Weder, dass die beiden Phraseme ein Verb teilen, noch die negative Konnotation, die das zweite dem ersten im Nachhinein verleiht (wonach die Ideen riskant oder dumm sind), kann so in die Übersetzung gerettet werden. Das Bonmot verliert also weitgehend seinen Witz.
Von per se war auch nicht die Rede, sondern von dem Wechselspiel der über das Zeugma eng verknüpften Phraseme, in dem das zweite der zunächst neutralen Inspiration die zu dummen oder riskante Ideen an die Seite stellt oder besser eine im Deutschen in der Wendung durchaus typische Charakterisierung der Ideen nahelegt (nicht von ungefähr verbucht der Threadtitel die Angelegenheit unter gefährliche Liebe). Der von der Standardformulierung abweichende Plural Gefahren verstärkt das weiter.
Eine Paraphrase wie „Liebe inspiriert und bringt in Gefahr(en)“ eliminiert den Witz des Bonmots, der sich auch im Lateinischen meines Erachtens so nicht nachbilden lässt.
Mit afferre vlt. ? Amor affert A et B
Das Zeugma kann man auch als bloßes Wortspiel betrachten wie bei:
Ich heiße Müller und Sie alle herzlich willkommen. (So ähnlich bei Heinz Erhardt).
Dass dass Zeugma, der abweichende Plural usf. hier nur zufälliges rhetorisches Beiwerk wären, finde ich aus genannten Gründen nicht überzeugend. Vielleicht cogitationes inducit et in pericula deducit.
Dass cogitationes afferre im Sinne von (jemanden) auf (nicht näher bestimmte) Ideen bringen gebraucht wurde, sehe ich nicht, als geläufige Wendung wohl nicht einmal im Neulateinischen. Folgt man den Wörterbüchern, ließe sich das Zeugma noch am ehesten mit ad cogitationes et in pericula deducit nachahmen.
Re: gefährliche Liebe
hs35 am 11.3.25 um 7:56 Uhr, überarbeitet am 11.3.25 um 7:59 Uhr (Zitieren)
Im Georges lese ich unter afferre:
übtr.: A) im allg., herbei-, bei-, mitbringen, bei etw. zeigen, aufzuweisen haben, an sich haben
3) jmdm. etw. beibringen, herbeiführen = hervorbringen, hervorrufen, eintragen, veranlassen, bewirken, verursachen, machen, geben, für jmd. mit sich führen od. bringen, nach sich ziehen
Geht das nicht auch in die Richtung, die hier zutrifft?
Gibt es für so etwas im Lat. Belege?
So ein zeugmatischer Präpositionswechsel ist mir noch nie begegnet.
Dass bei einem Prädikat unterschiedliche Präpositionen stehen, ist zunächst nicht ungewöhnlich (quidam dicunt ut in coitu et sub terra sit luna [Plinius maior ], in montis patrios et ad incunabula nostra pergam [Cicero]). Die für eine bestimmte Art des Zeugmas typische Sinnwidrigkeit , die entsteht, weil ein Verb zwei voneinander mehr oder minder deutlich abweichende Bedeutungen abdecken muss (Er schlug die Scheibe und den Weg nach Hause ein) ist kein grammatisches, sondern ein semantisch-stilistisches Phänomen, dem an sich keine Grenzen gesetzt sind. Diesen Aspekt finde ich allerdings sowohl in der deutschen Vorlage als auch bei dem Übersetzungsvorschlägen relativ schwach ausgeprägt.
cogitationes afferre geht wohl in die Richtung, aber m.E. eben nicht als verfestigte Wendung, die noch dazu offen lässt, um welche Ideen es sich genau handelt, wie das im Dt. jemanden auf eine Idee bringen tut.
Hier würde ich einwenden, dass es nur verschiedene Richtungspräpositionen für
dieselbe Bedeutung von pergere in beiden Fällen sind.
Bei afferre hingegen geht es um Bedeutungsnuancen.
Hier 2 Interpretationen:
Es dürften auch noch andere möglich sein?
Wie wäre deine in expliziter Form?
Allerdings, diese über ein Wort ausgedrückten Nuancen, die je nach Ausprägung verschiedene Grade von Irritation erzeugen, worin der Reiz des rhetorischen Mittels liegt, sind jedoch, wie oben ausgeführt, kein grammatisches, sondern ein semantisch-stilistisches Phänomen, dem an sich keine Grenzen gesetzt sind (der Nutzer muss lediglich mit seiner Wirkung auf die Beurteilung des Textes leben, der bei übermäßigem Gebrauch schnell albern wirkt). Was sollte hier ein Beleg also beweisen?
Ein Übersetzer soll in meinen Augen in der Übersetzung nicht irgendeine Interpretation durchsetzen wollen, sondern die Vorlage sprachlich möglichst genau übertragen, das heißt auch ihre rhetorischen Qualitäten und Ambivalenzen, die die Interpretation mit beeinflussen. Es ist offensichtlich, dass eine Paraphrase wie „Liebe inspiriert, bringt aber auch in Gefahr“ sich zwar mit den von der KI vorgeschlagenen Deutungen in Einklang bringen lässt, aber nicht beanspruchen kann, was sprachlich in der analysierten Struktur der zeugmatisch verknüpften Phraseme vor sich geht, wirklich einzuholen. Entsprechend witzlos wirkt sie und würde es schwer haben, Aufnahme in eine Sammlung mehr oder minder denkwürdiger Zitate zu finden. Das Original entstammt übrigens einer Erzählung Heinrich Manns.