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Römische Grabinschrift, 4. Jh. n. Chr. — 1420 Aufrufe
Antheia am 10.1.16 um 16:22 Uhr (Zitieren)
Hallo,
ich muss eine römische Grabinschrift übersetzen und finde dazu keine Übersetzung. Der Text ist mir aber nicht ganz klar:
Conditus infelix in ista sede perenni
Principius habitat. huic vitae finis in ipsis
ter senis misero et quattuor paene peractis
annis acerba fuit. nam studiis iam Romae laetantem
invida Fortuna repenti funere mersit,
cuiusque reversum crudeli funere corpus
exequitur genitor iniquo cum honore sepulcri.
iam securi suo gaudete munere Manes
Elysios per campos et dulcia prata vagantes.

Meine Übersetzung erst mal:
Bestattet in dieser ewigen Ruhestätte liegt der unglückliche Principius. Er, der selbst in den dreimal sechs und fast vier verbrachten Jahren unglücklich war, hatte ein vorzeitiges Lebensende. Denn das missgünstige Schicksal hat ihn, als er sich schon in Rom an seinen Studien erfreute, in den plötzlichen Tod gestürzt, und sein Vater hat dessen umgedrehten Leichnam (???) bei einer grausamen Beerdigung mit zu großem Schmuck des Grabsteins (???) zu Grabe getragen. Freut euch schon an seinem Begräbnis, ihr unbekümmerten Manen, die ihr durch die elysischen Felder und durch süße Wiesen herum streift.

Vor allem mit dem zweiten und dritten Satz, sowie mit dem Relativsatz, der durch cuiusque eingeleitet wird, habe ich Probleme - auch inhaltlicher Art.
Kann mir jemand vielleicht helfen?

Vielen Dank schonmal,

Antheia
Re: Römische Grabinschrift, 4. Jh. n. Chr.
filix am 10.1.16 um 17:30 Uhr, überarbeitet am 10.1.16 um 17:41 Uhr (Zitieren)
Die Inschrift befindet sich in Dalmatien, der Sohn stirbt in Rom - also gibt der Erzeuger (genitor) dessen (cuius) durch einen grausamen Tod <in die Heimat> (repenti funere) zurückgekehrtem Leichnam (corpus reversum) das letzte Geleit (exequitur) zusammen mit der mit Widerwillen erwiesenen Ehre eines Grabmals (iniquo cum honore sepulcri). Der Vater hätte sich demnach gewünscht, seinen Sohn auf andere Weise als durch ein Grab ehren zu können.
Re: Römische Grabinschrift, 4. Jh. n. Chr.
Antheia am 10.1.16 um 17:44 Uhr (Zitieren)
Vielen Dank dafür! Ist dann der Teil davor richtig?
Re: Römische Grabinschrift, 4. Jh. n. Chr.
indicans am 10.1.16 um 17:45 Uhr (Zitieren)
huic vitae finis in ipsis
ter senis misero et quattuor paene peractis
annis acerba fuit. nam studiis iam Romae laetantem
invida Fortuna repenti funere mersit,
cuiusque reversum crudeli funere corpus
exequitur genitor iniquo cum honore sepulcri.


Als Lebensende gab es für diesen in seinen nur knapp 22 vollendeten Jahren Unglücklichen
als Lebensende den Leichenhaufen (?? acerva finde ich nirgends. acerva = acervus ?).
Als er sich in Rom sich am Studium erfreute, tauchte ihn die neidische Fortuna in den plötzliche Tod und sein Vater lässt den von der herzlosen Bestattungsfeier zurückgekehrten Leichnam mit der widerwilligen Ehre (Enallage) eines Grabes beisetzen.
Re: Römische Grabinschrift, 4. Jh. n. Chr.
Antheia am 10.1.16 um 17:47 Uhr (Zitieren)
Okay, vielen Dank (acerbus=frühzeitig usw.). Ihr habt mir sehr geholfen!
Re: Römische Grabinschrift, 4. Jh. n. Chr.
filix am 10.1.16 um 18:13 Uhr, überarbeitet am 10.1.16 um 23:10 Uhr (Zitieren)
Vielen Dank dafür! Ist dann der Teil davor richtig?


„acerba“ gehört, wie du richtig erkannt hast, zu „finis“ (das auch f. sein kann), „misero“ (die Worstellung ist gesucht) ist Dativ „diesem Unglücklichen ...“, er war also wohl kaum sein ganzes, kurzes Leben lang unglücklich.
„munere“ meint hier vermutlich die Totenspende, das Opfer, das den Manen dargebracht wurde.
Re: Römische Grabinschrift, 4. Jh. n. Chr.
Kuli am 10.1.16 um 18:58 Uhr (Zitieren)
Zitat von indicans am 10.1.16, 18:28Es sollte aber hiernach acerva lauten

Ein Beispiel für den sog. Betazismus. Die Transkription auf der verlinkten Seite gibt die Inschrift in klassischer Orthographie wieder.
Re: Römische Grabinschrift, 4. Jh. n. Chr.
filix am 10.1.16 um 19:02 Uhr, überarbeitet am 10.1.16 um 23:10 Uhr (Zitieren)
Es sollte aber hiernach acerva lauten:



Siehe auch: https://books.google.de/books?id=ig4F_lvsZUYC&pg=PA159

Das „in“ habe ich überlesen, dann heißt es womöglich doch: „Diesem (Huic) <schon> während (in) seiner (ipsis) dreimal sechs und (ter senis et) fast (paene) vier (quattuor) verbrachten Jahre (peractis annis) Unglücklichem (misero) ...“
Re: Römische Grabinschrift, 4. Jh. n. Chr.
indicans am 10.1.16 um 19:03 Uhr (Zitieren)
Ein Beispiel für den sog. Betazismus.


Besten Dank für die Erklärung. Vom Betazismus habe ich noch nie gehört. Ich kannte bisher nur den Rhotazismus.
Re: Römische Grabinschrift, 4. Jh. n. Chr.
Antheia am 10.1.16 um 19:04 Uhr (Zitieren)
Vielen Dank noch einmal für die viele Hilfe!
 
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