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Senecas „Epistulae morales ad Lucilium“, 2 — 193 Aufrufe
Sehr geehrte Forum-Mitglieder,
ich wäre wirklich sehr dankbar, wenn ihr mir auch diesen Textausschnitt aus Senecas „Epistulae morales ad Lucilium“ korrigieren könntet:
(1) Quod pertinaciter studes et omnibus omissis hoc unum agis, ut te meliorem cotidie facias, et probo et gaudeo, nec tantum hortor ut perseveres sed etiam rogo. Illud autem te admoneo, ne eorum more qui non proficere sed conspici cupiunt facias aliqua quae in habitu tuo aut genere vitae notabilia sint;
(2) asperum cultum et intonsum caput et neglegentiorem barbam et indictum argento odium et cubile humi positum et quidquid aliud ambitionem perversa via sequitur evita. Satis ipsum nomen philosophiae, etiam si modeste tractetur, invidiosum est: quid si nos hominum consuetudini coeperimus excerpere? Intus omnia dissimilia sint, frons populo nostra conveniat.
(3) Non splendeat toga, ne sordeat quidem; non habeamus argentum in quod solidi auri caelatura descenderit, sed non putemus frugalitatis indicium auro argentoque caruisse. Id agamus ut meliorem vitam sequamur quam vulgus, non ut contrariam: alioquin quos emendari volumus fugamus a nobis et avertimus; illud quoque efficimus, ut nihil imitari velint nostri, dum timent ne imitanda sint omnia.
(4) Hoc primum philosophia promittit, sensum communem, humanitatem et congregationem; a qua professione dissimilitudo nos separabit. Videamus ne ista per quae admirationem parare volumus ridicula et odiosa sint. Nempe propositum nostrum est secundum naturam vivere: hoc contra naturam est, torquere corpus suum et faciles odisse munditias et squalorem appetere et cibis non tantum vilibus uti sed taetris et horridis.
(5) Quemadmodum desiderare delicatas res luxuriae est, ita usitatas et non magno parabiles fugere dementiae. Frugalitatem exigit philosophia, non poenam; potest autem esse non incompta frugalitas. Hic mihi modus placet: temperetur vita inter bonos mores et publicos; suspiciant omnes vitam nostram sed agnoscant.
(6) ‚Quid ergo? eadem faciemus quae ceteri? nihil inter nos et illos intererit?‘ Plurimum: dissimiles esse nos vulgo sciat qui inspexerit propius; qui domum intraverit nos potius miretur quam supellectilem nostram. Magnus ille est qui fictilibus sic utitur quemadmodum argento, nec ille minor est qui sic argento utitur quemadmodum fictilibus; infirmi animi est pati non posse divitias.
(7) Sed ut huius quoque diei lucellum tecum communicem, apud Hecatonem nostrum inveni cupiditatum finem etiam ad timoris remedia proficere. ‚Desines‘ inquit ‚timere, si sperare desieris.‘ Dices, ‚quomodo ista tam diversa pariter sunt?‘ Ita est, mi Lucili: cum videantur dissidere, coniuncta sunt. Quemadmodum eadem catena et custodiam et militem copulat, sic ista quae tam dissimilia sunt pariter incedunt: spem metus sequitur.
(8) Nec miror ista sic ire: utrumque pendentis animi est, utrumque futuri exspectatione solliciti. Maxima autem utriusque causa est quod non ad praesentia aptamur sed cogitationes in longinqua praemittimus; itaque providentia, maximum bonum condicionis humanae, in malum versa est.
(9) Ferae pericula quae vident fugiunt, cum effugere, securae sunt: nos et venturo torquemur et praeterito. Multa bona nostra nobis nocent; timoris enim tormentum memoria reducit, providentia anticipat; nemo tantum praesentibus miser est. Vale.
Meine Übersetzung:
(1) Weil du dicht hartnäckig bemühst und dieses eine aus allen, die losgelassen wurden, treibst, damit du dich täglich besser machst, sowohl billige ich mich als auch freue ich mich und ich ermutige nicht so sehr, dass du fortfährst, sondern frage sogar. An jenes aber erinnere ich dich, dass du nicht durch die Sitten derer, die nicht vorwärts kommen, sondern wollen erblickt zu werden, irgendwelche (Dinge) tust, welche an deiner Kleidung oder der Art des Lebens auffallend sind;
(2) Sowohl die nachlässige Kleidung als auch das ungeschorene Haupt als auch der ziemlich achtlose Bart und der zur Schau gestellte Hass gegen Gold als auch das auf den Boden gelegene Lager und, auf welchem anderem falschen Weg auch immer Eitelkeit folgt, vermeide. Der Name der Philosophie an sich ist verhasst, auch wenn er maßvoll behandelt wird: Was, wenn wir anfangen, uns der Angewohnheiten der Menschen zu entziehen? Darin wären alle ungleich, unsere Vorderseite soll zusammenpassen.
(3) Die Toga wird nicht glänzen, nicht einmal, wenn sie schmutzig ist; wir haben nicht Geld, aus dem eingelegte Bildwerke aus dichtem Gold herabkommen wird, aber wir glauben nicht, dass die Anzeichen der Sparsamkeit Gold und Silber entbehren. Dieses treiben wir, damit wir einem besseren Leben folgen als die Masse, nicht, damit ein gegenteiliges: Im Übrigen wollen wir vor uns fliehen und uns abwenden von denen, die wir verbessern wollen. Wir bewirken auch jenes, dass sie nicht von uns nachahmen wollen, während sie fürchten, dass sie alles nachahmen müssen.
(4) Dieses hat zuerst die Philosophie versprochen: die gefühlte Gemeinschaft, die Menschlichkeit und das Zusammensein; aus diesem öffentlichen Geständnis wird uns die Unähnlichkeit trennen. Wir werden sehen, dass diese da, durch die wir Anerkennung besorgen wollen, nicht lächerlich und verhasst sind. Allerding ist es unser Vorhaben in Einklang mit der Natur zu leben: dieses ist gegen die Natur, seinen Körper zu quälen und leichte Reinlichkeit zu hassen und Schmutz aufzusuchen und Speisen nicht nur billig zu nutzen, sondern ekelhaft und schrecklich.
(5) Auf welche Weise auch immer es die Sache des Luxus ist, Köstlichkeiten zu begehren, so ist es Wahnsinn, gewöhnliche und nicht große, leicht verschaffbare (Dinge) zu verbannen. Philosophie verlangt Genügsamkeit, nicht die Strafe; es kann aber nicht sei, dass Genügsamkeit nicht schmucklos ist. Dieses Maß gefällt mir: der Weg zwischen den guten Sitten und der öffentlichen wird gemischt; sie alle blicken auf unser Leben, sollen es aber erkennen.
(6) Was also? Werden wir dasselbe machen wie die anderen? Wird kein Unterschied sein zwischen uns und jenen? Ein sehr vieler: Der, der uns näher betrachtet, weiß, dass wir mit der Volksmasse ungleich sind; wer das Haus betritt, soll vielmehr uns bewundern als unser Gerät. Groß ist jener, der tönernes so gebraucht wie Silber, aber nicht kleiner ist jener, der das Silber so gebraucht wie tönernes; es ist der schwache Geist, nicht Reichtum erleiden zu können.
(7) Aber um diesen kleinen Gewinn des Tages auch mit dir zu teilen, fand ich bei unseren Hecaton, dass das Ende der der Begierde auch von Nutzen sei als Heilmittel gegen die Furcht. Er sagt: „Du wirst aufhören zu fürchten, wenn du aufhörst zu hoffen.“ Du wirst sagen: „Wie sind diese so verschiedenen da gleich?“ So ist es, mein Lucilius: Obwohl sie sich zu widersprechen scheinen, sind sie verbunden. Auf welche Weise auch immer dieselbe Kette sowohl den Sträfling als auch den Wächter verbindet, so gehen diese da, die so ungleich sind, gleich einher: die Hoffnung folgt der Furcht.
(8) Und nicht weniger diese da so zu gehen: beide sind hängende Geister, beide beunruhigt durch Erwartung der Zukunft. Aber die größte Ursache von beiden ist, dass wir uns nicht der Gegenwart anpassen, sondern die Gedanken in die Ferne vorausschicken; deshalb ist die Vorausschau, das größte Gut der Übereinkunft der Menschen, zum Übel verkehrt.
(9) Die wilden Tiere fliehen vor der Gefahr, die sie sehen, weil sie ihr entflohen sind, sind sie sicher: Wir quälen uns sowohl mit der Zukunft als auch mit der Vergangenheit. Viele unserer Gute schaden uns, das Gedächtnis führt uns nämlich die Qual der Furcht zurück, die Vorausschau übertrifft; niemand ist unglücklich nur in der Gegenwart. Leb wohl.
Vielen Dank!
Re: Senecas „Epistulae morales ad Lucilium“, 2
Re: Senecas „Epistulae morales ad Lucilium“, 2
Ich hoffe, dass es so besser ist:
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(1) Quod pertinaciter studes et omnibus omissis hoc unum agis, ut te meliorem cotidie facias, et probo et gaudeo, nec tantum hortor ut perseveres sed etiam rogo. Illud autem te admoneo, ne eorum more qui non proficere sed conspici cupiunt facias aliqua quae in habitu tuo aut genere vitae notabilia sint | (1) Weil du dicht hartnäckig bemühst und dieses eine aus allen, die losgelassen wurden, treibst, damit du dich täglich besser machst, sowohl billige ich mich als auch freue ich mich und ich ermutige nicht so sehr, dass du fortfährst, sondern frage sogar. An jenes aber erinnere ich dich, dass du nicht durch die Sitten derer, die nicht vorwärts kommen, sondern wollen erblickt zu werden, irgendwelche (Dinge) tust, welche an deiner Kleidung oder der Art des Lebens auffallend sind
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(2) asperum cultum et intonsum caput et neglegentiorem barbam et indictum argento odium et cubile humi positum et quidquid aliud ambitionem perversa via sequitur evita. Satis ipsum nomen philosophiae, etiam si modeste tractetur, invidiosum est: quid si nos hominum consuetudini coeperimus excerpere? Intus omnia dissimilia sint, frons populo nostra conveniat. | (2) Sowohl die nachlässige Kleidung als auch das ungeschorene Haupt als auch der ziemlich achtlose Bart und der zur Schau gestellte Hass gegen Gold als auch das auf den Boden gelegene Lager und, auf welchem anderem falschen Weg auch immer Eitelkeit folgt, vermeide. Der Name der Philosophie an sich ist verhasst, auch wenn er maßvoll behandelt wird: Was, wenn wir anfangen, uns der Angewohnheiten der Menschen zu entziehen? Darin wären alle ungleich, unsere Vorderseite soll zusammenpassen. |
(3) Non splendeat toga, ne sordeat quidem non habeamus argentum in quod solidi auri caelatura descenderit, sed non putemus frugalitatis indicium auro argentoque caruisse. Id agamus ut meliorem vitam sequamur quam vulgus, non ut contrariam: alioquin quos emendari volumus fugamus a nobis et avertimus illud quoque efficimus, ut nihil imitari velint nostri, dum timent ne imitanda sint omnia. | (3) Die Toga wird nicht glänzen, nicht einmal, wenn sie schmutzig ist wir haben nicht Geld, aus dem eingelegte Bildwerke aus dichtem Gold herabkommen wird, aber wir glauben nicht, dass die Anzeichen der Sparsamkeit Gold und Silber entbehren. Dieses treiben wir, damit wir einem besseren Leben folgen als die Masse, nicht, damit ein gegenteiliges: Im Übrigen wollen wir vor uns fliehen und uns abwenden von denen, die wir verbessern wollen. Wir bewirken auch jenes, dass sie nicht von uns nachahmen wollen, während sie fürchten, dass sie alles nachahmen müssen. |
(4) Hoc primum philosophia promittit, sensum communem, humanitatem et congregationem a qua professione dissimilitudo nos separabit. Videamus ne ista per quae admirationem parare volumus ridicula et odiosa sint. Nempe propositum nostrum est secundum naturam vivere: hoc contra naturam est, torquere corpus suum et faciles odisse munditias et squalorem appetere et cibis non tantum vilibus uti sed taetris et horridis. | (4) Dieses hat zuerst die Philosophie versprochen: die gefühlte Gemeinschaft, die Menschlichkeit und das Zusammensein aus diesem öffentlichen Geständnis wird uns die Unähnlichkeit trennen. Wir werden sehen, dass diese da, durch die wir Anerkennung besorgen wollen, nicht lächerlich und verhasst sind. Allerding ist es unser Vorhaben in Einklang mit der Natur zu leben: dieses ist gegen die Natur, seinen Körper zu quälen und leichte Reinlichkeit zu hassen und Schmutz aufzusuchen und Speisen nicht nur billig zu nutzen, sondern ekelhaft und schrecklich. |
(5) Quemadmodum desiderare delicatas res luxuriae est, ita usitatas et non magno parabiles fugere dementiae. Frugalitatem exigit philosophia, non poenam potest autem esse non incompta frugalitas. Hic mihi modus placet: temperetur vita inter bonos mores et publicos suspiciant omnes vitam nostram sed agnoscant | (5) Auf welche Weise auch immer es die Sache des Luxus ist, Köstlichkeiten zu begehren, so ist es Wahnsinn, gewöhnliche und nicht große, leicht verschaffbare (Dinge) zu verbannen. Philosophie verlangt Genügsamkeit, nicht die Strafe es kann aber nicht sei, dass Genügsamkeit nicht schmucklos ist. Dieses Maß gefällt mir: der Weg zwischen den guten Sitten und der öffentlichen wird gemischt sie alle blicken auf unser Leben, sollen es aber erkennen. |
(6) ‚Quid ergo? eadem faciemus quae ceteri? nihil inter nos et illos intererit?‘ Plurimum: dissimiles esse nos vulgo sciat qui inspexerit propius qui domum intraverit nos potius miretur quam supellectilem nostram. Magnus ille est qui fictilibus sic utitur quemadmodum argento, nec ille minor est qui sic argento utitur quemadmodum fictilibus infirmi animi est pati non posse divitias. | (6) Was also? Werden wir dasselbe machen wie die anderen? Wird kein Unterschied sein zwischen uns und jenen? Ein sehr vieler: Der, der uns näher betrachtet, weiß, dass wir mit der Volksmasse ungleich sind wer das Haus betritt, soll vielmehr uns bewundern als unser Gerät. Groß ist jener, der tönernes so gebraucht wie Silber, aber nicht kleiner ist jener, der das Silber so gebraucht wie tönernes es ist der schwache Geist, nicht Reichtum erleiden zu können. |
(7) Sed ut huius quoque diei lucellum tecum communicem, apud Hecatonem nostrum inveni cupiditatum finem etiam ad timoris remedia proficere. ‚Desines‘ inquit ‚timere, si sperare desieris.‘ Dices, ‚quomodo ista tam diversa pariter sunt?‘ Ita est, mi Lucili: cum videantur dissidere, coniuncta sunt. Quemadmodum eadem catena et custodiam et militem copulat, sic ista quae tam dissimilia sunt pariter incedunt: spem metus sequitur. | (7) Aber um diesen kleinen Gewinn des Tages auch mit dir zu teilen, fand ich bei unseren Hecaton, dass das Ende der der Begierde auch von Nutzen sei als Heilmittel gegen die Furcht. Er sagt: „Du wirst aufhören zu fürchten, wenn du aufhörst zu hoffen.“ Du wirst sagen: „Wie sind diese so verschiedenen da gleich?“ So ist es, mein Lucilius: Obwohl sie sich zu widersprechen scheinen, sind sie verbunden. Auf welche Weise auch immer dieselbe Kette sowohl den Sträfling als auch den Wächter verbindet, so gehen diese da, die so ungleich sind, gleich einher: die Hoffnung folgt der Furcht. |
(8) Nec miror ista sic ire: utrumque pendentis animi est, utrumque futuri exspectatione solliciti. Maxima autem utriusque causa est quod non ad praesentia aptamur sed cogitationes in longinqua praemittimus itaque providentia, maximum bonum condicionis humanae, in malum versa est. | (8) Und nicht weniger diese da so zu gehen: beide sind hängende Geister, beide beunruhigt durch Erwartung der Zukunft. Aber die größte Ursache von beiden ist, dass wir uns nicht der Gegenwart anpassen, sondern die Gedanken in die Ferne vorausschicken deshalb ist die Vorausschau, das größte Gut der Übereinkunft der Menschen, zum Übel verkehrt. |
(9) Ferae pericula quae vident fugiunt, cum effugere, securae sunt: nos et venturo torquemur et praeterito. Multa bona nostra nobis nocent timoris enim tormentum memoria reducit, providentia anticipat nemo tantum praesentibus miser est. Vale. | (9) Die wilden Tiere fliehen vor der Gefahr, die sie sehen, weil sie ihr entflohen sind, sind sie sicher: Wir quälen uns sowohl mit der Zukunft als auch mit der Vergangenheit. Viele unserer Gute schaden uns, das Gedächtnis führt uns nämlich die Qual der Furcht zurück, die Vorausschau übertrifft niemand ist unglücklich nur in der Gegenwart. Leb wohl. |
Re: Senecas „Epistulae morales ad Lucilium“, 2
Sehr geehrte Forum-Mitglieder,
meine Fragen zu Abschnitt (1) bis (6) haben sich schon geklärt... Daher wäre ich sehr dankbar, wenn sich jemand nur die Abschnitte (7) bis (9) anschaut...
Vielen Dank!