ich habe in einer Hausarbeit die Somnus-Ekphrasis von Statius bearbeitet. Die korrigierte Version habe ich schon zurückbekommen, da mein Dozent aber aktuell erkrankt ist, kann ich keine Fragen zur Korrektur stellen. Ich hoffe deshalb auf eure Hilfe.
Mein Problem liegt bei „nigrantia armenta ... recubat“ in Stat. Theb. 10,97f. Die von mir übersetzten „schwarzen Rinder“ haben die Korrektur „prädikativ“ bekommen. Heißt das nun, dass ich „In der Dunkelheit lagern Rinder“ übersetzen müsste?
Zwischen ONDITS und arbiters Version scheint nur noch ein gradueller Unterschied.Dass die Rinder so dicht lagen, dass alles schwarz war, ist eher unwahrscheinlich. Der französiche Text gibt wohl eher die vom Autor gemeinte Darstellung wieder.
(Mementote: discipulus linguae Latinae modo sum)
@Klaus
ondit hat uns oben zu verstehen gegeben, dass er nicht weiß, was prädikative Verwendung bedeutet.
Ich habe die Frage des TS versucht zu beantworten.
Die frz. Fassung ist zwar nicht prädikativ, aber auch nicht „wörtlich“: wegen der offensichtlichen Ellipse haben sie das sont repandus eingefügt
Re: Prädikative Übersetzung von „nigrantia“?
ONDIT am 30.1.14 um 10:55 Uhr, überarbeitet am 30.1.14 um 11:05 Uhr (Zitieren)
Lächerlich!!! und erstaunlich zugleich.
Ja, versucht.
Es ist nicht geklärt, ob „nigrantia“ transitiv oder intransitiv zu betrachten ist. Transitiv eher nicht. s.o.
Ich denke, nigrans ist hier Adjektiv. Der Dozent meint mit seiner Bemerkung wohl, dass nigrantia circum armenta als Nominalsatz angesehen werden soll: „Schwarz sind ringsum die Herden“. Als alternative Deutung könnte ich mir vorstellen, dass man den Satz omne solo recubat pecus als Parenthese auffasst und marcent auch auf nigrantia circum armenta bezieht:
nigrantia circum | armenta, omne solo recubat pecus, et nova marcent | germina, terrarumque inclinat spiritus herbas.
Tiefverschattet (nigrantia) dösen (marcent) ringsum (circum) die Herden (armenta) - jedes einzelne (omne) Tier (pecus) ruht (recubat) <hingestreckt> auf dem Boden (solo) -, selbst (et) die diesjährigen (nova) Jungtiere (germina). Und (-que) ein Windhauch (spiritus) wiegt (inclinat) die Kräuter (herbas) der Erde (terrarum).
(Ein prädikativ verwendetes Adjektiv kann man oft durch deutsches Adverb wiedergeben. In der lateinischen Dichtersprache werden nicht selten auch dort Adjektive gesetzt, wo in der Prosa Adverbien gebraucht würden.)
ansprechende und plausible Idee, aber „tiefverschattet“ ?
Wer oder was macht hier Schatten ? Wenn sich nichts anderes aus dem Kontext ergibt, sind es doch die Rinder, die Schatten machen, zumal es sich hier um ein aktivisches Partizip handelt
Eine wirklich spannende Diskussion, hätte nie gedacht, dass um ein einziges Wort ein solcher Disput entstehen könnte. Ich werde mich in diesem Fall tunlichst aus der Diskussion heraushalten. Bin gespannt, was filix dazu sagt.
„Tiefverschattet“ war als interpretierender Hinweis darauf, woher m. E. die Färbung rührt, gemeint. Ähnlich wie in „Der Wald steht schwarz und schweiget ...“ rufen die Subjekte zwar selbst den Eindruck ihrer Schwarzfärbung hervor, die Ursache bildet aber das mangelnde Licht. Die Konstruktion wird natürlich durch ein einfaches „schwarz“ besser repräsentiert.
PPAs bzw. vom PPA abgeleitete Adjektive finden sich gerade bei Farbbezeichnungen in der Dichtung nicht selten. An den Stellen, die ich bislang ermitteln konnte, werden sie intransitv (rubente dextera, Hor. c. 1, 2, 2; flaventibus ceris, Ov. Met. 8, 670) und mitunter auch in passivischer Bedeutung (Tyrioque rubentia suco terga, Ov. Met. 6, 222; compedibus liventia crura, Ov. am. 2, 2, 47) gebraucht.
Aus dem Kontext heraus scheint mir ein „tiefverschattet“ gerechtfertigt. Wir befinden uns ja in den Gefilden des Somnus:
|84 Oberhalb der finsteren Bettstatt der (im Westen) niedersteigenden Nacht |85 und des zweiten Äthiopiens ragt, von keinem Stern zu durchdringen, |86 ein wilder (unbewirtschafteter) Wald empor, und darunter führt als gewölbtes Geklüft eine düstere Höhle |87 in den hohlen Berg hinein, wo die Natur die Hallen des trägen Schlafs |88 und sein sorgenfreies Heim errichtet hat. |89 Die Schwelle bewachen die lichtscheue Ruhe und das untätige Vergessen |90 und die reglose Trägheit mit niemals wachsamer Miene. |91 Im Vorzimmer sitzen stumm die Muße und mit angelegten Flügeln die Stille |92 und scheuchen die rauhen Winde von Dach fort |93 und verbieten den Zweigen zu schwanken und nehmen den Vögeln ihr Gezwitscher. |94 Hier gibt es kein Tosen des Meeres, wenn auch alle Küsten noch so sehr lärmen, |95 hier gibt es kein Brausen der Lüfte. Der Fluss, obwohl er selbst aus abschüssigen |96 Schluchten hervorschießt, in der Nähe der Höhle ist er, <auch> unter Steinen und Felsen <hinfließend>, still. ...
sehr schön - ich nehme meinen Vorschlag zurück, wenn es schon dunkel ist, macht das natürlich keinen Sinn.
Ohne mich echauffieren zu wollen: Im Dunklen gibt es aber auch keine Schatten, und woher dieser dann seinen Ausgang nähme, bliebe offen.
Für die Syntax-Frage ist wohl der Verweis auf einen Nominal-Satz (ohne Kopula) treffend, womit die Üs. dem Nachdichter anheimfällt.
Die frz. Version finde ich übrigens nicht überzeugend.