geschrieben):

Gasser, Annales Augustani: a. 1432 (Mencken, SrG: Sp. 1583–1584)
Arcubalistarum ludi.
Et quanquam caristia plurimum invalesceret, nihilo penitus tamen celebrati in civitate hac nostra, Senatus bene merendi erga vicinos voluntate, Arcubalistarum ludi sunt, dominica die post triumphalis in Cælos ascensionis Christi festum. In quibus illi qui scopum aliis sæpius attgisset, deaurati duorum triginta aureorum valore argentei cyphi bravium, quem Memmingensis quidam lucratus est, ac præter alia prœmia, simul etiam longinquissime huc profecto aureus nummus, proposita fuerunt. Cum autem duo eadem locorum distantia, nempe ex Feldtkyrchio & Sangallo adessent, noluit Senatus præmium dividi, sed potius pro sua liberalitate ambos singulis donavit aureolis, luseruntque arcubus centum quadraginta viri, quinque dierum spacio, nihil penitus ad cives nostros de propositis muneribus redeunte. Eadem hac septimana sabbatho nimirum proximo ante pentecostes solennitatem, qui dies VII. nonarum Junii erat, validissimus ventus ab occidente in civitatem hanc, totumque adjacentem agrum, tanto impetu irruit, ut cuncta ferme eminentiora ædium turriumque tecta dejecerit.

(Wehrlich-Übersetzung 2: S. 168)
Stahelschiessen gehalten.
Und obwol die Thewrung sehr uberhand name/ wurde doch nichts desto weniger in dieser unser Statt/ demnach der Rath gegen die Nachbawrn sich gern wol verdienen wolte/ am Sontag nach der Auffarth Christi/ ein Stahelschiessen gehalten/ auff welchem 140. Schützen gewesen/ und so 5. tag an einander gewehret. [... Fehlende Passage in der Übersetzung ...] Eben in dieser Wochen/ nemlich den 27. Brachmonats am Sambstag vor dem H. Pfingstag/ kame ein starcker ungestümmer Windt/ mit solchem Gewalt/ uber diese Statt/ und die gantze nahend gelegene Gegend/ daß er fast von allen hohen Häusern und Thürnen die Tächer abgeworffen.


Hier noch zwei Einträge von anderen Chroniken zu dem besagten Schießen, vielleicht sind sie bei der Übersetzung hilfreich:

Augsburger Chronik 991–1483: Bl. 71b (Städtechroniken 22: S. 483)
Item nach Christi gepurt 1432 jar da was ain aubenteur zů Augspurg aufgeworfen den schützin: ain kopf umb 10 guldin, ain ochsen umb 6 guldin, ain schal umb 5 guldin, ain armbrost umb 4 guldin, ain peutel, darin 3 guldin und ain ring umb 2 guldin, und dem allerweitesten her gab man ain ring umb 1 guldin. Der schützen waren wol 140, und schußen 5 tag. Ainer von Memingen gewan den kopf, und die von Augspurg gewunnen nichts, der waren 52. Und man schanckt in all tag ain aimer weins und kes und prot den schützen von der stat etc. Es waren auch wol 13 zelt aufgeschlagen. Und darnach am sampstag nach den pfingstfeiren [14. juni], als das schießen auß was, da kam ain großer wind, und waren etlich zelt in der Rosenaw beliben, die zerriß der wind zů klainen lemplen und ward zů Oberhausen nider wol 8 stedel.

Mair, Großes Memorybuch: Bl. 531b–532a (Radlkofer: S. 122)
1432. Stahlschiesson in der Rosenau. Anno Domini 1432 hüellt ein Ersamer Rath ein schiessen und gab zum besten bevor f. 32. Ain kopf (Trinkgefäss), hat gestannden f. 10. Ain ochsen, hat gestannden f. 6. Ain silberin schallen, hat cost f. 5. Ain armbrost, hat gestannden f. 4. Mer in einem becher f. 3. Mer ain umb f. 1. Den gab man dem, der am weittesten herkam. Und der schützen waren 130 und ainer von Veldkirch und ainer von S. Gallen, deron jeder wollt der weitest sein, da gab man jedem ein ring pro f. 1.
Und schussen 32 von Augspurg und gewan koiner nichtz. Man erbots den schützen gar wol und (hat) 31 zellen (Zelte) aufgeschlagen und 5 tag geschossen. Und ein Rath hat alle tag 1 aimer wein, brot und kefs den schützen vereert zum unnderdrunckh, das ist geschechen in den Pfingst feyrtagen.
Und alls sy aussgeschossen hetten, bliben ettlich zellen in der Rossenaw steen, do kam ein grosser wynnd in der nacht, zerriss die zellen zue lumpen und warf zue Oberhausen 8 stedel und ein grosse lynnden darnider.


Würde mich freuen, wenn Ihr mir wieder helfen könntet.

Vielen Dank!

Re: Übersetzung Ausschnitt Gasser-Chronik
filix am 16.9.13 um 15:21 Uhr (Zitieren) II
„Unter diesen waren jenem, der das Ziel öfter träfe als andere, ein Preis <in Gestalt> einer vergoldeten Silberschale im Wert von 32 Goldmünzen, welche ein gewisser Memminger gewann, und außer anderen Prämien zugleich ein Goldstück sogar dem verheißen worden, der sich aus der größten Entfernung hierher auf den Weg gemacht hatte. Obwohl aber zwei aus derselben Entfernung , offenbar aus Feldkirch (Feldtkyrchio) und St. Gallen (Sangallo) , zugegen waren, wollte der Stadtrat nicht, dass die Prämie geteilt wird, sondern beschenkte vielmehr gemäß seiner freizügigen Art beide mit je einem einzelnen Goldstück, und es nahmen 140 Mann in einem Zeitraum von 5 Tagen an den Bogenwettkampfspielen teil, wobei überhaupt keine von den ausgelobten Gaben zu unseren Bürgern zurückkehrte.“
Re: Übersetzung Ausschnitt Gasser-Chronik
Kuli am 16.9.13 um 15:24 Uhr (Zitieren) II
Bei welchen [scil. Armbrust-Wettkämpfen] jenem, der das Ziel öfter als die anderen traf, vollvergoldete Silberbecher im Wert von 32 Gulden (aureus) als Trophäe - ein Mann aus Memmingen hat sie gewonnen - und außerdem andere Preise ausgesetzt wurden, darunter auch - hierbei gewiss am meisten [verteilt] - je eine Goldmünze. Da aber zwei Männer dabeiwaren, aus Feldkirch und St. Gallen offenbar, [mit Treffern in] demselben Abstand vom Ziel, wusste der Senat nicht, wie der Siegespreis geteilt werden sollte, aber zum besten für [den Ruf] seiner Freigebigkeit beschenkte er beide mit je einer Goldmünze. Und es nahmen teil am Schießen 140 Männer über einen Zeitraum von fünf Tagen, der unseren Bürgern durchaus nichts für die geleisteten Wohltaten zurückgab.
Re: Übersetzung Ausschnitt Gasser-Chronik
Teutonius am 16.9.13 um 15:26 Uhr (Zitieren) II
Cum autem duo eadem locorum distantia,
vllt. besser: Da aber ...
Re: Übersetzung Ausschnitt Gasser-Chronik
Kuli am 16.9.13 um 15:31 Uhr (Zitieren) II
Da war filix wieder mal schneller.

wusste der Senat nicht, wie ...“ ist in meiner Version natürlich falsch.
Re: Übersetzung Ausschnitt Gasser-Chronik
filix am 16.9.13 um 15:53 Uhr (Zitieren) II
Ich denke, dass es hier tatsächlich um die Prämie für den aus der größten Entfernung Angereisten („... longinquissime huc profecto [PPP Dat. Sg. m. von proficisci] = ... dem am weitesten hierher Gereisten)“ - geht - der über „nempe“ vermittelte Einschub erläutert das über die Herkunftsorte für die Epoche ziemlich präzise: nach heutigem Kenntnisstand beträgt die Entfernung Luftlinie St.Gallen - Augsburg 156,11 km, die Feldkirch (Österreich) - Augsburg 158,81 km.
Re: Übersetzung Ausschnitt Gasser-Chronik
Kuli am 16.9.13 um 15:59 Uhr (Zitieren) II
Ja klar, nun geht mir ein ganzer Kronleuchter auf! Ich hatte die Passage, sogar in deiner ÜS, komplett missverstanden.
Re: Übersetzung Ausschnitt Gasser-Chronik
Bardokk-Bardokk am 16.9.13 um 16:33 Uhr (Zitieren) II
Vielen Dank filix, Kuli und Teutonius,

hier wird einem wie immer schnell geholfen. Ich habe jetzt dank Eurer Hilfe den Text folgendermaßen gesetzt:

Und obwol die Thewrung sehr uberhand name/ wurde doch nichts desto weniger in dieser unser Statt/ demnach der Rath gegen die Nachbawrn sich gern wol verdienen wolte/ am Sontag nach der Auffarth Christi/ ein Stahelschiessen gehalten/ auff welchem 140. Schützen gewesen/ und so 5. tag an einander gewehret. [Bei welchen an jenem, der das Ziel öfter als die anderen träfe, als Preis eine vergoldeten Silberschale im Wert von 32 Gulden – welche einer aus Memmingen gewann – ausgelobt wurde und neben anderen Prämien ein Gulden sogar dem verheißen worden ist, der sich aus der größten Entfernung hierher auf den Weg gemacht hatte. Da aber zwei aus der gleichen Entfernung – aus Feldkirch und St. Gallen – zugegen waren, wollte der Rat nicht, dass die Prämie geteilt wird, sondern beschenkte seiner freizügigen Art gemäß beide mit je einem Gulden. Und es nahmen 140 Mann in einem Zeitraum von fünf Tagen an dem Stahlschießen teil, wobei kein einziger von den ausgelobten Preisen unserem Bürgern zuerkannt wurde.] Eben in dieser Wochen/ nemlich den 27. Brachmonats am Sambstag vor dem H. Pfingstag/ kame ein starcker ungestümmer Windt/ mit solchem Gewalt/ uber diese Statt/ und die gantze nahend gelegene Gegend/ daß er fast von allen hohen Häusern und Thürnen die Tächer abgeworffen.

Zum Vergleich nochmals der Lateintext:

Et quanquam caristia plurimum invalesceret, nihilo penitus tamen celebrati in civitate hac nostra, Senatus bene merendi erga vicinos voluntate, Arcubalistarum ludi sunt, dominica die post triumphalis in Cælos ascensionis Christi festum. In quibus illi qui scopum aliis sæpius attgisset, deaurati duorum triginta aureorum valore argentei cyphi bravium, quem Memmingensis quidam lucratus est, ac præter alia prœmia, simul etiam longinquissime huc profecto aureus nummus, proposita fuerunt. Cum autem duo eadem locorum distantia, nempe ex Feldtkyrchio & Sangallo adessent, noluit Senatus præmium dividi, sed potius pro sua liberalitate ambos singulis donavit aureolis, luseruntque arcubus centum quadraginta viri, quinque dierum spacio, nihil penitus ad cives nostros de propositis muneribus redeunte. Eadem hac septimana sabbatho nimirum proximo ante pentecostes solennitatem, qui dies VII. nonarum Junii erat, validissimus ventus ab occidente in civitatem hanc, totumque adjacentem agrum, tanto impetu irruit, ut cuncta ferme eminentiora ædium turriumque tecta dejecerit.
 
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