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Augustinus-Zitat — 2024 Aufrufe
Draugur am 16.10.13 um 18:24 Uhr (Zitieren) II
Hallo,

man findet oft folgendes Zitat mit folgender gängiger Übersetzung:
Augustinus: Ut sciant gentes quoniam homines sunt (Die Völker sollten wissen, dass sie Menschen sind).

1. Gehe ich richtig in der Annahme, dass „ut“ zu Beginn wie „utinam“ zu verstehen ist? Als Konjunktion scheint es nicht zu funktionieren.

2. „quoniam“ kann doch nicht „dass“ heißen, oder? Bedeutet der Satz nicht „Die Völker sollten [es] wissen, weil sie ja Menschen sind“?

Vielleicht kann mich jemand aufklären, danke!
Re: Augustinus-Zitat
entilmonterus am 16.10.13 um 18:38 Uhr (Zitieren) I
Im Mittellateinischen wurden die Konjunktionen quod, quia, quoniam etc. gleichbedeutend verwendet und konnten sowohl „dass“ als auch „weil“ bedeuten. Etwas verwirrend zwar aber es war ja auch nicht mehr das goldene Latein.
Bei ut und utinam nehm ich mal an, dass deine These richtig ist, mit Sicherheit beschwören kann ich die Richtigkeit aber nicht.
Re: Augustinus-Zitat
Draugur am 16.10.13 um 18:41 Uhr (Zitieren) I
Vielen Dank! Dass „quod“ im Ml. für „dass“ gebraucht wird, wusste ich, für „quoniam“ war es mir neu.
Re: Augustinus-Zitat
biblicus am 16.10.13 um 18:47 Uhr (Zitieren)
Erkennen sollen die Völker: Sie sind nur Menschen
(Einheitsübersetzung von Psalm 9,21)

Vorausgeht:
1 Constitue, Domine, legislatorem super eos, ut sciant gentes quoniam homines sunt.

http://www.bibleserver.com/text/VUL/Psalmen9
Re: Augustinus-Zitat
Klaus am 16.10.13 um 20:25 Uhr (Zitieren)
„Inspire them fear, O Lord; that the nations may know themselves to be frail mortals! Selah !“ (Psalm 9:21)
Re: Augustinus-Zitat
paeda am 17.10.13 um 13:53 Uhr (Zitieren)
Diese Drohungen werde ich wahrscheinlich nie verstehen:

Der HERR droht seinen Untertanen, die er nach seinem Ebenbild geschaffen hat!

Ist das nicht höchst widersprüchlich?
Re: Augustinus-Zitat
entilmonterus am 17.10.13 um 14:42 Uhr (Zitieren)
Die meisten Eltern drohen ihren Kindern auch, obwohl sie sie gezeugt, geboren und nach ihren Vorstellungen erzogen haben.
Im Prinzip eine recht natürliche Verhaltensweise.
Da der Herr keinen Einfluss auf das Verhalten der Menschen hat, muss er, um sie auf dem rechten Weg zu halten, manchmal zu Drohungen greifen.
Re: Augustinus-Zitat
paeda am 17.10.13 um 14:57 Uhr (Zitieren)
Zitat von entilmonterus am 17.10.13, 14:42Da der Herr keinen Einfluss auf das Verhalten der Menschen hat, muss er, um sie auf dem rechten Weg zu halten, manchmal zu Drohungen greifen.
Obwohl der Herr allmächtig und allwissend ist, hat er keinen Einfluss auf das Verhalten der Menschen. Auch das verstehe ich nicht. Und: Die Drohungen führen ja mitunter auch zur Vernichtung, z. B. Sintfluten. Man stelle sich das im menschlichen Bereich vor: Kinder, die ihren Eltern trotz Drohungen nicht gehorchen, werden dann halt mal vernichtet! ICH finde solche Vorstellungen NICHT natürlich!
Re: Augustinus-Zitat
entilmonterus am 17.10.13 um 15:11 Uhr (Zitieren)
Das mit der Allmacht/Allwissenheit und dem freien Willen ist ein häufiger Diskussionspunkt, der letzten Endes zum sog. „Determinismus-Dilemma“ führt (in der Wikipedia am einfachsten unter „Kompatibilismus und Inkompatibilismus“ zu finden).
Und die Sache mit der Sintflut: Es handelt sich nur um eine Erzählung, die jemand verfasst hat, um die unglaubliche Macht Gottes zu demonstrieren.
Ansonsten gilt: Hättest du die Fliegen erschaffen und sie gingen dir auf die Nerven, würdest du sie nicht einfach vernichten, weil du ja eh weißt, dass es sie in wenigen Tagen wieder in der gleichen Anzahl geben wird?
Re: Augustinus-Zitat
Graeculus am 17.10.13 um 15:30 Uhr (Zitieren)
Bei der Sintflut wurden nicht nur die - schuldigen? - Menschen getötet, sondern auch die allermeisten Tiere.
Re: Augustinus-Zitat
paeda am 17.10.13 um 15:43 Uhr (Zitieren) I
Na ja: Da es sich um eine Erzählung handelt, wie entilmonterus sagt, gehört der Autor eben nicht zu den brilliantesten Denkern!

Zitat von entilmonterus am 17.10.13, 15:11Ansonsten gilt: Hättest du die Fliegen erschaffen und sie gingen dir auf die Nerven, würdest du sie nicht einfach vernichten, weil du ja eh weißt, dass es sie in wenigen Tagen wieder in der gleichen Anzahl geben wird?
Ich würde, wenn ich allmächtig und allwissend wäre, was ich selbstredend nicht bin, keine Fliegen erschaffen, die mir auf den Wecker gehen und schon gar nicht welche, die sich dann auch noch unkontrolliert reproduzieren.

Schade, dass es zu diesem Disput gekommen ist. Politik und Religion bleiben heikle Themen!
Re: Augustinus-Zitat
entilmonterus am 17.10.13 um 15:49 Uhr (Zitieren) I
Die viel bessere Frage ist: Würdest du, wenn du allmächtig/-wissend wärst, etwas erschaffen, das dir an Macht und Wissen gleichkäme (schließlich könntest du es ja)? Wärst du noch immer Gott, wenn du etwas kreierst, das genauso ist wie du?
@Graeculus
Ich fürchte, der alttestamentarische Gott war wohl weniger barmherzig als es die meisten Tierschützer heute sind. Er ging vermutlich davon aus, dass es egal sei, ob die Tiere nun leben oder sterben, schließlich würden sie sich ja nach der Sintflut ohnehin wieder reproduzieren.
Und sollten die Tiere rechtschaffen gewesen sein, so kommen sie nach christlicher Ansicht ja ohnehin an einen besseren Ort.
Re: Augustinus-Zitat
paeda am 17.10.13 um 15:56 Uhr (Zitieren) I
Zitat von entilmonterus am 17.10.13, 15:49Die viel bessere Frage ist: Würdest du, wenn du allmächtig/-wissend wärst, etwas erschaffen, das dir an Macht und Wissen gleichkäme (schließlich könntest du es ja)? Wärst du noch immer Gott, wenn du etwas kreierst, das genauso ist wie du?

Weshalb sollte ich, wenn ich allwissend und allmächtig wäre, etwas erschaffen, was mir an Macht und Wissen gleichkäme? Weshalb sollte ich, ..., etwas erschaffen, was mir unterlegen ist? Doch nur, wenn ich ein gewaltiges Defizit hätte, nämlich beweisen zu müssen, dass ich allmächtig und allwissend bin!
Re: Augustinus-Zitat
entilmonterus am 17.10.13 um 16:18 Uhr (Zitieren) I
Was würdest du wohl sonst tun, wenn du allmächtig wärst? Wem wolltest du etwas beweisen, wenn es doch niemanden gibt, der dich in Frage stellt? Wie kämst du überhaupt auf die Idee, jemand könnte dich als allmächtig/-wissend ansehen, wenn du doch nichts anderes kennst als dich? Würdest du dann überhaupt selbst annehmen, du wärst allmächtig? Wie könntest du es herausfinden, wenn es nichts gibt, woran du es testen kannst?
Ich glaube kaum, dass Gott an einem Minderwertigkeitskomplex gelitten hat, als er die Welt erschuf (sollte er es getan haben), sondern einfach nur an purer Langeweile.
Re: Augustinus-Zitat
Graeculus am 17.10.13 um 16:22 Uhr (Zitieren) I
Ich glaube kaum, dass Gott an einem Minderwertigkeitskomplex gelitten hat, als er die Welt erschuf (sollte er es getan haben), sondern einfach nur an purer Langeweile.

So ist ihm die Welt dann auch geraten: spannend, aber nicht gut. Eine gute Welt wäre recht langweilig.
Re: Augustinus-Zitat
Klaus am 17.10.13 um 17:55 Uhr (Zitieren) I
Ich höre schon arbiter mit den Hufen scharren
Re: Augustinus-Zitat
paeda am 17.10.13 um 18:08 Uhr (Zitieren) I
Ich scharre auch mit den Hufen einer Stute! ;-))

Dass ein allmächtiger und allwissender Gott an Minderwertigkeitskomplexen gelitten haben muss, war nicht meine These. Langeweile wäre aber auch ein Armutszeugnis!

Langweilig fände ich im Unterschied zu Graeculus eine gute Welt übrigens nicht. Sie könnte doch trotzdem interessant sein!
Re: Augustinus-Zitat
Graeculus am 17.10.13 um 18:17 Uhr (Zitieren) I
Das glaube ich nicht. Es würde die Dramatik fehlen, denn es gäbe keinen Kampf zwischen Gut und Böse.
Re: Augustinus-Zitat
paeda am 17.10.13 um 18:19 Uhr (Zitieren) I
Sind für Männer nur Kämpfe interessant?
Re: Augustinus-Zitat
Klaus am 17.10.13 um 18:23 Uhr (Zitieren) I
Nur eine kurze Bemerkung: Frauen habe wohl das gößere Harmoniebedürfnis
Re: Augustinus-Zitat
paeda am 17.10.13 um 18:33 Uhr (Zitieren) I
Das könnte eine wahre Aussage sein! ;-)

Kein Wunder, wenn es zwischen Männern und Frauen mitunter nicht funktioniert oder auch funkt! ;-))

Funky?
Re: Augustinus-Zitat
Graeculus am 17.10.13 um 23:33 Uhr (Zitieren) I
Ich verstehe nicht. Ein Mensch wird gut geboren, bleibt gut und stirbt gut. Widerstände des Bösen gibt es in seinem Leben nicht. Eine Heiligenbiographie beschreibt dies.
Spannend/interessant?
Ich kenne keine Frauen, die dies spannend/interessant fänden. So sehr unterscheiden Frauen sich nicht von Männern.
Re: Augustinus-Zitat
arbiter am 18.10.13 um 2:00 Uhr (Zitieren) I
die Diskussion, was Gott, wenn es ihn denn gäbe, bei der Erschaffung der Welt, wenn er es denn getan hätte, sich gedacht haben könnte, ist an Absurdität kaum zu überbieten.

Ob man eine langweilige Welt - konflikt- und risikofrei - gut bzw. erstrebenswert findet, ist eine Charakterfrage. Sicher würde aber eine solche von mehr Frauen als Männern favorisiert.
Re: Augustinus-Zitat
paeda am 18.10.13 um 23:16 Uhr (Zitieren) I
Ich möchte der Vorstellung, eine Welt ohne Kämpfe, Risiken usw. müsse automatisch langweilig sein, entschieden widersprechen, und sollte ich der einzige Mensch auf der Welt mit einer solchen Ansicht sein!

Allerdings wäre Esprit, Kreativität, Unternehmergeist u. dgl. vonnöten, um keine langweiligen Heiligenbiografien zu schreiben.
Re: Augustinus-Zitat
entilmonterus am 18.10.13 um 23:32 Uhr (Zitieren)
Würde uns überhaupt auffallen, dass die Welt gut ist, wenn sie in keinerlei Hinsicht schlecht wäre? Vielmehr würden wir es doch als völlig gewöhnlich abtun und uns nichts weiter dabei denken.
Um also Freude an den Hochs des Lebens haben zu können, muss es nun mal auch Tiefs geben, und um den Frieden in seiner vollen Herrlichkeit genießen zu können, müssen Streit und Zwistigkeiten sein.
Traurig, aber so wie jemand, der keine Angst kennt, nicht mutig sein kann, kann auch niemand Freude verspüren, der deren Abwesenheit nicht kennt. Langweilig wäre die Welt also dann prinzipiell schon mal aus logischer Konsequenz.
Re: Augustinus-Zitat
paeda am 18.10.13 um 23:44 Uhr (Zitieren)
Tut mir Leid, ich kann die Argumentation nicht nachvollziehen.

Um mich zu freuen, brauche ich keine Meldungen wie „Im Iran wurden in diesem Jahr schon 508 Menschen an den Galgen gehängt.“ Horrormeldungen wie diese lassen mich vielmehr grundsätzlich an der Menschheit zweifeln. Wäre zu wünschen, dass es Parallelwelten gäbe. Dann könnten diejenigen, die solche Spannungen brauchen, von mir aus gerne in der Hölle leben!
Re: Augustinus-Zitat
entilmonterus am 18.10.13 um 23:53 Uhr (Zitieren)
Dass im Iran 508 Menschen aufgeknüpft wurden, macht dich bestimmt nicht glücklich (wenn du ein geistig halbwegs gesunder Mensch bist, was du ja bist). Dass Du aber nicht unter diesen armen Teufeln warst, dürfte dich aber schon freuen (hoff ich mal).
Worüber solltest du dich also freuen, wenn du a priori gar nicht wüsstest, dass es dir auch schlechter gehen könnte?
Re: Augustinus-Zitat
paeda am 19.10.13 um 0:00 Uhr (Zitieren)
Ich weiß nur, dass ich früher, als ich noch nicht wusste, wie barbarisch es auch heute noch in der Welt zugehen kann, glücklicher war. Das scheint mir Beweis zu sein, dass das Horrorszenario keine notwendige Bedingung für Zufriedenheit und Freude ist.
Re: Augustinus-Zitat
entilmonterus am 19.10.13 um 0:08 Uhr (Zitieren)
Es mag stimmen, dass in einer heilen Welt die Menschen vermutlich an sich eine glücklichere Grundhaltung hätten. In diesem Punkt muss ich dir beipflichten.
Die Momente außerordentlicher Freude würden aber stark in ihrer Häufigkeit abnehmen, wenn nicht gar völlig verschwinden. Welchen Spaß verspricht zum Beispiel ein Spiel, das man immer gewinnt? Anfangs ist das sicher grandios, keine Frage, aber auf die Dauer fängt es bestimmt an, seinen Reiz zu verlieren.
Re: Augustinus-Zitat
paeda am 19.10.13 um 0:22 Uhr (Zitieren)
Die Menschheit ist schon sehr auf Macht- und Konkurrenzkämpfe programmiert, dass eine friedliche Welt der Koexistenz schon gar nicht mehr vorstellbar ist. Das spiegelt sich sogar im Spiel wieder: Man dopt, um den Bruchteil einer Sekunde besser zu sein als die Anderen. Es gilt, reale und virtuelle Gegner niederzumachen. Ich finde das nicht nur krank, sondern sogar langweilig, wenn es immer ums Gewinnen oder Verlieren geht.
Re: Augustinus-Zitat
Klaus am 19.10.13 um 0:28 Uhr (Zitieren)
Re: Augustinus-Zitat
paeda am 19.10.13 um 0:44 Uhr (Zitieren)
Ab und zu gibt es bejahende Ansätze, doch scheinen sie nicht zu überwiegen.

In der (Betriebs-)Wirtschaft hat man eine Zeitlang von Win-Win gesprochen, von Mitbestimmungsmodellen u. Ä.
Die positiven Ansätze scheinen aber gegenüber den negativen kollektiven Verankerungen weniger wirksam/nachhaltig zu sein.
 
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