In einem Brief von Plinius über den Vesuvausbruch, in dem er eine Wolke beschreibt, heißt es:
Nubes - incertum procul intuentibus, ex quo monte (Vesuvium fuisse postea cognitum est) - oriebatur, cuius similitudinem et formam non alia magis arbor quam pinus expresserit.
expresserit: Konj. Perfekt, entspricht ja Konj. Präsens
Übersetzung:
Die Wolke erhob sich - von welchem Berg, konnte man von weitem nicht eindeutig erkennen (dass es der Vesuv war, erfuhr man erst später) - in einer Gestalt, die mit keinem Baum besser zu vergleichen war als mit einer Pinie.
Müsste es nicht (wörtlich heißen): ....... die kein Baum besser abbilden KOENNTE als eine Pinie.
In allen Übersetzungen wird der Potentialis mit einer Zeit der Vergangenheit wiedergegeben. Das verwundert mich etwas.
Im Dt. können weder Modus noch Tempus per se die Bedeutung von Potenzialität herstellen. In der von dir zitierten Übersetzung ist es der spezielle an Modalverben erinnernde Gebrauch von „sein“ & „zu“ & Infinitiv, der dies (in schwacher Form) leistet. Die Tempuswahl orientiert sich davon unabhängig am präteritalen Erzähltext, ein Wechsel ins Präsens würde die Position des Erzählers in den Vordergrund rücken, so aber bleibt die Einschätzung der Gestalt der Wolke ganz Teil der geschilderten Vergangenheit.