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Indikativ oder Konjunktiv? — 1752 Aufrufe
quaerens am 21.3.14 um 10:51 Uhr (Zitieren)
Coniurati, qui Caesarem occiderant, putabant se patriam a tyranno liberavisse.

Die Verschwörer, die Cäsar getötet hatten, glaubten, dass sie die Heimat von einem Tyrannen befreit hatten/hätten.

hatten oder hätten oder beides?
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
respondens am 21.3.14 um 10:54 Uhr (Zitieren)
hätten (Konjunktiv der indir. Rede)
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
filix am 21.3.14 um 10:59 Uhr (Zitieren)
Beides möglich.
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
arbiter am 21.3.14 um 11:02 Uhr (Zitieren)
möglich ja, aber richtig ist hier nur der Konjunktiv
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
quaerens am 21.3.14 um 11:02 Uhr (Zitieren)
Confirmationem gratias ago!

Coniunctivus in periculo est!
(Im Lösungsteil meines Buches steht „hatten“!)
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
corrigens am 21.3.14 um 11:09 Uhr (Zitieren)
pro confirmatione gratias agere
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
quaerens am 21.3.14 um 11:12 Uhr (Zitieren)
Da ich die Vorschau nicht verwendete, habe ich die Beiträge von felix und arbiter erst jetzt gesehen.

PRO contributionibus gratias ago!
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
corrigens am 21.3.14 um 11:15 Uhr (Zitieren)
CONTRIBUTIO vox apta esse mihi non videtur:

http://www.zeno.org/Georges-1913/A/contributio?hl=contributio
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
quaerens am 21.3.14 um 11:20 Uhr (Zitieren)
Pro COLLATIONIBUS gratias ago?
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
filix am 21.3.14 um 22:14 Uhr (Zitieren)
Der interessante Punkt scheint mir, dass die der Formidentität des Konj. I mit dem Indikativ geschuldete Wahl des Konj. II dazu führt, dass über diesen indirekt eine (möglicherweise unerwünschte) Stellungnahme des Referenten zum referierten Glauben einfließt.

Das wird an dadurch nicht bedingtem Einsatz des Konj. II in der indirekten Rede deutlich - als Beispiel mag folgender Satz dienen: "Wo manche - repräsentativ vor allem Francis Fukujama - glaubten, daß mit der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 und der damit verbundenen Überwindung des Ost-West-Gegensatzes die deutsche bzw. europäische Geschichte gleichsam ihren Endpunkt erreicht hätte, dort zeigt sich längst, daß solche Vorstellungen von ebenso irriger, ja utopischer Qualität waren.“ (Rupert Scholz: Deutschland in guter Verfassung, 2004; S.1)

Man kann dem Problem durch die Infinitivkonstruktion ausweichen, die im Übrigen dem diesbezüglich in keiner Weise aufschlussreichen lat. AcI am nächsten kommt: „... glaubten, die Heimat von einem Tyrannen befreit zu haben.“ Zu prüfen wäre nun, ob nicht mancher Einsatz des Indikativs in schriftlichen Texten in solchen Konstellationen weniger dem Einfluss umgangssprachlicher Gepflogenheiten geschuldet ist, als vielmehr dem bewussten Versuch, diesen Funktionseffekt des Konjunktivs zu unterbinden.
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
arbiter am 22.3.14 um 0:35 Uhr (Zitieren)
das Beispiel scheint nur insofern einschlägig zu sein, als umstandslos die Alternative des Konj I („habe“) einsetzbar wäre, so dass hier in der Tat eine Stellungnahme des Referenten vermutet werden darf.
Im Ausgangsbeispiel ist es anders. Gerne nähme ich Beispiele zur Kenntnis, wo man die von Dir für möglich gehaltene Alternative auf dieser Zeitstufe für akzeptabel halten könnte.
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
filix am 22.3.14 um 22:02 Uhr, überarbeitet am 22.3.14 um 22:35 Uhr (Zitieren)
Das Beispiel sollte zunächst den Effekt des Konj. II bei „glauben“ und indirekter Rede demonstrieren, wenn er optional ist und nicht durch die Formidentität von Ind./Konj. I bedingt eintritt. Scholz greift durch die Wahl des Konj. II klar der folgenden Einschätzung vor: er signalisiert so schon die Distanz des Zweifels, noch ehe er ausdrücklich mitteilt, dass diese These in seinen Augen „von irriger, ja utopischer Qualität“ (gewesen) sei.

Die Frage war nun, ob man sich (bisweilen) im Falle, dass der Konj. II gerade der Formidentität von Ind./Konj. I wegen steht, mithin nicht zu vermeiden ist, diesen Effekt (ungewollt) einhandelt und der Indikativ hier eine Art Ausweg bietet, ohne dass dadurch der Eindruck entsteht, es handle sich allein um eine umgangssprachliche Bildung der indirekten Rede.

Man betrachte:

„Sie glaubten, daß sie als Juden ebenso deutsch sein konnten wie die Nichtjuden, und es drängte sie nach uneingeschränkter Teilnahme am politischen und kulturellen Leben. Keiner glaubte, daß die Juden eine Nation im modernen Sinne seien.“ (Deutsch-jüdische Geschichte in der Neuzeit, Band 2, 1996, S.152)

Im zweiten Satz nutzt der Autor eine reguläre Bildung mittels Konj. I („Keiner glaubte, daß … seien“), im ersten jedoch, wo der Konj. II den Regeln gemäß unvermeidlich ist, schlägt er diesen zugunsten des Indikativs aus – er schreibt „konnten“ nicht „könnten“. Weshalb? Orientiert er sich einfach an der Umgangssprache? Oder versucht er durch den Indikativ den bezeichneten Effekt des Konj. II zu vermeiden, der letztlich den Zweifel/die Distanz des Referenten hinsichtlich des Referierten ins Spiel bringt? (Ein m.E. im Kontext offensichtlich unerwünschter Aspekt: denn der so durch den Modus angedeutete Zweifel an der Richtigkeit dieser Überzeugung kann sehr schnell als Zweifel an der bloßen Fähigkeit, der „Juden ebenso deutsch sein zu können“ - was auch immer das nun heißen mag -, erscheinen)

Re: Indikativ oder Konjunktiv?
arbiter am 23.3.14 um 14:00 Uhr (Zitieren)
ein Teil des Problems liegt doch darin, dass, wenn nicht Sachverhalte mitgeteilt werden, die als richtig/wahr oder unrichtig/falsch klassifiziert werden könnten, sondern als Glaubensinhalte etc. vorgestellt werden, per se schon eine Distanzierung vorliegt in dem Sinne, dass der Focus des Referenten ja offenbar nicht auf der Faktizität des Berichts liegt, sondern darauf, was andere Leute im Kopf haben. Dies wird durch die Verwendung des Konj I markiert.
Juden konnten ebenso deutsch sein wie... wäre der verifizierbare Sachverhalt. In dem Moment, wo dieser als Glaubensinhalt vorgestellt wird (und sei es nur durch den Zusatz: nach Überzeugung von...), erfolgt ja - beabsichtigt oder nicht - eine Distanzierung, bzw. eine Verschiebung: Die Frage ja oder nein bezöge sich jetzt auf den mentalen Vorgang, nicht mehr auf den Sachverhalt.
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
filix am 23.3.14 um 20:43 Uhr, überarbeitet am 24.3.14 um 15:31 Uhr (Zitieren)
Man kann zwar schwer die Wahrheit des Glaubensaktes selbst in Zweifel ziehen (obschon dies auch geschieht: „Du glaubst doch selbst gar nicht, was du so wortreich vertrittst ...“), wohl aber den Inhalt desselben als Irrtum ansehen, wenn man unter „glauben“ „für wahr halten“ versteht.

Die Distanzierung, die das Referat eines Glaubensinhaltes eines anderen durch verschiedene Elemente - Matrixsatz, Konjunktiv I, Subjunktion/Verbzweitsatz, Pronominalverschiebung ... - erreicht, sagt zunächst ja nur, dass es sich um eines anderen Glauben handelt, werde er nun vom Referenten geteilt oder nicht, und ist m.E. vom durch den (optionalen) Konjunktiv II vermittelten Zweifel des Referenten an der Wahrheit des Referierten, der Richtigkeit der Einschätzung des Glaubenden usf. zu unterscheiden.

Der Konj. II ist gewiss nicht das einzige Mittel, solches sprachlich zu kommunizieren - „Naiv, wie er war, glaubte er, dass sie in ihn verliebt sei.“ - aber er tut dies ziemlich verlässlich von Goethes

"Ich merke schon, sie nimmt ihn in die Lehre,
In solchem Fall sind alle Männer dumm,
Er glaubt wohl auch, daß er der erste wäre ..."

bis zu zeitgenössischen Erörterungen des Fernsehprogramms in Foren:

„Melanie ist von Mola enttäuscht! Sie glaubte, er wäre stark und ein Kämpfer.“

In diesen Beispielen ist der Konj. I nicht durch Formidentität mit dem Indikativ blockiert, der Konj. II erscheint somit (nicht als Fehler sondern) als allein der Ausdrucksintention geschuldete Wahl. Anders in den diskutierten Beispielen, wo die Einhaltung der Norm den Konj. II erzwingt und - so wenigstens meine Vermutung - dennoch diesen Aspekt mit ins Spiel bringt und zwar auch dann, wenn er in keiner Weise intendiert ist. Das kann toleriert werden, aber je mehr dieser Effekt der Intention des Referenten, sich bezüglich der Wahrheit des Referierten als neutral, unentschieden (oder sogar affirmativ) zu inszenieren, zuwiderläuft, desto dringender scheint doch eine Vermeidung der Form geboten, auch wenn es selbstverständlich andere Möglichkeiten gibt und das Ausweichen in den Indikativ unter stilistischen Gesichtspunkten nicht in jedem Fall die beste sein mag.
Greift man das Ausgangsbeispiel noch einmal auf und setzt fiktiv mit unterschiedlicher Positionierung des Referenten fort, wird das vielleicht deutlicher:

„Die Verschwörer glaubten, dass sie die Heimat von einem Tyrannen befreit hatten. Vollkommen zu Recht wie ein Blick auf die innenpolitischen Schachzüge Cäsars spätestens seit der Überschreitung des Rubikon lehrt, auch wenn die weitere Entwicklung diesen Punkt oft verdeckt.“ versus „Die Verschwörer glaubten, dass sie die Heimat von einem Tyrannen befreit hätten. Ein verhängnisvoller Irrtum, besiegelten diese Tat und alles, was aus ihr erwuchs, doch nur den Untergang der Republik.“

Die Moduseffekte sind, nebenbei bemerkt, vielfältig und subtil - manchmal, um nur ein Beispiel zu nennen, stärkt der „falsche“ Indikativ auf eigenartige Weise den Ausdruck des Glaubens des Glaubenden (wobei die Referentenposition stark zurücktritt) und bietet selbst bei der Wahl zwischen Konj. I und Konj. II einen unschlagbaren Vorteil.
An „Alle glaubten, dass er tot war. Auch Zumpes Frau. Sie setzte eine Todesanzeige in die Zeitung. Als Zumpe wieder nach Hause kam, las er seine eigene Todesanzeige.“ aus der Feder Siegfried Lenz' wird nur ein Korinthenkacker etwas zu „verbessern“ wissen.


Re: Indikativ oder Konjunktiv?
arbiter am 24.3.14 um 13:26 Uhr (Zitieren)
Lenz verwendet hier - dem Sujet und wohl auch der Zielgruppe angemessen - die „einfache“ Sprache, die ja neuerdings en vogue ist. Insofern ist der „falsche“ Modus wohl nicht nur der von Dir herausgearbeiteten Aussageabsicht, sondern auch dem Sprachduktus und vor allem der Dramaturgie der Szene geschuldet. Dagegen keine Einwände (wiewohl ich ggflls. nicht anstehen würde, auch renommierte Autoren zu kritisieren).

Im Ausgangsbeispiel wird etwas - wie ich schon Gelegenheit hatte zu bemerken - über das Glauben der Täter mitgeteilt - der Inhalt sollte also korrekterweise im Modus der indirekten Rede stehen; sogar wenn man (als Referent) die - m.E. abwegige - Beurteilung des Sachverhalts teilen sollte, ist die Formulierung „hatten“ deplaciert, erst recht im Schulalltag.
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
filix am 24.3.14 um 15:28 Uhr (Zitieren)
Da die indirekte Rede nicht allein durch den Modus konstituiert wird, mithin der Referatscharakter nicht mit dem Konjunktiv steht und fällt, überzeugt mich in dem speziellen Fall des im Reglement unvermeidlichen Eintritts von Konj. II mit dem diskutierten Effekt die Überlegung nicht wirklich.

Im Übrigen weichst du bisweilen von dieser Doktrin ab, selbst wenn der Konj. I zur Wahl steht : http://www.albertmartin.de/latein/forum/?view=28051#3
Schlechter Tag? Oder wolltest du nicht doch über den „falschen“ Indikativ z.B. den Ausdruck der Rigidität der Überzeugung bei gleichzeitiger Zurücknahme der Referentenposition forcieren?
Wäre nesciens noch in Zweifel über die Position des Referenten Seneca geraten, stünde da Konj. I oder Konj. II?
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
gast am 24.3.14 um 16:00 Uhr (Zitieren)
@filix/arbiter:

Ihr schreibt in einem sachlich und wissenschaftlich wohl angemessenen, aber zum Lesen grauenhaften Beamtendeutsch. Eure Stil wirkt bisweilen extrem exaltiert. Er wäre schön, wenn ihr euch etwas allgemeinverständlicher ausdrücken würdet, sodass auch ein interessierter Halbgebildeter die Lust an Lesen nicht verliert. Ich denke, vieles ließe sich viel einfacher sagen. Ihr müsst euere hohe Sprachkompetenz nicht ständig unter Beweis stellen. Für Vorlesungen ist hier nicht der richtige Ort,meine ich.

@filix:
Macht öfter mal 2 oder 3 Sätze statt eines ellenlangen Monstersatzes und verzichte, wenn möglich, auf lästige Einschübe. ;)
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
filix am 24.3.14 um 16:02 Uhr (Zitieren)
re consulta abnuo :)
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
gast am 24.3.14 um 16:11 Uhr (Zitieren)
Schade ! :((
Ich hoffe, du unterrichtest an einer Uni. Für die meisten Schüler wärst du vermutlich ein (zu) harter Brocken. Du würdest sie wahrscheinlich permanent überfordern. Ich kann mich aber auch gewaltig täuschen. Wäre nicht das erste Mal. :))
Re: Indikativ oder Konjunktiv?
arbiter am 24.3.14 um 17:08 Uhr (Zitieren)
@filix
touché...
allerdings wirklich nur dann, wenn ich die in Rede stehenden Varianten absolut, für immer und überall, verworfen hätte - habe ich aber nicht.
Im übrigen fühle ich mich geehrt, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, diesen Fall von Devianz vom Regelhaften aufzuspüren. Ohne ein neues Kapitel aufschlagen zu wollen: Ich glaube mich erinnern zu können, dass ich seinerzeit (allerdings ungeprüft) davon ausging, Senecas Position stimme mit der illius sectae überein. Falls das ein Irrtum war/ist, müsste selbstredend der Konj I dort stehen.
 
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