Betonte Silben sind immer lang, DI ist betont.
Ferner gilt:
In der lateinischen Sprache hat die Länge des i im Vokativ von -ius Namen eine interessante sprachgeschichtliche Erklärung.
Das lange i im Vokativ (z.B. Sabidī) entsteht durch Kontraktion. Ursprünglich
endeten diese Vokative auf -ie, was der regulären Vokativendung der o-Deklination (-e) entspräche, die an den Stamm (Sabidi-) angehängt wird.
Im Laufe der Sprachentwicklung kam es dann zu einer Kontraktion:
Aus Sabidi-e wurde Sabidī
Aus Vergili-e wurde Vergilī
Aus fili-e wurde filī
Bei dieser Kontraktion verschmolzen die beiden Vokale i+e zu einem langen ī.
Diese Vokalkontraktion ist ein häufiges Phänomen in der Entwicklung
des Lateinischen und erklärt die besondere Länge des i.
Ich hätte wohl sagen müssen, dass es mir hier um die lateinische Aussprache des klassischen Lateins geht (Pronuntiatus Restitutus). Bei dieser sind betonte Silben nicht immer lang. Das „a“ in „amo“ zum Beispiel wird im Pronuntiatus Restitutus kurz gesprochen.
Ich verstehe auch noch nicht, wie du aus der Aussage, dass betonte Silben seien immer lang seien, ableitest, dass das die Silbe „di“ betont werden müsse.
Ich denke, dass nach der Paenultima-Regel „Sabidi“ regulär auf der drittletzten Silbe betont werden müsste, da die vorletzte hier kurz sein muss, wenn man das Versmaß berücksichtigt.
Ich war mir aber nicht sicher, ob die Regel zum Beispiel auch bei einem Eigennamen greift, der im Nominativ anders betont wird.
Das wurde uns auch so gelehrt.
Wenn ich mir den Verse laut vorsage, betone ich das Di.
Ich habe das mittlerweile im Gefühl.
Damit konnte ich so schon als Schüler fast alle Längen in Versen bestimmen, mit den Positions- und Naturlängen zusammen kann man meist Verse mühelos knacken,
der Rest ergibt sich dann logisch.
Man muss sich nur in den „Sound“ einhören.
Das ist zwar nicht ganz sauber erklärt, aber es funktioniert.
Das Betonungsschema des Hexameters sticht eben das der natürlichen ungebundenen Rede aus, den Wortakzent auf der letzten Silbe findest du in der antiken Dichtung allenthalben:
ā́rmă vĭrū́mquĕ cănṓ …
Ich bin von der Auffassung ausgegangen, dass das Betonnungsschema des Versmasses die Betonungsregeln der natürlichen Rede nicht „aussticht“, sondern überlagert, da es beim quantitierendem Versprinzip um eine andere Art von „Betonungen“ handelt, die bei regelmäßiger Abfolge von Quantitäten als Länge umgesetzt werden, während es gleichzeitig noch den natürlichen Akzent gibt, der vermutlich melodisch, also als Hochton umgesetzt wurde:
"3.2. Akzente
Beim Lesen werden die Wörter nach ihrem Wortakzent betont, der nach der Paenultima-Regel entweder auf der vorletzten Silbe liegt, wenn diese lang ist, oder der drittletzten Silbe, wenn die vorletzte kurz ist. Die Betonung äußert sich in einem Tonhöhenakzent (melodisch, musikalisch, chromatisch; nicht in einem expiratorischen, intensiven, dynamischen Akzent), dessen konkrete Gestalt jedoch umstritten bzw. ungeklärt ist (s.u. 3.3., Melodie). "
(Prosodie und Metrik des klassischen Latein: Regeln. (o. D.). https://www.telemachos.hu-berlin.de/materialien/ovidprojekt/prosodie_und_metrik/regeln.htm#3.%20Quantit%C3%A4ten%20und%20Akzente)
Mir ging es in meiner Frage um den letzteren, den Tonhöhenakzent.