Hallo. Ich hoffe, ihr hattet ein schönes Wochenende...
Ich habe Fragen zu einem Satz. Der Sinn dahinter ist mir auch nicht ganz klar geworden:
Socrates nihil mali censet esse in morte in qua si sensusresideret potius immortalitas quam mors ducenda esset.
Dieser dopp. Akk. liegt bei ducere hier als dopp. Nom vor?
Muss ich das resideret indikativisch übersetzen?
S. meint, dass nichts Übles im/am Tod sei, an dem - wenn das Empfinden fortbesteht / fortbestehen sollte - eher die Unsterblichkeit als der Tod geschätzt werden müsse.
Klaus am 22.6.14 um 19:27 Uhr, überarbeitet am 22.6.14 um 19:28 Uhr (Zitieren)
@Ahsoka: Da hast du dir aber einen schwierigen Satz ausgesucht! Willst du Lateinlehrerin werden?
Re: Dopp. Akk. wird zu dopp. Nom.
filix am 22.6.14 um 19:36 Uhr, überarbeitet am 22.6.14 um 19:43 Uhr (Zitieren)
Eine ungeschickte Konstruktion - die Übersetzung im Link ist ungenau, sie erfindet ein zusätzliches Relativpronomen, das nicht in der Vorlage steht, hat jedoch das nötige „ea“, den eigentlichen zweiten Nominativ.
Nach den Regeln der Zielsprache für das Referat ist, da es sich um eine fortführende Darstellung der Auffassung/Äußerung des Sokrates (in Abhängigkeit von „Socrates censet“) handelt, Konjunktiv zu wählen.
Hm, Danke Mr./Mrs. googelns ... ich wollte knobeln und das alles nicht ohne Hilfe, aber nicht mit papierner Hilfe löse.
@Ausgesucht?! Das ist von einem Übungsblatt und wir sollen das möglichst „stilvoll“ übersetzen lol* *
@filix: Ah ... ja, mit einem ea wäre mir Dummnase vielleicht aufgefallen, dass sich alles auf die mors bezieht und das „in qua“ in den si-Satz gehört ...
Und ducere ist dann tatsächlich mit „halten für“ zu übersetzen, als wäre es ein dopp. Akk. (wegen ducenda = passiv = dopp. Nom.?)
Ich versuch’s noch mal glatt hinzubekommen:
* Das Akronym für Laughing out Loud könnten die ExpertInnen auch mal übersetzen, eigentlich alle Akronyme ... und dann auf einer Extraseite zur Verfügung stellen ... hier bei albertmartin gibt es doch Vokabelseiten
S. meint, dass nichts Übles im/am Tod sei, der - wenn in ihm das Empfinden fortbestehen sollte - eher für Unsterblichkeit als für den Tod gehalten werden müsse.
@filix: Du kennst bestimmt weitere Sätze, die so verschachtelt sind, gleich mehrere Phänomene (Konj./ Konj. im Rel.-Satz/ nd-Form) enthalten? Kannst du welche einstellen (ohne Lösung)?
Re: Dopp. Akk. wird zu dopp. Nom.
filix am 22.6.14 um 21:25 Uhr, überarbeitet am 22.6.14 um 21:47 Uhr (Zitieren)
Du wiederholst die Ungenauigkeit der Übersetzung im Link - woher kommt das Relativpronomen in „... Tod sei, der ...“, wenn du „in qua“ in den si-Satz ziehst und mit „in ihm“ übersetzt?
Zudem liegt eigentlich ein Irrealis vor, da ja nach der c.t. sonst Konj. Präsens stünde - vergleiche das Original: „Sin ilia te res cruciat, quae magis amoris est, ut eorum, qui occiderunt, miserias lugeas — ut ea non dicam->, quae saepissime et legi et audivi, nihil mali esse in morte ; in qua si resideat sensus, immortalitas illa potius quam mors ducenda sit“ (Cicero: Ad fam. 5,16).
In deiner Übersetzung wählst du jedoch für den Bedingungssatz eine Konstruktion mit „sollen“, die im Dt. in der Regel die Potenzialität betont*, für die im Relativsatz stehende Folge hingegen Konj. I, obwohl im Dt. ein irreales Konditionalgefüge im Referat den Modus behält.
*A zu B: ‚Wenn ich an deiner Stelle wäre, ließe ich diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen.‘ -> A sagte, dass er, wenn er an Bs Stelle wäre (aber kaum: wenn er an Bs Stelle sein sollte), diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen ließe.
Solche Beispiele zu ersinnen, fehlt mir die Zeit (und eigentlich auch die Lust). Eine entsprechend eingeschränkte Suche wird dir aber gewiss ausreichend Material bei Cicero & Co liefern (von denen, wie man am Beispiel wieder einmal sehen kann, ausgiebig geborgt wird).
Den Hinweis auf ein ea hatte ich als Hinweis auf einen Rel.-Satz verstanden... ich sehe da kein ea.
Es soll ein ea in den si-Satz?!? Sorry, filix, das versteh ich nicht. Warum?
Aber gut: Wenn ein ea zu ducenda gehört:
S. meint, dass nichts Übles im/am Tod sei: Wenn in ihm das Empfinden fortbestünde, müsse dieser (mors) eher für Unsterblichkeit als für den Tod gehalten werden.
Re: Dopp. Akk. wird zu dopp. Nom.
filix am 22.6.14 um 22:04 Uhr, überarbeitet am 22.6.14 um 22:09 Uhr (Zitieren)
Nein, das „ea“ gehört nicht in den si-Satz. Schiebst du „in qua“ in den si-Satz , hast du einen Nebensatz ohne jede Einleitung - „... in morte, (si -> in qua sensus resideret), [???] potius immortalitas quam mors ducenda esset.“ Wenn du „in qua“ als Relativsatzeinleitung auffasst, fragt sich unter der Voraussetzung, dass du einen doppelten Nominativ für die entsprechende Konstruktion bei „ducere“ brauchst, wo das eigentliche Subjekt ist. -> „... in morte, in qua (bei dem), si sensus resideret (bestünde Empfindung fort), potius immortalitas (eher für Unsterblichkeit) quam mors (als für den Tod) ducenda esset (zu halten wäre)“. Aber wer?
Ich gehe davon aus, dass „in qua“ und der „si“-Satz verschränkt sind. Bisher hatte ich angenommen, eine Verscränkung kommt mit einem AcI oder einem Partizip vor.
Sollte da ein „ea“ eingeschoben werden, dann bezieht sich das wohl auf die mors. Der Sinn ist mir nach wie vor nicht klar:
Angenommen, die (menschlichen) Empfinden überdauerten den Tod (=das Sterben?), dann dürfte es sich beim Zustand des Todes eher um einen Zustand der Unsterblichkeit handeln als um ein „tot“-Sein.
Mehr kann ich diesem Satz trotz deiner Bemühungen, filix, nicht abgewinnen.
Ich bedanke mich.
Bei meinem ersten Versuch ging ich davon aus, dass ducere + „in qua“ schätzen an ihm (Tod) heißen kann - schließlich findet sich in meinem ersten lat. Text kein „ea“.
Dann fragte ich, ob ich einen dopp. Nom. annehmen müsse.
So nahm alles seinen Lauf.
Re: Dopp. Akk. wird zu dopp. Nom.
filix am 23.6.14 um 21:34 Uhr, überarbeitet am 24.6.14 um 11:42 Uhr (Zitieren)
Schwierig. Dass eine relative Verschränkung hier anzunehmen ist, also „.... morte, in qua si ... ducenda sit“ = „... morte, quae, si in qua ..., .... ducenda sit“, klingt prima vista gut, überzeugt mich aber nicht ganz. Schon einmal deswegen, weil Cicero in „nihil mali esse in morte ; in qua si resideat sensus, immortalitas illa potius quam mors ducenda sit“ “illa„ setzt, das m.E. nicht zu “immortalitas„ gehört, sondern das Subjekt (mit Rückbezug auf “mors") ist. Die Einschränkungen für die rel. Verschränkung sind zahlreich und komplex, zumal wenn alles in die Abhängigkeit wandert.
(Das scheint den Urhebern der verlinkten Version, auf die ich mich bezog bzw. dieses Arbeitsblattes http://tinyurl.com/q8mx2ny zunächst ähnlich gegangen zu sein - sie fügen „ea“ vor „ducenda esset“ ein)
Es ist allerdings so, dass diese Umformulierung der ganzen Satzkonstruktion einen anderen Charakter verleiht. Im Original lässt sich gar nicht so recht sagen, ob das „in qua“ nicht ein loser rel. Anschluss ist, in dem Cicero eine Zusatzbemerkung in einem Konditionalsatzgefüge mit Potentialis (Konj. Präsens) macht, statt weiter zu referieren: „Wobei (in qua), wenn Empfindung fortbestehen sollte, jener (illa = der Tod) eher für ‚Todlosigkeit‘ (der Gegensatz baut auf immortalitas vs. mors auf) als für Tod gehalten werden müsste.“ Ciceros Ausführungen sind in dem Brief recht sprunghaft und haben die Absicht, den Adressaten zu trösten, weniger die einer eingehenden Erörterung der Frage nach der Unsterblichkeit.
In deiner Version findet hingegen eine viel klarere Unterordnung unter den vorangehenden Satz statt, die einen innerlich abhängigen Relativsatz konstituiert, der die Folge zur im si-Satz aufgestellten Bedingung enthält, wobei noch ein erklärungsbedürftiger Wechsel zum Konj. Imperfekt (mMn. Irrealis) hinzukommt.
„Sokrates ist der Ansicht, dass der Tod kein Übel sei (bloßes Referat im Konj. I), wobei (loser Anschluss) dieser, bestünde (Irrealis) Sinneswahrnehmung fort, ja eher für ‚Todlosigkeit‘ als für Tod gehalten werden müsste (Irrealis).“ Als direkte Rede hieße das: „Sokrates: Der Tod ist kein Übel - wobei er ja, bestünde Sinneswahrnehmung fort, eher für ‚Todlosigkeit‘ als für Tod gehalten werden müsste.“
Fazit: Moreau’sche Chirurgie an Originalsätzen hat so ihre Tücken.
Uff!
Die „Herausgeber“ deiner Version des Übungssatzes wollten mit „ea“ also das „illa“ bei Cic. aufgreifen? Verstehe ich das richtig?
*seufz* da stehen noch viele weitere lustige Sätze auf dem Arbeitsblatt.
Sollten die ebenfalls aus dem Latein-Labor stammen, dann bin ich auf die vielen Lösungsversuche gespannt ...
Vielen Dank für die Erläuterungen.
Hm. Jetzt muss ich mir überlegen, das das mir vorliegende Arbeistblatt eigentlich die viel gefürchtete *bibber* Verschränkung abfragen will ... daher war ich darauf auch fixiert.
Das mag aber erklären, weshalb auf meinen Arbeitsblatt kein ea zu finden ist - ich müsste mir ein quae denken, auf jeden Fall den Tod (gedanklich) zu ducere bringen. Mit ducere + in = schätzen bin ich ja zu Beginn gescheitert, das kam mir falsch vor.