Dass jener Mann, der xxx (machte), xxx und die meisten römischen kriegerischen/militärischen Angelegenheiten um vieles/weit
(besser ??) leitete, hielten sogar die Adeligsten für sicher/ unbestritten.
Ich gehe davon aus, dass der Relativsatz komplett in deiner Angabe fehlt außer dem Relativpronomen und dass que Teile des Hauptsatzes verbindet.
Es müsste so aussehen: Illum virum, qui ..., xxx rebusque bellicis plurimis Romanis multo praeesse vel
nobilissimi pro certo habuerunt.
multo praeesse soll hier vermutlich wie multo praestare ( um vieles/weitaus besser sein) funktionieren. d.h. es kommt die steigerbare Nebenbedeutung von praeesse gleich einen großen Anteil haben in Betracht, plurimis Romanis wäre dann der vorangehende Abl. comparationis: einen größeren Anteil an … habe als die meisten Römer …
Man ist versucht, das so zu verstehen, allerdings gibt das die klassische Bedeutung von praeesse eigentlich nicht her. Offen ist, von Auslassung und Kontext abgesehen, auch, wie man res bellicae aufzufassen hat, die Bedeutung geht ja von kriegerischen Angelegenheiten, Kriegswesen bis zu Kriegstaten. Der Threadstarter wird uns also erhellen müssen.
Ganz wörtlich würde es gehen:
prae- esse = voran/voraus sein, vgl. prae-cedere
Vlt. hat man das später „nachgebildet“ in Analogie zu anderen Verben.
Das MA-Latein hat ja viele, auch „grausame“ Neologismen („de ente et essentia“).
Das erinnert an Heidegger mit seinen Substantivierungen (Das-in-der-Welt/Sorge-Sein),
wo er die Griechen nachahmt, und seine eigenwilligen (falschen) Etymologien.
Ich würde eher sagen, diese Art Grausamkeit entspringt einem an humanistischer Klassizität orientierten Schullatein, das möglichst viele grammatische Features in einen Satz packen und die Köpfe zum Rauchen bringen möchte (ACI, Abl. comparationis., Abl. mensurae, Erschließung der komparierbaren Bedeutung aus dem Verb, die ungewöhnliche Verwendung von vel …). :)
Die Darstellung von praeesse im Georges legt allerdings nahe, dass die sozialhierarchische Hauptbedeutung im Sinne von jemandem vorgesetzt sein ähnlich absolut ist wie im Deutschen, wo der Vorgesetzte des Vorgesetzten auch nicht vorgesetzter ist. Wer vorne ist und das Kommando hat über die, vor denen er steht und redet, befindet sich an der Spitze. Das lässt sich nicht mehr steigern.
Die komparierbare Bedeutung beschränkt sich also offenbar auf den mehr oder minder großen Anteil, den man etwas hat.
Wenn ich sage: Er ist vielen weit voraus, muss er nicht der sein, der am weitestens voraus ist.
Und die Reihe muss damit nicht zuende sein.
Jemand, der weiter oben in der Vorgesetzten-Hierarchie ist, ist der höhere Vorgesetzte.
Von PPPs bildet man natürlich keinen Komparativ, sondern benutzt geeignete
Adverbien.
Und bestimmten Abgrenzungs- und Profilisierungsbedürfnissen, aber auch
inhaltlichen Notwendigkeiten.
Heidegger war wohl auch davon nicht frei wie der Aquinate und andere.
Insgeheimes Motto: Schaut mal, was man alles aus der Sprache herausholen kann und wie „geil“ das klingt!
In der Theologie ist Karl Rahner auf diesen Zug aufgesprungen.
Ich verstehe nicht ganz, worauf du hinauswillst. Dem Eintrag im Georges nach ist die absolute sozialhierarchische Bedeutung dominant, die Nebenbedeutung auf Anteilhabe beschränkt. Im Circus Maximus konnte man also über deutlich im Wagenrennen Führenden nicht sagen multo praeest (er ist viel weiter vorne) und mihi multo praeest räumt auch nicht ein, dass mir jemand weit überlegen ist. Siehe dazu die Gegenproben http://www.zeno.org/Georges-1910/A/2.+überlegen?hl=uberlegen und http://www.zeno.org/Georges-1910/A/übertreffen?hl=ubertreffen wo superare, praestare usf. aber nicht praeesse auftaucht. Ich denke doch, dass sich der historische Schulbuchautor an dieser Einschränkung des klassischen Sprachgebrauchs orientiert hat.
Re: multo praeesse
Johannes Westmeijer am 6.9.23 um 18:46 Uhr (Zitieren)
Mit der Bitte des vollständigen Satzes. Es handelt um Marius
Illum virum, qui Graecas litteras omnino neglexit et despexit, ad pericula superanda maxime idoneum esse rebusque bellicis plurimis Romanis multo praeesse vel nobilissimi pro certo habuerunt
Sogar die Adligen hielten für sicher, dass jener Mann, der gänzlich die griechische Wissenschaften vernachlässigte und verachtete, der geeignetste war die Gefahren zu Besiegen und das Kriegswesen mit den vielen Römern um vieles zu führen.
Re: multo praeesse
Johannes Westmeijer am 6.9.23 um 18:47 Uhr (Zitieren)
Mit der Bitte des vollständigen Satzes. Es handelt um Marius
Illum virum, qui Graecas litteras omnino neglexit et despexit, ad pericula superanda maxime idoneum esse rebusque bellicis plurimis Romanis multo praeesse vel nobilissimi pro certo habuerunt
Sogar die Adligen hielten für sicher, dass jener Mann, der gänzlich die griechische Wissenschaften vernachlässigte und verachtete, der geeignetste war die Gefahren zu Besiegen und das Kriegswesen mit den vielen Römern um vieles zu führen.
Re: multo praeesse
Johannes Westmeijer am 6.9.23 um 18:47 Uhr (Zitieren)
Mit der Bitte des vollständigen Satzes. Es handelt um Marius
Illum virum, qui Graecas litteras omnino neglexit et despexit, ad pericula superanda maxime idoneum esse rebusque bellicis plurimis Romanis multo praeesse vel nobilissimi pro certo habuerunt
Sogar die Adligen hielten für sicher, dass jener Mann, der gänzlich die griechische Wissenschaften vernachlässigte und verachtete, der geeignetste war die Gefahren zu Besiegen und das Kriegswesen mit den vielen Römern um vieles zu führen.
Re: multo praeesse
Johannes Westmeijer am 6.9.23 um 18:48 Uhr (Zitieren)
Mit der Bitte des vollständigen Satzes. Es handelt um Marius
Illum virum, qui Graecas litteras omnino neglexit et despexit, ad pericula superanda maxime idoneum esse rebusque bellicis plurimis Romanis multo praeesse vel nobilissimi pro certo habuerunt
Sogar die Adligen hielten für sicher, dass jener Mann, der gänzlich die griechische Wissenschaften vernachlässigte und verachtete, der geeignetste war die Gefahren zu Besiegen und das Kriegswesen mit den vielen Römern um vieles zu führen.
... und bei weitem geeignet war, die meisten militärischen Dinge der Römer zu leiten
idoneus wird hier inkonzinn konstruiert mit Gerundiv und Infinitiv.
– β) m. Infin.: iam idonei spiritum trahere, sobald wir fähig sind, Atem zu schöpfen, Sen. ep. 102,
Mit Blick auf das Gesagte und die Nebenbedeutung II) übtr.: A) die Hauptperson bei etw. sein, an etw. großen Anteil nehmen von praeesse:
… am Kriegswesen einen weitaus größeren Anteil hatte/nahm als die übrigen Römer.
… im Kriegswesen eine weitaus bedeutendere Rolle spielte als die übrigen Römer.
Was wären die Gründe dafür? Was sollte eine so umständliche Konstruktion motivieren? Wäre (indoneum) esse einziger Subjektsakkusativ, würde man ihn wenigstens am Ende des ACI erwarten, die Wortstellung in der sich so ergebenden monströsen Nominalphrase erschiene mehr als unüblich, während die Voranstellung von plurimis Romanis als Abl. comparationis vor dem Abl. mensurae, welches wieder vor dem hier aus dem Verb zu erschließenden komparativen Sinn positioniert ist, lehrbuchmäßig ausfällt. Multo beim Positiv, von dem es nun meilenweit stünde, müsstest du auch näher erklären, denn in deiner Übersetzung und bei weitem geeignet war, stellst du diesen Bezug ja her.
Man sollte dessen ungeachtet nicht vergessen, dass in einem lateinischen ACI in Abhängigkeit von einem verbum sentiendi wie (pro certo) habere der durch das Modalverb sollen im Deutschen angezeigte Forderungscharakter nicht eigens ausgedrückt* wird. Also kommt auch … im Kriegswesen (rebus bellicis) eine weitaus (multo) bedeutendere Rolle spielen sollte (praeesse) als die meisten Römer (plurimis Romanis) als Übersetzung in Betracht.
die enge Verbindung durch que.
... geeignet, Risiken einzugehen und (zudem) in vielerlei Hinsicht/ in hohem Maße (multo) militär. Angelegenheiten zu leiten
Marius war Feldherr, also dafür geeignet.
Die meisten Probleme habe ich mit deinem abl. comparat.
Es fehlt mir schlicht ein Adjektiv im Komparativ.
Zudem passt doch idoneum esse gut zu pro certo habere.
Man hält ihn für zwei Dinge für kompetent.
Bei multo praestat fehlt der Komparativ ebenfalls, erwartet man zwingend ein Adjektiv, der Abl. mensurae steht jedochauch vor sogenannten komparativischen Verben (MBS § 380,2), zu denen man praeesse problemlos rechnen kann. Entscheidend ist also die Komparierbarkeit der in prae steckenden Bedeutung. Der Abl. mensurae ist also genau dort, wo er hingehört, ebenso der vorausgehende Abl. comparationis.
-que kann sehr wohl auch mehrteilige ACIs verbinden, das spricht also nicht dagegen.
In deiner Deutung stört davon abgesehen nach wie vor das Wortstellungschaos, der einzige Infinitiv des ACI stünde in der Mitte, der von ihm abhängige Infinitiv am Ende, das plurimis in der Nominalphrase auch nicht dort, wo man es gewöhnlich erwartet, multo, an sich erklärungsbedürftig in der behaupteten Bedeutung, abgesprengt von idoneum (esse), einem Positiv.
... hielten es für unbestreitbar, dass jener Mann, der..., höchst kompetent sei,
Risiken einzugehen und um vieles mehr kompetent sei militärische Angelegenheiten zu leiten/regeln als die meisten (anderen) Römer.
Das macht doch inhaltlich absolut Sinn.
Der Mann hat zwei Spezialkompetenzen.
Die aufgezählten grammatischen und syntaktischen Probleme verschwinden nicht, nur weil etwas Sinn ergibt.
In meiner Sicht, nimmt man, was ich oben über das implizite Modalverb in von verba dicendi abhängigen ACIs geschrieben habe, hinzu, drückt der Satz aus, dass sogar die (dünkelhaften) Vornehmsten nicht nur keinen Zweifel an seiner Eignung haben, sondern auch der Ansicht sind, dass er wirklich eine weitaus bedeutendere Rolle in militärischen Angelegenheiten spielen sollte als viele (womöglich gebildetere) Römer.
Jetzt fängst du aber auch zu interpretieren an.
Es sind Feststellungen, keine Pläne, die sie mit ihm haben.
Die militärischen Dinge würde ich auch zu den pericula zählen, sogar primär.
Es wären Konkretisierungen derselben.
... und in hohem Maße (multo) vor den meisten Römern die milit. Aktivitäten zu leiten
Die gegenseitige Verachtung von Marius und der Nobilität, bei der seine von ihm als Tugend zur Schau gestellte Unbildung eine große Rolle spielt, wie das bei Sallust (insbesondere in der berühmten Rede Jug. 85 ) oder Plutarch dargestellt ist, und die Widerstände, die gegen seine politische und militärische Karriere geleistet wurden, sind zweifelsohne der historische Hintergrund dieses Satzes. Dass sich in ihm nur eine Feststellung ausdrückt, nicht aber aus der Anerkennung seiner Eignung heraus auch die Bereitschaft ergibt, ihm wirklich eine bedeutendere Rolle einzuräumen, ist also nicht völlig abwegig.
So oder so sehe ich jedenfalls keine neuen Argumente, die gegen die mit der zu erwartenden Wortstellung einhergehende Deutung von multo praeesse als Abl. mensurae vor einem komparativischen Verb, wie das in MBS § 380,2 erläutert wird, sprechen, keine Erklärung der andernfalls ausgesprochen ungewöhnlichen Stellung des Infinitivs des ACIs, von imprimis, keine Aufklärung, wie das am Ende übriggebliebene multo sich auf den Positiv idoneum beziehen soll.