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allgemeines_zu_pronomina

Die Wortart der Pronomina gehört zu den Nomina, den deklinierbaren Wörtern.

Pronomina heißen bekanntlich so, weil sie „für Nomina“ stehen, also ein anderes Nomen vertreten. Entsprechend gibt es Pronomina im substantivischen Gebrauch (z.B. „ich“) und Pronomina im adjektivischen Gebrauch (z.B. „mein“), und als solche werden sie dekliniert.

Es gibt aber auch nicht deklinierbare Pronomina:

Adverbien gehören als Wortart bekanntlich zu den Partikeln, den „unbeugsamen“, obwohl viele Adverbien von Adjektiven abgeleitet werden und auch in der Bedeutung eng verwandt sind. („Das Pferd ist schnell“ -Adjektiv- und „läuft schnell“ -Adverb-.)

So, wie es Adverbien von Adjektiven gibt, gibt es auch Adverbien von Pronomina (z.B. „dort“ als Adverb zu den Pronomina „dortiger“ oder „der dort“).

Weil die Wortart der Pronomina insgesamt einen geringen Umfang hat, ist es üblich, diese Pronominaladverbien zu den Pronomina zu rechnen und keine eigene Wortart für sie zu eröffnen. Wir haben damit denselben Fall wie bei den Numeralia, den Zahlwörtern, die geschlossen zu den Nomina gerechnet werden, obwohl sehr viele Numeralia Adverbien sind.

Neben dieser Einteilung in substantivische, adjektivische und adverbielle Pronomina bildet man inhaltliche Gruppen, so dass folgendes Schema entsteht (es enthält Beispiele, nicht etwa alle vorkommenden Exemplare!):

Pronomina personalia (persönliche Fürwörter): ich, dir, ihnen; reflexiv (rückbezüglich): sich, seiner (typisch alle in substantivischem Gebrauch)

Pronomina possessiva (besitzanzeigende Fürwörter): mein, dessen, sein (letzteres auch reflexiv; typisch alle in adjektivischem Gebrauch)

Pronomina demonstrativa (hinweisende Fürwörter): dieser, jenes, dieselbe, solch; reflexiv: selbst; correlativ (wechselbeziehend): so ein, so viel (- wie) (alle substantivisch und adjektivisch) und Pronominaladverbia: hierher, da, dorthin; reflexiv: ebenda; correlativ: so, soviel (- wie)

Pronomina relativa (bezügliche Fürwörter): (derjenige -) wer, (dasjenige -) welches; generalia (verallgemeinernd): wer auch immer; welche auch immer; alle, die (substantivisch oder adjektivisch). Pronominaladverbia: wo, wie, auch correlativ: (da -) wo, (so -) wie; generalia: wo auch immer

Pronomina interrogativa (Fragefürwörter): Es ist ganz typisch sowohl für Latein als auch für Deutsch, daß die Fragepronomina die gleichen sind wie die Relativpronomina, also substantivisch oder adjektivisch wer?, welch?, was für ein?; adverbiell wo?, wie?, wo auch immer?, wie beschaffen?

Pronomina indefinita (unbestimmte Fürwörter): irgendwer (substantivisch), irgendein (adjektivisch); auch als generale: jeder, alle (auch: keiner, nichts, niemand, die man ja auch irgendwo ins Schema tun muss); auch correlativ: irgendsoeiner. Pronominaladverbien: irgendwo, irgendwie; generale: überall (und nirgends)

Pronominaladjektive: Einige im Lateinischen wie Pronomina deklinierte Adjektive werden historisch wegen ihrer Deklinationsformen in diese besondere Gruppe getan. Der Bedeutung nach sind es „normale“ Indefinita usw. im adjektivischen Gebrauch, die ebensogut in die obengenannten Gruppen eingefügt werden könnten: einer, allein, das ganze, irgendeiner, welcher, der eine, der andere, keiner… (unus, solus, totus, ullus / uter, alter, neuter, nullus / alius …)

Dieses Schema zeigt dreierlei: Einmal tun die Grammatiker sich mit der Einteilung schwer; viele Pronomina werden mit gleichen Formen in unterschiedlicher Bedeutung verwendet:

Derjenige, welcher das liest … (relativ)

Welcher war es? (interrogativ)

Solch einer, welcher der Definition genügt… (correlativ)

Welchen man nun fragt, er weiß es nicht. (indefinit)

Daher wird auch behauptet, das Schema sei ein Prokrustesbett der Theoretiker.

Zum zweiten zeigt sich, daß der deutsche Bestand an Pronomina vom lateinischen deutlich abweicht. Correlativ relativ verwenden wir Deutschen z.B. fast nur das Pronominaladverb „wie“ (in so - wie, so beschaffen - wie, so viele - wie usw.), wo im Lateinischen besondere Pronomina stehen, deren Bedeutung wir z.B. mit „ein wie beschaffener“ herausquälen müssen. Auch dass viele lateinische Pronomina mit Gebilden aus mehr als einem deutschen Wort übersetzt werden (quotquot: wie viele auch immer) gehört hierher.

Zum dritten reizt die Sachlage dazu, Pronomina zu bilden, die in der Praxis kaum vorkommen; schließlich soll Sprache ja flexibel sein, also verlangt der durchgestylte Redner nach Pronomina wie „bis wohin auch immer“ oder „irgendwessen“ oder „der wievielte jedesmal?“

Auch im Deutschen gibt es hierfür Floskeln wie das „… auch immer“, welches Generalia oder „irgend…“, welches Indefinita anzeigt. Im Lateinischen empfiehlt es sich daher, den Baukasten aus typischen Silben zu lernen, mit denen dann insbesondere exotische Pronomina gebildet werden können.

Als Basis des Baukastens dienen natürlich vor allem die Personalpronomina: ego, tu, is, ea, id, nos, vos, aber besonders is,ea,id verschwindet bis zur Unkenntlichkeit in zusammengesetzten Vokabeln wie hic, eo, quis, ubi, die ihrerseits Basis werden.

Die bedeutungstragenden Silben werden vielfach auch außerhalb der Wortart der Pronomina verwendet, daher sind nicht alle im Folgenden genannte Beispiele Pronomina oder zu den Pronomina gerechnte Adverbien!

Soweit es sich aber um adjektivische oder substantivische Pronomina handelt, können sie dekliniert werden. Das passiert dann manchmal an ungewöhnlichen Stellen im Wort wie bei quisquis > Akk. quemquem oder bei quotusquisque > cum quotaquaque amica „mit wie wenigen Freundinnen“ oder quicumque > Gen. cuiuscumque!

Es können mehrere Bedeutungssilben vorkommen und mit Bedeutungssilben zusammengesetzte Vokabeln ihrerseits Grundvokabel sein! Es kann überhaupt allerlei passieren, denn die gesprochene Sprache wurde nicht nach grammatikalischen Richtlinien entwickelt. Die „Bedeutung“ einer bedeutungstragenden Silbe ist daher oft „Gefühlssache“ und kein Fels, auf dem man bauen kann. Insofern sind die angegebenen Beispiele auch dazu gedacht, selbst die Gemeinsamkeit innerhalb einer Gruppe zu erfühlen.

Zusätze in diesem Sinne sind dann:

Art und Weise: „wie“: quā „wie“ („auf welche Weise“), quare „wodurch“, aliqua „irgendwie“, hāc „auf diese (meine) Weise/diesem Weg“, illāc „auf jene (seine) Weise“, istāc „auf jene (deine) Weise“, aliā „auf andere Weise“

(ea ist aber Abl.Sg.f. von is: „an jener Stelle, da“, ebenso illā „dort“)

ali- Indefinita: „irgend“ und „anders“: aliquis „irgendwer“, alicubi „irgendwo“, aliqua „irgendwie“

sowie

alius „ein anderer“, aliter „anders“, alter „der andere (von beiden)“, alibi „anderswo“.

Genauso, wie im Deutschen das irgend- in gewissen Fällen fortfallen kann („siehst du wo wen?“ statt „siehst du irgendwo irgendwen?“), fällt das ali- der ersten Art in gewissen Fällen aus (z.B. nach si, nisi, ne, num)!

Bei Mengenangaben übersetzt man ali- besser mit „ziemlich“ als mit „irgend“! (aliquantus, aliquantum, aliquot „ziemlich groß/viel/viele“)

Verwandt mit ali- ist auch ullus „irgendein“ (in verneinten Sätzen).

-alis(-ale) Beschaffenheit (deutsch „-lch“): talis,tale „solch“, qualis,quale „welch, was für ein“

-antus(-a,-um) Menge: tantus „so viel“, quantus „wie viel“, quantopere „in wie hohem Grad“

-am „Maß“ kommt vor im Begriffspaar tam „so“ („in solchem Maß“) und quam „wie“ („in welchem Maße“), die beide selbst wieder als Vorsilbe vorkommen: tam- „so“ in tamdiu „so lange“, tamquam „so wie“; und quam- „wie“ in quamdiu „wie lange?“, quamdudum „wie lange während?“. Es gibt aber noch eine „einräumende““ Variante quam- „möglichst“ in quamlibet „ganz nach Belieben“, quamprimum „möglichst bald“, quamquam „obwohl“, equus quam celerrimus „ein möglichst schnelles Pferd“

-as Adverbkennzeichen „anders (nicht hier/jetzt)“: alias „ein andermal“, cras „morgen“, foras „nach draußen“

-c(e) Hinweis: „da“. Vor allem natürlich (h)is-ce > hic,haec,hoc „dieser hier“, aber auch illic,illaec,illuc „jener da“, in der Interjektion ecce „seht dort“, in illuc „dorthin“, istic „dort“ usw.

-cum Präposition „mit“. Bei den Personalpronomina (außer is) und Interrogativpronomina wird cum (mit) im Normalfall nachgestellt: mecum, tecum, nobiscum, vobiscum, secum, quocum, quacum, quibuscum „mit mir,dir,uns,euch,sich,wem (m/n.,f.),welchen“

-cumque (selten -cunque) Generale „…auch immer“: quicumque,quaecumque,quacumque „wer auch immer; jeder,der“, quacumque „wie nur immer“, qualiscumque,qualecumque „jeder,jedes ohne Unterschied“, quandocumque „sooft nur,irgendeinmal“, quantuscumque „ein wie weniges (vieles) auch immer“, quocumque „wohin nur immer“, quotuscumque „der wievielte auch immer“ = „wenn auch nur einer…“, ubicumque „wo auch immer“

-dam Indefinitum „ein gewisser“ (nicht näher zu benennender): quidam „ein gewisser, sozusagen ein“, quodammodo „gewissermaßen“, quondam „einstmals, zuweilen“

-de Richtung „woher“: unde „woher“, inde „von da“, indidem „ebendaher“, aliunde „anderswoher“

-dem Rückbezug, Beschränkung auf das Objekt, „ebendas“: īdem,eadem,idem „derselbe“, totidem „ebensoviele“, ibidem „ebenda“, indidem „ebendaher“, eodem „ebendahin“, eadem „genauso“, quidem „gerade, wenigstens“, quandoquidem Konjunktion „da ja nun“

dum- Übereinstimmung „solange“: dum „unterdessen, während“, dummodo „wenn nur“, dumtaxat (taxare „abschätzen“) „genau genommen“

-i Ort: ibi „da“, ubi „wo“, hic „hier“, illic „dort“, istic „da (bei dir)“, ibidem „ebenda“, alibi „anderswo“, ubique „überall“

-im Adverbkennzeichen, besonders für „eins nach dem anderen“: illim „von dort an“, istim „von da an“, olim „einst“, passim „stellenweise“, paulatim „allmählich“, privatim „persönlich“, viritim „Mann für Mann“, sensim „in aller Stille nach und nach“, praesertim „zumal“

-inc Richtung „woher denn“: hinc „von hier“, illinc „von dort“, istinc „von da (bei dir)“

-libet,-lubet siehe unter -vis

-met Betonung der 1. Person: „meines“: egomet, nosmet „ich, wir jedenfalls“. Auch die obliquen casūs mei, mihi, me und das Possessivpronomen meus gehören zur Wurzel -me-.

-modo (Abl. von modus „Art,Maß“) „nur“ und „wie“: modo „nach Art; gerade so“, quodammodo „gewissermaßen“, dummodo „wenn nur“, quomodo „auf welche Weise?“, quoquomodo „auf jede Weise“

-nam Wahl: „denn“: nam „denn“, quisnam „wer denn“, quinam „welcher denn“, quianam „warum denn“, ubinam „wo denn“, qualisnam „wie beschaffen denn“, quanam „wo denn?“, quomodonam „auf welche Weise denn?“

-ne Vermutung des Gegenteils: „etwa“ (Aber ne- ist einfache Verneinung „nicht“ wie in nequaquam „keineswegs“ oder ne-uter „keiner von beiden“!) isne „etwa er“; -ne ist häufige Nachsilbe auch bei anderen Wortarten: quiane „etwa weil?“, nonne „nicht wahr?, ob nicht“, necne „oder etwa nicht“, videsne „siehst du etwa?“, itane „wirklich so?“ als Kennzeichen des Fragesatzes.

-ni Verneinung „nicht“: quidni „warum nicht?“ quin „wie nicht?“ quippini „warum denn nicht?“

Richtung: „wohin“: quo „wohin“, eo „dahin“, alio „anderswohin“, aliquo „irgendwohin“, eodem „ebendahin“, illo „dorthin“

-ot Anzahl: tot „so viele“, quot „wie viele“, quotiens „wie oft, sooft wie“; quotus „der wievielte“

-piam Verallgemeinerung „irgend“: quispiam, quippiam „irgendeiner“, „irgendwas“, quipiam „irgendwie“, quopiam „irgendwohin“

-propter Grund „wegen“: propter „wegen“, quapropter „weswegen“, eapropter „deswegen“

qu- Frage, Relativanschluss, deutsch das „w-“ der Fragewörter. Das qu wird vor u zu c wie in cuius „wessen“, cui „wem“, ali-c-ubi „irgendwo“. Vor allem qu-is, qu-id „wer,was“ (substantivisch) und qui,quae,quod „welcher“ usw. (adjektivisch), die beide ihrerseits als Grundwort in vielen Zusammensetzungen auftauchen, oft auch mit Präpositionen: quamobrem „weswegen“, quemadmodum „auf welche Weise“, quoad „soweit“. Die Korrelationen mit t-/qu- „so/wie“ siehe unter -am, -alis, -antus, -ot.

-quam Einräumung des Gegenteils „doch“ (Jedoch quam- siehe unter -am!): quisquam „irgendwer“ wird verwendet nur in Verneinungen wie neque quisquam „und niemand“, vix quisquam „kaum einer“; ebenso werden quoquam „irgendwohin“, unquam „irgendeinmal“ nur verneint verwendet (z.B. neque unquam „und niemals“). In nequiquam „vergeblich“, nequaquam „keineswegs“, numquam „niemals“, nonnumquam „zuweilen“ steckt die Verneinung schon drin. Konjunktion quamquam „obwohl“

quando- Zeitbestimmung „wann“: quando „wann“, quandocumque „wann auch immer“, aliquando „einst, manchmal“

-que Generale mit Betonung des Einzelnen „jeder einzelne, jeder in der Reihe“: quisque „jeder, gerade der“, unusquisque „ein jeder“, quotusquisque „der wievielte auch immer“ (meistens wird die lateinische Singular-Konstruktion in eine deutsche Plural-Konstruktion mit „wie wenige“ übertragen), uterque „jeder von beiden“ (ebenfalls meist deutsch Pluralkonstruktion mit „beide“), ubique „überall“, quoque „auch“, quandoque „irgendwann einmal“, usque „in einem fort“ (selbst Bestandteil z.B. von quousque „bis wohin noch?“ oder usquequaque „allenthalben“). -que bedeutet ansonsten bekanntlich „und“, aber bezeichnenderweise vor allem bei Gruppierungen und Reihungen zusammengehöriger Dinge: stylus et cera ist Griffel und Tafel, stylus ceraque ist „Schreibzeug“. atque („et-que“) „und, und auch“ in Reihungen von Reihungen: cum domino et domina atque cum filiis filiabusque et cum servis servabusque = „mit dem ganzen Hausstand“. (Zu -cumque siehe dort)

-se Betonung der 3. Person: „seines“: ipse,ipsa,ipsum „er selbst, genau der, sogar der“ (aus is-se), sese sich selbst. Und wieder sibi, se, suus…

t- Correlativum „so“ (mit dem Bezug qu-) siehe unter -am, -alis, -antus, -ot!

-te Betonung der 2. Person: „deines“: tute „du gerade“, tete „dich gerade“, iste,ista,istud „der bei dir“. Auch hier besteht wieder ein Zusammenhang mit tu, tibi, te, tuus-

-tenus Erstreckung „bis zu“: quadamtenus „bis zu einem gewissen Punkt“, hactenus „bis hierher, insofern“, quatenus „wie weit?“, eatenus „insoweit“

-ter,-tra,-trum Dualzeichen „von beiden“: uter „wer von beiden“, neuter „keiner von beiden“, alter „der eine,der andere“ (von beiden), uterque „jeder von beiden“ (Deutsch Plural: „beide“). Auch in noster/vester „mein/dein“ steckt der duale Aspekt des Gegenübers!

-uc (aus -o und -ce) Demonstrativum „wohin denn“: huc „hierhin“, illuc „dorthin“, istuc „dahin zu dir“

-vis, -libet, -lubet Indefinitum „beliebig“ („was du willst, was du magst“): quivis, quilibet „jeder beliebige“, quovis „überallhin“, qualibet „auf jede Weise“, qualislibet „beliebig beschaffen“, quamvis „wie sehr auch“, quiviscumque „wer es auch sei“

Verdoppelung ist Hervorhebung: quisquis,quidquid (quicquid) „wer auch immer; jeder, der“, dudum „seit einer Weile“, quamquam „obwohl“, quantusquantus „wie (groß, viel, wenig) auch immer“, quaqua „wo nur, wohin nur“, quoquo „wohin nur immer“, quoquoversus „nach allen Seiten“, quoquomodo „auf jede Art“

allgemeines_zu_pronomina.txt · Zuletzt geändert: 2020/12/08 19:49 (Externe Bearbeitung)