Latein Wörterbuch - Forum
symbol stoa — 3810 Aufrufe
seneca am 28.9.15 um 16:40 Uhr (Zitieren)
Gibt es ein antikes Symbol/Zeichen für den stoischen Weisen?
Re: symbol stoa
Klaus am 28.9.15 um 17:19 Uhr (Zitieren)
Die Besonnenheit, die stoische Ruhe.
Re: symbol stoa
suspicans am 28.9.15 um 17:33 Uhr (Zitieren)
Die Besonnenheit, die stoische Ruhe.


Ich glaube, seneca meint eher konkrete/anfassbare Symbole.
Re: symbol stoa
suspicans am 28.9.15 um 17:33 Uhr (Zitieren)
Die Besonnenheit, die stoische Ruhe.


Ich glaube, seneca meint eher konkrete/anfassbare Symbole.
Re: symbol stoa
seneca am 29.9.15 um 11:00 Uhr (Zitieren)
Vielen Dank schon einmal!
Ja, ich suche „anfassbare“ Symbole, wie z.B. die Eule als Symbol der Weisheit.
Wer ist denn das typische Beispiel für den stoisch Weisen? Cato? Seneca? Marc Aurel?
Re: symbol stoa
Kuli am 29.9.15 um 12:12 Uhr, überarbeitet am 29.9.15 um 12:16 Uhr (Zitieren) I
Ein eigenes Attribut (wie der Hund in Darstellungen des Kynikers Diogenes oder später das Schwein neben Epikur*) war den Stoikern nicht beigegeben. Auch sonst gab es wohl kein verbindendes Element in der Ikonographie der Darstellungen von Stoikern, abgesehen vom mürrischen Gesichtsausdruck und vielleicht dem ausgestreckten Arm, an dem man die Chrysipp-Statue auf dem Kerameikos in Athen erkannt haben soll** und den auch die Zenondarstellung auf dem Skelett-Becher aus dem Schatz von Boscoreale aufweist.

* vgl. http://www.albertmartin.de/altgriechisch/forum/?view=3368
** Cic. fin. 1, 39: At etiam Athenis, ut e patre audiebam facete et urbane Stoicos irridente, statua est in Ceramico Chrysippi sedentis porrecta manu, quae manus significet illum in hac esse rogatiuncula delectatum: „Numquidnam manus tua sic affecta, quem ad modum affecta nunc est, desiderat?“
Re: symbol stoa
seneca am 29.9.15 um 17:18 Uhr (Zitieren) I
Vielen Dank für die wertvollen und interessanten Informationen! Dennoch schade, dass es nichts „Handfestes“ dazu gibt. Es soll so eine Art Talisman sein, damit die Person in schwierigen Momenten immer an den stoischen Weisen denkt.
Hättet ihr für diese Intention eine alternative Idee?
Vielleicht ein prägnantes Zitat oder so?
Re: symbol stoa
filix am 29.9.15 um 18:53 Uhr, überarbeitet am 29.9.15 um 19:08 Uhr (Zitieren)
Die Zeigegeste Zenons auf dem Becher von Boscoreale, der wie sein Konterpart Epikur einen Knotenstock und überdies einen Ranzen (sonst eigentlich Attribut der Kyniker) trägt, ist doch sehr verschieden von dem, was man sich unter der von Cicero geschilderten Handhaltung des räsonierenden Philosophen vorstellt:

„Numquidnam manus tua sic affecta, quem ad modum affecta nunc est, desiderat? Nihil sane.“
„Begehrt denn deine Hand in dem Zustand, in welchem sie sich nun befindet, irgendetwas? Gewiss nichts.“

Dazu passt doch eher die, welche eine Statue im Louvre aufweist, von der angenommen wird, sie stelle den Stoiker Chrysippos dar: http://cartelfr.louvre.fr/cartelfr/visite?srv=car_not&idNotice=863

Re: symbol stoa
Kuli am 29.9.15 um 21:26 Uhr (Zitieren)
Nun, die Auslegung der Gebärde, die die athenischen Ciceroni den Besuchern der Stadt präsentierten, konnte anscheinend bereits damals nicht recht überzeugen („hoc ne statuam quidem dicturam pater aiebat, si loqui posset“). Gleichwohl passt aber eben diese (in der Kaiserzeit vielleicht schon volkstümlich gewordene) Deutung der ausgestreckten Hand („non est igitur voluptas bonum“) als Entgegnung des Stoikers auf die ebenfalls gestisch mitgeteilte Lehre Epikurs (oder was man dafür hielt), der nach dem Kuchen mit der Aufschrift τὸ τέλος ἡδονή greift.

Dass man in dem Torso im Louvre einen digitis computans erkennt, wie ihn Plinius d. Älteren zufolge - leider ohne die Angabe, dass hier eine irgendwie berühmte Person dargestellt sei - Eubulides verfertigt hat, kann ich nachvollziehen, würde die Geste allerdings weniger mit einer porrecta manus in Verbindung bringen.
Re: symbol stoa
filix am 29.9.15 um 22:36 Uhr, überarbeitet am 29.9.15 um 22:42 Uhr (Zitieren)
Hm, ich lese „hoc ne statuam quidem dicturam pater aiebat, si loqui posset“ mehr als Absage an den Schluss, der aus der Haltung gezogen wird, weniger als Zweifel am ursprünglichen Ausdrucksgehalt der Geste, denn im Weiteren heißt es bei Cicero:

„sin autem summa voluptas est, ut Epicuro placet, nihil dolere, primum tibi recte, Chrysippe, concessum est nihil desiderare manum, cum ita esset affecta, secundum non recte, si voluptas esset bonum, fuisse desideraturam. Idcirco enim non desideraret, quia, quod dolore caret, id in voluptate est.“

„Wenn aber keine Schmerzen zu haben, wie es Epikurs Ansicht ist, höchste Lust ist, so wird man dir, Chrysippos, Ersteres, <nämlich> dass die Hand, befindet sie sich in diesem Zustand/dieser Haltung, nichts begehrte, mit Recht einräumen, das Zweite, <nämlich> dass sie, wäre die Lust ein Gut, diese begehrt hätte, jedoch nicht. Sie hätte nämlich deshalb kein Verlangen danach, weil sich, was frei von Schmerz ist, schon im Zustand der Lust befindet.“

Ob „porrectus“ nicht auch nur vorgestreckt, was ja zuträfe, meinen kann, sei dahingestellt.
Re: symbol stoa
Kuli am 30.9.15 um 12:10 Uhr (Zitieren)
Du hast recht, Torquatus pater moniert nur den hedoné/voluptas-Begriff, der dem Chrysipp hier zugeschrieben wurde (der Einspruch betrifft die Frage, ob die hedoné ihre Erfüllung bereits in der aponia finde oder ob es eine darüber hinausreichende hedoné gebe), nicht aber, dass die Gebärde falsch oder überinterpretiert worden wäre. Davon abgesehen halte ich den in seine Sphäre zurückgezogen dasitzenden Mann, den die Statue im Louvre zeigt, mag er nun rechnen oder nicht, eher nicht für das Abbild eines Mannes, der den Dialog mit Passanten sucht. Besser erkennbar wurde das, als sie noch einen Kopf (auch wenn das wohl der des Aristoteles ist) trug:

https://archive.org/stream/griechischeikono02berniala#page/159/mode/1up
Re: symbol stoa
seneca am 2.10.15 um 19:09 Uhr (Zitieren)
Also die gehobene rechte als Symbol?
Hat vielleicht einer ein passendes Zitat zum stoischen Weisen?
Re: symbol stoa
Kuli am 2.10.15 um 21:17 Uhr (Zitieren)
Zitat von seneca am 2.10.15, 19:09Also die gehobene rechte als Symbol?

Keine so gute Idee, oder? (Zumal sich meine Vermutung als nicht haltbar erwiesen hat.)
Re: symbol stoa
filix am 3.10.15 um 11:48 Uhr, überarbeitet am 3.10.15 um 12:11 Uhr (Zitieren)
Folgendem Faden kann man zum einen weitere von der antiken Stoa gebrauchte Metaphern, die es gleichwohl nie zu verbindlichen visuellen Symbolen gebracht haben, zum anderen neostoische Versuche, solche mit Verweis auf antike Texte zu schaffen, entnehmen:

https://www.reddit.com/r/Stoicism/comments/12cw0w/is_there_a_symbol_that_represents_stoicism/

Beim Nachsinnen über die Geste Chrysipps1 fiel mir auf, dass die linke Hand der Reiterstatue2 Marc Aurels eine ähnlich Ruheposition einnimmt, die im starken Kontrast zur gebietenden Rechten steht. Der Daumen ist locker seitlich angelegt, Ringfinger und kleiner Finger sind leicht zurückgebogen.
Man nimmt wohl zu Recht an, dass sie die verlorengegangene Zügel hielt, doch wirkt sie von der an eine Piaffe erinnernden Bewegung des die Zähne bleckenden Pferdes merkwürdig entkoppelt, als würde hier weder Kraft noch unmittelbare Kontrolle ausgeübt. Dies, obwohl der Reiter in seinen Selbstbetrachtungen über die linke Hand schreibt:

„Gewöhne dich also auch an Dinge, die du nicht anerkennen kannst. Denn auch die linke Hand, die aus Mangel an Übung für die übrigen Tätigkeiten nicht ganz so brauchbar ist, hält den Zügel besser fest als die rechte. Denn darin ist sie geübt“. (XII, 6 - Dt. von Rainer Nickel)

Soweit ich sehe, ändern viele neuzeitliche Reiterstandbilder, für die das des Stoikers auf dem Kaiserthron wichtiges Vorbild war, diese Haltung ab - sie geben der Linken im Übergriff die Herrschaft über das Pferd zurück (e.g. Donatellos Gattamelata, Verrochios Colleoni4).
Das entspricht - Reiter im Forum mögen korrigieren - in meinen Augen auch eher der bis heute üblichen Handhaltung am Zügel, die man bei so einem Reitkunstmanöver erwartet.5
Ohne das überinterpretieren zu wollen, könnte es also sein, dass in dieses repräsentative Monument auch ein unterschwelliger Ausdruck für die philosophische Haltung des Herrschers eingeflossen ist.



1http://www.akg-images.de/C.aspx?VP3=SearchResult&VBID=2UMESQ9SL83IY
2https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c5/Statue_Marcus_Aurelius_Musei_Capitolini.jpg
3 http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus%3Atext%3A2008.01.0641%3Abook%3D12%3Achapter%3D6%3Asection%3D1
4https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/ed/Venezia%2C_monumento_colleoni_2.jpg
5 https://www.google.at/search?q=piaffe&biw=1575&bih=1015&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0CAYQ_AUoAWoVChMIsoTDi_SlyAIVw9saCh3c9gdV#[/sub]
Re: symbol stoa
seneca am 4.10.15 um 13:38 Uhr (Zitieren)
„Ohne das überinterpretieren zu wollen, könnte es also sein, dass in dieses repräsentative Monument auch ein unterschwelliger Ausdruck für die philosophische Haltung des Herrschers eingeflossen ist.“

Aber dann wäre doch die Darstellung das Gegenteil von den Aussagen Aurels.
Worin siehst du dann die philosophische Haltung?

Ist nicht die Hand generell ein bloßes Motiv, typisches Bild für einen antiken Redner?
Re: symbol stoa
filix am 4.10.15 um 17:43 Uhr, überarbeitet am 5.10.15 um 13:09 Uhr (Zitieren)

Aber dann wäre doch die Darstellung das Gegenteil von den Aussagen Aurels.
Worin siehst du dann die philosophische Haltung?


Das Zitat aus den Selbstbetrachtungen sollte ja gerade den Widerspruch betonen, der zwischen einer ganz in der Lenkung des keineswegs ruhig wirkenden Pferdes durch die Zügel aufgehenden Haltung der fest zugreifenden Linken, wie sie bei nachfolgenden Standbildern und in natura bis heute anzutreffen ist, und der, die tatsächlich zu sehen ist, sich auftut. So öffnete sie sich womöglich für eine zusätzliche Bedeutung. Manche wollen dem Kaiser neben dem Zügel eine ebenfalls verlorene Buchrolle in die Hand gegeben sehen, es besteht also offensichtlich das Bedürfnis, darin noch etwas anderes zu vermuten als die Zügelführung allein.


Die Hand als solche macht nicht den Redner, die Pose des Orators wie etwa diese ist es: https://en.wikipedia.org/wiki/The_Orator. Die liegt wieder nahe an der adlocutio-Geste, mit der u.a. der Kaiser seine Soldaten bei einer Ansprache grüßt (https://de.wikipedia.org/wiki/Adlocutio), woran auch die Rechte Marc Aurels, der einen Soldatenmantel (paludamentum) als militärisches Rangabzeichen trägt, gemahnt.


Was übrigens den „müden“ Blick des Kaisers angeht, der hier nicht ganz so stark wie auf anderen Portraits ausfällt, sei auf http://www.albertmartin.de/altgriechisch/forum/?view=2458 verwiesen.
Re: symbol stoa
seneca am 5.10.15 um 20:17 Uhr (Zitieren)
Eine sehr interessante Diskussion hat sich entwickelt! Um mal zur eigentlichen Frage zurückzukommen, gibt es etwas typisches für den stoischen weisen?
Gibt es nicht auch antike Stellen, an denen man sich über sie lustig machte?
 
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